Kommentar
Diverse Kreise an Unterstützern des russischen KGB-Regimes, ob nun gewöhnliche naive Bürger, Agenten, Rechtsextremisten oder versprengte Sozialisten die sich die UdSSR zurückwünschen, halten sich momentan rhetorisch zurück und warten auf den richtigen Moment, wenn beispielsweise die Kampfhandlungen beendet sind und Russland eine neue Ordnung etabliert in der Ukraine. Dann können die Putin-Fans loslegen mit einer Breitseite an Beschönigungen, dass es den Menschen dort nun viel besser erginge und die Welt nun insgesamt sicherer sei.
Im Moment ist das weltweite Entsetzen über den Ukraine-Krieg zu groß, als dass einige sich zu deutlich mit dem Kreml solidarisieren wollen. Man weiß nämlich noch nicht, mit welchen Waffen medial gekämpft werden wird. Seit Jahren werden alle Online-Postings und Social-Media-Beiträge automatisch aufgezeichnet von Institutionen aus der NATO-Sphäre wie dem Atlantic Council’s Digital Forensic Research Lab. So ließen sich notfalls Pro-Kreml-Medien einschränken oder gar verbieten. Lässt sich forensisch nachweisen, dass jemand jahrelang durchgehend nur Kreml-Standpunkte kopiert und weiterverbreitet hat, wäre derjenige keine legitime Presse, sondern ein Asset der russischen Medienkriegsführung.

Die Organisation EUVDisinfo und sogar die mächtige RAND-Corporation sind auch schon länger dabei, die sogenannten alternativen Medien mit forensischer Genauigkeit zu katalogisieren.
Gerade im Spektrum der klassischen Verschwörungsmedien spielte Russland zwischen 1991 und 2008 keine oder keine nennenswerte Rolle. Dominiert wird wird dieses Medienspektrum von den Amerikanern. Einflussreiche Industriegiganten wie Koch Industries finanzierten beispielsweise die John Birch Society, deren Bücher sich millionenfach verkauften und die zudem die Linie vorgaben für die deutschen Verschwörungsmedien.
Die Birch Society hatte die falschen Märchen aus noch älterer Verschwörungsliteratur übernommen, laut denen „internationale Banker“ nach der Schlacht von Waterloo in Europa das britische Kolonialreich übernommen hätten und danach die USA und schließlich mit der Oktoberrevolution. Die Birch Society distanzierte sich zwar von Fake-Quellen wie den „Protokollen von Zion“, aber klammerte sich ganz fest an das Rothschild-Märchen, laut dem die winzige Banker-Familie den britischen Aktienmarkt getäuscht und abgezockt hätte, um sogleich die Kontrolle über die City of London und die Bank of England zu übernehmen. In Wirklichkeit baute das adelige britische Kolonialreich selbst das fraktionale Reservebanking auf. Die privaten Marchant Banks wie Barings oder Rothschild waren nur Treuhänder für das Geld der Krone. Die Rothschild-Bank war aufgebaut worden als Tarnorganisation durch den Landgraf von Hessen-Kassel. Die Baring-Familie stammt aus Hannover, dem Ursprung der britischen Könige und war dort vom Adel mit Privilegien versehen worden.
Die Verschwörungsliteratur der Birch Society, die im Prinzip die Narrative vorgab für die späteren Internetmedien, betonte dass auch nicht-jüdische Banker wie die Rockefellers Teil der Verschwörung seien. Deshalb, so die von Koch Industries gesponserte Birch Society, sollen die Bürger ihre Hoffnung in rechtskonservative, „gute“ Milliardäre setzen im Kampf gegen die bösen „linken“ Milliardäre.
Viele Menschen denken deshalb heute, dass das russische Zarenreich gestürzt worden war von jüdischen Verschwörern im Auftrag der Weisen von Zion. Stalin hätte den jüdischen Einfluss zurückgedrängt und schließlich kam Putin, der Russland befreit hätte von den Zionisten. Deshalb würden die bösen, linken Kräfte im Westen Putin hassen und ihn bekämpfen. Putin sei die größte Hoffnung im Kampf gegen die Weltverschwörung.
Ab der Obama-Administration 2008 verbreiteten amerikanische Verschwörungsmedien wie INFOWARS immer mehr die Vorstellung, das russische KGB-Regime mit Putin sei doch konservativ und würde die Weltverschwörung bekämpfen. Der Westen fahre nun das Programm eines „Great Reset“ des World Economic Forum, während Russland auf Traditionen setze. In Wirklichkeit ist Russland im WEF vertreten und wurde Teil der „Vierten Industriellen Revolution“ inklusive weitreichender Maßnahmen zur CO2-Reduktion.
Das Mantra nun während dem Ukraine-Krieg lautet: „Wen kümmert es, dass Russland militärisch aggressiv ist? Das sind die USA auch. Wenigstens ist Russland konservativ.“
Dies ist exakt die Medienstrategie von moskautreuen West-Kommunisten im Kalten Krieg. Manche Pro-Russland-Medien im Westen heute sind einfach nur naiv und getrieben von Furch und Wunschdenken. Manche wurden regelrecht rekrutiert von russischen Geheimdiensten. Manche folgen eher bestimmten Strömungen aus Kreisen der US Republicans.
Ron Paul, der selbsternannte Libertäre, der der Birch Society nahesteht, nutzte die Gelegenheit, angesichts des Ukraine-Kriegs einseitig über die NATO herzuziehen und sich gegen Sanktionen auszusprechen:
Besonders paradox ist der Widerspruch bei jedem Influencer, der den Geist der amerikanischen Unabhängigkeit von 1776 für sich behauptet, aber gleichzeitig Putin unterstützt. Nach der Logik müssten sich die Influencer hete vor der Queen of England verbeugen. Die 13 amerikanischen Kolonien erklärten ihre Unabhängigkeit und Britannien schickte sofort Truppen. Die Ukraine wollte Unabhängigkeit und Russland schickte Truppen. Sicherlich suchte die Ukraine westliche Hilfe aber auch George Washington war völlig abhängig von Frankreichs Lieferungen.
So manche Extremisten wittern auch die Gunst der Stunde und erhoffen sich, dass inmitten des Chaos etwas für sie herausspringt. Vielleicht sogar eine Abspaltung östlicher Bundesländer von Deutschland. Sie sollten aber bedenken, dass es der NATO automatisch nützt, wenn Russland stärker wird und dramatische Eroberungen macht. Außerdem kann die NATO den Zugewinn an Stärke ausnutzen, um rigorors gegen die Putin-Unterstützer vorzugehen. Wer nach aktuellen Gesetzen mithilft, einen Überfall Russlands zu planen und vorzubereiten, kann lebenslang inhaftiert werden. Falls die frustrierten Putin-Fans einfach in den Ostblock überlaufen, ist die NATO sie los und in ihrem neuen Zuhause merken die Fans dann, dass sie den schlimmsten Fehler ihres Lebens begangen haben. Russland ist berüchtigt dafür, Leute für Revolutionen zu rekrutieren und sie danach abzuservieren.