Kommentar
Ein 50-jähriger Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie aus Saudi-Arabien soll am Freitagabend mit seinem Auto in den Weihnachtsmarkt von Magdeburg gerast sein. Vier Menschen sind bislang gestorben, es gibt aktuell 41 Schwerstverletzte, 90 Schwerverletzte und weitere Leichtverletzte.
Der Mann befindet sich in Haft. Es handelt sich untypischerweise für solche Taten nicht um einen jungen Mann, er hat keinen unmittelbaren Migrationshintergrund aus einem diktatorischen Regime bzw. einer Kriegszone, und es wird gemunkelt, dass er ein anti-islamisches Motiv und Sympathien für die AfD gehabt haben soll.
Er kam 2006 nach Deutschland und hat nach Erkenntnissen der WELT im Maßregelvollzug in Bernburg gearbeitet haben zur Besserung und Sicherung von suchtkranken Straftätern.
Er bezeichnete sich 2019 in einem FAZ-Interview selbst als „aggressivsten Kritiker des Islams in der Geschichte“. Er sei Atheist und habe als Ungläubiger und Islamkritiker in seinem Heimatland Verfolgung befürchtet. Ähnlich berichteten 2019 BBC und „Spiegel“. Weshalb genau interessierten sich die größten Publikationen in Deutschland so sehr für ihn?
Die BBC brachte die Schlagzeile, er hätte mit seiner Webseite hunderten Personen geholfen, aus den Golfstaaten zu fliehen und Asyl zu suchen in Europa. Der SPIEGEL schrieb über wearesaudis.net, dass viele in Deutschland lebende Saudi-Araber auf der Seite aktiv sind.
Sie diskutieren, welche Fluchtrouten sicher sind oder an welche Stellen man sich bei einem Deutschlandbesuch wenden muss, um Asyl zu beantragen.
Es soll sich mutmaßlich um Taleb Al A. handeln. Wer sich derartig betätigt und dafür noch mediale Aufmerksamkeit erhält, der könnte durchaus auf deutschem Boden verfolgt werden von saudischen Geheimdiensten. Er scheint sich zunehmend enttäuscht gefühlt haben von den deutschen Behörden, die ihn nicht ausreichend schützten. Dazu muss man anmerken, dass die Behörden hier nur sehr begrenzte Kapazitäten haben; insbesondere der Verfassungsschutz. Darüber hinaus suchen deutsche Regierungen aus verschiedenen Gründen solide Beziehungen zu den Golfstaaten; trotz der zahllosen Menschenrechtsverletzungen dort.
Die Online-Posts des Mannes scheinen immer irrer geworden zu sein:
„Ich mache die deutsche Nation für die Tötung von Sokrates verantwortlich.“
Er sprach auch über die Geschichte eines gestohlenen USB-Sticks aus seinem Briefkasten. Die deutschen Behörden würden ihn nicht beschützen, also sei er auf Rache aus. Es bräuchte die AfD; meinte er, und er bewarb Elon Musk und Alex Jones.
Der deutsche Bundestag beschäftigte sich u.a. 2020 mit der Frage nach Aktionen von saudischen Geheimdiensten in Deutschland gegen saudische Dissidenten. Besonders relevant war, inwiefern die Regierung „den Schutz für diesen Personenkreis seit der Ermordung Jamal Khashoggis verstärkt“ hat.
In der Vergangenheit gab es einzelne Hinweise, die auf eine mögliche Bedrohung von in Deutschland aufhältigen saudischen Staatsangehörigen durch saudische staatliche Stellen hindeuteten. Diese Hinweise wurden ausschließlich von den potenziell gefährdeten Personen selbst angezeigt. Sie konnten weder durch polizeiliche Ermittlungen noch durch den Verfassungsschutz verifiziert oder falsifiziert werden.
Genaueres sei nicht bekannt, so die Antwort. Das auswärtige Amt erklärt:
Saudi-Arabien ist nach den Vereinigten Arabischen Emiraten Deutschlands zweitwichtigster Handelspartner im arabischen Raum, Deutschland seinerseits Saudi-Arabiens viertgrößter Lieferant.
Es scheint eine große Diskrepanz zu geben zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Das ZDF berichtete:
Saudi-Arabien lässt laut Human Rights Watch Hunderte Geflüchtete an der Grenze erschießen. Ein ehemaliger Geheimdienstler erklärt, der Befehl käme von oberster Stelle.
Der desertierte Geheimdienstler behauptete, dass deutsche Bundespolizisten seit 2009 saudische Grenzer ausbilden.
2008 bekam der europäische Rüstungskonzern EADS (heute Airbus) den Zuschlag, die Grenze Saudi-Arabiens mit hochspezialisierter Überwachungstechnologie – auch aus Deutschland – auszurüsten. Seit 2009 sollen Bundespolizisten vor Ort im Einsatz seien.