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R.I.P. Alternative Medien 2021. Ihr und eure Relotius-Methoden werden nicht vermisst.

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Kommentar

Der Relotius-Skandal beim SPIEGEL drehte sich um einen krummen Journalisten, der Sensationen einfach erfand und am Laptop wilde Abenteuer zusammenfantasierte, um die (ideologisch gefärbten) Erwartungen des Publikums und seiner Vorgesetzten zu befriedigen. So erzählte er zum Beispiel die Geschichte, eine extrem krasse Miliz-Gruppe in den USA hätte ihn, den klapprigen Nerd, dabei zuschauen lassen, wie sie in der Wüste nahe der Grenze zu Mexiko auf Migranten schießen. In Wirklichkeit war er bei allen spannenderen Gruppen abgeblitzt und hätte nur bei einer langweiligen Organisation vorbeischauen dürfen, die schon von zig anderen Journalisten abgeklappert wurde.

In den „alternativen“ Medien oder wie auch immer sie nicht nennen (Verschwörungsmedien? Wahrheitsbewegung?) sind solche Methoden leider seit 200 Jahren die Norm und es geht um wesentlich größere Fakes als um einzelne Migranten in der Wüste. Das britische Reich und die Franzosen investierten schon in den 1700er Jahren Geld und Aufwand in Verschwörungsmedien, um sich gegenseitig zu bekämpfen und heute haben Geheimdienste und Oligarchen noch viel mehr Möglichkeiten, Unsinn zu verbreiten. Dennoch entschuldigt das nicht das Verhalten von „alternativen“ Medien-Influencern.

Es ist unentschuldbar, sich nicht konstant weiterzubilden durch Fachliteratur über die Themen, die behandelt werden. Es ist unentschuldbar, ungeprüft Unfug abzuschreiben von der Republican Mafia, den Russen und irgendwelchen amerikanischen Influencer-Stars. Es ist unentschuldbar, dass das Publikum psychisch gestörte Influencer akzeptiert. Es ist unentschuldbar, dass gezielt Fakes benutzt werden. Es ist unentschuldbar, dass keine Kompetenz vorhanden ist und man immer irgendeine schlechte Ausrede parat hat.

William Guy Carr benutzte in seinen Bestsellern wie „Pawns in the Game“ massenhaft Fakes, die leicht zu entlarven waren. Das war Relotius hoch drei. Seine Bildung und Quellen bestanden aus älteren, schlechten Verschwörungsbüchern. Carr bediente die Klischees über satanische Juden, die das Publikum hören wollte. Relotius bediente die Klischees über satanische rechtsideologische Männer, die sich um Landesgrenzen und die Verfassung sorgen.

Milton Cooper, der Verschwörungs-Star der 1990er Jahre, fälschte gezielt Dokumente, die als Mega-Sensationen verkauft wurden. Das war Relotius auf intergalaktischem Niveau. Das Geschwätz über „Majestic-12“ und Geheimverhandlungen mit Aliens wäre heute noch die Zielscheibe für Gespött, wenn sich Leute noch an ihn erinnern würden. Als UFO-Fans von ihm verlangten, die Originaldokumente in seiner Garage zu begutachten, meinte er, die Garage sei soeben leider samt Dokumente abgebrannt. Seinen Wohnort wollte er aber nicht verraten, denn sonst hätte jemand bei der Feuerwehr nachhaken können, ob es den Brand überhaupt gegeben hat.

Influencer benutzen heute noch Fakes von Leo Taxil wie über den „palladischen Freimaurer-Ritus“ und dessen unterwürfige Beziehung zum angeblich jüdisch dominierten Freimaurertum, obwohl das schon seit ewigen Zeiten als Erfindung entlarvt wurde. Influencer benutzen immer noch das Waterloo-Märchen über Nathan Rothschild, um zu argumentieren, dass jüdische Kleinstfamilien ungehindert einfach so das britische Kolonialreich übernehmen konnten. Dies wird immer noch gemischt mit verherrlichender Propaganda über Hitler und die Nazis, sodass immer neue Menschen damit ihren Ruf ruinieren.

Alex Jones hat bis heute noch nicht bemerkt, dass seine „Bildung“ aus ein paar Büchern aus der „John Birch Society“ in wesentlichen Teilen auf manipulierter älterer Literatur basiert. Ab 2008 ließ er sich dazu verleiten, Russenpropaganda zu verbreiten weil ja Putin zunehmend als konservativ vermarktet wurde. 2016 hieß es dann, Donald Trump und dessen Vater hätten Verschwörungsbücher der Birch Society gelesen und schon waren Jones und andere Feuer und Flamme. Egal, dass Trumps Lebenslauf nachvollziehbar ein Desaster war, dass er der Roy Cohn-Mafia entsprang, offensichtlich schwer narzisstisch ist und sein Transition Team voll war mit gefährlichen Insidern. Sensationen mussten her, weil das Publikum danach verlangte. Andere fielen herein auf den QAnon-Kult, eine Art Mega-Relotius-Wahngebäude auf Meth. Nicht einmal grundlegende Standards der Informations-Analyse wurden beachtet. Manche US-Influencer wurden damit reich. Die Anhänger der Sekte hassten regelrecht Familienangehörige und Arbeitskollegen, die der Sekte nicht beitreten wollten.

Alex Jones präsentierte eine fast identische Fantasie mit Hilfe von Dr. Steve Pieczenik: Mächtige rechte Kreise würden einen Staatsstreich vorbereiten und „den linken Deep State“ verhaften. Man müsse diesem Plan vertrauen. Was wieder einmal zeigt, dass jeder Depp Alex Jones hereinlegen könnte. Die Q-Sekte wurde immer erfolgreicher und Jones sah sich gezwungen, bei dem Bullshit-Poker immer höhere Einsätze zu fahren und ähnliche Fake-Sensationen zu bringen.

Jetzt will er den Eindruck erwecken, nicht komplett versagt zu haben. Er hätte ja auch gewarnt vor Q und dass Trump nicht unbesiegbar sei. Dafür soll man ihm wohl noch einen Orden anhängen. Auch Pieczenik sei Teil dieser bösen irreführenden Kampagne gewesen. Also erst wenn alles zu spät ist, schnallt Jones, dass er auf dem völlig falschen Dampfer war. Selbst Pieczenik und Roger Stone konnten nicht Trumps ätzende Vergangenheit verschwinden lassen, Trumps Narzissmus, die Roy Cohn-Mafia und seine generelle Ungebildetheit. Trotzdem gelang es, Jones hereinzulegen. Nicht nur Q war Unfug. Die ganze Trump-Trendwelle war Unfug. Genauso irrte sich Jones bei der Beweislage zur der angeblich gestohlenen Wahl 2020, bei COVID und zig weiteren Dingen. Die Relotius-Methoden von rechten Medien wurden so dreist, dass Dominion Voting Systems nun seine Anwälte aussendet, um die Stusser in Grund und Boden zu klagen.

Verschwörungs-Influencer sind meistens psychisch gestört und ihre Bildung besteht (ob es ihnen bewusst ist oder nicht) aus alten Narrativen der John Birch Society, gemischt mit ein paar anderen Sachen (Theosophen-Esoterik, UFOs usw.), jeder Menge Russenpropaganda und zum Teil dem, was gerade die Republican Mafia so verbreitet.

COVID sei fake, blöken sie, und haben bis heute nicht ein einziges brauchbares Buch gelesen über Pandemien und biologische Waffen. Die Wahlen seien gestohlen worden, sind sie sich felsenfest sicher, obwohl sie in einem Verleumdungs-Prozess gegen Dominion Voting Systems vernichtet werden würden. Putin würde uns die Freiheit bringen, obwohl er bald Stalin-Niveau erreicht und in Palästen lebt. Was immer die Russen sagen, sei die Wahrheit. Praktisch nie widersprechen sie einem Narrativ, das durch die russischen Netzwerke verbreitet wird.

AlexBenesch
AlexBenesch
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