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ARD-Korrespondent bejammert „Ratten“ auf Musks Twitter und bekräftigt linke Verschwörungsmythologie

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Kommentar

Nils Dampz, der ARD-Korrespondent in Los Angeles, kommentierte am Samstag auf der „Tagesschau“-Internetseite die Übernahme von Twitter durch Elon Musk:

Nun würden „offenbar auch rassistische oder verschwörerische Ratten aus ihren Löchern kriechen dürfen“. Genau diese Ratten müssten „in ihre Löcher zurück geprügelt werden“.

Das gängige rechte Verschwörungsdenken ist bekannt. Weniger bekannt ist der geheimdienstliche Einfluss darauf.

Was auch meistens untergeht, ist die gängige linke Verschwörungsmythologie und deren Wurzeln. Russland bastelte sich in der Sowjetzeit eine eigene Verschwörungsideologie zusammen, basierend auf den alten Grundgedanken von Karl Marx; allerdings ohne dessen antisemitische Grundhaltung. Wie die französischen Frühsozialisten vor ihm, hielt er kapitalistisches Wirtschaften und vor allem Bankgeschäfte für jüdische Blutsaugerei.

Ein Spiel, bei dem es fortlaufend immer mehr Verlierer gäbe und die wenigen Profiteure sich auch zwangsläufig gegenseitig kannibalisieren. Da der Kapitalismus nicht, wie von ihm prognostiziert, im Flammen unterging, sondern zum Erfolgsmodell wurde, mussten die Sowjets ihre Verschwörungsmythologie entsprechend anpassen. Um den unweigerlichen Zusammenbruch hinauszuzögern, würden kapitalistische Eliten aus westlichen Ländern wie Parasiten über die Dritte Welt herfallen, um dort Rohstoffe und Arbeitskraft zu plündern. Kriege würden angezettelt, um nicht an Einfluss zu verlieren. Aus schierer Verzweiflung, und aus Furcht vor dem florierenden Sozialismus des Ostens, seien die USA gar bereit dazu, hinterrücks einen Atomkrieg zu starten. Auch jeder gewöhnliche Kapitalist, jeder obrigkeitshörige Bürgerliche, sei irgendwie mitschuldig. 

Für die Frühsozialisten war das zentrale Feindbild in etwa zu gleichen Teilen jüdisch und kapitalistisch. Bei den völkisch-rechten Bewegungen und den Nationalsozialisten überwog die jüdische Komponente im Feindbild drastisch. Bei den Sowjets nahm man die jüdisch-ethnische Komponente heraus und übrig blieb der karikaturhafte, eklige, hinterhältige, zerstörerische Kapitalist übrig. Nach außen hin bietet er eine pragmatische, harmlose oder gar attraktive Fassade, aber im Verborgenen werkelt er an bösartigen Plänen oder profitiert zumindest von den bösartigen Plänen anderer Kapitalisten. Die Nazis hatten in Publikationen wie dem „Stürmer“ antisemitische Karikaturen, in denen Juden aussehen wie Cartoon-Bösewichte. In der realen Welt wurden für die Datenbanken und Lochkarten-Rechenmaschinen zur Erfassung von Juden sehr weit gefasste Kriterien gewählt und dementsprechend gerieten sogar sehr viele Menschen ins Netz, die optisch nicht zu unterscheiden waren von dem Rest der Bevölkerung.

Linke Karikaturen zeigen das „Kapitalistenschwein“, meistens ein Mann mit dickem Wohlstandsbauch, Zylinderhut, Zigarre, manchmal auch mit Schweinsgesicht. Innerhalb der UdSSR gab es natürlich keine dickbäuchigen Unternehmer, sondern nur Dissidenten, die ein völlig gewöhnliches Erscheinungsbild haben konnten. Selbst hohe Mitglieder der kommunistischen Partei konnten urplötzlich verhaftet und des Verrats und der Verschwörung angeklagt werden. Zum Teil waren die Säuberungsaktionen in der Lenin- und Stalin-Ära ähnlich wie das gegenseitige Zerfleischen nach der Französischen Revolution, zum Teil handelte es sich um klassische Techniken, die nach einem Bürgerkrieg zum Einsatz kommen, um möglichst viele Gegner der neuen Ordnung aufzuspüren und zu neutralisieren, und zum Teil handelte es sich um Spionageabwehr. Es sind deutliche Parallelen erkennbar zu der kirchlichen Inquisition aus älteren Jahrhunderten; insbesondere die vorgegeben Quoten an willkürlich zu verhaftenden Personen, um einen furchteinflößenden Effekt auf die gesamte Bevölkerung auszulösen. Überall in der UdSSR war den Untertanen das paranoide Verschwörungsdenken aufgedrängt worden, egal um welches Thema es sich handelte. Insbesondere Produktionsprobleme wurden vermeintlichen Sabotagenetzwerken angelastet.

Je mehr die UdSSR militärisch rüstete und sich international militärisch und geheimdienstlich einmischte, desto aggressiver konnten die USA agieren, was wiederum von der sowjetischen Propaganda ausgeschlachtet wurde. Die kommunistische Verschwörungsmythologie musste zwangsläufig ihr Kapitalisten-Feindbild kontinuierlich verschärfen und entwickelte die Vorstellung des apokalyptischen Faschisten. Dieser Typus sei nicht zufrieden mit dem Geldscheffeln in westlichen Industrieländern und dem Ausbeuten der Dritten Welt, sondern er kenne überhaupt keine Grenzen, sei größenwahnsinnig und irrational wie Hitler einst. Noch heute sehen wir in russischer Propaganda immer wieder den Vorwurf miteingebaut, die NATO-Führung sei durchgeknallt und wolle es unbedingt auf einen Dritten Weltkrieg ankommen lassen. Ohne dieses verschärfte Faschisten-Feindbild funktioniert russische Agitation schlichtweg nicht. Denn sonst wären die USA ja ein rationales Imperium, das es sich bequem eingerichtet hat mit dem Status Quo. Und im nächsten Gedanken (siehe auch Professor Quigley) müsste man erkennen, dass die Sowjets nur viel Gerede machen über eine anvisierte sozialistische Weltrevolution, es sich aber stattdessen auch nur bequem eingerichtet haben im Status Quo. Und im übernächsten Gedanken scheint es dann naheliegend, dass die beiden Supermächte am meisten von einem heimlichen Kartell an der Spitze hätten.  

Mit dem Zweiten Weltkrieg endete zwar in Deutschland und Italien der Faschismus, aber laut sowjetisch-marxistischer Verschwörungslogik könne jederzeit die offene Schreckensherrschaft wieder hervorbrechen, weil der gewöhnliche Kapitalismus ja ohnehin nicht funktioniert, die Großkapitalisten sich verzweifelt an die Macht klammern und sich die Unterstützung der bürgerlichen Schichten sichern.

Die Absicht hinter der sowjetischen Verschwörungsmythologie war innerhalb der UdSSR die Stabilisierung der Verhältnisse und außerhalb der UdSSR die Destabilisierung der Verhältnisse. Jedes dramatische Event und jede heikle Entwicklung in der westlichen Sphäre wurde gemäß der Verschwörungsideologie interpretiert:

  • Wirtschaftskrisen galten als Beweis, dass der Kapitalismus früher oder später zusammenbrechen muss.
  • Kriege wie in Vietnam oder Korea seien von NATO-Ländern prinzipiell aus reiner Bohaftigkeit und Gier geführt worden
  • Kriminalität sei eine ganz typische Verfallserscheinung.
  • „Konsumwahn“ sei eine Perversion
  • Umweltverschmutzung beweise, dass Kapitalismus zwangsläufig die ganze Welt zerstört
  • Hohe Rüstungsausgaben wären Vorbereitungen auf einen Angriffskrieg

Die USA waren im Kern ein klassisches Imperium nach römischem Vorbild, aber aufwändig getarnt als aufgeklärte, demokratische Republik. Der imperiale Charakter der USA bot selbstverständlich viele Gelegenheiten für die sowjetische Propaganda, eine rechte, kapitalistische Megaverschwörung zu beklagen, aber die demokratisch-aufgeklärten Tarnstrukturen der USA waren stark genug, um die propagandistischen Angriffe abzuwehren. In Amerika konnten die Büger wählen gehen, auch einer großen sozialdemokratischen Partei ihre Stimme geben, es gab Streiks und Aktivismus, der in Veränderungen resultierte bei den Frauenrechten oder bei Arbeitnehmern usw. Auch dann, wenn die USA militärisch intervenierten in Korea oder Vietnam, war dem zuvor ein Angriff kommunistischer Kräfte vorausgegangen. Linke Agitatoren konnten sich zwar lauthals beschweren über die amerikanische Kriegsführung und die Profite der Rüstungsindustrie, aber viel zu viele westliche Bürger konnten die Interpretation nachvollziehen, dass die US-Regierung nur reagiert hätte.

Die rechten politischen Kreise Amerikas kultivierten im Kalten Krieg systematisch eine Paranoia über kommunistische Subversion und profitierten indirekt von den Aktivitäten der sowjetischen Geheimdienste und von der öffentlichen Agitation amerikanischer Sympathisanten der UdSSR. Die konservative Wähler ließen sich stärker binden an die Republikanische Partei, während die Democrats sich als seriöse, sozialdemokratische Partei vermarkten und von den radikalen Kommunisten abgrenzen konnten.

Die Sowjets setzten im Kalten Krieg auf eine Mischung aus Fakten und Fakes über den kapitalistischen „Klassenfeind“, die NATO, und schürten im Westen nach allen Regeln der Kunst den „Klassenkampf“. Die unteren Schichten sollen die Mittel- und Oberschicht verachten, die Mittelschicht sollte die Oberschicht verachten und die Kinder der bürgerlichen Mittelschicht wurden gegen ihre Eltern aufgehetzt und gegen den typischen Lifestyle mit Haus, Hof und Hund.

Wallstreet-Firmen hatten sich nach dem Zweiten Weltkrieg in die linke Szene Amerikas eingekauft, um ein Sammelbecken zu betreiben für die unzufriedenen Bürger. Da Sozialismus im Prinzip nichts anderes ist als Überbesteuerung und Überregulierung, überrascht es nicht, dass auch die Oberschicht Amerikas ein sozialistisches Standbein aufbauen wollte.

Die sowjetischen Geheimdienste verfügten über spezielle Abteilungen für Desinformation und psychologische Kriegsführung, die zurückgreifen konnten auf interessante Datenbanken und Fälscherwerkstätten. Bekam man zu einer einflussreichen westlichen Person etwas Belastendes in die Hand, also beispielsweise Informationen über Kriegsverbrechen aus erbeuteten alten Wehrmachtsakten, oder über aktuelle Bordellbesuche über Spitzel im Rotlichtmillieu, Steuerhinterziehung oder Drogen, musste entschieden werden, wie man weiter vorgeht. Eine Option war, die Infos an Beeinflussungsagenten im Westen weiterzureichen, die dann Enthüllungsberichte daraus bastelten. Eine andere Möglichkeit, wie geschehen bei Helmut Kohls System schwarzer Kassen, war es, in der Öffentlichkeit über die Angelgenheit zu schweigen und sich dieses Schweigen bezahlen zu lassen. Typisch war auch der Versuch, Personen zu erpressen.

AlexBenesch
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