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Berlin verhinderte nicht deutsche Motorentechnik für chinesische Kriegsschiffe und U-Boote

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Recherchen der WELT und von „Politico“ dokumentieren, wie die USA die deutsche Bundesregierung dazu gedrängt hatten, Lieferungen von Motoren deutscher Firmen an das chinesische Militär einzuschränken. Konkret geht es um die Produkte von MTU und einer MAN-Tochterfirma. Interne Unterlagen zeigen, dass Berlin 2017 insofern dem Drängen nachgab im Bezug auf Uboot-Motoren. Große Schiffsdiesel gelten hingegen weiter als „nicht-genehmigungspflichtige Dual-Use-Güter“. Die heutige Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hält neue Restriktionen für unnötig. Sie vertraue MTU.

Selbst wenn man kein ausgebildeter General oder Stratage ist und selbst wenn man über keine Zugangsberechtigung zu Geheiminformationen verfügt, muss einem völlig klar sein, dass es sich bei China um ein expansives, hochaggressives Imperium handelt, das nicht nur Asien bedroht, sondern auch die USA und Europa. Über die neuen „Seidenstraßen“ bzw. die „Belt Road Initative“ könnten Kriegsgerät und Soldaten bis in die Ukraine gebracht werden, um dort Russland zu unterstützen. Wir könnten zuschauen wie in naher Zukunft chinesichen Soldaten Finnland und Schweden besetzen und zusammen mit ihren russischen Kameraden dort Selfies machen. Selbst wenn man nicht über die Kapazitäten eines staatlichen Geheimdienstes verfügt, kann man weitestgehend aus öffentlichen Quellen zusammentragen, welche entscheidenden Technologien aus dem Westen an China verkauft worden waren.

Welche Dimension an Ausreden sind wir bereit, zu akzeptieren? Wo verläuft die Grenze, ab der wir uns nicht mehr abspeisen lassen mit Erklärungen über „Wandel durch Handel“, „Absatzmärkte“, oder wie jetzt bestimmte Technologieverkäufe an China uns irgendwie sicherer machen sollen?

Eine „Gesetzeslücke“ machte es möglich, dass Motorentechnik für die chinesische Kriegs-Marine trotz Waffenembargo von zwei deutschen Firmen geliefert wurde: MTU in Friedrichshafen und eine französische Filiale der VW-Tochter MAN. Beispielsweise die Kriegsschiffe des Typs Luyang-III sollen von MTU-Motoren angetrieben werden. MTU Friedrichshafen ist eine Marke, die zu Rolls Royce gehört. Der Vorläufer von MTU hieß Maybach und baute einst die Kettenfahrzeuge der deutschen Wehrmacht. Die Rolls Royce Group stellt viele Düsentriebwerke her für Militärflugzeuge. MAN lieferte an die Wehrmacht U-Boot-Dieselmotoren, Panzer und Zylinder für Geschosse sowie Geschütze aller Art.

https://www.businessinsider.com/european-companies-are-supplying-china-with-billions-in-weapons-and-military-technology-2014-4

Chinas Luftwaffe verlässt sich auf in Frankreich entworfene Hubschrauber. Der chinesische Präsident Xi Jinping kündigte eine verstärkte Produktion des Hubschraubers Airbus EC175 in China an.

„Europäische Exporte sind sehr wichtig für das chinesische Militär“,

sagte Andrei Chang, Herausgeber der in Hongkong ansässigen Kanwa Asian Defense Review.

„Ohne europäische Technologie wäre die chinesische Marine nicht in der Lage, sich zu bewegen.“

China war lange Zeit nur eine regional begrenzte Landmacht, die ihre vielen Soldaten hauptsächlich innerhalb des eigenen Landes hin und herbewegen konnte. Erst durch die massive Aufsrüstung der Marine wurde man zu einem halbwegs ernstzunehmenden Konkurrenten für die USA. Die Europäische Union verhängte eigentlich ein Waffenembargo gegen China nach dem blutigen Fiasko mit Demonstranten am Platz des Himmlischen Friedens 1989. Den Mitgliedstaaten steht es jedoch frei, das Embargo gemäß den eigenen Vorstellungen auszulegen. Pekings Militär hat in den letzten zehn Jahren eine Reihe interessanter Güter aus Europa erworben, darunter Software, die zum Entwerfen von Kampfflugzeugen verwendet wird. In Deutschland konstruierte Motoren, die aufgrund ihrer Laufruhe ausgewählt wurden, treiben praktisch alle nichtnuklearen chinesischen U-Boote und mehrere Klassen chinesischer Fregatten an, die im Südchinesischen Meer stationiert sind. Chinas jüngste Militärhubschrauber „scheinen nur Upgrades“ von Airbus-Designs zu sein, sagte Roger Cliff, Militäranalyst beim in den USA ansässigen Atlantic Council.

Der Bericht “Risky Business” vom European Institute for Security Studies zeigte schon 2009, wohin die Reise geht.

https://www.iss.europa.eu/sites/default/files/EUISSFiles/op80.pdf

Das Embargo gegen China […] ist daher nur eine „politische Erklärung“. Dementsprechend gibt es auf europäischer Ebene keinen Überblick über Menge und Art der nach China exportierten Dual-Use-Technologie und damit auch keine Gewissheit, ob eine „kritische Masse“ erreicht ist, mit der China ein „System der Systeme“ erhält.

Für jeden westlichen Nachrichtendienst wäre es leicht gewesen, sich ein detailliertes Bild zu verschaffen, indem man einfach öffentliche Informationen abgreift und nachfragt bei Firmen wie Airbus:

Das „EU-China Civil Aviation Cooperation Project“ war eines der größten Wirtschaftskooperationsprojekte zwischen der EU und China. 2008 umfasste einer dieser Deals für Airbus eine A319/A320-Montagelinie in Tianjin und ein Joint Venture in Harbin zur Herstellung von Verbundwerkstoffen und Komponenten führenden Flugzeughersteller für den chinesischen Inlandsmarkt. Das Joint-Venture-Partner von Airbus in Tianjin und Harbin, AVIC I, produziert auch 90 Prozent der Luftwaffenausrüstung der PLA, einschließlich Jagdflugzeuge, Bomber und Raketen.

Manchmal wurde etwas gebremst, wenn die Sache allzu offensichtlich war:

Während das US-Außenministerium Boeing 2005 wegen des Exports von Flugzeugen, die militärisch verwendbar waren, mit einer Geldstrafe belegte, war dies kein Thema in der Europäischen Union. Europäische Unternehmen wie EADS halten sich aber auch bei Exporten in Drittländer freiwillig an die US-Exportkontrollregeln, um ihre Geschäftstätigkeit in den USA nicht zu gefährden. Diese Situation macht das EU-Exportkontrollsystem in den Augen der USA nicht glaubwürdiger.

Hauptsache, man hinterher wieder den schwarzen Peter hin- und herschieben.

https://www.wsj.com/articles/china-bought-italian-military-drone-maker-without-authorities-knowledge-11636972513

2018 kaufte ein staatlich kontrolliertes chinesisches Unternehmen einen italienischen Hersteller von Militärdrohnen. Bald darauf begann es mit dem Transfer des Know-hows und der Technologie des Unternehmens, die vom italienischen Militär in Afghanistan eingesetzt worden waren, nach China. Die italienischen und europäischen Behörden hatten keine Kenntnis von dem Schritt.

Die Polizei sagte, die Firma Alpi habe 2019 eine Militärdrohne für mehr als ein Jahr nach China geschickt und sie fälschlicherweise als „funkgesteuertes Flugzeugmodell“ bezeichnet, das für eine fünftägige Importmesse in Shanghai bestimmt war. Die Staatsanwälte werfen den sechs Führungskräften vor, gegen italienische Gesetze zum Export von Militärausrüstung verstoßen zu haben.

Der “German Marshall Fund” legte im September 2021 einen Bericht darüber vor, wie die Chinesen auf Einkaufstour gingen, um sich alles mögliche unter den Nagel zu reißen.

Im Juni 2021 gab der deutsche Hafenbetreiber Hamburger Hafen und Logistik AG bekannt, dass er beabsichtigt, seinen Containerterminal Hamburg-Tollerort an COSCO zu verkaufen. Das Hauptanliegen bei letzterem ist seine Nähe zu Chinas Parteistaat und der Volksbefreiungsarmee (PLA). Seit 2013 gilt COSCO offiziell als „wichtiges Rückgrat staatseigener Unternehmen“. Es hat auch eine eigene Miliz und hat die Marine der Volksbefreiungsarmee (PLAN) im Golf von Aden unterstützt.

Noch schlimmer ist es beim Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven.

Deutschlands einziger Tiefwasserhafen, der 2012 fertig gestellt wurde, hatte jahrelang zu kämpfen, bevor China Logistics Anfang 2020 einsprang. Das Unternehmen unterzeichnete für 100 Millionen Euro einen Pachtvertrag für 99 Jahre.

Irgendwann wurde die deutsche Seite aber dann doch zu nervös:

2018 hatte die Bundesregierung SGCC daran gehindert, eine 20-prozentige Beteiligung am Stromübertragungsnetzbetreiber 50Hertz Transmission zu erwerben.

“Influence by default”

Der European Coulcil on foreign Relations veröffentlichte 2017 den BerichtEurope’s impact on military security in East Asia”:

Laut dem Amtsblatt der Europäischen Union erteilten die EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2015 Genehmigungen für den Export von Militärausrüstung nach Asien und Ozeanien im Wert von 44,1 Milliarden Euro, verglichen mit 30,2 Milliarden Euro im Jahr 2014. In der EU ansässige Unternehmen gehören nach wie vor zu den weltweit führenden Anbietern von U-Booten, anderen marinegestützten Systemen und Anti-Access-/Area-Denial-Systemen (A2/AD), die von Staaten in der Region, insbesondere in Südostasien, gerne erworben werden .

Die Ausrede ist, dass auch Chinas Konkurrenten bzw. Gegnern in Asien Technoloien verkauft werden, die die Kosten eines Krieges unangenehm hoch machen würden.

Tatsächlich gibt es in Asien ein Spiel der „doppelten Asymmetrie“. Seit der Krise in der Taiwanstraße 1995/96 verfolgt China asymmetrische Kapazitäten, um die Kosten einer US-Militärintervention zu erhöhen.

SIPRI-Daten zeigen, dass die Militärausgaben in Asien und Ozeanien von 274 Milliarden US-Dollar im Jahr 2006 auf 450 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 gestiegen sind (bei konstanten 2015 US-Dollar), was einem Anstieg von 64 Prozent entspricht. Zwischen 2006 und 2015 sind die Militärausgaben in Ostasien um 75 Prozent, in Zentral- und Südasien um 44 Prozent und in Südostasien um 57 Prozent gestiegen – während sie in West- und Mitteleuropa um 8,5 Prozent gesunken sind.

Die Financial Times meldete 2020, dass europäische Konzerne wütend darüber seien, ihre Produkte nicht mehr nach China verkaufen zu können, während amerikanische Konzerne dann über Zwischenhändler diese Lücken füllen.

Im September sagte der Chef des deutschen Chipherstellers Infineon gegenüber CNBC, dass die Spannungen zwischen den USA und China „eine große Sorge“ seien. Infineon sagte der FT:

„Europa muss aufpassen, im Wettbewerb um die Technologieführerschaft zwischen den USA und China nicht erdrückt zu werden.“

Das niederländische Unternehmen ASML, der weltweit größte Ausrüstungskonzern für die Chipherstellung, wurde daran gehindert, seine Maschinen der neuesten Generation an SMIC, Chinas größten Chiphersteller, zu verkaufen. Das Unternehmen erwartet, dass China in diesem Jahr ein Viertel seines Umsatzes ausmachen wird.

AlexBenesch
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