Kommentar
Die WELT hat eine Obsession mit Sahra Wagenknecht. Schafft sie es, mit ausgewählten Mitstreitern eine eigene Partei auf die Beine zu stellen, könnte jene der AfD zwei Drittel der Stimmen wegnehmen. Auch bei anderen Parteien könnte es Wechselbewegungen geben. Ein E-Mail-Leak kürzlich erweckte den starken Eindruck, der Kreml wünscht sich eine Querfront in Deutschland von Rechten und Linken.
Wagenknecht nannte die AfD im WELT-Interview nun eine „Partei mit einem rechtsextremen Flügel“. diese Klassifizierung lässt offen, dass die AfD in der Zukunft vielleicht keinen rechtsextremen Flügel mehr hat. Das Kern-Wählerklientel der AfD liegt laut Meinungsforschung nur bei 6%. Der Rest sind Protestwähler und insbesondere jene, die die Migration begrenzen wollen.
Aus Sicht des Kremls haben die extremeren Figuren in der AfD keinen allzu großen Nutzen mehr. Selbst Parteivorsitzender Chrupalla tauchte kürzlich in der russischen Botschaft auf, zum Gedenktag über den antifaschistischen Sieg über die Nazis.
Wagenknecht würde, sofern sie eine eigene Partei hinbekommt, „Vorkehrungen treffen, um keine Verrückten, Spinner oder Rechtsextremen einzusammeln.“
Sie möchte exakt das Problem vermeiden, das die AfD hat: Fanatische Rechtsideologen, Truther, Reichsbürger und Q-Sektierer. Gelänge ihr dies, könnte sie poltern, ohne dass sie und ihre Parteimitglieder öffentlich mit der verbalen Nazikeule plattgehauen werden. Sie selbst ist immer noch Sozialistin.
Neue Parteien ziehen – unabhängig von der Ausrichtung – immer auch schwierige Leute an, die lediglich eine Plattform suchen.
Sie weiß, wie viele Personen notwendig sind, um eine Partei aus dem Boden zu stampfen. Die Welt fragt: „Schließen Sie aus, dass sie künftig mit der AfD zusammenarbeiten?“ Sie antwortet:
Ja. Die AfD hat einen rechtsextremen Flügel. Damit will ich nichts zu tun haben.
Das Ausschlusskriterium ist der rechtsextreme Teil. Sie lässt offen, ob sie künftig mit der AfD kooperieren werde, sofern der rechtsextreme Teil nicht mehr da ist.
Björn Höcke hat aktuell einen Doppelskandal; seine sprachlichen Anlehnungen an die deutsche Vergangenheit und ein Verfahren gegen seinen Sohn. Falls die Kreml-Strategen entscheiden, dass die AfD gesäubert gehört, um sie fit zu machen für eine Kooperation mit einer Wagenknecht-Partei, böten sich für die Säuberung verschiedene Möglichkeiten. Geht Höcke an seinen Skandalen zugrunde und zieht sich zurück, und steigen andere berüchtigte Politiker aus, wäre der Weg frei für die Querfront.