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Die peinliche Wahrheit über die Wende vor 30 Jahren

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Bild: Bundesarchiv, Bild 183-85701-0006 / Stöhr / CC-BY-SA 3.0

Auszug aus „Russlands Dauerkrieg gegen die Deutschen seit 1914“ von Alexander Benesch

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Die übliche Darstellung der Wende als spontane Entwicklung sowie das Gerede über die Beendigung des Kalten Krieges und Aussöhnung ist längst nicht mehr zu halten. Helmut Kohl lästerte im Ruhestand ausführlich über die lächerliche Vorstellung, dass kurz vor der Wende „plötzlich der Heilige Geist über die Plätze in Leipzig gekommen“ wäre. Stattdessen habe Gorbatschow seine Bilanzen studiert und erkannt, „dass er am Arsch des Propheten war und das Regime nicht halten konnte.“ [1]

„Wenn man den Herrn Thierse hört und die jetzige amtliche Darstellung der Bundesregierung, dann waren es die Menschen auf den Straßen. Aber die hätten überhaupt nichts bewegt, wenn das Umfeld nicht entsprechend gewesen wäre, wenn Gorbatschow und Bush nicht über Abrüstung verhandelt hätten.“

Der Mythos des überraschenden Mauerfalls geht vielleicht irgendwann den gleichen Weg wie die Mauer selbst. Ralf Georg Reuth und Andreas Bönte schrieben 1993 in ihrem Buch „Das Komplott – Wie es wirklich zur deutschen Einheit kam“:

„Im Frühjahr 1992 (…) informierte das Bundesamt für Verfassungsschutz eine kleine Zahl ausgewählter Verantwortungsträger der Bundesrepublik über eine geheime KGB-Struktur in Deutschland. In dem streng geheimen Papier heißt es, daß außerhalb der bekannten KGB-Residentur in Karlshorst (…) eine weitere geheime KGB-Residentur existiere, die sogenannte Gruppe »Luch« (russisch für Strahl).
(…) Seit Mitte der 80er Jahre hatte die Gruppe »Luch« den Auftrag, Bürger der ehemaligen DDR in Leitungsfunktio-nen von Wissenschaft, Technik und Politik zur Zusammenarbeit mit dem KGB zu verpflichten, um auf diese Weise gesellschaftlich relevante Prozesse beeinflussen zu können.« Mit anderen Worten: Die Gruppe hatte die Aufgabe in der DDR die Umgestaltung [Perestroika, Anm. TM] nach sowjetischem Vorbild zu betreiben beziehungsweise zu unterstützen. (…) Bei den von »Luch« rekrutierten Personenkreisen soll es sich der Analyse des Verfassungsschutzes zufolge, neben Kadern aus der Staatsführung um Entscheidungsträger der FDJ, aus Bildungseinrichtungen und Handelsorganisationen, aber auch aus den Reihen der Kirche gehandelt haben. In den Jahren 1988/1989 sei die Arbeitsweise von »Luch« modifiziert worden. (…) Man habe sich »auf Mitglieder der Blockparteien der ehemaligen DDR, solcher neugegründeter Parteien im Zuge der Wende und Angehörige von Jugendorganisationen konzentriert«.“ (Das Komplott S.210f)

Der Russland-Kenner Torsten Mann kommentierte dazu:

Wir halten fest: Vor diesem Hintergrund denken wir einmal darüber nach, welche einflussreichen Personen aus der aktuellen Politik eine Vorgeschichte bei der FDJ, den Blockparteien oder den Kirchen und Jugendorganisationen der „DDR“ haben. Und wenn wir lange genug darüber nachgedacht haben, dann wundern wir uns plötzlich gar nicht mehr über Deutschlands offene Grenzen und die subversive Politik der letzten Jahre. Die Entscheidung der Sowjets, ihren gesamten Machtblock gesund-zuschrumpfen und ihr Militär aus der DDR abzuziehen, ließ sich bereits im Verlauf der 1980er Jahre an den politischen Entwicklungen in Moskau ablesen.[2]

Bereits 1983 standen Franz Josef Strauß und der Finanzjongleur des SED-Regimes, Alexander Schalck-Golodkowski, in Kontakt. Plötzlich gab es einen Milliardenkredit im Tausch gegen ein paar Erleichterungen der Diktatur.[3] Nur Helmut Kohl war zunächst in die Sache eingeweiht worden und Theo Waigel kommentierte hinterher, dass er wenig überrascht sei, da Strauß bereits in den 1960er Jahren Milliarden an die Sowjetunion zahlen wollte, um den Abzug der Streitkräfte aus der DDR zu erwirken. Kredite an den Ostblock sollten dem westlichen System mehr Kontrolle ermöglichen. Natürlich war die DDR längst nicht so pleite wie die restlichen sowjetischen Staaten und der Strauß-Kredit war mit einer Höhe von rund einer Milliarde Mark auch nicht sonderlich hoch.

Siegfried Wenzel, bis 1989 zweithöchster Plankommissar der DDR, erklärte 1999 in der linken Zeitung „konkret“ beleidigt, dass die Schulden immer pünktlich zurückgezahlt wurden und die Bilanzen gar nicht so katastrophal gewesen seien. Er attackierte Schalck-Golodkowski, dessen geheime Kassen sowie dessen abenteuerliche Irrgärten an Unternehmen und Kapitalstrukturen. Dennoch soll der Führung klar gewesen sein, dass man den Lebensstandard der DDR nicht werde halten können:

„Auf Unterstützung aus der UdSSR konnte man nicht hoffen. So reifte der Gedanke, daß die DDR nur in einer Art Konföderation mit der BRD eine Zukunftschance haben könnte.“

Schalck-Golodkowski war sogar Erich Mielke ein wenig unheimlich. 1989 flüchtete er mit seiner Frau nach Westberlin und tauchte mit Hilfe des Bundesnachrichtendienstes unter. Selbstverständlich mutmaßten die Linken, dass er schon lange ein Spion Bonns gewesen sei, was sich allerdings nicht beweisen lässt.[4]

Letztendlich lag die Kontrolle über die Geschehnisse nicht bei Ostberlin, sondern Moskau und so wurde bereits ab 1984 eine deutsch-deutsche Annäherung vorangetrieben. Die Wunsch-Option war, dass die DDR ein eigenständiger Staat bleibt und die Bundesrepublik blockfrei wird. In diesem Fall hätten die amerikanischen Truppen abziehen müssen, während die Russen nur ihre Divisionen um ein paar hundert Kilometer nach Osten verschieben brauchten. Bis zum heutigen Tage sind die Linken in Deutschland zutiefst verärgert über den Verrat Moskaus, der zum Verlust der geliebten DDR führte. Aus der Sicht des Kremls jedoch ergab alles einen gewissen Sinn: Der strategische Rückzug und der dramatisch inszenierte Fall des Kommunismus würde dafür sorgen, dass die Amerikaner und Briten ihre Militärpräsenz in Europa reduzieren, das wiedervereinigte Deutschland würde massiv abrüsten, die westlichen Märkte sollten sich für Russland öffnen und man behielt ein massives Netz an Spionen in den gesamten ehemaligen Satellitenstaaten. Gerade die Pflege des Agentennetzes war von unschätzbarem Wert.

Die Bundesrepublik war ohnehin schon kräftig unterwandert und kaum in der Lage, eine angemessene Spionageabwehr zu schaffen, und dann sollte auch noch eine Wiedervereinigung Hals über Kopf über die Bühne gebracht werden: Millionen neue Bundesrepublikbürger, Migranten, Spätaussiedler, Beamte usw. Moskaus offensichtlichste Vorgehensweise war, möglichst wertlose Horden an Stasi-Agenten und Zuträger aufzugeben, die besten zu behalten und natürlich auch die Agenten des KGB, GRU und anderer Ost-Geheimdienste weiterzuführen. Selbst der spätere russische Präsident Putin erklärte in einem Buch, dass während der Wende bei seinem KGB-Außenposten in Dresden das wichtigste Material nach Moskau ging und der Rest verbrannt wurde. Es dauerte bis zum Jahr 1999, als endlich digitale Datenträger der Hauptverwaltung Aufklärung der Stasi mit Informationen über geliefertes Material des Agentennetzes entschlüsselt werden konnten, was doch stark überrascht angesichts der Fortschritte in der Technik. Den Fund teilte man mit den Amerikanern, die nach der Wende die Zentralkartei der HVA der Stasi mit Agentennamen und Klarnamen in die Hände bekommen hatten.

Dass es sich bei beiden Schätzen um Täuschungsmanöver der Ost-Geheimdienste handelt, ist zumindest denkbar. Angeblich habe die Stasi 1987 beim Umzug der Datenbank „System, Information, Recherche der Aufklärung“ (Sira) von Siemens-Großrechnern auf Computer aus DDR-Produktion Sicherheitskopien angefertigt und bei der Wende vergessen, diese zu zerstören. Es wäre wohl das letzte Meisterstück des Markus Wolf gewesen, eine mit Desinformation angereicherte Datenbank erstellen und diese dann der Bundesrepublik in die Hände fallen zu lassen. Die bundesdeutsche Behörde, die nach der Wende die ganzen Stasi-Unterlagen auswerten sollte, hätte angeblich nicht so recht begriffen, wie wertvoll die gesamten Überreste der EDV der Stasi sind.[5] Auch angesichts der massiven Zerstörung von Daten muss man sich fragen, was manche Mitarbeiter der Behörde für eine Agenda haben. Anscheinend befanden wir uns nach dem Kalten Krieg in einer ganz ähnlichen Situation wie nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, gründlich unterwandert von den russischen Geheimdiensten.

Quellen:

[1] http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Magazin-Bericht-Altkanzler-Kohl-bezweifelt-Rolle-der-friedlichen-Revolution-in-Leipzig
[2] Der Preis der Wende, Joseph Pozsgai, Seite 116,117
[3] http://www.br.de/nachrichten/inhalt/strauss-kredit-ddr100.html
[4] http://www.welt.de/politik/deutschland/article142897477/Schalck-Der-gewissenlos-begabte-Stasi-Mafioso.html
[5] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8509110.html

AlexBenesch
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