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Kein Sturm, kein Plan, kein Führer

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Kommentar

Wenn du bei McDonalds einen BigMac verlangst, bekommst du einen BigMac. Wenn du bei Verschwörungs-Influencern schizoiden Bullshit verlangst, bekommst du schizoiden Bullshit serviert. Mit extra Pommes dazu.

Die Q-Anon-Sekte und andere, die einen spektakulären rechten Staatsstreich erwarteten, erleben nun mit Joe Bidens Vereidigung den absoluten Tiefpunkt. Es war nur eine Fata Morgana. Einer schrieb im Netz, er sei nun eine „totale Lachnummer in seiner Familie. Na toll.“ Ein anderer schrieb auf Telegram, dass er nicht nur seine Familie, sondern auch seine Arbeitskollegen total vergrault hätte.

Der Betreiber des wichtigsten Forums im Q-Universum riet den Leuten, sich lieber wieder ihrem normalen Leben zu widmen. Manche merken, dass sie komplett getäuscht wurden. Andere mache einfach weiter und spinnen sich neue Fantasien zusammen, basierend auf irgendwelchen Zeichen, die sie im Fernsehen zu erkennen glauben.

Joe Biden ist ganz normal als Präsident vereidigt worden, wie wir vor Wochen angekündigt hatten. Kein Kippen des Wahlergebnisses vor Gerichten. Keine Wiederholung der Wahlen unter militärischer Aufsicht. Es gab keine halsbrecherischen, filmreifen Aktionen von Trump und keinen rechten Staatsstreich. Keine Verhaftungen von Biden und dem „linken Deep State“. Einfach eine ganz normale Wahl (nach amerikanischen Maßstäben).

Nicht nur die QAnon-Sekte steht vor einem Scherbenhaufen, sondern auch die traditionellen Verschwörungsmedien, die alle in irgendeiner Form auf die John Birch Society zurückgehen, ohne sich dessen unbedingt bewusst zu sein. Während die Q-Sekte ihre hochtrabenden Fantasievorstellungen aus kryptischen, anonymen Nonsens-Posting aus dem Internet und von prominenten Q-Influencern bezog, gab es sehr ähnliche Fantasievorstellungen auf Infowars durch Dr. Steve Pieczenik, der noch vor wenigen Tagen dem Millionenpublikum felsenfest verkündete, dass Biden verhaftet wird und Trump Präsident bleibt. Ein guter rechter Staatsstreich stünde unmittelbar bevor.

Jetzt drehen die Leute am Rad, weil nichts eingetroffen ist und die Democrats auf absehbare Zeit durchregieren können. Manche traditionellen Verschwörungsmedien wussten die ganze Zeit, dass Q nur Blödsinn ist, ein PR-Stunt, aber der Blödsinn wurde einfach zu populär und es wurde finanziell gefährlich, sich gegen den Trend zu stellen. Also solidarisierten sich manche halbwegs mit Q und täuschten ihr Publikum, statt komplett auf den Zug aufzuspringen, aber selbst dieses Taktieren funktionierte nicht wirklich. Alex Jones wollte am Kapitol die ganze Aufmerksamkeit, aber stattdessen bekam sie der „QAnon-Schamane“, ein Kerl der deutlich jünger ist als Jones und besser aussieht. Dass Jones das Urgestein ist und 27 Jahre lang den Job machte, war vielen Leuten egal, denn der nächstbeste Trend wirkte einfach attraktiver.

Auch im deutschen Raum gibt es gealterte Verschwörungs-Influencer, die jeden Trend zumindest teilweise mitmachen müssen, weil sich jederzeit der Wind drehen kann und jüngere Konkurrenten auf Marktanteile schielen. Schuld ist auch das Publikum, das eben immer Fantasievorstellungen und Gruppennarzissmus bevorzugt und von den Influencern verlangt. Angebot und Nachfrage.

Aus Sicht der Republican Party ist es lohnend, den frustrierten QAnons ein paar Brocken hinzuwerfen in den kommenden Monaten, damit nicht zu viele Wähler davonlaufen. Die grundlegenden Narrative werden weiter kultiviert, um noch mehr die Zeit der Leute zu verschwenden. Infowars wird wieder klassische Verschwörungs-Berichterstattung machen im Stile der John Birch Society wie schon vor 27 Jahren. Und dann passiert irgendeine neue große Krise (Ost-West-Konflikt), die die Influencer überrascht und dann geht das inkompetente Geschwafel weiter.

AlexBenesch
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