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Showdown in Weißrussland: Ein Diktator, der keine Freunde mehr hat

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Russland könnte Truppen nach Weißrussland schicken, um den belagerten Präsidenten des Landes zu unterstützen, sagte der Kreml gestern Abend, ohne besonders große Begeisterung zu zeigen. Hunderttausende Menschen waren auf die Straßen geströmt, um den Rücktritt von Präsident Alexander Lukaschenko zu fordern. Am 9. August gewann er eine manipulierte Wahl und musste den Protest niederschmettern. Die Oppositionsführerin Swetlana Zichanouskaja, die aus Angst um ihre Sicherheit nach Litauen geflohen ist, forderte Neuwahlen und erklärte, sie sei bereit, Belarus zu führen, falls Lukaschenko zurücktreten sollte.

Die meisten Beobachter wissen nichts mit der Situation anzufangen; vor allem mitten in der kostspieligen Pandemie, die einige Planungen der Supermächte vielleicht durcheinander gebracht hat. Der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Armin-Paulus Hampel, erklärte:

„Die aktuelle Lage in Weißrussland ist unübersichtlich und von außen nur schwer einzuschätzen. Die Forderung westlicher Politiker nach Sanktionen ist daher grundsätzlich falsch (bringen nie etwas) und würden die Situation nur weiter verschärfen. Der Westen täte gut daran, sich aus Weißrussland heraushalten. Wir sollten besser Ruhe bewahren und nicht die gleichen Fehler wie 2014 in der Ukraine begehen. Die Lösung der Krise liegt ohnehin nicht in Brüssel oder Washington, schon gar nicht in Berlin, sondern in Moskau.“

Moskau weiß aber auch nicht so recht, was zu tun ist. Seit Jahren wächst die Müdigkeit Moskaus, Belarus zu subventionieren und Katz und Maus mit einem Verbündeten zu spielen, der zu eigensinnig wurde. Lukaschenko mag es durchaus gelingen, diese Proteste durch demonstrativen Terror zu unterdrücken, aber selbst wenn er dieses Glücksspiel gewinnt, wird er sich bestenfalls ein paar Jahre hohler, illegitimer Herrschaft erkaufen, bevor seine Regierung endgültig implodiert.

Anfangs war Moskau vorsichtig, Lukaschenko offen mit Worten oder Taten zu unterstützen. Russische Medien berichteten offen über Misshandlungen durch die Polizei, aber am Wochenende scheint Moskau dank einer Bitte Lukaschenkos nachgegeben und versprochen zu haben, „falls nötig“ seinen ihn unter der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (CSTO), dem kollektiven Verteidigungspakt für die ehemaligen Sowjetstaaten, zu unterstützen. Nachdem Russland damit begonnen hatte, die Rabatte auf Rohöl, das es 2018 an Belarus verkaufte, zu senken, begannen die Beziehungen schechter zu werden. Moskau, das es leid war, etwas umsonst zu geben, schlug Lukaschenko vor, die Integration in den russisch/eurasischen Orbit zu beschleunigen, wenn er Ölrabatte wollte. Dann verhaftete Belarus im vergangenen Monat Söldner, die angeblich Moskau geschickt hatte, um das Land vor den Wahlen zu destabilisieren – eine Brüskierung, die der Kreml wahrscheinlich nicht vergessen wird.

Die zweite Option besteht darin, Alternativen zu Lukaschenko auszuloten und politisch zu unterstützen, sei es unter Oppositionskandidaten wie Viktor Babariko, dem ehemaligen Chef einer belarussischen Bank, die teilweise dem russischen Gasmonopolisten Gazprom gehört, oder innerhalb der Eliten. Russische und belarussische Experten haben gesagt, dass Moskau sich davor hütet, sich zu stark in belarussische Angelegenheiten einzumischen, aber wenn das Regime zusammenbricht, wird es gerne mit dem neuen zusammenarbeiten.

Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2020 wurden 33 mutmaßliche Söldner der paramilitärischen russischen Wagner-Gruppe in Minsk festgenommen, die regelmäßig verdeckte Operationen für den russischen Geheimdienst durchführt. Lukaschenka warf Russland daraufhin vor, Belarus militärisch destabilisieren zu wollen. Dies ist auch deshalb interessant, weil er bisher als enger Verbündeter Putins galt. In letzter Zeit, insbesondere seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine, habe sich dieses Verhältnis jedoch verschlechtert, so Beobachter. Lukaschenka befürchte möglicherweise, dass Russland versuchen könnte, sich als Nächstes Weißrussland einzuverleiben und ihn danach abzusetzen. Tatsächlich besteht sogar bereits seit 1997 ein von ihm unterzeichnetes Abkommen, welches einen Zusammenschluss beider Länder vorsieht. Inzwischen distanziert Lukaschenka sich jedoch davon.

AlexBenesch
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