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Gefahrenbewusstsein im Vergleich zu Angstporno aus dem Internet

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Kommentar

Ich habe heute während dem Autofahren von einem Truther-Influencer aus den Untiefen des Internets den Unfug gehört, dass Masken zu bleibenden Gehirnschäden führen würden und die betroffenen Leute deswegen auf die Impfungen reinfallen. Ach ja, und sterben werden sie dann auch innerhalb von zwei Jahren an FFP2 und Biontech/whatever. Also im Prinzip die Zombie-Apokalypse. Die Normalbürger seien bald Untermenschen, nicht zurechnungsfähige Sabberhirne, die toxische Spike-Proteine absondern und damit Kinder gefährden, bis sie dann vornüber kippen am Gehsteig oder vorm SAMSUNG-Fernseher und ihren letzten Atem aushauchen.

Das ist echt übel, wenn Leute aus dem Publikum von früh bis spät Dauerpanik schieben vor einer Art Zombie-Apokalypse und depressiv werden. Das ist fast wie der Ablasshandel früher: Man dröhnt die Leute voll, sie würde das ewige Höllenfeuer erwarten, aber für eine Spende hätten sie die Chance auf Rettung. Da ist keine Lebensqualität mehr möglich. Wie soll man neben Beruf, Familie, Renovieren und Sonstiges dann auch noch diesen Dauer-Horrorfilm mental handhaben?

Im Kalten Krieg konnte man auch nicht ständig den Atomkrieg fürchten. Immerhin war ein Atomkrieg in gewisser Hinsicht eine reale Bedrohung (wobei ich sehr stark davon ausgehe, dass die Supermächte an der Spitze zusammenhingen) im Gegensatz zur Masken-Zombie-Apokalypse.

Wo hört das vernünftige Gefahrenbewusstsein auf und wo fängt der Angstporno an? Das ist für Menschen (auch Mainstream) schwierig zu unterscheiden, wenn man auf diese Sache nicht spezialisiert ist. Man kann seine ganze Karriere damit zubringen, Bedrohungen zu analysieren, und würde natürlich dann immer noch längst nicht alles wissen über moderne Waffen, Geheimpläne der Supermächte oder etwaige Asteroiden, die auf die Erde einschlagen können. Man soll natürlich eine gewisse Extra-Verantwortung für die Zivilisation übernehmen, anstatt sich nur auf seinen eigenen Krempel zu fixieren, aber man kann sich nicht die Verantwortung aufbürden, mit Klickerei im Internet die vermeintliche Zombie-Weltapokalypse aufzuhalten.

Wer ab und zu ein anständiges Buch liest, weiß bereits besser Bescheid als all die gewöhnlichen Verschwörungs-Influencer zusammen. Ich hörte vor ein paar Tagen auch in die Alex Jones Show rein und bekam eine Feuer-und-Flammen-Predigt, dass die Apokalypse kurz bevorstünde. Man könnte dieses Segment der Show vergleichen mit einem Segment von vor 10 Jahren und könnte kaum einen Unterschied feststellen. Timothy McVeigh, der Oklahoma-City-Bomber, glaubte Anfang der 1990er Jahre, also vor rund drei Jahrzehnten, dass die New World Order sehr bald zum finalen Großangriff anrollt, die US-Patrioten entwaffnet und beseitigt. Deshalb machte er den Anschlag. Jetzt hat sich die Welt 30 Jahre lang weitergedreht, und der Generalangriff ist immer noch nicht geschehen. Wir erkennen, dass die angloamerikanische Supermacht die ganz großen Moves scheut. Es ist einfacher, billiger und vor allem sicherer, ein schrittweises Vorgehen zu praktizieren. Die Psychometrie-Algorithmen berechnen auf der Basis von Datenbergen (vor allem Social Media, auch inklusive Versschwörungs-Content) wieviel man den Leuten in welchem Zeitraum zumuten kann und wieviel Wut und Energie der Leute man zerfasern und in quer in alle Winde lenken kann durch schlechten Aktivismus.

Sicherlich sind die drei Supermächte gefährlich, vor allem im Verbund, wenn sie sich gegenseitig als Vorwand benutzen. Sicherlich gibt es horrende Biowaffen, Cyberwaffen, Schuldenberge und Too-Big-to-fail-Banken. Aber es ist um Welten besser, eine professionelles Gefahrenbewusstsein zu entwickeln, als sich mit irreführendem Angstporno von selbsternannten Experten vollzudröhnen. Alle möglichen Generationen in de Menschheitsgeschichte dachten bereits, sie leben in der Endzeit. Und doch ging die Geschichte immer weiter. Die Supermächte und ihre dominierenden Clans sind ja gerade deshalb so erfolgreich, weil sie ein sehr professionelles Bewusstsein dafür haben, welche Risiken sie eingehen sollten und welche nicht. Mega-Krisen auszulösen sind i.d.R. zu gefährlich. Man bewegt sich lieber schrittweise. Bei jeder Krise (Banken, Flüchtlinge, Corona etc.) flammt eine Weile lang der Panik-Aktivismus im Internet und anderswo auf, man wittert die Apokalypse, und der Aktivismus wird immer schräger und schräger und dann bleibt die Apokalypse aus.

Jedes Mal bleibt ein Flurschaden zurück, weil einige Menschen aus Angst heraus überhastete Entscheidungen getroffen haben. Sie haben sich entfremdet von anderen Menschen. Sie haben ihre Karriere und ihr Privatleben vernachlässigt. Sie haben die Gründung einer Familie aufgeschoben. Oder sie haben ihre Familie ruiniert.

Ich weiß selbst noch, wie es war, als George W. Bush im Weißen Haus saß und FOX News verkündete, dass al-Kaida als nächstes atomare Anschläge gegen Städte wie Dallas verüben würde und der Präsident dann diktatorische Vollmächte hätte. Es gab (geheime) Foltergefängnisse, man wollte den nächsten Krieg gegen den Iran und Kritik an der ganzen Sache wäre Verrat. Das war eine reale Situation. Nicht wie die aktuellen Befürchtungen aus dem Netz, Masken würden Zombies hervorbringen und in zwei Jahren sterben die Menschen wie die Fliegen an Astra Zeneca. Die Situation mit der Bush-Administration und das Anpeitschen durch Influencer wie Alex Jones war für mich der Anlass, mein Studium abzubrechen und mich von jetzt auf gleich selbstständig zu machen. Nicht gerade die Top-Strategie. Jones schien deutlich besser als die klassischen, älteren Verschwörungsinfluencer, denen ich nie etwas abgewinnen konnte. Die Besorgnis über die Bush-Situation traf zusammen auf den Eindruck, Aktivismus wie der von Infowars und Ron Paul könnte diese Bedrohung zumindest abbremsen. Mir war nicht bewusst, dass die Republicans hintenrum die ganze Zeit über die John Birch Society den entscheidenden Einfluss ausübten über Jones/Infowars und Paul. Beide entwickelten sich zudem ab 2008 ausgerechnet zu Cheerleadern für die russische Diktatur. Später wurde Jones Teil der neurechten Werbekampagne für Trump und die Republicans. Angesichts der Bedrohung durch Bush und dem Apparat hinter ihm war ich dazu geneigt, mit dem ein oder anderen aus der Szene der Verschwörungs-Influencer begrenzt zu kooperieren, mit teils verheerenden Ergebnissen. Es handelte sich um Verrückte und Verbrecher. Kein Wunder, dass immer wieder Menschen abrutschen in die übelsten Teile der Szene und sich selbst mit einem einzigen Video oder Posting ihr Leben ruinieren können.

Wozu ich jahrelang selbst forschte, hatte immer thematisch mit Sicherheit und Bedrohungen zu tun. Ich lerne ständig dazu, habe die nötige Perspktive und bekam immer wieder gute Buchempfehlungen aus unserem Publikum. Durch richtige Bildung Forschung gerate ich bei einer Krise in der Gesellschaft nicht gleich in Panik und ich vermittle auch keine Panik. Ich treffe keine überhasteten Entscheidungen. Ich empfinde den Beruf nicht als psychisch belastend. Familie und Freunde, die ich nicht ideologisch beurteile, bieten mir mehr Sicherheit und ich biete ihnen mehr Sicherheit.

Die Supermächte und ihre dominierenden Clans sind nicht deshalb so erfolgreich geworden, weil sie bei jeder Krise hohldrehten, kurzfristig dachten, überhastet agierten und unnötige Risiken eingingen.

AlexBenesch
AlexBenesch
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