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Die DDR war nicht der „deutschere“ Staat und russische Fremdherrschaft war nicht besser

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Kommentar

Ich bin verheiratet mit einer Frau, deren Familie aus Ostpreußen stammt und gegen Ende des Zweiten Weltkriegs vor der anrückenden russischen Armee flüchten musste. Ich wehre mich gegen jeden dümmlichen und unnützen Ossi-gegen-Wessi-Streit. Die relevante Frage dreht sich um Freiheit versus Unfreiheit.

Jürgen Elsässer, Chefredakteur des kremlfreundlichen COMPACT-Magazins feiert heute am 7. Oktober mal wieder den Nationalfeiertag der DDR, des „deutscheren Staates von beiden“. Er sagt nicht, der „bessere“ Staat. Noch in den 1990er Jahren war die DDR für ihn der bessere Staat gewesen, weil er erstens von seinen geliebten Russen besetzt war und weil er zweitens sehr undeutsch war. Nicht antideutsch genug, wie er bejammerte. Dass er jetzt, gemäß seiner aktuellen Agenda, eine 180-Grad-Wende in seiner Beschreibung und Argumentation vornimmt, spricht Bände.

Natürlich genoss Elsässer, der inzwischen im Rentenalter ist, sein relativ freies Leben in der Bundesrepublik und machte keine Anstalten, in die antideutsche DDR überszusiedeln, einen Plattenbau zu bewohnen und Trabi zu fahren.

Sein Argument heute, der Osten sei „deutscher“ gewesen, hört sich für mich so an wie die Behauptung, russische Fremdherrschaft sei besser als amerikanische. Diese Frage sollte man ihm direkt stellen und seine (ausweichende) Antwort festhalten. Russische Fremdherrschaft über die Ukraine oder Tschetschenien ist für ihn anscheinend besser als amerikanische. Warum soll ich dann nicht glauben, dass er russische Fremdherrschaft über Deutschland besser findet?

Sein Blatt nennt sich das Magazin für Souveränität, aber die einzige Souveränität, die bei einer Annäherung Deutschlands an Russland möglich ist, ist die russische. Russische Herrscher treten seit über 1000 Jahren die Souveränität anderer Völker mit Füßen und deutsche Konservative sollen glauben, daran hätte sich jetzt etwas fundamental geändert. Die COMPACT verspricht deutsche Souveränität, würde sich meiner Befürchtung nach aber sofort mit russischer Fremdherrschaft über Deutschland abfinden.

Elsässer kann keine haltbaren Vergleichsmaßstäbe dafür liefern, dass die DDR deutscher gewesen sei. Millionen Ostdeutsche sahen sich vor dem Mauerbau gezwungen, die Heimat zu verlassen und in die Bundesrepublik überzusiedeln. Diejenigen, die danach entscheiden wollten, in einem anderen Deutschland als der DDR zu leben, wurden wie Schwerverbrecher verfolgt und bestraft. In der Bundesrepublik konnten Deutsche zwar nicht wirklich politische Macht erreichen, aber zumindest im kleineren Maßstab ihr Deutschtum zelebrieren, ohne ständige Angst, von der Stasi verfolgt zu werden.

Für Elsässer war sogar das Bildungssystem der der DDR „besser“. Wegen der guten Bildung hätten die Bürger sich dort eine eigene Meinung bilden können. In Wirklichkeit kamen Leute sogar in Schwierigkeiten, wenn ihre Kinder im Kindergarten das Sandmännchen aus dem Westfernsehen gemalt hatten. Der einzige Grund, warum die DDR-Führung nicht den Empfang des Westfernsehens komplett unterbunden hatte, war dass Störsender bis hinüber in die Bundesrepublik hätten funken müssen und dies nicht durchsetzbar war. Wer ein verbotenes Buch oder eine verbotene Meinung hatte, gefährdete den weiteren Verlauf seiner Bildung und seiner Berufsaussichten.

Auch die Ausländerpolitik der DDR sei „besser“ gewesen. Zwar gab es tatsächlich kaum muslimische Zuwanderung, aber gleichzeitig auch keine Freizügigkeit für Einheimische. Ohne Erlaubnis durfte man keine nennenswerten Reisen im Ostblock unternehmen. Moskau zwangsmigrierte jahrzehntelang Millionen Einheimische um. Heute buhlt Moskau um muslimische Migranten und der Moslem-Anteil an der Bevölkerung ist relativ hoch. Diese Tatsache ist Elsässer aber höchst unangenehm, weil es seine Propaganda für den Kreml unglaubwürdig macht.

Die Frauenpolitik war Elsässer zufolge auch „besser“ in der DDR. Frauen „wurden gefördert“, was in der Realität bedeutete, dass Frauen schleunigst nach der Geburt eines Kindes wieder arbeiten musste und der Staat die Kinder erzog.

Der „Antifaschismus war im Vergleich zu heute gemäßigt“, fabulierte Elsässer am Feiertag letztes Jahr und halluzinierte weiter, dass das deutsche Volk „nicht verteufelt, sondern sein guter Kern hervorgehoben“ wurde. In den 90er war ihm die DDR noch nicht antideutsch genug gewesen und er fürchtete ein Wiedererstarken Deutschlands und eine heimliche Allianz aus Rechten von der CDU, DVU und anderen. Heute natürlich, wo Moskau um Deutschlands Rechte buhlt, buhlt Elsässer um Deutschlands Rechte. Die Stasi rührte damals einen Brei zusammen aus Lippenbekenntnissen zu Bismarck und Preußen. Elsässer rührt heute einen Brei zusammen aus Lippenbekenntnissen zu Bismarck und Preußen.

Der Hammer kommt zum Schluss:

„Die Russifizierung überdeckte, anders als die Amerikanisierung im Westen, das deutsche Kulturerbe nicht.“

Schwingt hier das Argument mit, russische Fremdherrschaft über Deutschland sei besser als amerikanische? Das einzige „Kulturerbe“ das Moskau den DDR-Deutschen erlaubt hatte, waren nur Dinge, die die komplette Unterjochung nicht in Frage stellten.

Wer den Deutschen heute mehr Souveränität durch Russland verspricht, könnte genauso gut versprechen, dass eine Zauberfee kommen und Bier vom Himmel regnen lassen wird. Wenn ich meine Familienalben aufschlage, sehe ich einen Haufen deutscher Soldaten. Was sieht Elsässer, wenn er in seine blickt? Warum ist bei ihm alles nebulös? Machen wir doch Nägel mit Köpfen und veröffentlichen Details über unsere Vorfahren. Ich bin auf das Ergebnis gespannt.

AlexBenesch
AlexBenesch
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