Kommentar
Besuchte man in den letzten zwei Wochen Webseiten aus dem rechten Spektrum, dann hätte man fast übersehen können, dass es den größten Krieg in Europa gibt seit 1945. Man muss erst an Corona-Stories vorbeiscrollen, auch wenn die allermeisten Menschen das Thema über Nacht vergaßen, als seine Heiligkeit Zar Putin I. den Angriffsbefehl gab.
Wie auch linke Kreise und Mainstream-Figuren waren die Rechten überrascht wie die blutigsten Anfänger. Jahrelang suggerierte man dem Publikum, dass es sich nur um Gerede handelt. Putin werde eine neue Marionettenregierung in Kiew herbeireden und dann wird das als Sieg gefeiert. Sieg über den Weltkommunismus. Über die „internationalen Banker“. Gemeint sind die nonexistenten Windmühlen von Zion. Vor lauter Siegerei werde der Glanz nach Westeuropa abstrahlen und die rechten Kreise hier beflügeln. Und nun zerschießt Putin die Ukraine und die Luftschlösser-Träume und Milchmädchen-Rechnungen der Rechten. Jetzt wirken sie wie FOX News und die republikanische Resterampe kurz vor den Angriffen auf Afghanistan und Irak. Was tun? Normalerweise ist ohne frische Krise und ohne Trump im Weißen Haus tote Hose, und jetzt gibt es keinen Weg, um auf einer Trendwelle zu reiten. Einige im rechten Spektrum laufen so schnell sie können, davon, weil sie merken in welche Gefilde sie sich begeben haben. Manche löschen Kommunikationen und vernichten alte Festplatten und Handys.
Die Influencer telefonieren und videokonferenzen wie wild, um sich abzusprechen. Nicht zu laut Putin huldigen. Trotzdem die Wunschliste des Kremls (keine Sanktionen, deutsche Neutralität) predigen. Weiterhin versuchen, das Corona-Thema zu reiten und zu melken, obwohl es niemanden mehr interessiert. Die Maßstäbe haben sich eben verschoben und Krieg ist eben etwas anderes als Maskenpflicht und Impfungen. Warten, bis die Kampfhandlungen aufhören, um dann das Maul wieder groß aufzureißen. Suggerieren, dass die linke Weltverschwörung schuld ist, dass Russland die Ukraine zerstört.
Die erbärmlichen Influencer im deutschen Raum sind weder Experten dafür, was gut für die Deutschen ist, noch verstehen sie die Supermächte, und am wenigsten haben sie Ahnung davon, wie man Frieden bewahrt oder herstellt.
Statt solide politische Projekte auf den Weg zu bringen, wurde eine Retorten-Partei aus dem Umfeld des Baron von Finck gekapert und zu einer Art NPD umfunktioniert. Den Followern wurde vorgegaukelt, mit Trump im Weißen Haus sei alles möglich. Und dann wäre da ja noch Putin. Alles hat sich als Rohrkrepierer entpuppt. Und nun wollen die gleichen Influencer erzählen, wo es langgehen soll.
Bisher war praktisch jede auch nur ansatzweise bedeutsame rechte Organisation unterwandert von westlichen und östlichen Geheimdiensten. Nur die Geheimdienstler sind in der Lage, etwas auf die Beine zu stellen und deshalb laufen die Follower letztendlich immer den Geheimdiensten hinterher. Vielleicht schaffen es ja die Russen, eine neue DDR zu etablieren und zahllose Rechtsextremisten rennen da sehenden Auges hinein. Moskau braucht heutzutage keinen Marxismus-Leninismus mehr. Aber eben auch kein Deutschtum. Besonders amüsant war Putins Gebrauch des Begriffs „Entnazifizierung“. Die rechten Influencer ruderten wild mit den Armen, um ihren Followern zu erklären, dass Putin in Wirklichkeit eine Entjudung meinte, also die Entfernung des Einflusses der (non-existenten) Weisen von Zion. Hätten die Leute Ahnung von Geschichte, wüssten sei dass für Russen seit der Abwehr des Deutschritterordens durch Alexander Newski der Hauptfeind immer die Deutschen, die Nordischen, die Angelsachsen sind. Die Nazis waren Deutschritter. Die Führungsebene der Amerikaner heute sind deutsch-britischer Abstammung.
Der wahre Preis für Putin ist nicht Kiew, sondern Berlin. Und die Influencer sind so ideenlos, dass sie ihrem Publikum einfach nur weiterhin Kreml-Talking Points nahelegen. Hunker down, bis keine Granaten mehr fliegen. Und dann fügt der Krieg auch noch der Woke-Agenda im Westen schweren Schaden zu. Die Bundeswehr wird hochgerüstet und Männlichkeit zählt wieder. Niemand braucht mehr die Neurechten. Sie haben nichts Exklusives mehr.