Kommentar
Das mächtigste Land der Welt hat einen tattrigen, schlaffen Präsidenten, der weitere vier Jahre im Amt anstrebt. Die TV-Debatte gegen Trump am Donnerstag hätte die Gelegenheit sein müssen für die Democrats, um Joe Biden ins bestmögliche Licht zu rücken: Vorab seinen Terminkalender leeren, sehr viel Schlaf einplanen, Optimierung durch Ärzte und dann zum richtigen Zeitpunkt eine Dosis Koffein. Hauptsache, man schleift ihn ein Stückchen näher in Richtung Ziellinie. Sobald er drüber hinaus ist, kann man ihn vor die Kameras stellen und ansonsten seine Administration von den vielen anderen Funktionären leiten lassen.
Trotz dieser vielfältigen Möglichkeiten enttäuschte Biden so sehr, dass seine Partei in Panik geriet. Ihn so spät zu ersetzen ist genauso eine schlechte Option wie ihn im Rennen zu lassen. Nach der Debatte wurde gestreut, dass er eine Art Erkältung habe.
Im CNN-Studio war kein Publikum zugegen und Trump hielt sich an die Etikette, nur dann zu reden, wenn er dran ist.
Als Biden eine Frage zur Staatsverschuldung beantwortete und mittendrin anfing, über Gesundheitspolitik zu sprechen, stammelte er und schien am Ende seiner Antwort den Faden zu verlieren.
„Dafür sorgen, dass wir in der Lage sind, jede einzelne Person für das zu qualifizieren, was ich mit Covid tun konnte. Entschuldigen Sie, mit allem, was wir zu tun haben“, sagte Biden. „Sehen Sie, wenn wir Medicare endlich besiegen.“
Trump antwortete mit einem für ihn gewohnten bissigen Humor:
„Nun, er hat recht. Er hat Medicare besiegt. Er hat es zu Tode geprügelt.“
„Ich weiß wirklich nicht, was er am Ende dieses Satzes gesagt hat“, sagte Trump. „Ich glaube, er weiß auch nicht, was er gesagt hat.“
Bestimmte Wirtschafts-Marker unter Trump waren besser gewesen und die Abtrennung von chinesischen Märkten war längst überfällig. Aber eine neue Analyse der Haushaltsaufsichtsgruppe Committee for a Responsible Federal Budget zeigt, dass Trump während seiner vierjährigen Amtszeit 8,4 Billionen Dollar an neuen 10-Jahres-Krediten genehmigte, verglichen mit 4,3 Billionen Dollar für Präsident Joe Biden.
Ich hatte das vorhergesehen und den Vergleich gezogen mit der Amtszeit von Ronald Reagan. Viel Marktwirtschafts-Rhetorik, aber am Ende werden einfach haufenweise neue Schulden gemacht.
Biden ist berüchtigt für seine sozialdemokratischen Versprechungen, während er gleichzeitig verzahnt ist mit Big Business.
Bei den TV-Debatten geht es weniger um die Inhalte, sondern eher um die Wirkung. Es wird Biden nicht viel helfen, dass im Nachhinein Fakten-Checks veröffentlicht werden zu Trumps Aussagen.
BREAKING: CNN just released their fact check of Donald Trump throughout the debate. It turns out Donald Trump lied on just about every answer. Retweet so all Americans see this vital fact check on Trump’s BS. pic.twitter.com/cf6CMKOtIM
— Biden’s Wins (@BidensWins) June 28, 2024
Biden und PFOA
Der Film „Dark Waters“ aus dem Jahr 2019 erzählt die wahre Geschichte des Wirtschaftsanwalts Rob Bilott, der den Fall eines Landwirts übernahm, der ein Chemie-Unternehmen verklagen wollte: DuPont. Der Gigant war der Förderer der Karriere von Biden und dessen Familie.
Während er die Klage stieß Bilott auf Informationen, die darauf hindeuteten, dass DuPont jahrzehntelang eine extrem gefährliche Chemikalie (PFOA) in den Ohio River und angrenzende Gebiete gekippt hatte.
PFOA ist biopersistent und akkumulativ, was bedeutet, dass es in der Umwelt nicht abgebaut wird und sich im Laufe der Zeit in unserem Blut anreichert. Informationen über die extremen Risiken dieser Verschmutzung gab es intern zumindest seit 1984, doch das Unternehmen entschied sich offenbar dafür, die Produktion zu verdoppeln (ohne in wirksame Maßnahmen zur Schadstoffminderung zu investieren) und sich später um die Folgen zu kümmern.
Bezeichnenderweise hat DuPont all diese Jahrzehnte lang Informationen über die Risiken intern behandelt und sich dafür entschieden, sie den Aufsichtsbehörden oder den umliegenden Gemeinden nicht vollständig zu melden.
Das Arbeitspapier des Stigler Center von Shapira und Zingales zum DuPont-PFOA-Debakel zeigt, dass die weitere Verschmutzung ohne Investitionen in die Schadstoffminderung aus Sicht der Maximierung des Aktionärsvermögens tatsächlich die optimale Entscheidung war, wenn auch eine sozial schädliche. Umweltverschmutzung zahlt sich aus.
DuPonts Entscheidungsträger konnten damit rechnen, dass die Strafe – wenn überhaupt – erst viel später verhängt würde, und sie hatten recht: Während das Unternehmen jahrzehntelang Gewinne aus der Verwendung von PFOA zur Herstellung seines bekannten Teflonprodukts erzielte, kam es erst 2017 zu einer bedeutsamen Strafe.
Grob vereinfacht ausgedrückt entspricht eine Geldstrafe von einer Milliarde Dollar im Jahr 2017 einer Geldstrafe von 100 Millionen Dollar im Jahr 1984, als die Entscheidung getroffen wurde, weiterhin die Umwelt zu verschmutzen.
Die Umweltaktivistin Erin Brockovich veröffentlichte einen Meinungsartikel mit dem Titel „Lieber Joe Biden: Willst du mich verarschen?“, in dem sie Biden dafür kritisiert, dass er einen Top-Berater von DuPont in sein Übergangsteam für die Environmental Protection Agency (EPA) aufgenommen hat. Bei diesem Berater handelt es sich um Michael McCabe, den stellvertretenden Leiter der EPA, den DuPont 2003 eingestellt hatte, um dem Unternehmen zu helfen, die regulatorischen Gegenreaktionen einzudämmen, als schlechte Nachrichten über die PFOA-Verschmutzung auftauchten.