Kommentar
Der außenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion Peter Bystron redete mit dem kremlfreundlichen Magazin COMPACT, obwohl jenes längst mit einer möglichen neuen Linkspartei von Sahra Wagenknecht liebäugelt, die der AfD gehörig Wähler und Mandate abnehmen könnte.
COMPACT-Chefredakteur spielte den Nationalpatrioten solange es im Trend lag. Und dieser Trend ist einfach gelaufen. Nach neuesten Umfragen wollen nur 11% der Deutschen eine kulturelle Nähe zu Russland. Das ist dann wohl das Stammklientel. 39% wollen eine Nähe zu den USA und 46% wollen Abstand zu beiden Supermächten. Klingelt es langsam? Die COMPACT und die AfD übernehmen eine Verlierer-Position.
86% der Deutschen nehmen Russland als Bedrohung war. Sogar 77% der Ostdeutschen sehen das so. Das rechte Spektrum ist genauso verbohrt wie das Linke; wenn man bei einem bedeutenden Thema eine abweichende Sicht hat, gilt man nicht mehr als Mensch. In AfD-Kreisen und der überlappenden Szene der gewöhnlichen Verschwörungsaktivisten ist man bereits durch Maske und Corona-Impfung der Feind geworden. Putin gilt als die große Erlösungshoffnung und als Marketing-Tool. Mit dem pro-russischen Geschwafel erweckt die AfD den Eindruck, sie hätte überaus mächtige Verbündete. Aber das ist nur Illusion und heiße Luft, wie auch im Bezug auf Trump und die US Republicans.
Die AfD erfüllt exakt die Sammelbecken-Funktion zum Parken der ganz Unzufriedenen, die den großen Parteien in die Hände spielt. Je weiter rechts, je mehr Putin, je verbissener der Corona-Stuss, umso mehr bleibt sie ein machtloser Oppositions-Verein. Auch wenn sie aktuell in Umfragen bei 14% schwebt, so bräuchte es nur ein oder zwei Skandale, um wieder abwärts zu rutschen. Auch das Ausland hasst Putin und zunehmend die AfD. Im polnischen TV war man besonders ungehalten über die COMPACT, die unbedingt einen Keil treiben will zwischen deutsche Konservative und das sehr konservative Polen.
Sich auf die Russen einzulassen, ist wie ungeschützer Sex in schlechten Bordellen in zweifelhaften Ländern. Es wird zwangsläufig schlecht ausgehen.
Jedes lausige Klischée wird von Bystron und der COMPACT fast wortidentisch abgespult, das man von zig anderen Figuren schon gehört hat. Mütterchen Russland sei ab 1991 total nett gewesen, magisch verwandelt über Nacht, und hätte die Hand und ihren Busen ausgestreckt zum Bande der Freundschaft. Aber die europäischen Regierungen seien amerika-hörig gewesen und das Angebot wurde ausgeschlagen. In Wirklichkeit war der kommunistische Moloch tot und die westlichen Länder taten ihr Möglichstes, um den Moloch zu retten weil es hieß, ein Zerfall sei schlimmer.
Die USA über die NATO, heißt es als nächstes, sei bis an die russische Grenze gerückt, was die Russen nie akzeptiert hätten. In Wirklichkeit sicherten die Russen 1997 vertraglich zu, dass sie nicht das Recht haben, einem Land wie Polen oder der Ukraine zu verbieten, der NATO beizutreten.
Der Krieg in der Ukraine sei nun die Reaktion auf diese Entwicklung.
Also die NATO sei Schuld daran, dass Russland die Ukraine überfallen hat?
„Wir erleben eine wahnsinnige Diffamierung aller Kräfte, die sich für den Frieden und für diplomatische Initiativen einsetzen. Diese werden als Putin-Versteher – oder ich sage – Putin-Nutte diffamiert.
Das nächste Klischée also. Diejenigen, die Russlands Forderungen nach einer de facto bedingungslosen Kapitulation der Ukraine übernehmen, beanspruchen Diplomatie und Friedensabsichten für sich. Es ist anscheinend für einen deutschen Politiker zuviel verlangt, ALLE Supermächte abzulehnen, und sich nicht einer davon anzudienen.
Die AfD verfolge eine klar prorussische Agenda. Man halte gegen alle antirussischen Maßnahmen, die im Bundestag beschlossen werden, dagegen.
Parteichef Chrupalla ist natürlich an Bord. Auf die Idee, dass die Supermächte ein Kartell formen und den Rest der Welt beschäftigt halten, kommt niemand.
