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Reitschuster lehnt immer noch Putin ab, wirbt für Elite-Atlantiker Rahr und indirekt für Eurasien

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Kommentar

Welches Spiel spielt Boris Reitschuster? Nachdem er jahrelang das russische Regime der Schwerpunkt seiner Arbeit war, verlor er plötzlich das Interesse und erfand sich neu, um ein konservatives Publikum anzusprechen und sein neuer Schwerpunkt wurde die Polemik gegen deutsche Corona-Maßnahmen, die es auch in ganz ähnlicher Form in Russland gibt, weil kein Weg daran vorbeiführte.

Corona ist bald kein dominierendes Thema mehr und wir stehen kurz vor einer russischen Invasion der Ukraine. Wie stehen Reitschusters neue Fans aus den letzten beiden Jahren zum Putin-Regime und wie will er die Fans in den kommenden Jahren bedienen?

Für ihn wäre es keine realistische Option, zum offenen Putin-Propagandisten zu werden, da er gleichzeitig seine Arbeit vieler Jahre zuvor als grotesken Irrtum deklarieren müsse. Auf seiner Webseite fand man generell sehr wenig zum Ukraine-Thema, was darauf hindeutet, dass er wohl auf eine diplomatische Lösung hoffte. Ein Hoffnung, die sich nun zu zerschlagen scheint. Man muss auch am heutigen Tag, wo Putins Panzer in die Ostukraine einrollen, weiter nach unten scrollen auf Reitschusters Seite, vorbei an Corona-Berichten, bis man etwas findet zur Ukraine.

Es heißt, sowohl die USA als auch Russland würden „Kriegstreiberei“ betreiben. Er sei kein Experte über die USA und vermeidet deshalb dazu Klarheit. Er möchte im Prinzip nicht assoziiert sein mit einem Blitzkrieg in der Ukraine, Verschleppungen und Internierungslagern, mit denen zu rechnen ist. Dennoch erdreistet er sich, salomonisch sein zu wollen, indem er als die Sichtweise präsentiert von dem Politikwissenschaftler Alexander Rahr, der nebenbei ein „Berater von Gasprom“ ist. So erhalte das Publikum zwei unterschiedliche Meinungen, um sich daraus dann ein Bild zusammenzufügen. Rahr spult natürlich die russischen Standard-Talking Points ab: Die NATO sei schuld wegen der Osterweiterung. Zudem solle Europa sich von den „USA emanzipieren“ und sich Russland annähern. Das heißt, Reitschusters neue Fans überlesen einfach geflissentlich den dünnen Disclaimer von Reitschuster und suhlen sich dann in dem Geschwätz von Rahr, das man in identischer Form von unzähligen anderen Personen ebenso bekommt.

Wenn Reitschuster den Doppelbeitrag von sich und Rahr als eine Art Testballon versteht, dann zeigt die Reaktion in den Kommentaren, dass seine Karriere im Prinzip vorbei sein wird, wenn Corona niemanden mehr interessiert und er nicht regelmäßig Kreml-Narrative liefert, um seine neuen Fans zufriedenzustellen. Reitschuster konkurriert mit der Telegram-Sphäre, wo jeder komplette Amateur einfach Content aus letztendlich (pro-)russischen Quellen abkupfern kann. Liefert er nicht, was seine neuen Fans verlangen, lassen sie ihn links liegen. Heute hot, morgen not.

Inzwischen scheint es eine fast komplette Kehrtwende bei Reitschuster gegeben zu haben. Nun scheinen er und seine Gäste, wie etwa Max Otte von der elitären Atlantik-Brücke, oder Alexander Rahr (Berater für Gazprom-Angelegenheiten, RAND, CFR, Royal Institute of International Affairs) eine Annäherung Deutschlands und Europa an Russland zu fordern. Das sei nämlich irgendwie konservativ. Wie Deutschland seine Eigenheiten behalten und an Souveränität gewinnen soll, wenn man sich einer atomaren Supermacht andient, die uns längst mit ihrer Spionage unterwandert hat, beantworten sie nicht wirklich. Angloamerikanische und russische Seilschaften zielten immer darauf ab, Deutschland unter ihre Kontrolle zu bringen, nichts uns Deutsche freier zu machen. Reitschuster inszeniert sich seit rund zwei Jahren gerne als eine Art Nationalheld und leider glauben einige Fans, seine Agenda würde deutschen Interessen dienen.

Auf russisch-sprachigen Nachrichtenwebseiten wie Newzfeed.ru und Politpuzzle.ru heißt es aktuell:

Die Propaganda der westlichen Medien über die „Diktatur“ in Russland ist so unwahr, dass Ausländer zugeben müssen, dass unter dem Präsidenten Wladimir Putin, der vom kollektiven Westen nicht geliebt wird, die Russen freier leben als die Bewohner des demokratischen Deutschlands Merkel.

Darüber berichtete angeblich laut der Online-Publikation „PolitNavigator“ in der Sendung des Fernsehsenders „OstWest“ ein in Moskau lebender deutscher Journalist, Boris Reitschuster. Dieser lebt aber schon lange nicht mehr in Moskau, sondern in Berlin.

„Ich sehe jetzt, dass die Menschen heute in Russland freier leben“, sagte der Journalist.

Источник: https://politpuzzle.ru/188435-nemetskij-zhurnalist-prishel-v-nedoumenie-sravnivaya-zhizn-v-rossii-i-evrope/

Ganz ähnliche Kommentare hatte Reitschuster in den vergangenen Monaten immer wieder in seine deutschsprachigen Sendungen einfließen lassen. In Russland könne man „seine Meiung frei sagen ohne dass einem etwas passiert“, er würde in Deutschland mehr zensiert werden als in Russland usw. Die bösen Medien würden Russland falsch darstellen.

Hat sich Reitschuster einfach nur arrangiert mit dem russischen Regime? Ist der treibende Faktor dahinter die verkehrte Sichtweise, dass Antikommunismus heutzutage bedeute, Deutschland und Europa an Russland anzunähern? Elitäre Atlantiker-Kreise verbreiten diese Sichtweise seit einer Weile. Sowohl der neue CDU-Kanzlerkandidat Laschet, Reitschusters Freund Max Otte von der Atlantikbrücke, einflussreiche republikanische Kreise aus den USA oder das „Von-Finck“-Netzwerk in Deutschland.

OstWest ist ein privater Fernsehsender, der sich als „europäischer Informationssender“ positioniert und von Deutschland aus in russischer Sprache sendet. OstWest sendet 24 Stunden am Tag und verfügt über zwei Studios in Berlin. Derzeit hat der Sender allein in Deutschland 300.000 Abonnenten. Man produziert die Sendung „Auf Russisch mit deutschem Akzent“ mit Reitschuster.

In einer aktuelleren Ausgabe interviewt er Alexander Rahr über dessen neuestes Buch. Auch Rahr ist ein elitärer Atlantiker. Dessen Doktorvater stammte von der Cambridge University. Von 1977 bis 1985 war Rahr Mitarbeiter des Forschungsprojekts „Sowjetelite“ des deutschen Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien (BIOst). Er arbeitete von 1982 bis 1994 als Analytiker für Radio Liberty (das mit dem US-Außenministerium und der CIA verbunden ist) und die Denkfabrik Rand Corporation. Achtzehn Jahre lang arbeitete er für die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), ein Ableger des britischen Royal Institutes of International Affairs und dem amerikanischen Council on Foreign Relations.

Rahr saß von 2004 bis 2015 im Lenkungsausschuss des Petersburger Dialogs, der von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dessen Intimfreund Wladimir Putin geschaffen worden war. All das war vor wenigen Jahren noch das Feindbild Reitschusters. Seit 2012 ist Rahr Projektleiter des Deutsch-Russischen Forums. Auf einer Sitzung der Organisation erklärte am 26. März 2015 die Journalistin und langjährige Moskau-Korrespondentin Elfie Siegl ihren Austritt. In ihrer Erklärung, die ihr Kollege Boris Reitschuster auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, heißt es, das Forum habe sich in den vergangenen Jahren immer weiter vom in der Satzung festgeschriebenen Vereinszweck entfernt und diene hauptsächlich Moskaus Interessen. Das Deutsch-Russische Forum wurde gegründet von Alexandra Gräfin Lambsdorff, geboren Alexandra von Quistorp. Mehrere Lambsdorffs dienten in hohen Posten unter den russischen Zaren aus dem Welfen-Adel, die praktisch dieselbe Familie waren wie der britische Thron. Wladimir Nikolajewitsch Lamsdorf war sogar von 1900 bis 1906 Außenminister des Russischen Reiches. Seit 2015 ist Rahr auch noch Berater für EU-Angelegenheiten von Gazprom in Brüssel. Sein Vater baute in Frankfurt am Main die russische orthodoxe Kirche auf, arbeitete viele Jahre für Radio Liberty in München

Rahrs neues Buch, das in der Sendung mit Reitschuster vorgestellt wird, hat den Titel „Anmaßung“. Das Vorwort stammt von Gabriele Krone-Schmalz. Boris Reitschuster kam noch Anfang 2018 in seiner ausführlichen Analyse in der Huffington Post zu dem Schluss, die Darstellung von Krone-Schmalz stimme mit Mustern der russischen Propaganda überein und sei ein beschönigendes „Weißwaschprogramm für den russischen Präsidenten Wladimir Putin“, dessen Rhetorik, Denkmuster und Argumentationslinien sie weitgehend teile. Krone-Schmalz‘ Auffassung, es gebe kein eindeutiges Richtig oder Falsch stimme überraschend mit dem Hauptziel russischer Propaganda überein, den „inneren Kompass“ zu verstellen, bis man nicht mehr zwischen Schwarz und Weiß unterscheiden könne. Schon der Titel enthalte eine vierfache Irreführung, weil er unterstelle, Russland werde dämonisiert, es fehle an Verständnis, Russland sei nicht gleich Putin und Kritik sei gefährlich.

Typisch sei die Vortäuschung einer schlüssigen Beweisführung durch eine Vielzahl von Fakten, Tatsachen, Aufzählungen und Zitaten und 30 Seiten Quellenangaben. In Wirklichkeit handele es sich um Nebelkerzen, wie etwa bei der Mahnung an die besondere deutsche Verantwortung gegenüber Russland nach dem Zweiten Weltkrieg, diese Verantwortung könne die Verfehlungen Putins nicht entschuldigen. Schuld sei für Krone-Schmalz immer der Westen und seine angeblichen Fehler dienten der Rechtfertigung einer Diktatur. Russland werde als Opfer inszeniert, dem auch Dinge unterstellt würden, die nicht zuträfen. Mit diesen „argumentativen Hütchenspielertricks“ verschiebe sie die Maßstäbe und führe den Leser in die Irre.

Eines der Grundmuster, das sich durch das Buch ziehe, sei die Relativierung, zum Beispiel die Relativierung der Annexion ukrainischen Staatsgebiets. Das Buch gleiche einem Versuch, „einen Gewaltverbrecher zu rechtfertigen, indem man nur über dessen schwere Kindheit spricht“. Suggestive Fragen, die Verdrehung von Tatsachen, Verschweigen und Verzerren seien typisch für die „Methode Krone-Schmalz“.

Zum Schluss referiert Reitschuster die Auffassung, Krone-Schmalz, die sich gerne zum Opfer stilisiere, sei Nutznießerin kremlnaher Unternehmen.

Leidet Reitschuster an Amnesie? Kann er sich an nichts mehr vor 2019 erinnern und bemerkt nicht, dass er jetzt die gleichen miesen „argumentativen Hütchenspielertricks“ benutzt?

Rahrs Büchlein „Anmaßung“ hat nur 176 Seiten in der Printversion. Bereits im Vorwort werde die üblichen Talking points lieblos heruntergespult. Eine deutsch-russische Feindschaft habe in zwei Weltkriegen resultiert und das dürfe sich nie mehr wiederholen. Soll heißen: Erfüllt Moskaus Wünsche, sonst gibt es Armageddon und ihr seid daran schuld.

Europa sei beeinflusst vom West-Römischen Reich, Russland hingegen vom byzantinischen ost-römischen Reich. Eine Wiedervereinigung wird von Rahr implizit in den Raum gestellt. Diese Argumentationslinien sieht man auch bei den elitären katholischen Atlantiker-Seilschaften hinter Armin Laschet (CDU).

Wir Deutsche seien arrogant, anmaßend und blöd, wenn wir vom Putin-Regime Zivilisiertheit und Rechtsstaatlichkeit fordern. Der nette, tolle Putin hätte „seine Hand ausgestreckt“ in herzensgütiger Freundlichkeit, und die irregeführten Deutschen hätten diese Hand nicht ergriffen. Deutschland sei insgesamt so arrogant gewesen, Russland nach dem Ende der Sowjetunion zu demütigen und Forderungen zu stellen. Dieses Gewäsch findet man 1:1 in gefühlt jedem Buch und jedem Artikel der Russenpropaganda. Man könnte diesen Unfug 1:1 in eine Rede von Alexander Gauland (AfD) umfunktionieren. Ein Zehntklässler könnte diese Talking Points abspulen und ein Büchlein daraus machen. Rahr lobt auch die Parteien DIE LINKE und die SPD. Wen überrascht es, dass Matthias Platzeck von der SPD, der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, ein neues Buch draußen hat: „Wir brauchen eine neue Ostpolitik – Russland als Partner“.

Alle möglichen Polit-Schranzen und Pseudojournalisten überschlagen sich förmlich mit ihrer Russlandliebe und den gleichen Talking Points.

Für Rahr seien amerikanische Einflüsse daran schuld, dass insbesondere Westdeutsche Russland kritisch betrachten. Die Deutschen seien gehirngewaschene Befehlsempfänger Moskaus und müssten sich, wenn sie endlich Selbstbestimmung wollen, der russischen Supermacht andienen. Rahr war bei RAND, einem Ableger des Council on Foreign Relations und des britischen Royal Institute of International Affairs. In den USA bezahlten „rechte“ Milliardäre wie die Kochs oder die Mercers die neurechte Trendwelle, die pro-russische Propaganda vebreitete. Donald Trump hatte sich einreden lassen, eine Annäherung an Russland sei ganz toller Antikommunismus.

AlexBenesch
AlexBenesch
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