Die Plattform Anonleaks verkündete kürzlich einen Hack gegen die Webseite des Verschwörungs-Influencers Ken Jebsen, der mit seinem Corona-Aktivismus Ärger bei Social Media-Plattformen hinausflog, im Visier des Verfassungsschutzes landete und ein Verfahren bekam durch eine Landesmedienanstalt.
Der Hack, bei dem haufenweise Daten von Spendern erbeutet worden sein sollen, lief im Rahmen der „Operation Tinfoil“ und es gab bereits mehrere einschlägige Zielobjekte. Mit dem Verfassungsschutz wollen die Hacker nach eigenen Angaben die Daten nicht teilen, sondern nur mit ausgewählten Medien. Die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass die Hacker politisch nach links tendieren und dem Verfassungsschutz (vor allem wegen dem NSU-Skandal) misstrauen.
Wer hinter Anonleaks steckt, ist unbekannt. Jeder kann unter dem Banner Anonymous agieren. Falls von Jebsen Anzeige erstattet wurde, müssen die deutschen Behörden gegen Unbekannt ermitteln in einem international vernetzten und eher links angesiedelten Millieu, in dem Behörden immer wieder auch mit Holzhammer-Methoden Informanten anwerben.
Der Hacker Eric Gorden Corley (Pseudonym “Emmanuel Goldstein”), der auch die Szenepublikation 2600 betreut, verkündete am 18. Juli 2010 bei der HOPE-Konferenz vor rund 3000 Kollegen, dass bis zu 25% der Hacker in irgendeiner Form als Informanten für die Behörden tätig seien. Dagegen könne man nichts tun und müsste mit dieser Situation leben, hieß es resigniert. Bei Julian Assange von Wikileaks stellte sich heraus, dass er in den 1990er Jahren zwischen seiner Verhaftung wegen schwerer Hacking-Verbrechen und seiner auffällig milden Strafe der Polizei des australischen Bundesstaats Victoria im Cyberspace half.
Domscheit-Berg
Als der Deutsche Daniel Domscheit-Berg, jahrelang die Nummer zwei bei Wikileaks, sich mit Julian Assange verkrachte und rechtzeitig das Weite suchte, bevor Assanges Odyssee mit Gerichten und Strafverfolgungsbehörden begann, wollte er eine neue Plattform starten namens OpenLeaks.
OpenLeaks sollte die Fehler von Wikileaks vermeiden und Domscheit-Berg rettete nicht nur technisches Know-How mit rüber, sondern auch weiteres ehemaliges Personal von Wikileaks. Leaker sollten über tote Briefkästen interessante Daten an bestimmte Medien liefern, ohne dass OpenLeaks selbst als Veröffentlicher der Daten agiert. In der Theorie sollte das System doppel-blind seien und sowohl den Leakers schützen als auch die Medienpublikation, die das Material erhält. Leider gab es schon bei Wikileaks das Problem, dass sich solch ein System eben auch nutzen lässt für „Datenwäsche“, bei der das Material von Hackern gestohlen wurde und nicht von Insidern geleakt.
Anfang September 2011 veröffentlichte WikiLeaks die Depeschen US-amerikanischer Botschaften komplett und unredigiert und zog damit die Konsequenz aus einer Panne, die es Außenstehenden ermöglicht hatte, den entschlüsselten und unredigierten Text bei Cryptome und auf anderen Websites online zu stellen. Domscheit-Berg gehörte im Vorfeld zu den Beteiligten, deren Handeln zu dem Datenleck führte. Als Wikileaks noch nicht berühmt war, veröffentlichte man bereits heikle Dokumente wie etwa eine Inventarliste des US-Militärs in den Auslandseinsätzen. Damals galt es öffentlich noch als großes Rätsel, wer hinter Wikileaks steckt, obwohl ein paar Telefonanrufe in der Szene ergeben hätten, dass Assange und Domscheit-Berg das Projekt Wikileaks zuvor bei einer Veranstaltung des Chaos Computer Clubs (CCC) offen angekündigt hatten. Domscheit-Berg machte sich in seinem eigenen Buch sogar lustig über die deutschen Geheimdienste, obwohl die Sache alles andere als zum Lachen war, denn Domscheit-Berg war leicht zu identifizieren und jederzeit greifbar, auch für die Amerikaner.
Die wichtigsten Quelle von Wikileaks, Bradley Manning, hatte sich dem Hacker Adrian Lamo anvertraut und wurde prompt verraten. Wie Forbes berichtete, arbeitete Lamo als Analytiker für Project Vigilant, ein verschlossenes und für gewöhnlich sehr schweigsames “Sicherheitsunternehmen”, welches Verträge mit der US-Regierung unterhält. Lamo verstarb unter ungeklärten und höchst auffälligen Umständen vor rund einem Jahr im Alter von 37 Jahren, genau dann als die geheime Anklage gegen Julian Assange an Fahr gewann. Nicht nur das Timing ist suspekt, sondern auch der Autopsiebericht.
Bei dem Weggang von Wikileaks nahm Domscheit-Berg noch mehr mit als nur Personal und Technik: Einen mysteriösen Satz an unveröffentlichtem Material. Heise berichtete:
DER GRÜNDER DER WHISTLEBLOWER-PLATTFORM OPENLEAKS, DANIEL DOMSCHEIT-BERG, WILL DIE VON WIKILEAKS MITGENOMMENEN DATEIEN NUN VOLLSTÄNDIG LÖSCHEN. DAS BESTÄTIGTE DER EHEMALIGE MITSTREITER VON WIKILEAKS-CHEF JULIAN ASSANGE GEGENÜBER HEISE ONLINE. “BEVOR ICH EIN RISIKO FÜR DIE QUELLEN EINGEHE, GEHE ICH LIEBER AUF DIE SICHERE SEITE”, SAGTE DOMSCHEIT-BERG AM FREITAG. DIE VON UNBEKANNTEN WHISTLEBLOWERN AUF WIKILEAKS HOCHGELADENEN DATEN SOLLEN NUN UNTER NOTARIELLER AUFSICHT GELÖSCHT WERDEN
Es scheint jedoch noch ein weiterer, separater und unveröffentlichter Datensatz zu existieren, das sogenannte „chinesische Paket“. In Briefen an potentielle prominente Unterstützer wie Daniel Ellsberg prahlte Assange bereits zu Anfangszeiten seiner Organisation mit rund einer Million Seiten an Dokumenten. Die SPIEGEL-Autoren Marcel Rosenbach und Holger Stark schreiben in ihrem Werk „Staatsfeind Wikileaks“:
ABER WOHER STAMMEN SIE DANN? ASSANGE WEIGERT SICH BIS HEUTE, DIESE FRAGE ZU BEANTWORTEN, ABER EHEMALIGE UND NOCH AKTIVE WIKILEAKS-MITARBEITER KENNEN EINE ERKLÄRUNG. DEMNACH STAMMEN DIE UNTERLAGEN AUS EINEM FISCHZUG VON WIKILEAKS-UNTERSTÜTZERN, DIE IN DEN TIEFEN DES INTERNETS HUNDERTTAUSENDE VON DATEIEN KOPIERT HATTEN – DATEN DIE PIKANTERWEISE KURZ ZUVOR VON CHINESISCHEN HACKERN GESTOHLEN WORDEN WAREN.
Openleaks nahm seine eigene Webseite offline und Domscheit-Berg sagte ggü. Technology Review, das Projekt würde weiter fortgesetzt werden „ohne die Öffentlichkeit groß einzubinden“. Als Medienpartner wurden Der Freitag, foodwatch, die portugiesische Wochenzeitung Expresso und die dänische Tageszeitung Dagbladet Information genannt. Allesamt links. Über Spenden und eine Stiftung wollte man sich finanzieren.
Domscheit-Berg war von August 2013 bis Juli 2014 Politischer Geschäftsführer der linken, Hacker-affinen Piratenpartei im Verband Brandenburg und trat 2014 aus der Partei aus. Auch der Chaos Computer Club (CCC) mit dem er zeitweise Krach hatte, beinhaltet viele sozialistisch angesiedelte Ideen und Personen. Der Verein geht zurück auf den Kommunisten Wau Holland. Daniels Frau Anke gelanget über die Liste der Partei DIE LINKE 2017 in den Bundestag.
Das Debakel um Mario R.
Mario R. tauchte bei den „Montagsmahnwachen“ von 2014 auf und kündigte an, den Hauptredner Ken Jebsen populärer machen zu wollen. Jebsen verstritt sich dann mit Jürgen Elsässer vom COMPACT-Magazin. Mario R. soll die Kontrolle über eine Facebookseite mit dem Anonymous-Namen an sich gerissen haben und machte fortan (gegen Bezahlung) Werbung für das auf neurechtem Kurs befindliche Blatt COMPACT bis es zum Streit und Zerwürfnis kam. Bald löschte Facebook auch die Seite und Mario R. wich auf eine traditionelle Webseite aus, die um einen Onlineshop ergänzt wurde, in dem man aus Deutschland Gummigeschoss-Waffen aus dem Ausland bestellen konnte um sich vor Migranten zu schützen. Ohne entsprechende Waffenbesitzkarte durften deutsche Bürger diese Gegenstände nicht besitzen. Kunden aus zwölf Staaten, darunter Hunderte Deutsche, bestellten über diesen Onlineshop Gewehre, Pistolen, Revolver und Munition.
Die Anonymous-Bewegung distanzierte sich scharf von R. und dessen Nutzung des Anonymous-Brandings. Bald kam es zum Hack. Im Oktober 2016 entdeckte ein „Aktivist“ die Datenbank der Bestellungen, Käufer und Umsätze, die R. unverschlüsselt ins Netz gestellt hatte. Der Entdecker gab sie an die Staatsschutzabteilung des LKA Berlin und einige Medien weiter. Es kam zum Haftbefehl gegen R. und auch zu Durchsuchungen und Verfahren gegen de Käufer.
Der Aktivist, der R. zu Fall brachte, wollte anonym bleiben. Anonymous. Er hatte mühselig alle Aktivitäten von R. protokolliert, gespeichert auf 37 Gigabyte. Der kapitale Fehler von R. sei gewesen, eine Liste mit Zugangsdaten auf dem Server zu parken, die per Google-Suche gefunden werden konnte. Der Aktivist rief einen weiteren Aktivisten an und man ging auf Beutezug. Schon bald liegen die Informationen auch bei verschiedenen Redaktionen und Behörden auf dem Tisch.
Cyber-Antifa
Bei Anonleaks heißt es:
In Operation Tinfoil kämpft Anonymous in Deutschland mit der Unterstützung der Aktivisten aus den USA, Kanada und vielen weiteren Ländern gegen diese Verschwörungserzähler, damit nicht am Ende aus einem Verschwörungsmythos eine Verschwörung gegen den Staat und die freiheitlich demokratische Grundordnung der Staaten erwächst. Wir haben mit Attila Hildmann begonnen, gingen über zu KlaTV und haben bereits weitere Ziele im Visier.
2011 kam es beispielsweise zu einem Hack gegen die NPD. Die Hackergruppe „No Name Crew“ (wohl eine Anspielung auf den Begriff Anonymous) legte über 20 NPD-Websites lahm und veröffentlichte interne Daten. Darunter befindet sich auch eine Liste mit Spendern.
Das rechtsextreme Spektrum wird es der Cyber-Antifa künftig nicht immer so leicht machen wie das Hinterlegen ganzer Datenbanken oder Passwortlisten. Das Ausweichen auf gesicherte Plattformen wie Telegram wird keine Universallösung sein, da auch hier zunehmend reguliert wird. Dies könnte die Rechtsextremen und generell kreml-freundliche Verschwörungs-Influencer weiter dazu animieren, sich stärker auf die Hilfe von russischen Geheimdiensten einzulassen. Die Russen spielen sowohl das linke als auch das rechte Spektrum gegeneinander aus. So wie das auch westliche Dienste tun.