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Wie ernsthaft ist Le Pens nationalistischer Kurs wirklich?

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Kommentar

Marine Le Pen, die französische Präsidentschaftskandidatin, vermarktet sich als nationalistisch und rebellisch, kann aber dennoch nicht verzichten auf ein internationales Netz an Handels- und Sicherheitspartnern. Die wichtigsten Handelspartner Frankreichs sind die Europäische Union (Deutschland als Nummer 1), die Vereinigten Staaten und China.

Sie lehnte eine „herdenähnliche Konformität“ mit der amerikanischen Biden-Regierung ab und lässt dabei offen, wie sie auf eine republikanische US-Regierung reagiert hätte. Mit einem Pappbecher in der Hand saß sie noch Mitte Januar 2017 an einem Tisch im Foyer des Trump Towers. Beobachter meinten, sie hätte einige seiner Slogans und Vermarktungsideen kopiert in der Folgezeit. Viel hatte man nicht gemerkt von „Make America Great Again“.

Le Pen sagte am Mittwoch, dass Frankreich das integrierte Militärkommando der NATO verlassen würde, wenn sie gewählt würde. Bislang schweigt sie mehr oder minder zum Ukraine-Krieg. Frankreich werde mit ihr in der NATO bleiben und die Beistandspflicht nach Artikel 5 respektieren, der besagt, dass ein Angriff auf ein Bündnismitglied ein Angriff auf alle ist. Etwas anderes würde dazu führen, dass die Amerikaner und die EU ihren Handel mit Frankreich einschränken würden, mit desaströsen Folgen.

„Ich würde unsere Truppen weder unter ein integriertes NATO-Kommando noch unter ein europäisches Kommando stellen.“

Fair enough, aber wie würde sie konkret Artikel 5 auslegen? Welche Art von Beistand würde sie leisten und inwiefern verheddert sie sich damit? Oder würde sie sich dann doch an den Vorstellungen der USA orientieren?

Sie vertritt eine Linie, die sie mit der von General Charles de Gaulle im Jahr 1966 verglich, als er Frankreich aus dem integrierten Militärkommando der NATO herausnahm. De Gaulle agierte während des Zweiten Weltkriegs sehr eng an Großbritannien (und damit auch an die USA ) angelehnt. Ohne diesen angloamerikanischen Vorläuferstrukturen der NATO wäre Frankreich Nazideutschland unterworfen geblieben. Wie stark die Anglos nach dem Krieg Frankreich nachrichtendienstlich infiltriert hielten, ist nach wie vor geheim.

Die CIA und der britische MI6 wilderten während des Kalten Kriegs in den rechten Kreisen und rekrutierte Personen für den Kampf gegen den Kommunismus. Aus dem Clan der DeGrossouvres stammte nicht nur ein Verwalter des französischen Arms des NATO-Programms GLADIO, sondern auch ein wichtiger Vertreter der sogenannten „Neuen Rechten“. Diverse französische Militärs begingen im Algerienkrieg Kriegsverbrechen und machten sich damit kompromittiert genug, um zur Zusammenarbeit mit den Angloamerikanern gedrängt zu werden.

Die Front National (FN) wandelte sich von einer kleinen Faschisten-Partei zu einer Massenbewegung. Gegründet worden soll sie sein von François Duprat und der Organisation Ordre Nouveau auf Befehl von Jacques Foccart Anfang der 1970er Jahre. Jean-Marie Le Pen wurde erst 1978 nach dem Attentat auf Duprat der Parteivorsitzende. Duprat war ein Söldner in Afrika. Jacques Foccart der Direktor der Geheimdienste Frankreichs unter der Herrschaft der Gaullisten. Die Geheimdienste wollten mit der Gründung der FN womöglich die faschistischen Verlierer aus dem Zweiten Weltkrieg einfangen und deren politische Betätigung lenken.

De Gaulle konnte Churchill zur Unterzeichnung des Accord de Chequers (7. August 1940) bewegen, demzufolge Großbritannien die Integrität aller französischen Besitzungen und die „integrale Restauration und Unabhängigkeit und die Größe Frankreichs“ erhalten sollte. Außerdem erbot sich die Kriegsregierung Churchill, die Ausgaben des Freien Frankreichs zu finanzieren.

Schließlich zog sich Frankreich 1966 aus der integrierten militärischen Kommandostruktur der NATO zurück, blieb aber weiterhin NATO-Mitglied.

Ihre Position, sagte Le Pen aktuell, signalisiere keine „Unterwerfung unter Moskau“. Ihr Versprechen, Frankreich aus dem Kommando der NATO zurückzuziehen, stünde im Einklang mit der Politik der „Äquidistanz“ von Großmächten, die sie verfolgen würde, wenn sie den Amtsinhaber, Präsident Emmanuel Macron, besiegen würde. Russland sucht momentan verzweifelt nach Partnern und musste bemerken, dass man davon im Westen weitaus weniger hat als angenommen.

Die vorgeschlagene Annäherung an Russland, „sobald der russisch-ukrainische Krieg beendet und durch einen Friedensvertrag beigelegt ist“, wäre sogar im Interesse der Vereinigten Staaten, schlug Frau Le Pen vor, weil Washington nicht gedient wäre mit einer „russisch-chinesischen Union.“ Die größere Unabhängigkeit Frankreichs würde potenziellen Gegnern zusätzlich deren Planung erschweren.

Frau Le Pen sagte, dass ein Austritt nach britischem Vorbild aus der Europäischen Union nicht in ihren Plänen sei, sondern dass sie ein „europäisches Bündnis der Nationen“ befürworte und Herrn Macrons häufige Bezugnahmen auf „europäische Souveränität“ und „europäische strategische Autonomie“ zurückwies. Wirklich konkret ist das nicht. Sie kann nicht einen Exit ins Wahlprogramm schreiben, weil das die Wähler überfordert und sie braucht die europäischen Handelspartnern.

Sie sagte, sie werde jede Zusammenarbeit mit Deutschland bei der Entwicklung neuer militärischer Ausrüstung einstellen, um nationale Programme zu verfolgen. Bisher sah es so aus, als wolle Frankreich mit den gemeinsamen Programmen eher verhindern, dass Deutschland eigene Kapazitäten aufbauen kann. Mehr Unabhängigkeit müsste auch bedeuten, selbst weniger Einmischung zu praktizieren und Deutschland mehr Unabhängigkeit zu lassen.

Sie prangerte die von der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel inszenierte „diskrete Hegemonie über Europa“ an. Merkel hatte aber einfach immer nur den Geldbeutel aufgemacht und Brüssel die Gesetze für Deutschland vorgeben lassen. Trotzdem sagte sie: „Ich möchte betonen, dass ich keine Feindseligkeit gegenüber der deutschen Nation habe.“ Solange der Handel noch bedeutsam ist.

Anders als De Gaulle diente sie nicht als General und war nicht mitten drin in der Action und den (geheim-) diplomatischen Vorgängen von Bedeutung. Sie ist eine Jura-Absolventin und Berufspolitikerin, die im gemachten Nest saß.

AlexBenesch
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