Kommentar
Bauernfängerei und Wunderheilerei ist im Prinzip sehr simpel aufgebaut: Es wird behauptet, man hätte ganz einfache und revolutionäre Lösungen auf Probleme. Wenn die Anwendung der Prinzipien aber schiefläuft, dann beschuldigt man alles und jeden wegen dem Scheitern, aber bloß nicht die heiligen Prinzipien.
QAnon war Bauernfängerei. Man versprach den Gläubigen, es gäbe einen voll ausgereiften Mega-Plan, der sehr bald die große Weltverschwörung beseitigen werde, inklusive der Corona-Maßnahmen. Der harte Kern der Q-Sekte konnte es nicht ertragen, wenn Angehörige und Freunde nicht glauben wollten an die große Revolution und die kryptischen Nonsens-Prophezeiungen von einem Spaß-Messageboard. Es entstand regelrechte Verachtung gegen die Ungläubigen. Dann platzte der Traum und die Sekte versucht seitdem, einfach weiterzumachen. Wahlcomputer und die linke Weltverschwörung seien schuld gewesen, neben den Ungläubigen.
Die ganz harten Corona-Aktivisten meinten nach gefühlt 5 Minuten in der Pandemie, sie hätten den Fall komplett gelöst. Der Virus sei harmlos und dementsprechend gäbe es eine einfache Lösung auf das Pandemieproblem in Form von Geschwafel („Aktivismus“). Die Schwafler seien Helden, die Zweifler die bösartigen, feigen Systemlinge.
Ich erinnere mich an die Hochphase des radikalen Libertarismus während der Obama-Administration, bevor die Influencer dann auf den Trump-Hype und AfD-Hype aufsprangen. Bauernfänger wie Stefan Molyneux meinten, ihre übersimplifizierten Moral-Dogmen und Luftschloss-Fantasie-Gesellschaften seien der Schlüssel ins Paradies. Politische Beteiligung durch Wählen und Parteiarbeit müsse man unbedingt vermeiden. Der Schwafel-Aktivismus sei der Weg ins Licht. Und wenn sich nichts voranbewegt, sind die Ungläubigen Schuld. Legendär sind die Hass-Tiraden von Molyneux gegen alle Ungläubigen, die wohl 1:1 kopiert wurden von seinen Anhängern.
Im Zuge der Pandemie gab es natürlich einen Schub für die klassischen Wunderheiler. Gefährliche, krankheitsauslösende Viren gäbe es per se nicht. Man müsste Chlor-Plörre trinken. Und wehe, man glaubt nicht an die Chlor-Plörre und Jim Humble. Dann wirst du als Mensch komplett abgeschrieben.
Sogar die Lehre des verstorbenen Gurus Gerd Hamer wird wieder hervorgekramt und adaptiert. Dieser hatte seinen Sohn verloren bei einer Boots-Tour und im Moment des psychischen Zusammenbruchs bastelte er die Fantasiewelt zusammen, in der er die größte Entdeckung der Menschheitsgeschichte gemacht hätte. Er versprach Krebskranken eine einfache Lösung und jedes Mal, wenn sie elendig verreckten, beschuldigte er den Patienten, klassische Ärzte oder einfach eine jüdische Weltverschwörung. Es wurde eine Sete daraus und man merkte schnell, dass Ungläubige verachtet werden als Zuarbeiter der Weltverschwörung oder einfach Dummköpfe, die ein Hindernis darstellen auf dem Weg ins Licht.
Es ist jedes Mal billiger Gruppennarzissmus und die Gruppen verstehen sich als die auserwählte Helden-Märtyrer-Elite, als größte Bedrohung für das „System“. In Wirklichkeit sind sie Clowns und genau das, was das System braucht: Ein groteskes Sammelbecken.
