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Maos Genosse Jürgen Elsässer beklagt Festnahme des Assistenten von Krah (AfD)

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Kommentar

Jürgen Elsässer beklagt bitter in seinem COMPACT-Magazin die Festnahme des Assistenten von Maximilian Krah (AfD) wegen des Verdachts auf Spionage für China. Krah will immer mehr Annäherung an die kommunistische Diktatur, aber Elsässer meint sich nicht vorstellen zu können, dass an den Vorwürfen irgendetwas dran sein sollte. Als würden kommunistische Geheimdienste nicht immerzu gleich agieren.

In der COMPACT hält er sich bislang zurück mit China-Werbung, weil das seinem rechten Publikum momentan noch nicht vermittelbar ist. Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Äußerung auf Elsässers Blog von 2012 über eine chinesische Militärparade:

„Lang lebe die New Model Army des Genossen Mao tse Tung! Eure weißen Lackstiefel werden den Yankee-Imperialismus in den Staub der Geschichte treten!“

Schick schick, der Bolschewik, hat Gremliza mal gesagt.

Ein Staat, der seine hübschesten Töchter dazu bringt, sich Uniformen anzuziehen und für das Vaterland zu kämpfen, kann nicht so schlecht sein, oder?

Man kann über China früher denken wie man will – aber die Kommunisten haben es geschafft, aus ihrem eigenen Loch herauszukommen und ihren Staat echt zu modernisieren. Und heute ist das nominell immer noch kommunistische Land die Lokomotive der kapitalistischen Weltwirtschaft UND das stärkste Bollwerk gegen den Imperialismus in einem. Das soll man einer nachmachen!

Woanders heißt es:

„Hoch lebe Ho Chi Minh und das vietnamesische Volk.[…] Hoch lebe Hisbollah […] Mögen Syrien, Iran, Russland, Venezuela, Kuba und China das Pulver trocken halten. No paseran! Pasaremos!“

Wie wird einer der ehemals wichtigsten Vertreter der kommunistischen Deutschenhasser-Bewegung zu einem missionierenden Befürworter deutscher Souveränität und der klassischen Familie? Er hätte, den eigenen Worten zufolge, irgendwann in den letzten Jahren „seine Meinung geändert“ und verbreitet nach seiner 180-Grad-Kehrtwende nun seine patriotischen Ansichten als Chefredakteur des COMPACT-Magazins.

In dem Buch “Antifa heißt Gewalt – Feuer und Flamme für jeden Staat” heißt es auf Seite 58.:

Zu den heftigsten Deutschenhassern oder Antinationalen gehört Jürgen Elsässer von der Monatszeitschrift Konkret. Mit Deutschland könne nur Terror und Mord mit einem Wort nur Auschwitz assoziiert werden. Kein Wunder, daß für einen solchen Barbarenstaat das Selbstbestimmungsrecht der Völker nicht gilt. Überhaupt könne lediglich Israel – und auch nur ausnahmsweise – dieses reaktionäre Prinzip vom Recht auf nationale Selbstbestimmung zugestanden werden.

Deutschland, so die Fürsprecher eines militanten Antinationalismus, müsse in einer multikulturellen Gesellschaft aufgelöst werden, da dieses Land alle Übel der Welt in sich vereine. Elsässers abenteuerliche Philosophie findet ihren dramatischen Höhepunkt in der Quintessenz, die Linke könnte nur antideutsch sein, andernfalls existiere sie nicht.

Als Elsässer 1990 die antideutsche Bewegung mitbegründete und die Zersetzung Deutschlands forderte, war er 33 Jahre alt und die DDR samt Sowjetunion waren gerade eben den Bach hinuntergegangen.

Elsässer bei der konkret

Das Magazin konkret war 1957 mitgegründet worden von Klaus Hübotter, der wegen seiner Mitgliedschaft in der Deutschen Kommunistischen Partei (KPD) mächtig Ärger in der BRD bekam. Später versuchte er es zeitweise bei der Nachfolgeorganisation Deutsche Kommunistische Partei (DKP). Die KPD wollte Westdeutschland für Moskau erobern und die Deutschen unterjochen. Zu diesem Ziel sollte auch die moskau-ferne Sozialdemokratie in Form der SPD bekämpft werden. Die KPD war auch beteiligt an den „Friedensbewegungen“ der 1950er Jahre, vor allem der Bewegung gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands gegen die Bedrohung durch die Sowjetunion.

Hermann Gremliza verließ Ende 1971 den Spiegel und ging zur konkret. 1989 trat er aus der SPD aus; ein Anlass dazu war, dass sich die Bundestagsabgeordneten der SPD nach der Maueröffnung am 9. November im Bundestag spontan mit den Abgeordneten der CDU, CSU und FDP erhoben, um die deutsche Nationalhymne zu singen. Die konkret erhielt eine Zeit lang Zuwendungen aus der DDR, bis zu 40.000 Mark pro Ausgabe. Klaus Rainer Röhl, die RAF-Prominente Ulrike Meinhof und andere Redakteure reisten dafür häufig in die DDR. Manchmal empfingen sie ihre Weisungen auch im Westen durch Abgesandte der DDR. Röhl gab später an, die Redakteure seien durch Instrukteure der seit 1956 in der Bundesrepublik illegalen KPD angeleitet worden. Deutlich wurde dies zum Beispiel daran, dass moskaukritische Sozialisten wie Kurt Hiller aus dem Blatt hinausgedrängt wurden.

Der Herausgeber Klaus-Rainer Gröhl hatte eine Polit-Postille mit Tittenbildern aus der konkret gemacht, Gremliza bürstete das Magazin schließlich wieder auf Richtung und Elsässer stieß dazu, der auch für die Zeitung „Arbeiterkampf“ des Kommunistischen Bundes geschrieben hatte, für die Allgemeine Jüdische Wochenzeitung und die ehemalige DDR-SED-Zeitung Junge Welt. Bei der konkret unter Gremliza fanden sich sogar der spätere SPIEGEL-Chef Stefan Aust und der damalige SPD-Landeschef von Schleswig Holstein ein.

1990/91, als die Sowjetunion offiziell hinüber war, sich inoffiziell aber nur modernisierte und umbaute in eine pseudokapitalistische, pseudokonservative Pseudodemokratie, waren die Topthemen der konkret radikale Deutschlandkritik und Kampf gegen den Antisemitismus. Die Kommunisten behandelten also ihre antideutschen Brot- und Butter-Themen. Dann nach 9/11 plötzlich der Streit: Konkret-Autoren und die Führung waren einer US-Aktion im Irak gegenüber aufgeschlossen.

In zwei Artikeln in der Zeitung junge Welt rechnete Elsässer einen Monat später mit „Kriegslügen von links“, insbesondere in der konkret ab und warf der Zeitschrift u.a. politischen Zynismus sowie eine unseriöse und groteske Aufblähung der „Opferbilanz der Baath-Partei“ vor. Für manche machte die konkret sich verdächtig. Gab es Einfluss durch westliche Kräfte? Konkret kündigte wenig später den Arbeitsvertrag mit Elsässer als Redakteur. Elsässer konnte zumindest beim linken Publikum punkten als strammer Gegner von amerikanischen Militäraktionen. Die Empörungen Elsässers beschränkten sich jedoch auf auf westliche Militäraktionen, wie Irak oder später am Balkan.

Mit dem brutalen Krieg Russlands gegen das nach Unabhängigkeit und Souveränität strebende Tschetschenien hatte Elsässer hingegen keine Probleme. In der Zeitung junge Welt wetterte er 1995 noch „Keine Tränen für Tschetschenien“ als die russischen Truppen einmarschierten und die Panzer rollten. In den Wochen davor und danach hatte Elsässer zwar noch die Iren, Basken, Korsen und Kurden wegen ihres auf nationale Unabhängigkeit zielenden Kampfes scharf kritisiert, aber bei Tschetschenien hieß es:

„Tschetschenien ist Teil des russischen Staates, so wie Kreuzberg Teil des deutschen ist.“

Eigentlich eroberten die Russen die islamisch gepräte Gegend rücksichtslos im Jahr 1864, schlugen einen Aufstand 1877/1878 nieder, erklärten sie 1921 zur „sowjetischen Gebirgsrepublik“, deportierten 1944 zwangsweise insgesamt 400.000 Tschetschenen  in Viehwaggons nach Kasachstan und Mittelasien, und lehnten auch nach 1990 die Soveränität Tschetscheniens ab und schickten Panzer und Truppen dorthin.

Was für ein bizarres Gerechtigkeitsempfinden von Elsässer. Sobald es um die Interessen Russlands geht, sieht er nicht nur über eine Militärinvasion hinweg, sondern auch über „einen Alkoholiker im Kreml“ und seine sonstige streng antinationalistische Haltung. In der jungen Welt erschien 2005 der Beitrag „Jürgen Elsässer: Die Mörder von Beslan und ihre Freunde“. Obwohl die Geiselnahme in einer Schule von Beslan hauptsächlich dem russischen Sicherheitsapparat und Wladimir Putin nützte und viele Spuren auf russische Geheimdienste hindeuten, bog sich Elsässer die Sache zurecht:

Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß überlebende Kinder aus Beslan berichten, die Geiselnehmer hätten »neue NATO-Uniformen in den klassischen Tarnfarben getragen«.

Hier erkennt man bereits das Muster, nach dem auch später das Magazin COMPACT gestrickt ist. Jeder Vorfall wird pauschal westlichen Kräften angehängt. Spuren nach Osten werden verwischt. Zweifellos haben manche tschetschenische Gruppen westliche Hilfe angenommen, die CIA hat sich jedoch in ihrer Geschichte jahrzehntelang ausnehmen und betrügen lassen wie eine Weihnachtsgans. Immer wieder zahlte die CIA und lieferte Waffen an Gruppen, die entweder ihre ganz eigene Agenda hatten oder die gleich unter Moskaus Kontrolle standen. Trotzdem gilt für „Enthüller“ á la Elsässer: Moskau hat immer recht. Er schrieb:

Auch die Aussagen des einzigen festgenommenen Geiselnehmers weisen nach Westen: Demnach sei die Aktion vom tschetschenischen Rebellenführer Schamil Bassajew und dem früheren tschetschenischen Präsident Aslan Maschadow angeordnet worden.

Bassajew ist der russische Bin Laden.

Es handelte sich bei Elsässers Empörung über den Irak-Feldzug der Amerikaner also eher um altbekannte selektive, politisierte Ethik wie bei unzählige Linken zuvor im Bezug auf den Vietnamkrieg. Nur die „westliche“ Aggression wird angegriffen.

1996 veröffentlichte er bei konkret ein gemeinsames Buch mit Sahra Wagenknecht, die einst einen Aufsatz pro Stalin veröffentlicht hatte. Beide bejammern die deutsche Einheit, den Verlust der Ost-Bundesländer an die BRD, wo vorher noch die eiserne Herrschaft der SED war. Wagensknechts Aufsatz pro Stalin hieß “Marxismus und Opportunismus – Kämpfe in der Sozialistischen Bewegung gestern und heute”.  Darin heißt es:

Nicht zu leugnen ist, daß Stalins Politik – in ihrer Ausrichtung, ihren Zielen und wohl auch in ihrer Herangehensweise – als prinzipientreue Fortführung der Leninschen gelten kann. (Der “stalinistische” Staatsaufbau existierte in seinen Grundzügen ohnehin bereits vor Stalins Machtantritt.) Welche Handlungsspielräume die Situation im damaligen Rußland bot, muß angesichts der konkret historischen Bedingungen untersucht werden. Eine solche Analyse wird vermutlich zu dem Schluß gelangen, daß weder in Bucharins Lösungsansatz noch in dem Trotzkis (um nur zwei prägnante Beispiele zu nennen) eine realisierbare Alternative zur Stalinschen Linie vorlag.

Und was immer man – berechtigt oder unberechtigt – gegen die Stalin-Zeit vorbringen mag, ihre Ergebnisse waren jedenfalls nicht Niedergang und Verwesung, sondern die Entwicklung eines um Jahrhunderte zurückgebliebenen Landes in eine moderne Großmacht währ end eines weltgeschichtlich einzigartigen Zeitraums; damit die Überwindung von Elend, Hunger, Analphabetismus, halbfeudalen Abhängigkeiten und schärfster kapitalistischer Ausbeutung; schließlich der über Hitlers Heere, die Zerschlagung des deutschen und europäischen Faschismus sowie die Ausweitung sozialistischer Gesellschaftsverhältnisse über den halben europäischen Kontinent.

Nach seiner Zeit bei der extrem linken Zeitung Jungle World ging es für Elsässer zur Zeitung „Neues Deutschland“ wo es 2009 wieder vorbei war.

Die COMPACT-Ära und das Eurasiertum

In seiner Publikation „Angriff der Heuschrecken“ plädierte Elsässer dafür, „Modernisierungsverlierer“ für eine Verteidigung des Nationalstaates gegen die „globalistischen Attacken der USA“ zu mobilisieren. Das Buch stieß in einigen Teilen der Linken auf Ablehnung. Den ganzen Unzufriedenen sollten ein Anti-USA und Pro-Russland Kurs schmackhaft gemacht werden. Die Zeitung COMPACT war dann die logische Folge.

Moskaus außenpolitische Ziele sind, wie früher auch, ein Vertreiben amerikanischer Einflüsse aus Europa sowie eine Unterwanderung Europas mit Agenten in Wirtschaft, Medien und Politik. Zu diesem Zweck möchte beispielsweise Wladimir Putin einen Wegfall der Visumspflicht für russische Bürger die in die EU einreisen möchten. Gibt es tatsächlich eine stärkere politisch-wirtschaftliche Annäherung an Russland und einen Wegfall der Visumspflicht, hätte Europa kaum noch eine Verteidigung gegenüber russischen Agenten und gegenüber der organisierten russischen Kriminalität. Mehr und mehr würden europäische Unternehmen und Patente mit krummen Methoden erobert werden. Die Spionageabwehr Europas ist abhängig von den USA und Großbritannien. Zögen sich die Briten und Amerikaner zurück, hätte Moskau leichtes Spiel.

Elsässers COMPACT funktioniert letztendlich nach einem Strickmuster:

  • Jeder Vorfall wird in das gleiche Muster gepresst: NATO/USA schlecht und schuldig, Russland/China gut bzw. neutral. Bei offenen Fällen werden nur Spuren behandelt die in den Westen führen und vergleichende Beispiele aus dem Westen genannt. Moskaus subversive Aktivitäten werden nicht behandelt. Dies soll den falschen Eindruck erwecken, Russland sei in jeder Hinsicht eine vernünftigere, moralischere Weltmacht, ein Vorbild und ein besserer Partner für Deutschland.
  • Eine historische „Freundschaft“ zwischen Deutschland und Russland wird herbeikonstruiert durch selektive Darstellungen. Es wird ignoriert, dass Deutschland mit kaum einem Land mehr Probleme in den letzten 100 Jahren hatte als mit Russland. Es wird strikt ignoriert, dass Russland sich in der Vorlaufzeit von 1914 mit Frankreich und England gegen Deutschland verschworen hatte. Dies soll die Stimmung erzeugen, politisch und wirtschaftlich näher an Russland heranzurücken.
  • Die Betonung der nationalen deutschen Souveränität soll Stimmung machen gegen die US-amerikanische Besatzung auf deutschem Boden und jeden verbleibenden amerikanischen Einfluss. Die totale Besatzung Ostdeutschlands durch die Russen sowie der dauerhafte Verlust von deutschen Ostgebieten an das sowjetische Polen werden gleichzeitig ausgeblendet. Dies soll Stimmung erzeugen, politisch und wirtschaftlich näher an Russland heranzurücken.
  • Verteidigung russischer Unterdrückungsmethoden, indem man sich auf umstrittene Einzelbeispiele konzentriert wie Chodorchowski oder Pussy Riot. Ignoriert wird der systematische Unterdrückungsapparat, bei dem unzählige Bürger in schockierenden Gefängnissen landen und bei dem selektiv „Staatsfeinde“ ruiniert oder umgebracht werden, während die Oligarchenclique um Putin vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt ist. Auch wird nur die westliche Überwachung kritisiert, nicht die Überwachung die Russlands Behörden im In- und Ausland betreiben. Das Ziel ist ein Vertreiben amerikanisch-britischer Spionageabwehr und Militärpräsenz aus Europa.

Immer deutlicher positionierte sich Elsässers COMPACT hinsichtlich der russischen Idee von „Eurasien“. Den Lesern wird vorgegukelt, es gehe um deutsche Souveränität und Frieden. Man interviewte dahingehend den Eurasien-Kultführer Alexander Dugin sowie Leute von dessen eurasischen Gruppierungen. Meist ist die Bewerbung von Eurasien in dem Heft jedoch etwas subtiler, beispielsweise erscheinen regelmäßig historische Artikel in denen Fälle dargelegt werden, in denen Russland den Deutschen militärische Schützenhilfe gegeben hatte oder wo gemeinsame Verteidigungsverträge geschlossen wurden.

Der russische Okkultist und Polit-Professor Alexander Dugin werkelt wie kein zweiter daran, die Rechten Europas zu rekrutieren und ideologisch auf Linie zu bürsten für die große, heilige Mission: Ein faschistisches Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok. Dugins Bedeutung wird von den Eurasien-Verschwörern und Kult-Anhängern in der Öffentlichkeit gerne heruntergespielt, obwohl seine Bücher Pflichtlektüre an allen Militärakademien Russlands sind und er die Spinne im Netz unzähliger eurasischer und neurechter Gruppen ist. Die Absolventen seiner “Sommerlager” haben die Angewohnheit, wenige Jahre später als Kommandanten in bewaffneten Konflikten wie in der Ostukraine aufzutauchen.

In einem Interview in Moskau von 1998 äußerte Dugin, dass die europäische neue Rechte sich entweder für die USA oder für Russland entscheiden müsse. Wählen sie Russland, hieße das dass gleichzeitig auch das barbarische Element und brutale Handlungsweisen mitgewählt werden.

“Die Neue Weltordnung wird nicht kommen durch alternde Herren die sich zu Seminaren treffen. […] Man muss ein Messer nehmen, eine Maske anziehen, Abends aus dem haus gehen und mindestens einen Amerikaner töten.”

“Ich weiß nicht ob irgendwer von den Aktivisten der neuen Rechten jemals Artilleriefeuer erlebt hat, aber unsere Leute gehen nicht nur zu Meetings oder kämpfen an den Barrikaden, sondern sie gehen auch in echte Kriege. […] Die neue Rechte ist nur ein Projekt, und wir sind die Architekten. Die Zukunft gehört wahrlich uns.”

Es geht aber noch eine ganze Stufe krasser als die gewalttätige Eroberung Europas.

Wagenknecht und Elsässer

1996 veröffentlichten die beiden im konkret-Verlag „Vorwärts und vergessen? Ein Streit um Marx, Lenin, Ulbricht und die verzweifelte Aktualität des Kommunismus“. Die DDR war verlorengegangen, die UdSSR kaputt und China war noch kein ernstzunehmender Akteur und öffnete sich verstärkt für die westlichen Märkte. Zu allem Übel besetzten die SPD und die CDU die politische Mitte und einen erheblichen Teil des linken Spektrums. Mit klassisch linkem Kurs konnte man nicht mehr den Rebellen spielen.

Wagenknecht und Elsässer wechseln sich im Buch ab mit einzelnen Beiträgen. Gleich zu Beginn nennt sie die Wiedervereinigung einen „Anschluss der DDR“ durch den Sieger des Kalten Kriegs. Elsässer bemerkt, dass ohne Turbolader aus der UdSSR die Linken totale Schwächlinge sind, unfähig zu echten Veränderungen. Das Proletariat führt keinen echten Klassenkampf mehr. Dabei sei der Kommunismus wie die „Oase in der Wüste“. Also gilt für ihn Kommunismus oder Tod?

Für Wagenknecht trat die „bürgerliche Macht“ als „Besatzungsmacht“ auf gegenüber der DDR. Sie benutzt Begriffe wie „Annexion“ und „Fremdverwaltung“. Warum stellt sie nicht die Frage, weshalb die DDR als Staat so schwach war, dass die Bürger dort nach der Wiedervereinigung so hilflos waren und sich nicht behaupten konnten gegen den Ramschverkauf durch die neue Bundesregierung? Ohne sowjetische Panzer und Atomwaffendrohungen blieb keinerlei Macht mehr übrig. Trotz dieser desaströsen Schwäche sieht sie es als unbedingt notwendig an, einen „positiven Rückbezug auf die DDR“ zu propagieren für eine zukünftige „sozialistische Systemalternative“.

Elsässer sieht ein großes Problem bei dem Plan, die ehemalige DDR wiederaufleben zu lassen: Die sozialistische Regierung hatte versucht, „Antifaschismus mit Deutschnationalismus zu kombinieren“. Eigentlich sollte er wissen, dass ALLE sozialistischen Länder taktischerweise Nationalismus einwoben. Das kommunistische China preist sich selbst bis zurück ins Han-Imperium. Russland blieb immer ein römisches Imperium. Der ganze sowjetische Block der UdSSR startete laut Elsässer eine „Kampagne“ gegen „Kosmopoliten“ und „Zionisten“. Durch typisch deutsche Tugenden durfte der „häßliche Deutsche“ weiterexistieren. Elsässers Gruppe (in der Bundesrepublik) waren die Antideutschen die eine komplette Auflösung jeder Form Deutschlands anstrebten. Die aus dem Osten stammende Wagenknecht nimmt die SED in Schutz und proklamiert, dass der Kurs pragmatisch und alternativlos gewesen sei. Es folgt der ultimative Diss:

„Und sicher nicht nur ich bin froh, daß ich die ersten zwanzig Jahre meines Lebens in einem anderen Deutschland verbringen konnte, als dem, in dem ich heute leben muß.“

Das heißt soviel wie, Elsässer als Wessi könne es sich nicht anmaßen, die SED (und vor allem indirekt die russische Führung) zu kritisieren und einen anarchistischeren Kommunismus zu predigen. Sie selbst ist durchaus offen für eine Verbindung von Sozialismus und Nationalismus:

Die deutsche Kulturgeschichte als Bewegung hin zum Faschismus darzustellen, heißt doch faktisch, die perfide Usurpation dieser kulturellen Tradition durch die deutschen Faschisten im nachhinein zu legitimieren und für rechtmäßig zu erklären.

Ihr Nationalbolschewismus nahm also spätestens 1996 Form an. Die konservativen Mächte und die USA sollen nicht die gewöhnlichen Leute wegfischen, sondern die Kommunisten sollen die Leute abwerben. Russland hatte dies auch früh erkannt und benutzt historische Argumente aus der Zarenzeit. Putin selbst sprach im Bundestag vier Jahre später vom russischen Hochadel aus Linien wie Hessen und Schleswig-Holstein.

Elsässer mag zwar heute den pro-russischen Kurs der AfD, aber Wagenknecht fürchtet, dass die US Republicans zuviel Einfluss auf die AfD gewinnen werden und dass die AfD letztendlich faschistisch ist.

Für Elsässer war 1996 der Nationalismus noch ein „Virus“ der das „Immunsystem der DDR“ zersetzte.

Wagenknecht will unbedingt die Lehre von Marx und Lenin „wiederherstellen“. Elsässer sah den Leninismus nur als „Kinderkrankheit“ des Sozialismus an. Die verschiedenen Experimente seien gescheitert; man sei vom Weg abgekommen. Einzig Nordkorea sei die Ausnahme. Die heutige Linke sei „Steinzeit“. Der Grund des Scheiterns der UdSSR sei gewesen, dass nicht genügend Elemente des Kommunismus integriert worden wären. Er möchte einen Sozialismus ohne Staat, Geld und ohne Markt. Er will also ein Luftschloss, die Fantasie die ohnehin nie funktionieren konnte und nie erst gemeint war. Die UdSSR war ein normales römisches Imperium mit rotem Lack dran. Pax Romana, in Form des echten Kommunismus, wurde auf einen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft verschoben. Das unrealistische Versprechen über einen Endzustand, ist das, was Elsässer als sofortige Praxis haben möchte. Er, der noch nie militärische und marktwirtschaftliche Realitäten selbst meistern musste, abgesehen von seinem holprigen Projekt des COMPACT-Magazins. Mit seinem Kurs hätte es ab 1917 keine nennenswerten Industrien in der UdSSR gegeben und somit auch keine UdSSR. Ohne die massiven Technologieverkäufe der USA war der real existierende Sozialismus nicht lebensfähig.

Die Russen hätten sich endlos zerstritten ohne Geld, Staat, Markt und Unterdrückung. In dem Moment, da man eine sozialistische Ordnung etablieren möchte, lösen sich sozialistische Wunschvorstellungen in Luft auf. Elsässer erkennt selbst an, dass die netteren Anarchisten keine Revolution zustande brachten, und gleichzeitig jene, denen Revolution und Macht gelungen war, überhaupt nicht nett waren. Irgendwie sollen beide Fraktionen „voneinander lernen“.

Wagenknecht hält dies für unrealistisch. Quasselei bringt keine Macht und Linke sind notorisch dafür, sich endlos zu zersplittern in (verfeindete) Kleingruppen und Kleinstgruppen. Wenn überall eigenwillige Räte alles kontrollieren würden, wären jene wie Firmen, die miteinander konkurrieren und Handel treiben. Auch Elsässer muss zugeben:

Wo Revolution gemacht wurde, wurde sie nicht mit Wahlen gemacht, sondern durch gewonnenen Bürgerkrieg – Rußland, China, Kuba usw.

Was er wie üblich nicht erwähnt, ist dass der Westen den Ausgang dieser Kriege bestimmen konnte.

Elsässer fordert „psychedelischen Bolschewismus“. Aktuell sind Psychedelika und Okkultismus in der rechten Szene en vogue; nicht zuletzt durch den Einfluss von Alexander Dugin. Man merkt, nach welcher Logik er später die radikalen Teile der AfD unterstützte: Die Leute sollen reingesogen werden in einen kompletten Lifestyle, der inkompatibel ist mit dem Rest der Gesellschaft. Zahmer Parlamentarismus sei zu schwach und zu systemkonform. Der Fetisch-Zauber von Nation und Familie, Geld und Staat solle gebrochen werden. Zwar predigt er heute diese Begriffe, aber er scheint zu wissen, dass Rechtsradikalismus zu Auflösungserscheinungen führt. AfD-Politiker sind sehr alt, der Osten hat ein Demografieproblem, Radikalismus ist schlecht für die Wirtschaft und Radikale haben es schwer, Partner zu finden und stabile Familien zu führen. 1996 wollte Elsässer noch Kommunen, schwule Pärchen und Alleinerziehende. Weil dies bessere Menschen hervorbringt? Oder weil er dachte, dass es Zersetzung bot?

Ist die AfD für Elsässer schlichtweg Zersetzung? Wenn Deutschland kollabiert wegen Establishment-Politik und schräger Rebellen-Politik, wäre der Boden reif für eine Revolution. Der Ostblock böte seine Hilfe an und letztendlich könnte alles in Kommunismus münden.

Elsässer taugt(e) letztendlich nur für Zersetzung, nicht für die Heranbildung eines kommunistischen Regimes. Er will eine „Maximierung des Genusses“, die unzähligen Kommunen sollten alle Uhren wegwerfen. Wagenknecht klingt hingegen pragmatisch, eigentlich ziemlich deutsch, wenn sie stattdessen Effizienz fordert, weil eine Gesellschaft der Kommunen á la Elsässer bald nichts mehr besäße, was man genießen kann.

Man merkt, dass kommunistische Bestrebungen immer auf Regime hinauslaufen werden. Es würden sich die Ereignisse der Vergangenheit wiederholen: Anarchistischere Linke würden eine Zeit lang benutzt und dann abserviert, umerzogen oder vernichtet werden.

Elsässer klammert sich an die marxistische Arbeitswerttheorie, kurz nachdem er Genuss-Maximierung, die Eliminierung von Staat und Geld, sowie das Wegwerfen von Uhren gefordert hat. Wie will man einen Arbeiter entlohnen, der auf Genuss aus ist und keine Uhr hat? In einer Kommunen-Gesellschaft würde schnell Mangel entstehen, der nur behoben werden könnte durch Effizienz, Markt und Zwang. Elsässer und Wagenknecht sind in einem Paradox gefangen. Sie wissen, wie unglaublich effektiv der Westen war, aber denken, dass Individualismus, Privatbesitz und Handel der Ursprung des Bösen seien. Wie wollen die beiden aber den Wert einer Arbeitsstunde und eines Produkts bemessen? Wie will man die Zufriedenheit einer Person messen, die eine Ware erhält und benutzt, oder die eine Stunde einer bestimmten Arbeit verrichtet? Das ist schließlich subjektiv. Und dann haben wir noch die Subjektivität der Staatsbeamten, die laut Wagenknecht alles steuern sollen. Wie soll ein sozialistischer Staat messen, welche Ware in welcher Qualität produziert werden soll und wer wie für seine Arbeit entlohnt werden soll? Linke Regime müssen zählen, messen, Effizienz erzeugen und MÜSSEN einen Mehrwert (Profit) erwirtschaften. Weil ansonsten geht alles abwärts. Linke Regime achten in der Realität darauf, dass der Bürger eine bestimmte Anzahl an Kalorien pro Tag erhält, irgendein Dach über dem Kopf hat, Freizeitangebote und Kleidung. Der Grad der Loyalität des einzelnen Bürgers und seines Nutzens für das Regime wird belohnt mit besserer Versorgung. Ansonsten wird nur über die Geheimdienste die Unzufriedenheit in der Bevölkerung gemessen.

Karl Marx war notorisch schlecht im Ungang mit Geld und er diente wahrscheinlich als Agent der adeligen Geheimpolizei.

Zum Schluss geht es noch einmal um Nationalbolschewismus. Die Dresdner PDFS-Frontfrau Christine Ostrowski verfasste 1996 einen Brief, in dem eine völkische Programmatik gefordert wurde, bodenständiges Klein-Unternehmertum, Abschottung der Grenzen usw. Die Zeitung Junge Freiheit raunte, eine solche Partei könnte in ganz Deutschland Fuß fassen. Für Wagenknecht war das nur eine Randerscheinung. Die PDS war noch optimistisch. Jetzt ist der Nationalbolschewismus der letzte Strohhalm.

Aber wie lange kann sich Wagenknechts neue Partei halten, wenn es zum Krieg kommt gegen China und Nordkorea? Wie diskreditiert ist dann der Ost-Kommunismus? Und fischen im bürgerlich-konservativen Gewässer kann auch die neue Partei von Maaßen.

AlexBenesch
AlexBenesch
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