Mit COVID-Maßnahmen wollen die verschiedenen Regierungen Zeit schinden, bis Impfstoffe im großen Maßstab verfügbar sind, um insbesondere die älteren Menschen zu schützen. Impfstoffe in der Entwicklung müssen jedoch nur zu 50 bis 70% wirksam sein und die Schutzdauer kann nur wenige Monate betragen. Ein zusätzliches Problem ist Übergewicht und übergewichtige Menschen scheinen in den Studien der Impfstoffentwickler nicht sehr stark repräsentiert.
Die Epidemiologin Lin Xu von der Sun-Yat-Sen-Universität in Guangzhou, China, wertete Daten der frühesten Welle der Epidemie in China aus und bemerkte den Faktor Body Mass Index. Als Xu ihre Studie im März bei einer akademischen Zeitschrift einreichte, drängten die Herausgeber sie, die Weltgesundheitsorganisation über ihre Ergebnisse zu informieren. Seitdem strömten Studien aus Ländern auf der ganzen Welt ein, die zum gleichen Ergebnis kamen: Fettleibige Menschen sterben mit höherer Wahrscheinlichkeit an COVID-19 als normalgewichtige, selbst wenn Faktoren wie Diabetes und Bluthochdruck berücksichtigt werden.
Eine Insulinresistenz erschwert es dem Körper, normal auf Zucker zu reagieren und kann Diabetes vorausgehen. Sie tritt häufiger bei Personen mit hohem BMI auf und könnte die metabolischen Auswirkungen einer Coronavirus-Infektion verschlimmern. Und das Fettgewebe exprimiert relativ hohe Konzentrationen des ACE2-Rezeptors (Angiotensin-konvertierendes Enzym 2), den SARS-CoV-2 verwendet, um in die Zellen einzudringen. „Fettgewebe scheint wie ein Reservoir des Virus zu wirken“, sagt Gianluca Iacobellis, ein Endokrinologe an der Universität von Miami in Florida.
Aber die Auswirkungen auf das Immunsystem sind es, die manche Forscher am meisten beunruhigen. Adipositas kann chronische, geringgradige Entzündungen hervorrufen, von denen man annimmt, dass sie zum erhöhten Risiko von Krankheiten wie Diabetes und Herzkrankheiten beitragen. Infolgedessen könnten Menschen, die fettleibig sind, höhere Konzentrationen einer Reihe von immunregulierenden Proteinen, einschließlich Zytokinen, aufweisen. Die durch Zytokine ausgelösten Immunreaktionen können in einigen Fällen von schwerem COVID-19 gesundes Gewebe schädigen, sagt Milena Sokolowska, die an der Universität Zürich in der Schweiz Immunologie und Atemwegserkrankungen studiert. Und der konstante Zustand der Immunstimulation kann paradoxerweise einige Immunreaktionen schwächen, darunter auch solche, die von T-Zellen ausgelöst werden, die infizierte Zellen direkt abtöten können. „Ich würde sagen, dass sie zu Beginn ihres Kampfes gegen die Infektion eher erschöpft sind“, sagt Sokolowska.
All dies könnte einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2 Schwierigkeiten bereiten, wenn er auf den Markt kommt, insbesondere in der wachsenden Liste der Länder mit Adipositasproblemen. Nach den neuesten Daten der Weltgesundheitsorganisation sind weltweit etwa 13% der Erwachsenen fettleibig. Ryan weist auf Studien über Impfstoffe gegen Grippe, Hepatitis B und Tollwut hin, die bei Fettleibigen im Vergleich zu mageren Menschen eine geringere Reaktion gezeigt haben. „Bei der Grippe sehen wir, dass die Impfung bei Fettleibigen nicht gut funktioniert“, sagt Xu. „Wir haben noch keine Daten zum Coronavirus.“
