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Schweden wurstelt sich bei der Pandemie auch nur irgendwie durch

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Bild: Public Health Agency of Sweden/CC-SA 4.0

Schweden debattiert die Durchsetzung neuer Beschränkungen in Stockholm inmitten eines Anstiegs der Infektionen. Der Chefepidemiologe des Landes, Anders Tegnell, sagte, neue Massnahmen für die Hauptstadt seien nicht auszuschließen. Dies geschah nur wenige Stunden, nachdem der oberste Gesundheitsbeamte der Stadt davor gewarnt hatte, dass die Zahl der Fälle in der Region sprunghaft angestiegen sei.

Schweden hat nur rund ein Achtel so viele Bürger wie Deutschland und zusätzlich zu dieser geringen Bevölkerungsdichte handelt es sich um eine obrigkeitshörige Bevölkerung, die vorauseilenden Gehorsam leistete. Immer noch grassieren irreführende Schlagzeilen, laut denen Schweden “keinen Lockdown” befohlen hätte und “ohne Lockdown ausgekommen wäre”. Solche Schlagzeilen sind aber eine faustdicke Lüge.

  • Die Krankheit hat den gleichen gesetzlichen Status wie Ebola, SARS und Pocken.
  • In Stockholm, der am stärksten von der Pandemie betroffenen Stadt, war die Hälfte der Todesfälle in  zahlreichen Alten-Pflegeheimen zu beklagen. Schweden hatte bisher also Glück, dass zum Großteil Altenheime betroffen sind, die man leicht von der Außenwelt isolieren kann
  • Auf die Frage, ob Schweden strengere Beschränkungen in Betracht ziehen würde, machten Löfven und Linde beide deutlich, dass die schwedische Regierung nicht zögern würde, dies zu tun, wenn sie es für notwendig erachtet und auf Anraten der Fachleute stattfindet
  • Es wurde “empfohlen” (mit der Androhung von Zwang im Hintergrund), dass so viele Angestellte wie möglich im Home Office arbeiten. Sehr bald arbeitete die Hälfte der schwedischen Angestellten zuhause. Es wurde auch “empfohlen” dass Schulunterricht bis auf weiteres über das Internet stattfindet.
  • In Stockholm verringerten sich die Fußgänger und der öffentliche PKW-Verkehr um 70% und respektive 30%.
  • Laut einer Analyse von Mobilfunkdaten aus der Osterwoche, die vom Mobilfunkbetreiber Telia durchgeführt wurde, waren die meisten Schweden den Empfehlungen der Regierung gefolgt, unnötige Reisen während der Osterferien zu vermeiden. Insgesamt seien die Reisen aus der Region Stockholm um 80-90% zurückgegangen, und die Zahl der Stockholmer, die in beliebte Urlaubsziele wie Gotland und die Skigebiete in Åre reisten, sei um mehr als 90% gesunken. Reisen zwischen anderen Regionen Schwedens waren ebenfalls zurückgegangen. Die Fährgesellschaft Destination Gotland, die ihre Kunden zuvor aufgefordert hatte, ihre geplanten Reisen für Ostern zu überdenken, berichtete, dass 85% aller Buchungen umgebucht wurden.
  • Am 27. März gab die Regierung bekannt, dass Versammlungen von mehr als 50 Personen verboten sind
  • Am 24. März 2020 führte die Regierung neue Beschränkungen für Bars und Restaurants ein, die vorschreiben, dass der gesamte Service nur am Tisch erfolgen darf (keine Buffets mehr). Den Restaurants wurde außerdem “empfohlen”, den Platz zwischen den Tischen zu vergrößern. Lokale, die sich nicht an die neuen Beschränkungen halten, können geschlossen werden
  •  Ab dem 1. April wurden alle privaten Besuche in Altersheimen/Pflegeheimen von der Regierung verboten
  • Von nicht notwendigen Reisen innerhalb Schwedens wurde am 19. März “abgeraten”
  • Zahllose Sportveranstaltungen wurden abgeblasen oder auf (unbestimmte) Zeit verschoben

Die Hälfte der Angestellten zuhause? Schulen übers Internet? Zusammenbruch des Verkehrs? Es handelte sich um einen de facto Lockdown, der in Schweden stattfindet.

Schweden muss teuer bezahlen für den de facto Lockdown

Obwohl Schweden bestimmte Geschäfte nicht zeitweise schließen ließ wie andere Länder, wirkten sich die als “freiwillig” titulierten Lockdown-Maßnahmen dennoch sehr negativ auf die schwedische Wirtschaft aus. Mitte März schlug die Regierung ein Notfallpaket von 300 Milliarden SEK (27 Milliarden Euro) vor, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise zu mildern. Der Vorschlag beinhaltete ein System mit Arbeitszeitverkürzung, bei dem die Regierung die Hälfte des Gehalts zahlt, um den Unternehmen zu helfen, ohne Entlassungen vornehmen zu müssen. Darüber hinaus würde die Regierung die Ausgaben des Arbeitgebers für krankheitsbedingte Fehlzeiten übernehmen, die normalerweise zwischen dem Arbeitgeber und dem Staat aufgeteilt werden.

Schweden hat zwar noch ein paar Großkonzerne; aber diese sind meist recht international aufgestellt und könnten Schweden auch verlassen. Das Bruttosozialprodukt liegt bei rund 550 Milliarden $. Im internationalen Vergleich liegt man damit hinter Taiwan, der Schweiz, Holland (!), Australien usw. Deutschlands Bruttosozialprodukt liegt bei rund 4000 Milliarden $, also das Achtfache im Vergleich von Schweden.

Schweden hat nur rund 10 Millionen Bürger und nur etwa ein Zehntel der Bevölkerungsdichte im Vergleich zu Deutschland. Zwar ballen sich viele Bürger auf Metropolen wie Stockholm, aber die Wirtschaft Schwedens ist nicht wirklich so gut vergleichbar mit etwa der deutschen.

Schwedens Premierminister Stefan Lofven sagte:

“Diese Krise wird noch lange andauern. Sie wird hart sein. […] Aber jeder Mensch in Schweden muss individuelle Verantwortung übernehmen. Wenn jeder Verantwortung übernimmt, können wir die Ausbreitung des Virus im Zaum halten.”

Lesen Sie den Satz genau. Er sagt, die Bürger “müssen” sich an bestimmte Vorgaben halten. Nur unter dieser Bedingung könne man “die Ausbreitung des Virus im Zaum halten”. Das heißt logischerweise: Wenn die Bürger sich nicht in ausreichendem Umfang an die empfohlenen Vorgaben zum Verhalten in der Pandemie halte, dann könne man nicht länger die Ausbreitung des Virus im Zaum halten. Logischerweise folgt daraus, dass dann nur noch Zwangsmaßnahmen blieben zum Bremsen der Ausbreitung.

Walter Plassmann

Plassmann, der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, schimpft aktuell auf die Corona-Maßnahmen, hat aber keine einzige neue Information oder Idee anzubieten. Er rattert einfach die altbekannten Talking Points herunter. So wettert er gegen “Panikmache”, will dass das Infektionsgeschehen sachlich erklärt wird. “Ich glaube, wir hätten den Lockdown nach zwei bis drei Wochen beenden und den schwedischen Weg gehen sollen.” Plassmann ist der typische Corona-Maßnahmen-Kritiker: Nichts Konkretes anzubieten, eher emotional und überhaupt nicht spezialisiert. Schauen Sie sich seinen Lebenslauf an.

Mehr als 10.000 neue Corona-Fälle meldete Spanien am Dienstag. Die Zahl der Todesfälle lag mit 241 laut Worldometers so hoch wie seit dem 6. Mai nicht mehr. Bereits letzte Woche hatte es Anstiege zwischen 150 und 240 Toten gegeben, am Wochenende war die Zahl auf etwas mehr als 50 pro Tag zurückgegangen. Auch Frankreich meldete wieder erhöhte Todeszahlen. Am Dienstag starben in dem Land 78 Menschen am Coronavirus. Die Befürchtung ist, dass ein exponentieller Anstieg auch bei den Hospitalisierungen und Todeszahlen geschieht. Tschechien wird von Deutschland wohl bald zum Risikogebiet erklärt. Covid-19-Träger ohne Symptome übertragen das Coronavirus nach Ansicht der Wissenschaftler ebenso häufig wie solche, die sich krank fühlen. Zwei heute veröffentlichte Studien haben weitere Hinweise auf die Rolle der “stillen” Verbreiter gegeben, die etwa jeden fünften Infizierten ausmachen. Eine Studie über südkoreanische Covid-19-Fälle ergab, dass asymptomatische Patienten die gleiche Viruslast hatten wie diejenigen mit Anzeichen der Krankheit, also Fieber, einen neuen und anhaltenden Husten oder einen erneuten Verlust oder eine Veränderung des Geschmacks oder Geruchs. Schweizer Forscher analysierten 79 Studien und schätzten, dass nur einer von fünf Covid-19-Trägern überhaupt keine Krankheitszeichen aufweist – weit weniger als zuvor vorhergesagt. Im Gegensatz zur südkoreanischen Studie stellte sie jedoch fest, dass asymptomatische Menschen das Virus mit geringerer Wahrscheinlichkeit an Freunde und Familie weitergeben.

AlexBenesch
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