Willi Münzenberg war der Propaganda-Mesiter der Kommunistischen Internationale für die westliche Welt und baute das zweitgrößte Medienunternehmen der Weimarer Republik auf. Trotz seiner vielen unternehmerischen Aktivitäten und dem Ruf als „roter Millionär“ machte praktisch alles, was er anfasste, herbe Verluste, die durch Moskaus Zahlungen ausgeglichen werden mussten.
Er hatte erwartet, dass Moskau den antifaschistischen Kurs von ihm und der Kommunistischen Partei Deutschlands so rigoros unterstützt, dass man möglichst viele Kräfte bindet gegen die Nazi-Bewegung, also auch Sozialdemokraten und – notfalls – bürgerliche Kräfte. Hierbei irrte Münzenberg aber. Stalin hatte geheime Pläne und bremste den Antifaschismus an den entscheidenden Stellen aus. Frustrierte leitende deutsche Kommunisten wurden nach Moskau gerufen und wurden dort eingeweiht und instruiert in die Sichtweise, eine linke Revolution hätte zunächst keine Chancen, in Deutschland zu bestehen. Man müsse vielmehr die Nazis eine Weile machen lassen, bis diese dann kollabieren. Historiker wie Robert C. Tucker befürchteten, Stalins Hoffnung war gewesen, dass Deutschland, Frankreich und Britannien sich gegenseitig in einem Krieg abnutzen. Dann wäre die große Stunde der Kommunisten gekommen und die Rote Armee würde in Europa einmarschieren.
Von Münzenberg war erwartet worden, einfach nur die Befehle von oben umzusetzen, was jener aber zunehmend unterließ. Unter Eigenregie wollte er doch noch eine breite antifaschistische Koalition zusammenzimmern. In der UdSSR liefen da schon brutale Säuberungsaktionen im Parteiapparat. Münzenberg wurde nahegelegt, er solle lieber bei den Russen in der Propagandazentrale arbeiten, anstatt in Europa zu werkeln. Immer mehr dämmerte es Münzenberg, dass er aus dem Verkehr gezogen werden könnte. Man fand letztendlich seine Leiche in einem Wald.
Er schloss sich als junger Mann in Berlin dem Spartakusbund an und war Gründungsmitglied der KPD. Er erhielt von Lenin den ganz privaten Auftrag, die Internationale Arbeiterhilfe (IAH) für die Sowjetunion zu organisieren. Dazu gründete Münzenberg die Illustrierte Sowjetrussland im Bild, die 1926 zur Arbeiter Illustrierten Zeitung wurde. 1924 übernahm er den Neuen Deutschen Verlag von Felix Halle für die IAH.
Von 1924 bis 1925 war er Mitglied des Zentralausschusses und ab 1927 Mitglied des Zentralkomitees der KPD.
Es standen hunderttausende überzeugte Kommunisten im Jahr 1923 in Deutschland bereit, Terror-Gruppen und sowjetische Berater. Die sogenannten Z-Gruppen hatten die Reichswehr und die Polizei infiltriert. Im wirtschaftlich enorm wichtigen Ruhrgebiet gab es eine Kampagne des passiven Widerstands und der Sabotage.
Am 26. September 1923 verkündete Präsident Ebert den Notstand und die Exekutivgewalt ging über auf Verteidigungsminister Otto Gessler und General Seeckt.
Der Sowjet-Funktionär Grigori Sinowjew schickte am 1. Oktober ein Telegramm vom Kreml nach Berlin, in dem angekündigt wurde, dass innerhalb von Wochen die große Entscheidung bevorstünde. Überall in Deutschland machten sich die Kommunisten bereit. An der sowjetischen Militäruniversität sprach der Dozent Karl Radek vor überfüllten Hörsälen von den kommenden Ereignissen und machte sich dann selbst nach Deutschland auf.
Der KPD-Vize Hermann Remmele feuerte seine Leute am Reichstag an, eine „rote“ Diktatur werde bald die „weiße“ Diktatur ersetzen. Pistolen und Maschinengewehre seien bessere Waffen als all die Reden im Parlament.
Am 10. Oktober druckte die „Rote Fahne“ einen Beitrag ab von Stalin, in dem es unmissverständlich hieß, dass in Deutschland eine Revolution passieren werde. Berlin werde gar zum neuen Zentrum der Weltrevolution werden. Getreidevorräte wurden transportiert für das neue Regime und Rote Armee führte provokante Manöver durch an der polnischen Grenze. Tausende sowjetrussische Beamte waren bereitgehalten, um die Kontrolle zu übernehmen. Die sowjetische Botschaft in Berlin bewegte erhebliche Summen Geld.
Der Sowjet-General Petr Skoblewski war im September bereits in Deutschland angekommen. Unter seinem Kommando formierte er eine Untergrundarmee an Kommunisten aus den M-Gruppen für sechs anvisierte Distrikte, in die er Deutschland aufteilte. Beginnen sollte alles mit einem Generalstreik oder einer großen Arbeiterkonferenz. Dann würden die Kämpfer mit Partisanenkriegsführung beginnen.
Die Dreistigkeit der Vorbereitungen und Stalins Artikel in der Roten Fahne allerdings waren zu offensichtlich. Die Behörden verboten eine Reihe an Organisationen und in Sachsen wurde die Polizei unter das Kommando der Reichswehr gestellt. Münzenberg versprach hunderte Tonnen Getreide für seine Genossen in Thüringen und Sachsen. Die Reichswehr war aber schneller gewesen und strömte nach Sachsen und umstellte Dresden. Die sächsische Regierung wurde abgesetzt.
Die rote Revolution war vorerst abgeblasen und am 23. November verbot General Seeckt auch noch die NSDAP, was der kommunistischen Propaganda Wind aus den Segeln nahm.
Als Schuldige für den Fehlschlag mussten Brandler, Radek und Trotzki. Die Verantwortung lag jedoch in Moskau, wo nun Stalin, Sinowjew und Kamenew die Fäden zogen.
Nach dem fehlgeschlagenen Nazi-Bierhallen-Putsch am 9. November 1923 schrieb Münzenberg an Sinowjew, dass nun wohl in Deutschland eine moderate politische Phase beginnt. Noch hatte Münzenberg also die Gunst der Sowjetführung. Über Lebensmittelhilfe wollte man die kommunistische Lehre noch beliebter machen.
Die vielen Münzenberg-Projekte verbrannten viel Geld und korrupte Funktionäre stopften sich dabei noch die Taschen voll. Darüber hinaus gab es viel Streit unter all den kommunistischen Tarnorganisationen über die Verteilung der Gelder; jeder wollte möglichst eine große Karriere machen und seine Beliebtheit in der Moskauer Führung steigern. Münzenberg setzte stärker auf das Kino-Format und den Vertrieb von Sowjetproduktionen von Proletkino und Goskino.
Ein Erfolg war der Streifen Polikuschka, der mit sehr niedrigem Budget abgedreht und von Lenin an Münzenberg übermittelt worden war. Mit frischem Geld von der Gosbank kaufte man Filmrollen von Agfa und Kodak, um Kopien zu erstellen. Weitere Produktionen stammten noch aus der vorrevolutionären Zeit wie „Der Freimaurer“ und Satan Triumphant.
Ein Hit wurde Sergej Eisensteins „Schlachtschiff Potemkin“:
Kurz nach der Premiere in Berlin wurde der Film verboten und kurz darauf in einer erneut zensierten Form wieder erlaubt.
1927 lebte Münzenberg bereits in einer Luxuswohnung in Berlin Tiergarten, hatte einen Chauffeur für seine Lincoln-Limousine, sowie einen Bodyguard, und konnte vergünstigt fliegen mit Dereluft, eine Fluggesellschaft die auch von VIPs der Komintern benutzt wurde. Es regte sich Wut unter seinen Genossen wegen seinem Wohlstand und der Korruption. Im Prinzip waren seine Unternehmungen nur durch Kreml-Geld möglich. Allerdings war die Erwartung gewesen, dass seine Projekte auch Geld abwerfen. Immer häufiger wurde gefordert, ihn aus der Partei auszuschließen. Man nannte ihn den „roten Millionär“. Wegen seinem politischen Status im Reichstag musste er persönlich keine Steuern bezahlen. Seine Zeitschriften wie AIZ und Welt am Abend glorifizierten Stalin und die UdSSR, entsprachen aber im Jahr 1929 nicht der neuen, ganz harten Linie des Kremls. Die vorgegebene Haltung lautete, jeder gemäßigtere Linke sei ein „Sozialfaschist“. Münzenberg übernahm eine Weile lediglich das Minimum an Vorgaben, weil er immer noch hoffte, dass es eine breite linke Koalition geben könnte.
Später holte er jedoch zum Rundumschlag aus. Er musste zusehen, wie die Nazis immer stärker wurden und seine Energie größtenteils auf Attacken gegen die SPD aufwenden. Nach dem Reichstagsbrand und der Machtergreifung gab es keinen großen kommunistischen Aufstand und keine sowjetischen Truppen kamen zu Hilfe. Der „kleine Adolf“ wie er ihn genannt hatte, konnte die Kommunisten eindämmen und jene hatten nichts mehr als Agitprop-Zeitungen zur Verfügung.
Münzenberg selbst musste nach dem Reichstagsbrand als einer der meistgesuchten Kommunisten sofort nach Paris emigrieren. Fast alle hohen KPD-Funktionäre flohen ebenfalls.
Münzenberg musste den Franzosen versprechen, sich nicht in deren politische Angelegenheiten einzumischen und er setzte seinen antifaschistischen Propagandabetrieb fort. Moskau rechnete fest mit einem Krieg und verfolgte keine Strategie, um in Deutschland eine breite Koalition gegen den Faschismus zu bauen. In Moskau gab es wilde Säuberungsaktionen und Münzenbergs Status schwand beträchtlich.
Selbst gegen Kamenew und Sinowjew gab es Schauprozesse. Damit galt auch Münzenbergs Status als alter Bolschewik nichts mehr. Bei einem Pflichtbesuch in Russland erklärte er seine Unterstützung für das Todesurteil gegen Sinowjew und gelobte Treue für die neue Linie. Bald darauf geriet sein alter Genosse Karl Radek unter die Räder. Andere Figuren waren nun die Lieblinge des Kremls und Münzenberg wegerte sich, erneut nach Moskau zu reisen. Er wurde aus der Partei geworfen.
In Frankreich war nun auch der sowjetische Geheimdienst NKVD hinter ihm her. Seine öffentlichen Beschwerden über die Sowjet-Führung brachten das Fass zum überlaufen. Verzweifelt versuchte er neue Zeitungsprojekte und klapperte sogar seinen non-kommunistischen Kontakte ab, aber es war zu spät.
Der Molotov-Ribbentrop-Pakt war wohl der größte Schock für ihn. Kurz nachdem die Rote Armee in Polen einfiel, nannte er Stalin offen einen „Verräter“ an der Revolution. Damit besiegelte er wohl sein Todesurteil.
Er hoffte, sich nach Marseille durchschlagen zu können, wo sich leicht untertauchen und vielleicht ein Schiff nach Nordafrika finden ließe.
Sein Leichnam wurde am 17. Oktober 1940 aufgefunden, eine Schnur um den Hals geschlungen. Er starb wahrscheinlich um den 21. oder 22. Juni 1940 im Waldstück „Le Caugnet“ nahe dem Dorf Montagne (Isère) bei Saint-Marcellin in Frankreich.