Kommentar

Falls tatsächlich innerhalb weniger Stunden oder Tage eine russische Invasion der Ukraine beginnt, dann sind nicht nur längst vorab die militärischen Strategien von langer Hand dafür geplant worden, sondern auch die Medienstrategie.

Russland hat ab 2008 verstärkt ein breites Netz an Medien, Politikern und einzelnen Influencern im Westen gesponnen und gleichzeitig zuhause die Zensur massiv verstärkt. Irgendeine nennenswerte, systematische Opposition gegen das Regime ist nicht mehr möglich. Längst wurde geübt, das russische Internet vom Westen abzutrennen, sodass russische Bürger keine Chance mehr haben werden, auf Informationen zuzugreifen, die nicht gründlich zensiert wurden vom Staat.

Die NATO hat längst selbst eine Medienstrategie vorbereitet. Wie diese exakt aussieht, ist geheim, aber man kann sich wohl das allermeiste davon zusammenreimen.

  • Fakes: Üblicherweise konstruieren russische Geheimdienste bei wichtigen Ereignissen richtiggehende Falschmeldungen, die dann von einem Netzwerk aus Medien und Influencern nachgeplappert werden. Man muss damit rechnen, dass solche Meldungen konsequent einkassiert werden auf westlichen Social Media-Plattformen. Auch konservative Plattformen wie GETTR, die der republikanischen Partei nahestehen, könnte zensieren. Es bliebe der Propaganda noch Telegram, allerdings wäre ein EU-weites Vorgehen gegen Telegram möglich.
  • Bots: Sogenannte Social-Media-Bots wollen die Algorithmen der sozialen Netzwerke manipulieren, um bestimmte Propaganda weiter zu verbreiten. Es könnten nicht nur Bots geblockt werden, sondern sogar eine Klarnamen-Pflicht kommen für soziale Medien.
  • Politische Mythen und Legenden: Diese sind schwer zu verbieten, allerdings wird seit einigen Jahren alles aufgezeichnet, was Menschen auf Social Media weiterverbreiten. Mit den entsprechenden Datenbanken und Algorithmen ließe sich im Zweifelsfall vor Gericht beweisen, dass jemand systematisch und zeitnah über Jahre hinweg russische Talking Points kopiert und weiterverbreitet hat. Dieses Verhalten wäre nicht gedeckt von der Meinungs- und Pressefreiheit.
  • Hosting: Russenpropagandisten können ausweichen auf eigene Webseiten und Videoangebote. Diese müssen aber irgendwo gehostet werden und russisches Hosting könnte als Option wegfallen. Gewöhnliche westliche Hosting-Firmen sind angewiesen auf eine stabile Beziehung zu großen Technologie- und Software-Anbietern wie Microsoft oder Google, die eine Zusammenarbeit verweigern könnten mit Hostern, die Russenpropaganda auf ihren Servern dulden.
  • Agenten und Beeinflussungsagenten: Russische Geheimdienste rekrutieren ständig westliche Politiker, um Propaganda zu verbreiten. Solche Politiker können die Propaganda verpacken als Pragmatismus und als die Absicht, einen Weltkrieg vermeiden zu wollen. Es kann sein, dass so manche Agenten längst enttarnt wurden, aber erst nach Beginn des Ukraine-Kriegs öffentlich enttarnt werden. Dies wäre ein massiver Einbruch der Glaubwürdigkeit für Russenpropagandisten.
  • Republican Mainstream: Es ist durchaus wahrscheinlich, dass in den USA eine kontrollierte Kampagne gefahren wird auf Medien, die der Republikanischen Partei nahestehen. Im begrenzten Umfang könnte so abgelästert werden über die Democrats im Weißen Haus und die linken Strömungen in der EU. Es ginge bei dieser Kampagne einfach darum, Konservative im Publikum einzufangen.
  • Traditionelle Verschwörungsmedien: Wie üblich werden Verschwörungsmedien sämtliche Ereignisse abheften als Agenda der (non-existenten) Weisen von Zion bzw. internationalen Banker bzw. des internationalen Kommunismus. Solange das Publikums-Klientel Windmühlen jagt und sich wie üblich selbst diskreditiert durch Radikalismus und Unsinn, entsteht aus dem Geplapper keine Gefahr heraus.

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