Kommentar
Der AfD-Politiker Daniel Halemba wurde zunächst festgenommen und dann wieder auf freien Fuß gesetzt: Ein SS-Befehl von Heinrich Himmler soll ausgedruckt in seinem Zimmer gefunden worden sein; sowie die Widmung „Sieg Heil“ in einem Gästebuch seiner Burschenschaft, signiert mit seinem Namen.
Bereits Mitte September hatten Ermittler das Haus der Burschenschaft Teutonia Prag in Würzburg durchsucht. Inwiefern die Organisation bzw. einzelne Personen vom Verfassungsschutz oder ausländischen Geheimdiensten bereits infiltriert worden war, ist unbekannt.
Es steht nun der Verdacht auf Volksverhetzung sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen im Raum. Sein Mandat würde er aber erst bei einer Verurteilung (über ein Jahr Freiheitsstrafe) verlieren. Belastendes Material gegen ihn gebe es nicht, so Halemba.
Wie der Fall auch ausgehen mag; so müssen sich alle in der Partei und alle Supporter fragen, wie viele Abgeordnete auf einem radikalen ideologischen Trip sind und inwiefern sie ihre Geheimnisse wahren können. Ein einziger Vorfall kann verheerende Konsequenzen für die Einzelperson haben und zusätzlich Vorschub leisten für ein Parteienverbot.
Bei den Würzburger Teutonen habe auch schon Götz Kubitschek gesprochen – der Gründer des vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften „Instituts für Staatspolitik“.
Juristisch vertreten wird Halemba nun von dem Freiburger Rechtsanwalt Dubravko Mandic, der einst meinte:
„Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützer-Umfeld, nicht so sehr durch Inhalte.“
Totalüberwachung
Es sind einige Informanten der deutschen Inlandsgeheimdienste in der rechten Szene enttarnt worden. Die Verfassungsschutzämter sind sehr klein und kooperieren standardmäßig mit „befreundeten“ Diensten des Auslands, vor allem amerikanischen und britischen. Wie viele abgefangene elektronische Kommunikationen von der NSA und dem GCHQ beispielsweise geteilt werden mit den deutschen Behörden ist geheim. Dazu kommen noch klassische Operationen durch ausländische Dienste auf deutschem Boden, die durch einen Wust aus Gesetzen geregelt sind. Die Amerikaner dürfen von sich aus betrachtet im Ausland so ziemlich alles. Mit den Briten verhält es sich ähnlich. Für die deutsche Regierung wäre es ausgesprochen peinlich, wenn bedeutende Vorgänge bekannt werden.
Einzelne Landesverbände verbieten
Das deutsche Recht ist dehnbar genug, dass sich einzelne Landesverbände der AfD verbieten ließen, wie etwa in Thüringen, ohne die gesamte Partei verbieten zu müssen. Der Jurist Gärditz erklärt in der FAZ, dass laut Paragraph 46, Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ein Verbot auf „einen rechtlich oder organisatorisch selbständigen Teil einer Partei beschränkt werden“ kann.
Die Thüringer AfD wurde bereits als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft vom Verfassungsschutz, ohne sich natürlich in die Karten schauen zu lassen, welche Beweise man bisher gesammelt hat mit unterschiedlichsten Methoden und mit ausländischer Hilfe. Interessanterweise startet wohl bald eine Konkurrenz-Partei des ehemaligen Verfassungsschutzchefs Maaßen, der während der formativen Phase der AfD das rechte Spektrum infiltrierte; zusammen mit seinem konservativen Kollegen Parker vom britischen MI5.
Die Geheimdienste müssen letztendlich Material liefern, damit die Schwelle überschritten wird zum Beweis einer aggressiv-kämpferischen Haltung der AfD. Es hängt davon ab, wie dämlich sich AfD-ler angestellt haben; mit welchen Apps sie kommunizierten, welche alten Geheimnisse sie nicht wahren konnten usw.
Unter Maaßen und Parker war der Hauptgegner der europäischen Geheimdienste Russland und alle pro-russischen Kräfte. Ließe sich zeigen, dass AfD-ler russische Hilfe erwogen für einen gewaltsamen Machtwechsel, wäre der Fall erledigt.
Bei der NPD blamierten sich die Behörden mit einem ausufernden Einsatz von V-Personen in wichtigen Posten, weshalb das erste Verbotsverfahren scheiterte. Bei der AfD hörte man ständig, dass Personen Büro-Angestellte anheuerten mit einer rechtsextremen Vergangenheit. Handelt es sich bei den Büro-Leuten um V-Personen, wäre ein Verbot einfacher zu begründen.
Wie stark die Briten und Amerikaner mitspionieren, darf natürlich nicht verraten werden. Alle Beweise gegen die AfD auf den Tisch zu legen, würde zu viele Quellen und vor allem Methoden auffliegen lassen. Besser man hält Material zurück. Dies würde dann nach dem Verbot auch den Mythos in der rechten Szene nähren, das Verbot sei völlig unfair und gesetzeswidrig gewesen. Dann lernen die Rechten (wie üblich) nichts aus der Sache, machen weiter wie bisher, und bleiben kontrollierbar.
Schon über 225.000 Menschen haben die Volksverpetzer-Petition unterschrieben, in der der Bundesrat aufgefordert wird, eine Prüfung eines AfD-Verbots beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen.
Verbot der SRP
Nach 1945 durchkämmten die Besatzermächte mit Armee-Geheimdiensten wie dem CIC systematisch die Besatzungszonen, zerschlugen übrig gebliebene Nazi-Netzwerke und rekrutierten Informanten.
Die Sozialistische Reichspartei (SRP) erreichte bei den Wahlen 1950 in Niedersachsen 11% der Stimmen. In manchen Wahlkreisen holte sie rund 30%. Bei den Bürgerschaftswahlen in Bremen 7,7%
Die SRP rekrutierte ihre Mitglieder und Wähler vor allem unter ehemaligen NSDAP-Angehörigen. Sie zählte zeitweise annähernd 40.000 Mitglieder Das Parteiprogramm der SRP basierte in wesentlichen Teilen auf dem der NSDAP, einschließlich eines offenen Antisemitismus.
Dies machte es juristisch einfach, die Partei zu verbieten. Otto Ernst Remer, ein ehemaliger Generalmajor der Wehrmacht war die Führungsfigur der SRP. Dann gab es noch Fritz Dorls, der nach dem Parteienverbot in Ägypten tätig war für den deutschen Verfassungsschutz. Im Parteivorstand der SRP befanden sich mehrere V-Leute des Verfassungsschutzes. Die rechte Hand von Dorls, sein Rechtsanwalt Rudolf Aschenauer, war seit dem Frühjahr 1952 Mitarbeiter des Verfassungsschutzes.
Die SRP hätte gerne in Niedersachsen ein Bündnis geformt mit der CDU. Der britische Hochkommissar Sir Ivone Kirkpatrick war zuständig für die nordwestdeutschen Regionen, wo die SRP Erfolge feierte. Die Partei hatte 650.000 Unterschriften gesammelt für die Freilassung von Häftlingen aus dem Gefängnis Landsberg. Nicht nur Kirkpatrick war alarmiert. Die Amerikaner unter John J. McCloy benutzten ihr Agentennetz gegen die SRP und kündigten, falls nötig, ein physisches Eingreifen an. die SRP war ein Thema gewesen bei der Washingtoner Außenministerkonferenz im September 1951.
Die Leute der SRP fühlten sich zunächst sicher. Angesichts ihrer Parlamentarier würde kein Parteiverbot kommen. Der Versuch würde scheitern und somit der Partei quasi die Legitimität verleihen und Aufmerksamkeit bringen.
Die Bundesregierung beschaffte unter der Führung von Innenminister Lehr mit Hochdruck Beweismittel.
Sie profitierte dabei von zahlreichen Spitzelberichten und vor allem von einem Vertrauens-Mann (V-Mann) direkt im Parteivorstand; die Regierung war daher zu jeder Zeit über Vorgehen, Stimmung und Strategie der SRP während des Verbotsverfahrens informiert.
Mit Recht gegen Rechts: Die Verbotsverfahren gegen die Sozialistische Reichspartei und die Nationaldemokratische Partei Deutschlands
Am 20. Februar 1952 verhafteten die Behörden den SRP-Bundestagsabgeordneten „Dr. Franz Richter“. Bei ihm handelte es sich in Wirklichkeit um Fritz Rößler, ehemaliges Mitglied der NSDAP. Er hatte als verschollen gegolten, sich eine Tarnidentität beschafft und heiratete seine eigene rau nochmals. Im Mai 1951 beteiligte sich Rößler in Malmö (Schweden) an der Gründung der faschistischen Europäischen Sozialen Bewegung. Unter Führung des italienischen MSI schlossen sich hierin Organisationen aus Deutschland, Italien, Österreich, Schweden und der Schweiz zusammen.
Im letzten Moment versuchte die SRP verzweifelt, entlastendes Material zu sammeln gegen das drohende Parteiverbot. Die Zeugenaussagen von Dorls und Remer im Prozess wurden zum Fiasko. Die Protestwähler wandten sich ab. Die SRP wollte sich schnell selbst auflösen, um Mandate zu retten, was aber nicht funktionierte. Die Posten gingen verloren, das Parteivermögen auch und Nachfolgeorganisationen galten automatisch als verboten.
Die Umstände, dass zahlreiche der gegen die SRP verwendeten Beweismittel auf Geheimdienst-Spitzel zurückgingen, dass wohl selbst Parteimitbegründer Gerhard Krüger mit Verfassungsschutz-Präsident Otto John kollaborierte und dass die SRP von Informanten der Verfassungsschutzämter förmlich durchsetzt war, spielte für die Richter bei der Urteilsfindung hingegen keine Rolle.
Es wurden bald 61 Nachfolge- bzw. Tarnorganisationen verboten.
NPD
Adolf von Thadden entstammt einer alten Adelsfamilie. Sein Verwandter Johannes von Thadden war von 2004 bis 2007 Bundesgeschäftsführer der CDU und hatte als Mutter die Gräfin Mensdorff-Pouilly (Querverbindung zu Sophie von Sachsen-Coburg-Saalfeld, Tante von Queen Victoria und Schwester des ersten belgischen Königs). Aus dem Thadden-Clan stammte auch eine Geliebte Bismarcks und Eberhard von Thadden, Judenreferent im Auswärtigen Amt unter Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop.
Adolf von Thadden trat 1939 in die NSDAP ein. Im Krieg wurde er mehrfach verwundet und ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse.
1946/47 war er für die britische Militärregierung landwirtschaftlicher Treuhänder. Wahrscheinlich war er bereits zu diesem Zeitpunkt vom britischen Geheimdienst rekrutiert worden. Er zog 1947 nach Göttingen. In den 1960er und der ersten Hälfte der 1970er Jahre war von Thadden Herausgeber des NPD-Parteiorgans Deutsche Nachrichten. Ab 1975 war er Chefredakteur der rechtsextremen Deutschen Wochenzeitung.

Diese Deutsche Wochenzeitung startete als „Deutsche Soldaten-Zeitung“. n einem amerikanischen Internierungslager waren der ehemalige NSDAP-Kreisleiter und Landrat Helmut Damerau, der Wehrmachtsoberst und Landrat Heinrich Detloff von Kalben, der SS-Standartenführer der Waffen-SS Joachim Ruoff und der General der Waffen-SS Felix Steiner 1950 übereingekommen, eine Publikation zu gründen, die für einen „antibolschewistischen deutschen Verteidigungsbeitrag“ werben sollte. Vor dem Hintergrund des Koreakrieges, des sich verschärfenden Kalten Krieges und der Diskussion über die deutsche Wiederbewaffnung fand das Vorhaben finanzielle Unterstützung durch die CIA.
1964 gründete von Thadden gemeinsam mit Fritz Thielen (Deutsche Partei), Wilhelm Gutmann (GDP), Heinrich Fassbender (DNVP) und anderen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) als Sammlungspartei nationaler bzw. rechtsextremer Politiker.
Nach dem Tod von Thaddens wurde bekannt, dass er Informant des britischen Geheimdiensts MI6 war, auch während seiner gesamten Zeit als Bundesvorsitzender der NPD. Ein Artikel im britischen Guardian berichtete über die Enttarnung.
Hans-Christian Ströbele von den Grünen fragte die Bundesregierung über weitere Informationen. Als Antwort hieß es:
Die Akte enthält jedoch mehrere Stücke, in denen Adolf von Thadden der Zusammenarbeit mit verschiedenen ausländischen Nachrichtendiensten verdächtigt wurde. Vage Hinweise für eine mögliche Zusammenarbeit mit dem britischen Dienst ergeben sich aus einem Urteil des Landgerichts Hannover vom 9.Februar 1971. In einem Verfahren Adolf von Thaddens gegen den NPD-Mitbegründer und ersten Parteivorsitzenden Friedrich Thielen wird Letzterem die Behauptung untersagt, Adolf von Thadden sei „mit dem größten Deutschenhasser und britischen Geheimdienstler, Sefton Delmer, persönlich befreundet gewesen“.
Sefton Delmer hatte als „Journalist“ die NS-Führung infiltriert. Durch seine Verbindung zu Ernst Röhm wurde er der erste britische Reporter der Hitler im April 1931 interviewen durfte. 1932 flog er mit Hitler in dessen Privatflugzeug. Er hielt alle möglichen Notizen fest über die Partei. Die NS-Führung hielt ihn für einen MI6-Agenten, störte sich aber nicht daran, weil gehofft wurde, Bindungen zu knüpfen zu adelige-konservativen britischen Kreisen. Hinterher stellte sich heraus, dass die Briten dahingehend ein gigantisches Täuschungsmanöver betrieben hatten (siehe Lou Kilzer).
Am September 1940 arbeitete Delmer für die psychologische Kriegsführung der Briten. Nach dem Krieg wurde er der leitende „Reporter“ des Daily Express fürs Ausland.
Laut einem Bericht der Kölner Tageszeitung Kölner Stadt-Anzeiger arbeitete von Thadden während der vier Jahre, in denen er die NPD leitete, von 1967 bis 1971, für den britischen Geheimdienst. Ein ehemaliger hochrangiger Beamter des deutschen Geheimdienstes sagte dem Guardian, er sei über eine viel länger bestehende Verbindung zwischen Von Thadden und dem britischen Geheimdienst informiert worden. Nach Angaben des Kölner Stadt-Anzeigers traf der Neonazi-Anführer seinen britischen Kontaktmann in einem Hotel in Hamburg.
Hans Josef Horchem, damals Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Hamburg, erinnert sich daran, dass MI 6 seine Operationen wie eine alte Kolonialmacht auch in der Bundesrepublik weiterführte – allen Gesetzen und Abmachungen zum Trotz. Kam etwas von solchen Geheimdienst-Aktionen ans Tageslicht, wurde das jedes Mal mit Rücksicht auf bilaterale Beziehungen „auf Dienstebene zwischen den Nachrichtendiensten“ beigelegt.
https://www.ksta.de/redaktion/der-braune-schlapphut-127295
Zuständig für die Betreuung von Adolf von Thadden sei der britische Erste Sekretär im Generalkonsulat in Düsseldorf, später in Hamburg gewesen, unter der üblichen Tarnung eines Diplomaten. Die Kommunisten hatten vergeblich versucht, Thadden anzuwerben und tarnten sich dabei, wie so oft, als Briten.