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Rechtsextremismus war von Anfang an unter Kontrolle britischer Geheimdienste

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Die Geheimdienste Britanniens und Amerikas, bzw. die Dienste des Welfenadels hatten frühzeitig ein Interesse daran, Desinformation über Machtstrukturen und Geheimoperationen zu verbreiten. Die moderne Verschwörungsliteratur begann in den 1790er Jahren als großangelegte Kampagne aus Welfenkreisen, um die Rolle der Welfen-Geheimdienste bei der Französischen Revolution wenige Jahre zuvor zu verschleiern. Dazu mussten sich die bedeutendsten Verschwörungsautoren noch nicht einmal (vollständig) bewusst darüber gewesen sein, dass sie Unfug verbreiteten, sondern verließen sich wohl eher auf die falschen Personen und Quellen und hielten sich angesichts erfolgreicher Buchverkäufe für genial und heldenhaft. Die frühen Werke der klassischen Verschwörungsliteratur fokussierten auf französische und deutsche Illuminaten-Logen, Katholiken bzw. Jesuiten und Anhänger der alten Stewart-Könige Britanniens. Später rückte dann die Vorstellung einer jüdischen Weltverschwörung in den Mittelpunkt und selbst ältere Ereignisse wie die Französische Revolution wurden um eine jüdische Komponente ergänzt. Die zumeist aus dem angloamerikanischen Raum stammenden Texte wurden in deutschen Übersetzungen äußerst populär in der völkischen Szene und schließlich bei der NSDAP, was nicht nur den Holocaust befeuerte, sondern auch die wichtigsten strategischen Entscheidungen des Dritten Reichs beeinflusste. Denn die Verschwörungsliteratur hatte gezielt den Eindruck erweckt, es gäbe höchst einflussreiche Nazi-Sympathisanten in Amerika und Britannien, die ein Bündnis anstreben würden. Hier merkt man die Macht, die Geheimdienst-Operationen entfalten können. Mit einer überschaubaren Reihe an schlechten Büchern und billigen Pamphleten gelang es, das Dritte Reich so stark zu beeinflussen, dass es verheerende strategische und nachrichtendienstliche Entscheidungen traf. Die Naziführung glaubte, mächtige Sympathisanten in den USA und Britannien zu besitzen und so ließ Hitler die eingekesselte britische Armee bei Dunkirk entkommen und schickte drei Millionen Soldaten in die vermeintlich jüdisch-bolschewistische Sowjetunion. Die Nazis ließen sich vom Welfen-Adel infiltrieren, weil man den Adel für überzeugte Antisemiten hielt, die sich rächen wollten an der jüdischen Weltverschwörung, weil einst Familien wie die Rothschilds den britischen Welfen-Adel entmachtet hätten. Im Kern handelte es sich nur um gewöhnliche Standard-Techniken der Desinformation, aber die Kampagne war ungewöhnlich umfangreich; die Vorläufer hatten bereits in den 1790er Jahren begonnen, die Inhalte wurden in den 1800er Jahren maßgeschneidert auf das deutsche und österreichische Zielpublikum, und das Unterfangen wurde schließlich ab dem Jahr 1900 massiv intensiviert.

Webster

Nesta Webster wurde in Trent Park geboren, einem herrschaftlichen Anwesen nördlich von London, das immer wieder von Geheimdiensten und dem Militär verwendet wurde, wie z.B. als Kriegsgefangenenlager für wichtige deutsche und italienische Offiziere. Das Haus war 1777 von König George III. an seinen Arzt vermietet worden. Später ging es über in den Besitz der Familie Bevan, deren Männer Partner der Barclays Bank waren. Auch Nesta Websters Vater war Partner bei Barclays. Trent Park gehörte auch zeitweise dem jüdischen Adeligen Sir Philip Sassoon, dessen Clan vom britischen Imperium aufgebaut worden war. Sassoon war ein Verwandter der Rothschilds, die aufgebaut worden waren durch das Haus Hessen-Kassel, welches wiederum mit dem britischen Königshaus Hannover verwandt ist. Die Sassoon-Brüder David und Albert waren Freunde des britischen Prinzen von Wales. David Sassoon (1792 – 1864) war ein irakischer Jude gewesen, der mit anderen zusammen nach Bombay (Mumbai) auswanderte und dort seine Community anführte. Das britische Imperium machte ihn durch Handel mit Opium und Textilien zwischen China, Indien und England reich. 1853 wurde er offiziell Brite, sein Sohn bekam den Kleinadelstitel eines Baronets und heiratete in die Rothschild-Familie ein.

Nesta Webster war also im wahrsten Sinne des Wortes mitten in die Kreise aus adeligen Verschwörern hineingeboren. Ihr war eigentlich zuzutrauen, die Bedeutung und wahre Macht des Britischen Imperiums zu verstehen, aber sie sprach in ihren Schriften stattdessen über mystische Zirkel von Okkultisten, Juden und Illuminaten als Drahtzieher großer Verschwörungen wie der Französischen Revolution, der Bolschewistischen Revolution in Russland und der Verbreitung des Sozialismus. Nach dem Ersten Weltkrieg durfte sie mehrfach über diese Themen bei militärischen Einrichtungen und vor dem Geheimdienst referieren. Die Geheimdienstler sollen sie dazu gedrängt haben, das Buch „World Revolution: The Plot Against Civilization“ zu schreiben. Dafür erhielt sie auch Lob aus der hohen Politik, wie etwa von Lord Kitchener, und ausgerechnet Winston Churchill machte 1920 Werbung für sie in einem Artikel mit dem Titel „Zionism versus Bolshevism: A Struggle for the Soul of the Jewish People”. Man muss sich die Dreistigkeit einmal richtig vor Augen halten: Wichtige Mitglieder des britischen Imperiums schwadronieren über jüdische Weltverschwörer, dabei waren die britischen Geheimdienste die Hauptverdächtigen bei der Destabilisierung der Französischen Monarchie, bei der Russischen Revolution und bei der Verbreitung des Sozialismus über die Fabian Society gewesen. Und natürlich hatte das Imperium jüdische Clans wie Sassoon und Rothschild aufgebaut. Ob Webster, Churchill und andere wirklich so gnadenlos naiv waren? Oder förderten sie bewusst Verschwörungstheorien, die von der Rolle des britischen Imperiums ablenkten? Das Freimaurertum auf Kontinentaleuropa beschrieb Webster als düster und subversiv, während sie gleichzeitig das britische Freimaurertum (das die Hannoveraner Welfen 1717 neu gegründet hatten) „eine ehrenwerte Vereinigung“ und als „Unterstützer von Recht, Ordnung und Religion“ nannte. Genau dieses Muster kennen wir ja bereits aus der frühen Phase der Verschwörungsliteratur kurz nach der Französischen Revolution.  Freimaurer der Vereinigten Großloge von England unterstützten Websters Schriften. Sie wurde die führende Autorin von „The Patriot“, einer antisemitischen Zeitung, die von Alan Percy finanziert wurde, dem 8th Duke of Northumberland, der ausgezeichnet war mit dem Order of the Garter, dem Order of the British Empire und dem Royal Victorian Order. Percys Essay „The First Jewish bid for world power“ von 1930 beruft sich als Quelle auf eine drei Jahre jüngere Studie zum Römischen Reich, die von der Oxford University Press verlegt worden und an der ein Professor für antike Geschichte der Universität Yale beteiligt gewesen war. In der Studie wird festgehalten, dass die Aufstände der breit verteilten Juden den Römern ernste Probleme bereitet hätten und dass Juden später viel Handel mit Luxusgütern betrieben. Dies soll illustrieren, dass Juden gefährliche Störenfriede seien, die es andauernd wagen, sich mit großen Imperien anzulegen. Ein einflussreicher Jude am Hof von Kaiser Nero hätte sich für andere Juden eingesetzt (gegen Bestechung versteht sich). Juden seien allzeit bereit zu Massenmord wie beispielsweise an hunderttausenden Griechen in der Antike oder im 20. Jahrhundert an unzähligen Russen im Zuge der kommunistischen Revolution. Der Römische Kaiser Claudius hätte damals sogar Angst gehabt vor den Millionen an Juden in Rom, Ägypten, Jerusalem und anderswo. Schließlich sei Rom untergegangen, teilweise wegen der jüdischen Subversion und „Anarchie“, während die Juden weiterexistierten konnten. Es liest sich wie entsprechende NS-Literatur, die exakt dieser Argumentationsschiene folgt und praktisch unterstellt, dass Juden immer eine massive Gefahr darstellen würden für „zivilisierte“ Großreiche, die sich auf die römische Tradition berufen. Juden seien nicht reformierbar, sondern könnten nur vertrieben oder vernichtet werden. Zusammen mit dem Rothschild-Waterloo-Mythos und den Protokollen von Zion erweckte diese Geschichtsinterpretation den Eindruck, der britische Welfen-Adel hätte die Kontrolle über das römisch inspirierte britische Reich verloren an verschwörerische jüdische Revoluzzer, und der Welfen-Adel in Russland sei gar von einer jüdischen Revolution hinweggefegt worden. Es verwundert nicht, dass sich die Nationalsozialisten zum Welfen-Adel hingezogen fühlten, weil sie dachten, man könne gemeinsam die jüdische Weltverschwörung zurückdrängen und neue Imperien nach Vorbild Roms schaffen. Der Duke of Northumberland dankt Nesta Webster am Schluss seines Essays. In späteren Editionen von “The First Jewish bid for world power” ist Werbung enthalten für weitere antisemitische Verschwörungs-Pamphlete die man bestellen kann, wie

  • „The Talmud Unmasked“
  • „The Jewish war of survival (dokumentierte Belege dafür, dass die Juden verantwortlich waren für den Zweiten Weltkrieg)
  • eine annotierte Version der Protokolle von Zion (frisch aus der Druckerpresse!)
  • Pawns in the Game von William Guy Carr
  • „Der internationale Jude“ von Henry Ford
  • „Der Mythos der sechs Millionen“ [gemeint sind Holocaust-Tote]

Eines von Websters Hauptwerken ist „Secret Societies and Subversive Movements“ von 1924. Im Vorwort erwähnt sie sogleich, wie wichtig das Buch „Proofs of a conspiracy“ von John Robison und die Werke von Abbé Barruel doch gewesen seien. Sie handelt verschiedene historische Geheimgesellschaften ab und stellt die Behauptung auf, dass eine jüdische Gruppe es irgendwie geschafft habe, Geheimgesellschaften zu infiltrieren und dadurch zu großer Macht zu gelangen auf dem europäischen Festland. Sie benutzt dazu uralte Versatzstücke aus der frühen Verschwörungsliteratur, die sich kurz nach der Französischen Revolution verbreitet hatte, wie zum Beispiel das Ablenkungsmanöver mit den „unbekannten Oberen“ der „Strikten Observanz“.  Das freimaurerische Hochgradsystem namens „Strikte Observanz“, das ab Mitte des 18. Jahrhundert die meisten deutschen und viele weitere europäische Logen bestimmte, beinhaltete adelige Personen mit Verwandtschaft zu Großbritannien, wie etwa Herzog Ferdinand von Braunschweig und  Karl von Hessen-Kassel. Es war die Rede davon, dass es „unbekannte Obere“ gäbe, die die wahren Meister der Organisation seien. Seinerzeit kam immer wieder der Verdacht auf, es könnte sich bei den „Oberen“ um Agenten des Hauses Stewart handeln, die von den Welfen vom britischen Thron vertrieben worden waren, oder vielleicht um Jesuiten oder irgendwelche Franzosen. 1776 wurde der Illuminatenorden gegründet, der manche enttäuschten Mitglieder der zerstrittenen Strikten Observanz anzog. Nesta Webster jedoch hatte keinerlei Interesse daran, die Möglichkeit einer Welfenverschwörung zu untersuchen, sondern sie schreibt von einem mysteriösen Herrn Johnston, der in der Freimaurer-Szene auftauchte und von den „unbekannten Oberen“ geschickt worden sei. Laut den Schriften des Prinzen von Hessen sei dieser Johnston ein Jude mit dem tatsächlichen Namen Leicht oder Leucht gewesen. Weil er zu viel Misstrauen erregte, ließ man ihn verhaften und er starb in der Wartburg. Genau an diesem Punkt sollte man sich daran erinnern, dass der Adel absolut die Mittel besaß, um eine resolute Spionageabwehr durchzuführen, mit tiefschürfenden Hintergrundprüfungen und notfalls mit brutalen (und illegalen) Methoden. Sicherlich konnten Hochstapler und Schaumschläger wie Cagliostro immer wieder einen gewissen Erfolg genießen, aber wenn es um mögliche Bedrohungen von Bedeutung ging, hätte der Adel sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Spionagenester aufzudecken. Die preußischen Hohenzollern unter Friedrich dem Großen und die Juden seien laut Webster irgendwie im Bunde gewesen, um die Kontrolle über das Freimaurertum zu erlangen und ihre eigenen Interpretationen des Tempelrittertums zu verbreiten. Im Jahr 1786 sei die französische Freimaurerei „vollständig preußifiziert“ gewesen. Sicherlich hatte Friedrich ein Interesse daran, die französische Monarchie zu stürzen und dafür u.a. das Freimaurertum als Spionagevehikel zu missbrauchen, aber auch die Welfen hatten das gleiche Motiv, Frankreichs Bourbonenherrschaft zu stürzen. Friedrich war der Sohn von Sophie Dorothea von Hannover. Sie war das zweite Kind und die einzige Tochter des Kurfürsten von Hannover und späteren britischen Königs Georg I. und dessen Frau Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg-Celle. Zu allem Übel, so Nesta Webster, kam es in Frankreich zu einer Trendwelle des Okkultismus und der Gründung der „Französischen Erleuchteten“, deren Gründer ein spanischer Jude gewesen sein soll. Jüdisch-kabbalistische Martinisten wurden zudem zu einer großen freimaurerischen Macht in Frankreich. Um eine groß angelegte jüdische Verschwörung zu konstruieren, blieb Leuten wie Webster gar nichts anderes übrig, als Erklärungen zu liefern, die in die nebulöse Welt der Logen hineinreichten, wo nichts wirklich eindeutig war. Richtige Beweise brauchte sie nicht vorlegen, sondern ihr reichten Behauptungen, dass diese oder jene Person jüdisch war und dass jüdischer Mystizismus irgendwie bösartig gewesen sei im Vergleich zu dem sehr ähnlichen Mystizismus vieler anderer Gruppen, die sich auch auf die Antike beziehen. Seit tausenden Jahren existieren geheime Orden und Mysterienkulte, die für Spionagezwecke verwendet werden konnten. Alle Gruppen hatten im Wesentlichen die gleichen Optionen und Werkzeuge zur Hand. Warum sollen ausgerechnet Juden so viel besser und erfolgreicher darin gewesen sein, geheime Gruppen zu nutzen? Webster benutzt eine altbekannte zirkuläre Argumentation, wenn sie den Juden ein natürliches und ganz besonders ausgeprägtes Talent für Subversion andichtet, im nächsten Schritt diverse Revolutionen als jüdische Verschwörung interpretiert und dann diese „jüdischen“ Revolutionen wiederum als Beweis hernimmt für die ursprüngliche Behauptung, Juden seien ganz besonders subversiv. Webster schreibt explizit von jüdischen „Super-Spionen“, Geheimdienstlern und einem Netz aus „Krypto-Juden“ (gemeint sind jüdische Männer die nicht-jüdische Tarn-Identitäten angenommen hätten).

„Es ist offensichtlich, dass ein solcher „Geheimdienst“ den Juden zu einer erheblichen verborgenen Macht verhalf, umso mehr da seine Existenz an sich meistens der restlichen Bevölkerung unbekannt war.“

Was sollen die besonderen Techniken und Fähigkeiten des Juden-Geheimdienstes gewesen sein? Juden waren besonderen Registrierungspflichten und vielfältigen Einschränkungen unterworfen, was es besonders einfach machte, jüdische Gemeinschaften zu überwachen. Der Rechtsstatus von Juden war dermaßen schlecht, dass es ein Kinderspiel war, verdächtige Personen zu beseitigen, einzuschüchtern, gewaltsam zu verhören und deren Angehörige zu bedrohen. Nach allen Maßstäben, die wir von dem modernen, dokumentierten Geheimdienstwesen kennen, hatten Juden die schlechtesten denkbaren Voraussetzungen, um irgendwelche nennenswerten geheimdienstlichen Erfolge verbuchen zu können. Es erinnert an die sozialistische Propaganda unter dem russischen Diktator Stalin, in der völlig paranoid unterstellt wurde, es befänden sich überall Geheimdienst-Netzwerke von Staatsfeinden, obwohl die Überwachung und Kontrolle längst totalitäre Ausmaße angenommen hatten. Jeder, der als Staatsfeind eingestuft wurde, musste entweder sterben oder in Arbeitslagern reformiert werden. Das Konzept des „Staatsfeinds“ im real existierenden Sozialismus ähnelte sehr stark dem Feindbild des verschwörerischen, subversiven Juden aus der Verschwörungsliteratur und dem real existierenden deutschen Faschismus. Websters Text ist die altbekannte Mischung aus aufgewärmten Gräuelmärchen aus dem Mittelalter und den Bausteinen der frühen Verschwörungsliteratur aus der Zeit nach der Französischen Revolution. Sie lässt es sich nicht nehmen, gegen den britischen König Charles II. von den verhassten Stewarts zu schießen, der sich auf jüdisches Geld eingelassen hätte, um den britischen Thron führen zu können und im Gegenzug ließ er die Ansiedelung von Juden wieder zu, die natürlich sofort wieder subversiv-geheimdienstlich tätig wurden. Charles hatte in Wirklichkeit eine teils geheime Abmachung mit den Franzosen, die eine Konvertierung von ihm zum Katholizismus vorsah, was Webster wohl bekannt sein musste. Schließlich kommt Webster auf den bayerischen Illuminatenorden und Adam Weishaupt zu sprechen. Sie betont erwartungsgemäß Weishaupts Ausbildung bei einer katholisch-jesuitischen Universität, verschweigt aber, dass sein prägendes familiäres Umfeld aus Leuten bestand, die den Welfen gegenüber loyal waren. Weishaupt hätte sich von den Jesuiten in gewissen Techniken ausbilden lassen, aber letztendlich für eine jüdische Verschwörung gearbeitet. 1771 sei ein Händler namens Franz Kölmer von Ägypten nach Europa gekommen, um Mitglieder für seinen Geheimorden zu rekrutieren.  In Malta hätte er den Mystiker Cagliostro getroffen (der wahrscheinlich jüdisch war) und beinahe einen Volksaufstand angezettelt, dann hätte er ein paar Rekruten gefunden aus den französischen „Erleuchteten“ und schließlich wäre er in Deutschland angekommen, um Adam Weishaupt in die Geheimnisse der mystischen Doktrin einzuweihen. Weishaupts geheimer Ordensname war „Spartacus“ in Anlehnung an den berühmten Aufstands-Führer, der sich gegen das Römische Reich aufgelehnt hatte. Webster munkelt, ob Kölmer ein heimlicher Jude gewesen sein könnte. Die ganze Kölmer-Legende basiert jedoch auf den Schriften von Abbé Barruel. Websters „Beweisführung“ verliert sich wieder einmal im undurchdringlichen Nebel.

Juden spielten in der ursprünglichen Verschwörungsliteratur unmittelbar nach der Französischen Revolution keine Rolle, aber Webster versucht hier im Nachhinein, ein jüdisches Komplott zu konstruieren, obwohl keine relevanten neuen Informationen in diese Richtung deuten. Sie erwähnt, wie der Herzog von Braunschweig (Mitglied der Illuminaten und Großmeister der deutschen Freimaurerei), 1794 ein Manifest an alle Logen verteilte, in dem er die Geschichte erzählte, dass ganz geheime Verschwörer das Freimaurertum infiltriert hätten und dass diese Verschwörer verantwortlich seien für die Französische Revolution und diverse Aufstandsbewegungen.

„Drei Jahre nachdem der Herzog von Braunschweig sein Manifest an die Logen verteilt hatte, erschienen die Bücher von Barruel, Robison und anderen, die die ganze Verschwörung offenlegten“.

Barruel und Robison erfüllten aber damals nur den Zweck, die Welfen aus der Schusslinie zu nehmen und den Verdacht auf die Stewarts, die Jesuiten und irgendwelche französischen Freimaurer und Erleuchteten zu lenken. Später dann, durch Autoren wie Webster, wurden Juden der Mittelpunkt des Ablenkungsmanövers. Die Welfen hätten nur beste Absichten besessen, aber hätten leider zu spät gemerkt, dass sie von unsichtbaren Kräften manipuliert werden. Die Bücher von Robison und Barruel hatten einen Einfluss darauf, dass 1799 im englischen Parlament ein Gesetz verabschiedet wurde, dass alle Geheimgesellschaften außer dem Freimaurertum verbot. Der Unlawful Societies Act 1799 machte es illegal für Gruppen, von ihren Mitgliedern einen Eid zu verlangen. Die Gesellschaften waren auch verpflichtet, Mitgliederlisten zur Einsichtnahme bereitzuhalten. Für alle Räumlichkeiten, in denen öffentliche Vorträge abgehalten wurden, sowie für kostenpflichtige öffentliche Lesesäle war eine richterliche Genehmigung erforderlich. Die Druckereien wurden streng reguliert, da eines der Hauptprobleme nach Ansicht der Regierung darin bestand, dass aufrührerische Flugblätter weit verbreitet waren. Letztendlich wurde jede Freimaurerloge, die zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes existierte, ausgenommen, sofern sie eine Mitgliederliste führte und diese den Richtern vorlegte. Die Bücher von Robison und Barruel wurden auch in Amerika sehr erfolgreich, wobei auffällt, dass Webster die Amerikanische Revolution in ihrem Buch, die nur kurz vor der Französischen stattfand, nicht ebenfalls einordnet als das Ergebnis jüdischer Illuminaten. Immerhin predigten George Washington (ein Freimaurer des Royal Arch Systems) und andere Revolutionäre Slogans über Freiheit und das Abschütteln der Monarchie. Webster behandelt genauso wenig die Amerikanische Revolution wie einst Barruel und Robison, weil die Welfen diesen Rahmen so vorgegeben hatten für die Verschwörungsliteratur. Die jüdische Illuminaten-Verschwörung soll sich fortgesetzt haben im Sozialismus und auch die „Phraseologie der illuminierten Freimaurerei“ sei übernommen worden in die Sprache des Sozialismus. Sie schließt mit einem Plädoyer für eine faschistische Erneuerung.  Sie hatte Verbindungen zu mehreren einschlägigen, rechtsradikalen britischen Gruppen, wo sich unter Militäroffizieren und Adeligen höchstwahrscheinlich auch einige britische Spione tummelten. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg lebte die britische Desinformation und Propaganda von Webster und anderen weiter und beeinflusste immer neue Generationen an Verschwörungstheoretikern und Neonazis. Sie wurde auch fleißig gelesen in den USA bei dem Ku Klux Klan, der John Birch Society und der Milizbewegung.

Fake-Protokolle

Die einzelnen „Protokolle von Zion“ sind weder thematisch noch sonst irgendwie stringent geordnet, sondern wiederholen nur das immergleiche Gerede, wie man die Presse und die Finanzwelt und Politik kontrollieren würde. Protokoll #1 besteht nur aus allgemeinen Phrasen zum Thema Macht versus Freiheit und wie manipulierbar die Masse der Bevölkerung sei. Protokoll #2 verlautbart, dass die Judenverschwörung die Kontrolle über die Presse und über Gold besäße. Protokoll #3 dreht sich um die Vernichtungsabsicht gegenüber Nichtjuden. Protokoll #4 ist mehr allgemeines Gerede. Protokoll #5 handelt davon, wie die Nichtjuden zu zerstritten seien, um eine Koalition gegen die Judenverschwörung zu bilden. Außerdem würde man Verwirrungstaktiken benutzen, damit die Leute Politik nicht richtig verstehen können. Protokoll #6 redet davon, dass die Aristokratie keine politische Macht mehr besäße, sie aber wegen ihrem Reichtum immer noch eine potenzielle Bedrohung darstellt. Genau dieser Gedanke verleitete auch die Nationalsozialisten zur Kooperation mit den Welfen. Protokoll #7 beschreibt, dass man problematische Länder automatisch in Kriege mit den Nachbarstaaten verwickeln möchte. Antisemiten lasten prinzipiell jeden bedeutenden Kriegsausbruch der Judenverschwörung an. Protokoll #8 handelt von der Juristerei und Ökonomie, die die Judenverschwörung für ihre Zwecke benutzen will. Protokoll #9 enthält diverse Punkte, die bereits in vorherigen Protokollen mehrfach abgehandelt wurden. Protokoll #10 ist noch mehr schwammiges Gerede darüber, wie man gezielt das „Gift des Liberalismus“ ausgebracht habe, um Staaten und Gesellschaften zu zersetzen. Politiker, die man erpressen kann, würden gezielt gefördert werden. Protokoll #11 verspricht, nach all dem Gerede über den Ist-Zustand der jüdischen Weltverschwörung aus den ersten 10 Protokollen, endlich die Strategie zu offenbaren für die Zukunft, um endgültig und unwiderruflich die Weltherrschaft zu sichern. Aber man erfährt nichts, was nicht schon zuvor behandelt wurde. Protokoll #12 dreht sich wieder um Kontrolle über die Presse. Irgendwelche tieferen Einblicke erhält man nicht. Es geht immer so weiter bis einschließlich Protokoll #24. Für eine Fälschung ist die Qualität hundsmiserabel und es ist offensichtlich, dass man sich damit keine Mühe gegeben hat. Es war vielmehr die Aura, die man um die Protokolle herum schuf, die die Wirkung ausmachte; nicht der eigentliche Text. Die Protokolle verraten kein einziges, tatsächlich nachprüfbares Geheimnis, keine einzige geheime Technik oder Methodik, es lässt damit kein einziger jüdischer Agent enttarnen und keine einzige konkrete Operation. Der nachrichtendienstliche Wert dieser „Enthüllung“ ist also Null, was eben typisch ist für eine komplette Fälschung. Wenn wir die Protokolle vergleichen mit Victor Ostrovskys Enthüllungsbuch über den israelischen Geheimdienst Mossad, dann erkennen wir, dass Ostrovsky tatsächlich geheime Operationen, Namen und Methoden verrät. Bei einer guten Fälschung sind interessante Geheimnisse enthalten, die verraten werden. Die Protokolle sind leer und hohl. Deshalb wurden auch in verschiedenen Print-Editionen so viele Vorwörter, Kommentare und ausführliche Schlusswörter angefügt, sowie vermeintlich neu entdeckte Zusatz-Protokolle, um die Fälschung irgendwie interessanter und überzeugender aussehen zu lassen. Es ist der typische Effekt der Echokammer und Filterbase, wenn jemand nur noch antisemitische Texte liest und in der Welt dann überall scheinbare Bestätigungen sieht. 1919 veröffentlichte die amerikanische Zeitung Philadelphia Public Ledger übersetzte Auszüge aus den Protokollen unter dem Titel „Rote Bibel“, die etwas umgeschrieben wurden, damit es aussah, wie ein Dokument der russischen Bolschewisten. Der verantwortliche Carl W. Ackerman bekam später ausgerechnet den Chefposten bei der Journalismus-Fakultät der elitären Columbia University, die ursprünglich von dem britischen König George II. gegründet worden war. Der Besitzer der Zeitung war der unglaublich reiche Cyrus H. K. Curtis und von 1918 bis 1921 war auch der ehemalige US-Präsident William Howard Taft ein Autor. Taft war Mitglied der gefährlichen Geheimorganisation Skull&Bones, die sich rege beteiligt hatte an der bolschewistischen Revolution in Russland und der Versorgung des neuen sowjetischen Regimes mit westlichem Geld und westlicher Technologie. Skull&Bones wurde später vom Historiker Antony Sutton entlarvt anhand von Originaldokumenten. Skull&Bones geht zurück auf den Einfluss der britischen Krone. Hier hatten wir also „Journalisten“ aus einem Milieu, das mit geheimdienstlichen Methoden Russlands Zarenherrschaft beendete und den Sowjetkommunismus unterstützte, und genau diese Journalisten verbreiteten als Ablenkungsmanöver die gefälschten Protokolle von Zion über eine jüdische Weltverschwörung zur Etablierung des gottlosen Kommunismus und zur Auflösung von Nationen. Jedes Mal also, wenn das britische Imperium irgendwo auf der Welt eine bedeutende Geheimoperation für den Umsturz einer bestehenden Ordnung vornahm, lancierten die britischen Geheimdienste gleichzeitig in der Öffentlichkeit verlogene Bücher und Pamphlete, um die Aufmerksamkeit auf jemand anderen zu lenken. Harris A. Houghton, ein Mitglied des amerikanischen Militärgeheimdienstes, ließ 1920 eine komplette englische Übersetzung der Protokolle anfertigen und verbreiten. Zu diesem Zweck schuf er die Tarnfirma „The Beckwith Company“ und verlegte auch noch Bücher wie Nesta Websters „Boche and bolshevik“. Das Geld für Houghtons Verlagsaktivitäten kam wahrscheinlich von der Organisation „American Defense Society“, deren Ehrenpräsident der ehemalige US-Präsident Theodore Roosevelt war. Als Vorsitzender diente Richard Melancthon Hurd, Absolvent der Universität Yale und Mitglied der Geheimorganisation Skull & Bones. In Großbritannien erschien die erste englische Ausgabe der Protokolle 1920 und es gab eine ausführliche Berichterstattung in der Zeitung „The Morning Post“ in London. Daraus entstand noch das Buch „The Cause of World Unrest“, an dem Nesta Webster, George Shanks und die Hälfte der Angestellten der Zeitung mitarbeiteten. Shanks hatte die allererste Übersetzung der Protokolle vom Russischen ins Englische vorgenommen, möglicherweise mit der Hilfe von Graf Tscherep-Spiridowitsch, der unter den Zaren als General gedient hatte. Der Graf schrieb auch das Buch “Secret World Government or The Hidden Hand” in dem er 300 jüdische Familien als den Kern der Verschwörung benannte und das wohl eine Inspiration war für die Legende vom „Komitee der 300“ und das entsprechende Werk von John Coleman. Laut Lord Alfred Douglas haben einflussreiche Männer wie Henry Ford und Zeitungen wie die Financial Times dem Grafen geholfen, eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Die Morning Post wurde geleitet von Lilias Borthwick, die Frau von Seymour Henry Bathurst, 7th Earl Bathurst (ein Deputy lieutenant des Königshauses). Unter ihrer Führung war die Zeitung erzkonservativ, imperialistisch, protektionistisch, militaristisch und antisemitisch. Am 7. April 1924 wurde die Zeitung an den umtriebigen antisemitischen Verschwörungs-Publizisten Alan Percy, den 8. Herzog von Northumberland (Träger der höchsten britischen Orden), und ein Konsortium prominenter Konservativer verkauft. Victor E. Marsden war bei der Zeitung der Russlandkorrespondent gewesen und soll ebenfalls bei der Übersetzung geholfen und sich zeitweise mit dem Prinzen von Wales getroffen haben. In der Veröffentlichung der Protokolle von Marsden finden wir ein Nachwort des Adeligen Lord Sydenham, der mit mehreren der höchsten britischen Orden ausgezeichnet war, in dem es für bedeutungslos erklärt wird, dass der Text von anderen Quellen abgekupfert worden war. Sydenham verwendet das Argument, dass die Protokolle mit „tödlicher Genauigkeit“ die kommenden Geschehnisse unter anderem bei der kommunistischen Revolution in Russland vorausgesehen hätten. Dies bedeutet aber, dass er die kommunistische Revolution wiederum gemäß der Protokolle interpretiert. Er dreht sich also argumentativ im Kreis, obwohl ein gebildeter Mann wie er eigentlich hätte verstehen müssen, dass eine zirkuläre Argumentation Unsinn ist. Der Text der Protokolle ist extrem schwammig und ungenau, aber Sydenham erklärt, dass die Vorhersagen „auf den Buchstaben genau“ eingetroffen wären. Er bedankt sich bei dem amerikanischen Autobauer Henry Ford für dessen „hervorragende“ weitere Enthüllungen als Ergänzung zu den Protokollen. Ford unterstützte aber nicht nur das nationalsozialistische Regime, sondern baute interessanterweise auch in der Sowjetunion, also dem vermeintlichen Moloch der jüdischen Illuminaten, kriegswichtige Fabriken. Einem Massenpublikum in Amerika wurden die Protokolle bekannt durch Ford, denn er bezahlte den Druck von zahllosen Exemplaren und machte zudem noch den deutschen Nazis schöne Augen. Natürlich dienten ihm die Protokolle als Ablenkungsmanöver und lenkten die Aufmerksamkeit auf eine vermeintliche jüdische Weltverschwörung. Um den Effekt zu verstärken, veröffentlichte Ford gleich noch das Buch „Der internationale Jude“, welches auf den Protokollen aufbaut. Praktisch alle negativen Entwicklungen werden einer jüdischen Verschwörung, nicht jedoch dem angloamerikanischen Imperium zugeschrieben. Die zahlreichen Leser der Protokolle verdächtigten in aller Regel Familien wie die Rothschilds, die Pläne aus den Protokollen umzusetzen. Dass die bedeutenden jüdischen Clans vom britischen Imperium genauso aufgebaut worden waren wie nichtjüdische Raubbarone, erfuhr das Publikum nicht. Nachdem eine britische Zeitung in den 1920er Jahren aufgedeckt hatte, dass die Protokolle eine Fabrikation waren, fielen die Reaktionen unterschiedlich aus. Eines der am häufigsten genannten Argumente, welches sich auch bei Henry Ford, sowie in späterer Verschwörungsliteratur findet, lautet, dass es egal sei, ob die Protokolle gefälscht wurden oder nicht, weil die darin enthaltenen Pläne von den jüdischen Verschwörern genau wie beschrieben in der Welt umgesetzt worden wären. Dies ist eine zirkuläre Argumentation. Die Protokolle seien real weil eine Interpretation des 20. Jahrhunderts durch die Brille der Protokolle zu den Protokollen passt.

AlexBenesch
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