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Was ist dran an der Palastrevolte gegen Putin?

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Eine Webseite zeigt einen Zähler, der angibt, seit wann der russische Staatschef nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetaucht ist. Im Hintergrund läuft Schwanensee, das Programm das zu Sowjetzeiten immer genau dann ausgestrahlt wurde, wenn etwas Schlimmes passierte und die Sendechefs noch keine Instruktionen hatten, was sie jetzt senden sollen. Schwanensee lief beispielsweise während Breschnews Beerdigung oder während dem Staatsstreich im August 1991.

CAEMui0WgAA56Fh.png largeSonntag morgen sind wir bereits bei neun Tagen und 17 Stunden und dies macht selbst die hartgesottenen Anhänger des Putin-Führerkultes nervös. Weil er als eine Art Übermensch dargestellt wird, darf nicht einmal erklärt werden, er hätte einfach nur Grippe oder sein Rücken sei leider ziemlich kaputt seit dem Unfall mit dem Kleinflieger. Selbst wenn er Montag wieder auftauchen sollte, als sei nichts gewesen, blieben doch erhebliche Zweifel über sein Verschwinden.

Boris Reitschuster schreibt:

„Putin sitzt in Gelendschik. Wie ein Kauz. Erbost wie der Teufel. Er weiß nicht, was er tun soll.“ – das schreibt heute Ex-Vize-Premier Koch. Der Kreml-Kritiker will den seit einer Woche von der Bildfläche verschwundenen Präsidenten ausgemacht haben – in seinem Versailles in Gelendschik am Schwarzen Meer, das er sich offenbar selbst für Unsummen bauen ließ. Koch weiter: „Das Spiel ist aus. Sowohl in Sachen Ukraine, als auch mit den Geheimdienste gibt es keinen Raum zum Lavieren mehr. Und in der Wirtschaftspolitik stehen unpopuläre Entscheidungen an.

Putin hat seine Lieblingstaktik ausgewählt: Schweigen, und hoffen, dass sich die dunklen Wolken von selbst verziehen. Er ist abgetaucht. Wartet ab. Sein Sprecher Peskow füttert alle mit (Fernseh-)Konserven. Der Mann ist es gewohnt, den Idioten zu geben. Wenn er ein falsches Wort sagt, wird ihm wirklich die Hand gebrochen werden (Peskow hat auf die Krankheits-Gerüchte geantwortet, Putin sei so fit und stark, dass er bei der Begrüßung anderen die Hand brechen könne, Anm.d.Übersetzers).

Jetzt wäre es an der Zeit, die Macht zu übernehmen. Denn die ist nicht in Gelendschik. Sie ist in Moskau. Chruschtschow hat auch gedacht, dass die Macht dort ist, wo er sitzt. Aber das Plenum hat sich die Macht genommen – und ihn abgesetzt.

Wegen einer Siegesfeier am Kreml, die für den 18. März anberaumt ist, sind mehr gepanzerte Fahrzeuge als üblich zu sehen. Nichts deutet zumindest optisch auf einen klassischen Putsch hin.

Andrei Illarionov, ehemaliger Putin-Berater und inzwischen beim Cato Institute, mutmaßte: Die Generäle übernehmen die Macht. Andere Experten denken ähnlich und sehen eine Revolte angeführt von Kreml-Stabschef Sergei Iwanow. Auch im Boot sei Yevgeny Primakov, ein Veteran aus den höchsten russischen Machtkreisen, sowie Lt. Gen. Viktor Zolotov, der einst die Codes der Atomwaffen hütete. Eigentlich sollte Zolotov später den Posten des FSB-Chefs übernehmen.

In einer Ansprache bei dem noblen Mercury Club zerriss Primakow Putins Politik in der Luft:

  • Er sagte Donbass sollte ukrainisch bleiben
  • Er sprach sich deutlich gegen die Isolierung Russlands aus
  • Er forderte, dass Russland nicht länger die Tankstelle der Welt bleibt, sondern die Wirtschaft diversifiziert
  • Er hielt fest, dass Antisemitismus, Chauvinismus und Neonazismus große Probleme in Russland seien

Diese Rede sei ein Ultimatum an Putin gewesen. Der Mercury Club vereint die politische und wirtschaftliche Elite des Landes. Seitdem gab es überraschende und deutliche Zugeständnisse, wie das Minsk-2-Abkommen, den Waffenstillstand, Begriffe wie „Novorossiya“ oder „Dozenker Volksrepublik“ sind aus dem staatlichen Fernsehen verbannt und mit „Luhansk“ und „Donezker Region“ ersetzt worden, diverse Top-Kommandeure unter den Separatisten sind zum Abschuss freigegeben, russische Medien nennen manche Separatistengruppen inzwischen „Banditen“, es gibt echte humanitäre Konvois und Personen wurden begnadigt, wie eine Mutter die die ukrainische Botschaft über russische Truppenbewegungen informiert hatte.

Möglicherweise sehen wir das Ende von Putins Karriere, entweder sofort oder mit einer kurzen Übergangsfrist. Oder er bleibt den Rest seiner Amtsperiode as Kühlerfigur, während die Generäle alle Entscheidungen treffen. Sind seine Nachfolger wirklich moderater, oder einfach nur strategischer? Vergessen wir auch nicht die trickreiche Natur russischer Politik.

Falls der tschetschenische Präsident Kadyrow tatsächlich seine Unterstützung in Moskau verloren hat, könnten wir einen dritten Krieg mit Tschetschenien bei einem gleichzeitigen Rückzug aus dem Osten der Ukraine sehen. In diesem Szenario könnten die neuen Führer des Landes innenpolitisch ihr Gesicht wahren, die Krim behalten und den internationalen Druck absenken.

AlexBenesch
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