Kommentar
Sofort nach den Anschlägen machen sich die entsprechenden Talking Points breit, um das Entsetzen nach den Brüsseler Anschlägen in politisches Kapital umzuwandeln. Die „Hauptstadt Europas“ wurde angegriffen, heißt es von Funktionären der EU, während der französische Präsident Hollande beschwört: “Wir gehören alle zusammen.” Man habe es mit einer globalen Herausforderung zu tun, die globale Antworten erforderten.
Im Deutschen TV wird heftig beklagt, dass zuwenig Zusammenarbeit in der EU geschehen sei und die “nationalen Egoismen” beendet werden müssten. Europol und andere Behörden sollten zentral agieren und den Nationalstaaten die Kontrolle wegnehmen. Es klingt verrückt: Ausgerechnet das außer Kontrolle geratene Belgien, wo sich der Terrorist Abdeslam vier Monate problemlos in Molenbeek verstecken konnte, soll ganz Europa beherrschen und sicher machen.
Ein im TV nach den Waffen der Terroristen befragter Experte gab nicht die erwünschte Antwort über Verschärfungen des Waffenrechts für gesetzestreue Bürger, sondern sprach über das organisierte Verbrechen und den gewaltigen Schmuggel.
Die internationale Presse erhofft sich viele Informationen von dem verhafteten Abdeslam und mutmaßt, dass man ihn unter dem Einfluss von Schmerzmedikamenten verhören will. Warum sollte dieser aber geheime Pläne verraten, wenn er nur innerhalb der rechtsstaatlichen Limitierungen befragt wird? Es gab nach 9/11 geheime Gefängnisse in Europa für Terrorverdächtige und manche wurden im Zuge des „Rendition“-Programms nach Nordafrika geflogen, um diese dort foltern zu lassen. Auch in Deutschland gibt es eine juristische Debatte um die Nutzung von Informationen die durch Folter gewonnen wurden.
Auch auffällig ist die gehäufte Benutzung des Wortes „Krieg“ im Bezug auf die Brüsseler Anschläge. Das kleine Belgien ist zu klein, um einen Krieg gegen radikale Muslime zu führen; allerdings kann Brüssel als „Hauptstadt Europas“ eine multinationale Truppe entsenden. Die EU-Verträge bieten genügend Auslegungsspielraum.
Zunehmend wird die EU und indirekt die Mittelmeer-Union beworben als angeblich einzige Alternative zu einer größeren Konfrontation mit dem radikalen Islam. So auch kürzlich der Papst, der vor einer muslimischen “Invasion” sprach und das alternative Modell bewarb.