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Wie ein B-Waffen-Einsatz der Russen in der Ukraine aussehen könnte

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Kommentar

Den amerikanischen (und wohl auch den ukrainischen) Militärplanern ist bewusst, dass Russland zu unkonventionellen Mitteln greifen kann, wenn die Munitionsdepots bald leer sind, zuviele Soldaten starben und zuviel Gerät kaputt ist. Mehr Aufmerksamkeit bekamen sogenannte „taktische“ Nuklearwaffen, also kleinerformatige Sprengköpfe, die man einsetzen kann, um durch den Abschreckungseffekt eine Kapitulation der Ukraine zu erzwingen. Allerdings wäre der radioaktive Fallout ein weiterer Sargnagel für Russlands Ruf in der Welt. Chemische Waffen wären auch grotesk angesichts der tödlichen Wirkung bzw. der bleibenden körperlichen Schäden. Bei biologischen Waffen denken viele zunächst an hochansteckende Killer-Viren, die sich weltweit ausbreiten können. Allerdings bieten B-Waffen-Arsenale viel breitere Optionen, also maßgeschneiderte Werkzeuge für den jeweiligen Einsatzzweck.

Man stelle sich vor, die Ukrainer bekommen diverse Symptome, die sie für drei Wochen praktisch kampfunfähig und bettlägerig machen. Moskaus Soldaten hätten folglich wenig Schwierigkeiten, das Land zu erobern. Falls die Polen, die Finnen und die Bürger des Baltikums ebenfalls krank werden, könnten die Russen selbst dort durchmarschieren.

Nach der Eroberung würden sich die allermeisten Erkrankten erholen. Als manipulatives Narrativ würde von den Russen verbreitet werden, die Krankheitserreger seien aus Versehen aus einem amerikanisch geführten Biowaffenlabor in der Ukraine ausgetreten. Mit dem entsprechenden Geschwätz hält sich Moskau bisher diese erweiterte Propaganda-Option offen.

Ausgerechnet durch die Amerikaner haben wir eine Ahnung davon, wie ein solcher B-Waffen-Angriff aussehen könnte.

Geheimkrieg

In kritischen Sachbüchern wie „Germs – Biological Weapons and America’s Secret War“ erfährt man wertvolle Details über das Denken von Militärs. Es werden nicht nur völlige Killer-Erreger gebastelt und in größeren Mengen hergestellt, sondern auch Stoffe die den Gegner nur „außer Gefecht“ setzen für eine bestimmte Zeit.

Der ehemalige wissenschaftliche Direktor in der US- Biowaffeneinrichtung Fort Detrick, Riley D. Housewright erinnert sich an die Planungen des Pentagons für den möglichen Einsatz biologischer Waffen gegen Kuba. Operation „Marshall Plan“ sah vor, dass ein Cocktail aus bis zu drei verschiedenen Stoffen die Kubaner bis zu zwei Wochen krank machen würde, damit sie nicht kämpfen können. Hauptsächlich ältere Menschen würden daran sterben, weniger als zwei Prozent der Bevölkerung. Die US-Truppen könnten Kuba übernehmen ohne große Bombardierungen und Feuergefechte.

Der Cocktail sollte aus SEB bestehen, einem Gift aus Staphylokokken, sowie aus Erregern der venezoelanischen Hirnhautentzündung und Q-Fieber. Die Pentagon-Planer betrachteten es als eine humanere Form der Kriegsführung. Flugzeuge wären bei der Produktionsanlage in Pine Bluff aufgetankt worden, man hätte die wichtigen Zentren in Kuba eingenebelt und gewartet. Die Erreger waren nicht ansteckend und wären keine Gefahr mehr für die landenden US-Truppen. Man rechnete mit rund 70.000 kubanischen Toten, rund 1% der Bevölkerung.

Ein Erkrankter muss behandelt und gepflegt werden, an seinem Arbeitsplatz ersetzt werden, von Bürokraten verwaltet werden.

Square Dance

Im Sommer 1975 suchte der Kongressmitarbeiter Loch Johnson in der LBJ Library in Austin, Texas, nach geheimen Papieren, als er auf etwas stieß, das er nicht glauben konnte – einen verdeckten Plan des US-Militärs, biologische Waffen gegen Kuba einzusetzen. Johnson arbeitete als Top-Berater für Senator Frank Church (D-ID), Vorsitzender des Senatsauswahlausschusses zur Untersuchung von Regierungsoperationen im Hinblick auf nachrichtendienstliche Aktivitäten, dem sogenannten „Church-Ausschuss“.

Er hatte ein Memo vom 30. Oktober 1964 von den Joint Chiefs of Staff (JCS) an den Verteidigungsminister erhalten. Als Antwort auf eine frühere Anfrage des Präsidenten nach „neuen Ideen in Bezug auf Kuba“ schlugen die Joint Chiefs ein Projekt mit dem Codenamen SQUARE DANCE vor, das Johnson sarkastisch als „ihre erste glänzende neue Idee“ bezeichnete.Johnson übermittelte seinen Vorgesetzten im Church-Untersuchungsausschuss die Einzelheiten des Projekts SQUARE DANCE:

Der Vorschlag sah die Zerstörung der kubanischen Wirtschaft vor, indem ein Zuckerrohrpflanzenparasit namens Bunga aus der Luft von der Küste aus eingeführt wurde. Das Programm würde mit einer Reduzierung der erwarteten kubanischen Zuckerproduktion um 30 Prozent beginnen, und innerhalb von drei bis sechs Jahren würde die Zerstörung der Zuckerindustrie erreicht sein. Aber das war noch nicht alles. Johnson zitierte direkt aus dem JCS-Memo:

Die wirtschaftlichen und politischen Unruhen, die durch diesen Angriff verursacht wurden, könnten durch Maßnahmen wie die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche unter Zugtieren, die Kontrolle des Niederschlags durch Wolkenmanipulation, den Abbau von Zuckerrohrfeldern, das Verbrennen von Zuckerrohr und die Ausrichtung anderer konventioneller Sabotageakte gegen die Bevölkerung und die Zuckerrohrproduktion verschärft und ausgenutzt werden.

In ihrem Memo über den Vorschlag von SQUARE DANCE haben die US Joint Chiefs den strategischen Wert des Projekts dargelegt: „[Square Dance] würde den Vereinigten Staaten eine weitere Option bieten, um den Zusammenbruch des Castro-Regimes herbeizuführen.“

Eine Veröffentlichung von zuvor geheimen JFK-Dokumenten enthüllte ein Geheimdienstmemorandum aus dem Jahr 1962, in dem die Möglichkeit der Verwendung biologischer Wirkstoffe zur Herbeiführung von Ernteausfällen erörtert wurde, „die natürlichen Ursprungs zu sein scheinen“. In einem kürzlich von den National Archives veröffentlichten Memo der US-Armee aus dem Jahr 1963 sind eine Reihe von „Ideen zur Ausnutzung kubanischer Sicherheitslücken“ aufgeführt, darunter die Einleitung eines „biologischen Krieges gegen pflanzliches und tierisches Gewebe (außer gegen Menschen)“.

Das Memo vom 30. Oktober 1964, auf das in Johnsons Buch National Security Intelligence verwiesen wird, dasvom National Archives digital veröffentlicht wurde, gibt uns ein klareres Bild davon, wie das ausgesehen haben könnte.

„Bunga“, auch bekannt als Aeginetia Indica, ist ein blühendes Unkraut, das als Wurzelparasit für nahegelegene Pflanzen fungiert. Es kann besonders schädlich für Zuckerrohrkulturen sein, die Kubas wichtigste Wirtschaftsleistung waren. Die Sabotagebemühungen der US-Geheimdienste hatten lange Zeit auf Zuckerkulturen abgezielt, einschließlich Nachtangriffe von Offshore-Booten, die Brandvorrichtungen auf Feldern anfügten. Aber das war etwas anderes.

Wie in dem früheren Memo von 1962 wird auch hier die Notwendigkeit der Verleugnung erwähnt: „Es erscheint machbar, Bunga schrittweise in Kuba einzuführen und eine Grundlage für die plausible Leugnung der US-Beteiligung zu schaffen.“

Das Memo von 1964 lässt keinen Zweifel am endgültigen Ziel dieses Programms:

Die gemeinsamen Stabschefs sind weiterhin der Ansicht, dass das ultimative Ziel gegenüber Kuba darin bestehen muss, eine Regierung in Kuba zu bilden, die für die Vereinigten Staaten akzeptabel ist.

Johnson macht deutlich, dass er nicht weiß, ob dieser Plan zur Erzwingung eines Regimewechsels in Kuba jemals umgesetzt wurde, und meint, dass das Weiße Haus der Idee skeptisch gegenübergestanden haben könnte. Aber der Alarm in Johnsons eigenem Memo ist offensichtlich:

Das bloße Schreiben eines solchen Vorschlags ist ein verwerflicher erster Schritt in Richtung der schlimmsten Art von außenpolitischem Unheil. Ich finde es noch abstoßender als Notfallpläne für ein Attentat. Dies sind nicht die Empfehlungen, die von der Geheimdienstgemeinschaft an das Weiße Haus weitergeleitet werden sollten. Die Agenturen müssen ein besseres Gespür dafür haben, was rechtlich und moralisch akzeptabel ist. …

Das Ergebnis von SQUARE DANCE wäre ein parasitärer Tod für das große Pflanzen- und Tierleben in Kuba gewesen. Die schwachen Bemühungen der CIA, Attentate gegen Castro zu zu verüben, verblassen im Vergleich zu diesem Vorschlag der Armee für verdeckte Aktionen.

Baseless

Das Buch Baseless von Nicholson Baker über biologische Waffen erschien 2020, mitten in der COVID-Pandemie und der damit verbundenen Schlacht der Informationen. Nicholson Baker verfügt über eine der größten Sammlungen an US-Regierungsdokumenten, die von der Geheimhaltung befreit wurden und es ist erstaunlich, wie man sich von einer Sache zur nächsten hangeln kann. Manchmal sickert einfach etwas durch und man kann dies als Ausgangspunkt hernehmen, um die Freigabe weitere Dokumente zu fordern oder vor Gericht zu erstreiten. Manchmal werden zensierte Dokumente veröffentlicht, die Informationen über einen ganz anderen Fall enthalten, der eigentlich streng geheim bleiben sollte.

Und so erfuhr Baker von dem „Baseless“-Programm der 1950 er Jahre während dem Koreakrieg. Die B- und C-Waffen-Kapazitäten für die US-Luftwaffe sollten eine ebenso hohe Priorität erhalten wie Nuklearwaffen. Seit damals gibt es Vorwürfe, die USA hätten im Koreakrieg heimlich Smallpox und andere Erreger eingesetzt. Baker weiß von der Existenz von 21 Luftwaffe-Memos von damals, die Auskunft geben würden.

Nordkorea beschuldigte die USA, Smallpox beim Rückzug hinterlassen zu haben, um die kommunistischen Streitkräfte zu treffen. Die USA hätten dahingehend eine Partnerschaft gehabt mit den Japanern, die ein großes B-Waffen-Programm besessen hatten, und im Zweiten Weltkrieg unter General Shiro Ishii das berüchtigte Camp 731 leiteten. Nordkorea beschuldigte die USA später nochmals, Kisten mit verseuchten Insekten abgeworfen zu haben. China attackierte offen Präsident Truman.

1952 bestätigte der Vereinte Generalstab der USA die Vorschläge eines Ausschusses, B-Waffen einzusetzen, wo es militärisch vorteilhaft ist, anstatt sie nur als Abschreckung und letzte Option in der Hinterhand zu haben. Amerikanische Kriegsgefangene machten unter massivem Druck Geständnisse die laut den Amerikanern nur durch Gehirnwäsche zustande kamen.

Das neue „Office of policy coordination“ (OPC) bei der CIA unter Frank Wisner hing in der B-Waffen-Geschichte mit drin. Wisner war an der Elite-Universität in Virginia in der extrem geheimen Gesellschaft „Seven Society“ gewesen und arbeitete später ausgerechnet mit Kim Philby, dem britischen Agenten, der alle möglichen Informationen an die Sowjets verriet. Das OPC unter Wisner suchte nach neuen Möglichkeiten für biologische, chemische und radiologische Kriegsführung.

Ein besonders heikles Wisner-Memo wurde von der Geheimhaltung befreit durch Janet Reno unter Bill Clinton wegen einem Skandal um Strahlen-Experimente, wo Leuten radioaktives Material injiziert wurde. Der Buchautor Baker druckte sich in den 1990er Jahren die Dokumente aus über sein lahmes Modem von einer Regierungs-Webseite. Das Wisner-Memo wurde nirgends sonst mehr veröffentlicht, die Webseite war weg und Anfragen unter dem Informationsfreiheitsgesetz wurden abgeblockt. Bestimmte Datenbanken listeten Namen in dem Zusammenhang, deren Rolle bisher kaum bekannt war, so wie Caryl Haskins, der von den Elite-Unis stammte, bei dem Chemiekonzern DuPont ein Direktor war und Projekt Artischocke startete, einen Vorläufer von MKULTRA.

1952 bastelte das „Chemical Corps“ an Insekten, die resistent waren gegen Insektizide und geeignet waren, um Ernten zu zerstören. Es gab auch Projekte für verseuchte Insekten, die Krankheiten übertragen auf Menschen, Medikamenten-resistentes Anthrax oder Tularämie, die resistent ist gegen Antibiotika. Die Militärs heckten Pläne aus, um Kubas Zucker- und Tabak-Anbau zu zerstören und auch die Arbeiter krank zu machen. 1960 soll die CIA im U-Bahn-System von NewYork einen Biowaffen-Simulationstest durchgeführt haben im Rahmen von Operation MKNAOMI. Man befürchtete, die Sowjets könnten einen begrenzten Nuklearangriff kombinieren mit einem biologischen Angriff, um die flüchtende Bevölkerung krank zu machen. Umgekehrt sammelte die CIA Infos über sowjetische U-Bahnsysteme, die zu einem weitläufigen Bunker-Netz gehören zum Schutz bei Atomkriegen. Man stelle sich vor, dass verängstigte Bürger in Moskaus unterirdischen Schutzräumen plötzlich an Smallpox erkranken auf engstem Raum.

Als Koryphäe galt Vannevar Bush, ausgezeichnet mit dem Order of the British Empire. Er wurde Vorstandsmitglied beim Pharmakonzern Merck, der auch am Biowaffenprogramm der USA beteiligt gewesen war. Detaillierte Pläne wurden erstellt, um 70 russische Städte auszuradieren durch die Luftwaffe. Dann Pläne für 1200 Städte im ganzen Ostblock, geordnet nach Priorität. Besonders gespenstisch ist die militärische Logik, dass man genügend gegnerische Zivilbürger töten könne, damit der gegnerische Staat handlungsunfähig wird.

Die „Federbombe“ enthielt tatsächlich Vogelfedern, getränkt mit biologischen Krankheitserregern. Unter Codename Noodle wurde in einer Anlage in Pine Bluff Waffen gegen Ernten entwickelt, vor allem Weizen. Dementsprechend gab es eine Studie über die bestmöglichen Ziele in der UdSSR. 1953 ging dann prompt die Ernte in Ungarn um 40% zurück. Zufall? Operation „Fiber“ drehte sich um die Zerstörung der Kaffeeproduktion in Guatemala, um die kommunistische Regierung zu stürzen.

Norman Cournoyer, der an heiklen Sachen gearbeitet hatte, meinte die USA hätten im Koreakrieg Biowaffen eingesetzt. Sein Forschungspartner Frank Olson hatte die Nerven verloren bei Programmen für Biowaffen und Verhörmethoden mit Medikamenten und Folter. Er wollte reden, und wurde bald darauf hin aus dem Fenster eines Hotels geworfen. Streng nach Anleitung der CIA für Attentate.

AlexBenesch
AlexBenesch
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