Kommentar

Vor rund zehn Jahren erschien Jürgen Roths Buch „Gazprom – Das unheimliche Imperium“ und lieferte damit eine Studie ab, die eigentlich der Ausgangspunkt hätte sein müssen für eine gründliche Neuorientierung der deutschen Energielandschaft und Außenpolitik. Ohne staatliche Ermittlerbefugnisse, ohne große Ressourcen konnte er mehr als genug leisten zur Aufklärung und deshalb kann heute bei niemandem die Ausrede gelten, man hätte das Ausmaß des Problems unterschätzt.

Ab und an bekam Roth sogar einen geheimen Bericht von frustrierten (ausgebremsten?) staatlichen Ermittlern in die Hand, woraus man ablesen kann, dass die politische Führung sicherlich nicht ahnungslos gewesen war. In einem geheimen sechsseitigen Bericht des BND von 2011 mit der Überschrift „Gasmarkt wird zunehmend von Gazprom und dem ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch kontrolliert“ heißt es, dass Firtasch Schutz erhalten habe vom ukrainischen Energieminister Bykov, vom Geheimdienstchef Khoroshowskij und dem Staatspräsidenten Janukowitsch.

Anstatt das Gazprom selbst direkt die verschiedenen Geschäfte abwickelte mit Kunden, gab es einen weitverzweigten Ringelpiez aus zwischengeschalteten Gesellschaften und Firmen; an verschiedensten Orten registriert wie der Schweiz, Bermuda oder den Virgin Islands. Am 13. März 2014 wurde Firtasch in Wien verhaftet. Alisher Usmanow, der Chef der „Gazprom Investment Holding“ ließ über einen Sprecher erklären, man sei von dem westlichen Wirtschaftsprüfungsunternehmen PricewaterhouseCoopers zufriedenstellend geprüft worden. Alles wunderbar.

Der Deutsche Matthias Warnig war gleichzeitig bei vielen russischen und deutsch-russischen Konzernen und Gesellschaften aktiv. Früher war er noch Mitglied der Stasi in der DDR. Die Dresdner Bank schaffte es nach eigenen Angaben (Stand 2005) einfach nicht, dies in Erfahrung zu bringen. Ab April 1975 wurde er als Agent in der Auslandsspionageabteilung Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) ausgebildet. Wie früh sich Putin, ein KGB-Agent der in Dresden stationiert gewesen war in den 1980er Jahren, und Warnig bereits kannten, ist umstritten. Über die Dresdner Bank liefen in den 1990er Jahre einige der ersten bedeutenden Geschäfte zwischen Gazprom und dem Westen. Am 28. April 2014 lud Warnig in St. Petersburg zu einer Gala zu Ehren von Gerhard Schröder. Trotz Annexion der Krim feierte Schröder mit Wladimir Putin und Warnig seinen 70. Geburtstag in Russland.

Bei Gazprom Germania war ein gewisser Felix S. für Finanzen zuständig. Dieser hatte in einer Eidesstattlichen Versicherung behauptet, er sei „niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gewesen“. Dann tauchten Akten auf und er musste sich vor dem Amtsgericht Köln verantworten. Am 2. Oktober 2008 wurde das Verfahren „gegen eine Geldauflage eingestellt“, sagte die Kölner Staatsanwältin. Dennoch wollte er, dass die Berichterstattung über ihn verschwindet, weil es ansonsten eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle. Vor dem Landgericht Hamburg hatten S. und seine Anwälte damit keinen Erfolg. Ein höheres Gericht gab ihm dann aber recht, woraufhin das nächste Gericht wieder zugunsten der Pressefreiheit entschied.

Eine weitere höhere Figur von Gazprom ließ einen Unterlassungsantrag an die WELT senden wegen der Behauptung, er sei inoffizieller Mitarbeiter der Stasi gewesen.

Gazprom trennt sich von seiner deutschen Tochter

Der russische Staatskonzern Gazprom hatte sich urplötzlich von seiner deutschen Tochter Gazprom Germania getrennt. Von Gazprom Germania gab es zunächst keine Stellungnahme. Gazprom Germania ist wiederum Eigentümerin weiterer Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft. Zuvor war bekannt geworden, dass Ermittler der EU-Kommission nach Vorwürfen gegen den Mutterkonzern mehrere Unternehmen in Deutschland, darunter auch Gazprom Germania, durchsucht hatten. Es werde untersucht, ob die Unternehmen ihre beherrschende Stellung auf dem Markt missbraucht haben könnten. Gazprom Germania halte über die beiden Töchter Wingas und WIEH einen Großteil der Importverträge in der Hand.

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