spot_img

Die wichtigsten Details zur Extremisten-Datei

Datum:

German Rifle Association

Das Bundesverfassungsgericht (BVerG) hatte verfassungsrechtliche Bedenken bei der Anti-Terror-Datei (ATD), die ebenfalls auf die Rechtsextremisten-Datei (RED) anwendbar sind. Von diesen Bedenken wurde die Bundesregierung durch die „Evaluierung des Rechtsextremismus-Datei-Gesetzes“ 2016 informiert.

Datenaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendienst

[Der] Datenaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendiensten [ist] nicht schlechthin verboten. Allerdings unterlägen Regelungen, die einen solchen Austausch ermöglichten, gesteigerten verfassungsrechtlichen Anforderungen: Insbesondere wenn der Datenaustausch ein operatives Tätigwerden ermögliche und damit einen besonders schweren Grundrechtseingriff darstelle, müsse er einem herausragenden öffentlichen Interesse dienen.

Nur ein solches Interesse könne überhaupt „den Zugriff auf Informationen unter den erleichterten Bedingungen, wie sie den Nachrichtendiensten zu Gebote stehen“, rechtfertigen.

Eine Minderung der Eingriffsintensität erkennt das BVerfG in der Tatsache, dass die ATD als Verbunddatei ausgestaltet ist, die im Kern auf eine Informationsanbahnung beschränkt bleibt und eine Datennutzung zu operativen Zwecken nur in dringenden Ausnahmefällen zulässt.

Soweit Daten – außerhalb des Eilfalls – überhaupt übermittelt würden, dürften diese Daten ausschließlich dazu verwendet werden, um einen Informationsaustausch vorzubereiten, nämlich um abzugleichen, ob die gespeicherte Person mit der Person identisch ist, die gesucht wird.

Hauptpersonen

Personen [..], die als Täter oder Teilnehmer einer rechtsextremistischen Gewalttat beschuldigt oder rechtskräftig verurteilt sind. Nach der Gesetzesbegründung sollen dadurch auch gewalttätige und gewaltbezogene Einzeltäter erfasst werden.

Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einer terroristischen Vereinigung nach § 129a des Strafgesetzbuchs mit rechtsextremistischem Hintergrund angehören oder diese unterstützen.

Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie rechtsextremistische Bestrebungen verfolgen und in Verbindung damit zur Gewalt aufrufen, die Anwendung von rechtsextremistisch begründeter Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange unterstützen, vorbereiten oder durch ihre Tätigkeiten vorsätzlich hervorrufen oder bei denen Schusswaffen ohne die erforderlichen waffenrechtlichen Berechtigungen, Kriegswaffen oder Explosivstoffe aufgefunden wurden.

Kontaktpersonen

Personen, die den Sicherheitsbehörden aufgrund von Tatsachen als Angehörige einer rechtsextremistischen Szene bekannt sind, wenn sie mit den [Hauptpersonen ..] nicht nur flüchtig oder in zufälligem Kontakt stehen und durch sie weiterführende Hinweise für die Aufklärung oder Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus gewonnen werden können.

Zu berücksichtigen sei auch, dass die Aufnahme in die ATD für den Einzelnen erhebliche Konsequenzen haben könne, da er nunmehr zumindest in das Umfeld des Terrorismus gerückt werde. Hiervon wisse der Betroffene im Zweifel nichts und habe auch keine praktikable Möglichkeit sich zu wehren. Die Daten würden abstrakt ohne weitere Hintergrundinformationen gespeichert, einen Anlass müsse der Betroffene nicht geliefert haben.

Nach Auffassung des BVerfG ist eine Speicherung von Daten über Kontaktpersonen verfassungsrechtlich grundsätzlich möglich und insbesondere dann nicht zu beanstanden, wenn diese mit wenigen Elementardaten erfasst und als Information zur terrorismusnahen Hauptperson verdeckt recherchierbar (also als erweiterte Grunddaten) gespeichert werden. Diese Vorgaben gelten ausdrücklich sowohl für die dolosen (mit Vorsatz/wissend) als auch die undolosen (ohne Vorsatz/unwissend) Kontaktpersonen.

Übermaßverbot

Grundlage einer Verbunddatei, die eine gemeinsame Datenerfassung und -nutzung durch Polizeibehörden und Nachrichtendiensten ermöglicht, muss nach Auffassung des Gerichts eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage sein, die zudem dem Übermaßverbot genügt.

Diesen Anforderungen genüge das ATDG bezüglich folgender Punkte nicht vollständig:

  • Bestimmung der beteiligten Behörden,
  • Reichweite der (als terrorismusnah) erfassten Personen,
  • Einbeziehung von Kontaktpersonen,
  • Nutzung von verdeckt bereitgestellten erweiterten Grunddaten,
  • Konkretisierungsbefugnis der Sicherheitsbehörden für die zu speichernden Daten und
  • Gewährleistung einer wirksamen Aufsicht.

Daneben hielt das Gericht die uneingeschränkte Einbeziehung von Daten, „die durch Eingriffe in das Brief- und Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung erhoben wurden“ für unvereinbar mit Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 13 Abs. 1 GG.

Das BVerfG hält das ATDG für grundsätzlich mit dem Übermaßverbot vereinbar. Als dem Eingriffsgewicht gegenüberstehendes öffentliches Interesse benennt das Gericht den Informationsaustausch zur Aufklärung und Bekämpfung des internationalen Terrorismus und die genauere Einschätzung von Gefahrenlagen im Eilfall.

Bei der Beantwortung der Frage, ob § 7 RED-G den Anforderungen des Übermaßverbots gerecht wird, wurde zunächst ganz allgemein darauf hingewiesen, dass es einen Unterschied mache, ob Daten operativ durch Polizeibehörden genutzt werden oder ob Nachrichtendienste die erweiterte Nutzung in Anspruch nehmen.

Bei einer Nutzung zu operativen Zwecken durch Polizeibehörden seien die Anforderungen deutlich höher als im Falle der Nutzung durch Nachrichtendienste.

Auch ganz pauschal wurde angezweifelt, dass die vorgesehenen Eingriffsschwellen ausreichend seien. Es sei „nicht sehr wahrscheinlich, dass § 7 einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung standhalten würde.“ Demgegenüber geht die Bundesregierung davon aus, dass das Übermaßverbot, insbesondere mit Blick auf Abs. 7 S. 7 im Hinblick auf den Funktionsumfang ausreichend konkretisiert wurde. Trotz der oben skizzierten Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 7 dürfte davon auszugehen sein, dass eine solche Regelung verfassungsrechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

Entscheidend ist, dass die starke Eingriffsintensität durch entsprechende prozedurale Vorgaben abgemildert wird und im Übrigen durch entsprechend gewichtige Belange, die es zu schützen gilt, gerechtfertigt wird.

Gespeicherte Daten

§ 3 Abs. 1 Nr. 1b) pp) – rr), tt), uu) RED-G ermöglichen die Speicherung von Merkmalen, die im ATDG nicht enthalten sind. Dazu gehören zusammengefasst Haftbefehle, besuchte Veranstaltungen, Druckerzeugnisse, Mitgliedschaften und Funktionen in rechtsextremistischen Organisationen sowie die Zugehörigkeit zu rechtsextremistischen Gruppierungen. Daneben wurde im Rahmen der Änderung sowohl in das RED-G als auch in das ATDG die Möglichkeit der Speicherung bestimmter Internetseiten aufgenommen.

Haftbefehle

Als problematisch könnte angesehen werden, dass weder Gesetzestext noch -begründung eine Einschränkung auf den nationalen Haftbefehl vornehmen. Insoweit kommt grundsätzlich auch die Speicherung eines internationalen, eines europäischen oder des Haftbefehls eines anderen Staates in Betracht. Jedoch kann dem Gesetzestext selbst entnommen werden, in welchen Fällen eine Speicherung in der RED erfolgen wird. Aus der Tatsache, dass die Ausstellung eines Haftbefehls abhängig von der ausstellenden Körperschaft variieren kann, ergeben sich keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Besuchte Veranstaltungen

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1b) qq) RED-G werden besuchte rechtsextremistische Konzerte und sonstige Veranstaltungen erfasst. Diese Angaben sind nach der Gesetzesbegründung „erforderlich, weil gerade die Information, dass eine Person an einschlägigen Orten verkehrt, häufig Bestandteil eines ansonsten bruchstückhaften, aber höchst rechtsextremismusrelevanten Hinweises ist. Über diese Angaben lassen sich insbesondere Netzwerke abbilden und feststellen, ob zwischen Straftaten und bestimmten Veranstaltungen ein Zusammenhang besteht.“

Dem Merkmal der genannten „sonstigen Veranstaltungen“ kommt zumindest dann eine sehr hohe Grundrechtsrelevanz zu, wenn diese einen besonderen grundrechtlichen Schutz genießen (Art. 5, 8, 21 GG).

Insofern ist eine gesetzliche Klarstellung, dass unter dem Merkmal ausschließlich rechtswidrige, z. B. verbotene oder aufgelöste, sonstige Veranstaltungen zu verstehen sind, zumindest soweit die Veranstaltungen unter dem Schutz von Art. 5, 8, oder 21 GG stehen, zu empfehlen. 

Mitgliedschaften

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1b) tt) RED-G werden in der Datei auch aktuelle und frühere Mitgliedschaften sowie Funktionen (Funktionär, Mitglied oder Anhänger) in rechtsextremistischen Vereinen und sonstigen rechtsextremistischen Organisationen gespeichert.

Die[se..] formalen Zusammenschlüsse bzw. die Mitgliedschaft in ihnen dürften grundsätzlich den Schutz des Art. 9 GG genießen. Insofern knüpft die Speicherung von Mitgliedschaften und Funktionen in Vereinen und Organisationen unmittelbar an ein grundrechtlich geschütztes Verhalten an. Eine Einschränkung im Text des RED-G, dass nur Mitgliedschaft und Funktionen in verbotenen Vereinen oder verfassungswidrigen Organisationen zu erfassen ist, die nach Art. 9 Abs. 2 GG ausdrücklich nicht mehr den besonderen Schutz des Art. 9 Abs. 1 GG genießen, erfolgt nicht.

Hinzu kommt die Weite und Unbestimmtheit einzelner Tatbestandsmerkmale [..] So wird beispielsweise nicht näher erläutert, was unter „früheren“ Mitgliedschaften und Funktionen zu verstehen ist. Insbesondere findet hier keine zeitliche Einschränkung statt, so dass grundsätzlich auch die Speicherung lange zurückliegender Mitgliedschaften in Betracht kommt. Gerade in diesem Fall stellt sich die Frage, ob eine solche frühere Mitgliedschaft tatsächlich noch Aufschluss über aktuelle Vernetzungen geben kann.

Zur Ausräumung der verfassungsrechtlichen Zweifel könnte darüber nachgedacht werden, in einer zu veröffentlichenden Verwaltungsvorschrift festzulegen, wie weit zurück frühere Mitgliedschaften erfasst werden sollen, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, um von einem „Anhänger“ zu sprechen und wann ein Verein oder eine Organisation als insgesamt rechtsextremistisch zu bezeichnen ist.

Netzwerke

Ebenso zu speichern ist Zugehörigkeit zu rechtsextremistischen Netzwerken und sonstigen rechtsextremistischen Gruppierungen. Wegen des deutlich niedrigeren Formalisierungsgrades dürften diese Zusammenschlüsse nicht den Schutz des Art. 9 Abs. 1 GG genießen. Problematisch bleibt unter dem Aspekt der Bestimmtheit allerdings die Weite der Begriffe der Zugehörigkeit, der Gruppierung und des Netzwerkes, insbesondere auch die Frage, worin sich Netzwerk und Gruppierung unterscheiden.

Um jegliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm auszuräumen, ist insofern zu empfehlen, eine Verpflichtung zur Konkretisierung mittels Verwaltungsvorschrift auszusprechen.

Internetseiten

Die Speicherung von durch die Hauptperson betriebenen oder maßgeblich zum Zweck ihrer Aktivitäten genutzten Internetseiten [ist möglich].

Alternative 1 sieht zunächst die Speicherung von Internetseiten vor, die von der gespeicherten Person betrieben werden. Dies umfasst grundsätzlich alle Internetseiten, die eine Hauptperson betreibt. Die Seiten müssen nach dem Text der Norm gerade keinen Bezug zum Rechtsextremismus aufweisen.

Dies könnte sich unter dem Aspekt des Übermaßverbots als problematisch erweisen, da sich insoweit eventuell weitreichende Rückschlüsse auf die Lebensgewohnheiten der betroffenen Person ziehen lassen. Allerdings bedarf es insoweit keiner gesetzgeberischen Klarstellung, da die Vorschrift einer entsprechend einschränkenden Auslegung zugänglich ist.

Nach Alternative 2 sind zudem die Internetseiten, die von der Hauptperson in Bezug auf Rechtsextremismus genutzt werden, zu erfassen. Als problematisch könnte insoweit möglicherweise angesehen werden, dass die Tatbestandsvoraussetzung „maßgeblich zum Zweck ihrer Aktivitäten nach § 2 Satz 1 Nummer 1 und 2“ nicht sehr bestimmt gefasst ist. Insbesondere wird nicht klar, wann eine solche „maßgebliche“ Nutzung vorliegt.

An dieser Stelle käme wiederum eine – zwingende – Konkretisierung durch Verwaltungsvorschrift in Betracht.

Fazit der Evaluation

Unter Zugrundelegung dieser eng umrissenen Zieldefinition erfüllt die RED die ihr vom Gesetzgeber zugedachte Aufgabe auf verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandende Art und Weise. Insbesondere ist davon auszugehen, dass das RED-G im Wesentlichen einen angemessenen Ausgleich zwischen den Rechtsgütern, in die auf seiner Grundlage eingegriffen wird, und denjenigen, deren Schutz es verpflichtet ist, gefunden hat.

Die differenzierte Ausgestaltung der Eingriffsschwellen in Abhängigkeit von der Eingriffsintensität der jeweiligen Maßnahmen genügt den Vorgaben der Verfassung.

Zur praktischen Umsetzung der mit § 7 RED-G geschaffenen Möglichkeit zur projektbezogenen erweiterten Datennutzung sind mangels vorliegender Anwendungsfälle keine Aussagen möglich. Nach Auffassung der Praktiker führen allerdings die aus verfassungsrechtlicher Perspektive erforderlichen Einschränkungen und verfahrensrechtlichen Absicherungen zu einer weitgehenden Entwertung des mit der erweiterten Datennutzung theoretisch verbundenen Nutzens.

Insofern muss an dieser Stelle die Frage gestellt werden, ob der für die bislang noch nicht erfolgte technische Umsetzung erforderliche Aufwand in Anbetracht des voraussichtlich nur geringen Nutzens dieses Instruments gerechtfertigt ist.

Im Oktober 2014 wies RED nur 9.012 Hauptpersonen, 1.723 dolose (mit Vorsatz) Kontaktpersonen und 601 undolose (ohne Vorsatz) Kontaktpersonen auf, sowie 599  rechtsextremistischen Gruppierungen und Vereinigungen. Die Menge der Hauptpersonen hat sich in den letzten Jahren kaum geändert. Die meisten Extremisten sind bereits den Polizeibehörden bekannt.

Wie man in der folgenden Tabelle sehr schön sehen kann, ist die Polizei bereits über viele rechtsextreme Gewalttäter, auch potentielle, im Bild. Vom Verfassungsschutz (rot markiert) stammen null Informationen über Waffen, jedoch die meisten Informationen für die 671 undolosen Kontaktpersonen, die ohne Wissen (Vorsatz) mit Extremisten verknüpft sind, sowie über ihm verdächtige Organisationen.

BT-Drucksache 18/8060

 

Download: Evaluierung des Gesetzes zur Rechtsextremisten-Datei 2016

Nachtrag vom 12.09.2016

Kosten

Laut Deutscher Bundestag Drucksache 17/10155:

 Einmaliger Betrag
Behörde
 Jährliche Kosten
 6.200.000 BKA  2.000.000
 1.000.000 BfV  45.000
 135.000 BPol  31.500
 3.000 MAD
2.000.000 Landesbehörden 2.000.000
9.338.000 Summe 4.076.500 

Da das BVerfG verfassungsrechtliche Bedenken bei der Anti-Terror-Datei und der Rechts-Extremisten-Datei hat, musste nachgebessert werden.

Bei einigen Regelungen verlangt das Gericht im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und das Übermaßverbot Änderungen. Dies betrifft die Bestimmung der beteiligten Behörden, die Reichweite der als terrorismusnah erfassten Personen, die Einbeziehung von Kontaktpersonen, die Nutzung von verdeckt bereitgestellten erweiterten Grunddaten, die Konkretisierungsbefugnis der Sicherheitsbehörden für die zu speichernden Daten und die Gewährleistung einer wirksamen Aufsicht und die Einbeziehung von Daten in die Antiterrordatei, die durch Eingriffe in das Brief- und Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung erhoben wurden.

Kosten für die Nachbesserung lt. Deutscher Bundestag Drucksache 18/1565 für beide Dateien

Es entsteht somit ein geschätzter einmaliger Umstellungsaufwand in Höhe von 2 650 000 Euro sowie ein jährlicher laufender Erfüllungsaufwand in Höhe von 257.000 Euro für beide Dateien.

Nutzen

In dem untersuchten Zeitraum 2012 bis 2014 wurde die Datei 23.388 mal aufgesucht, um etwas zu finden und 340.000 mal aufgesucht, um einen Eintrag zu ändern.

Quelle: Evaluierung des Gesetzes zur Rechtsextremisten-Datei 2016

Quelle: Evaluierung des Gesetzes zur Rechtsextremisten-Datei 2016

Betrachtet man die Verteilung der Treffer im Detail, so wurde in mehr als der Hälfte der in der RED durchgeführten Suchanfragen überhaupt kein Treffer erzielt. In knapp 40 Prozent der Fälle gab es zwischen einem und fünf Treffern. Bei knapp vier Prozent der Suchanfragen wurden zwischen sechs und 50 Treffer erzielt. In weniger als einem Prozent der Fälle lag die Zahl der Treffer bei mehr als 50. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass bei 39 Suchanfragen mehr als 1.000 (maximal 12.494 Treffer) erzielt wurden

red-datei-treffer

Quelle: Evaluierung des Gesetzes zur Rechtsextremisten-Datei 2016

Fazit

Die verfassungsrechtlichen Bedenken sind immer noch nicht ausgeräumt, insbesondere wenn die Dateien – wie gerade von Hessen gefordert – für operative Zwecke missbraucht werden sollen, wie z.B. den Entzug von Waffenbesitzkarten. Die fehlenden Zeiträume und fehlenden Kriterien für Unterstützer und Vereine führen weiterhin dazu, dass völlig Unschuldige in die Datei geraten können. Die dubiosen Quellen des Verfassungsschutzes haben vor Gericht (noch) keinen Bestand und dürften von der Polizei gar nicht benutzt werden (außer bei Eilfällen), stigmatisieren aber die gespeicherten Personen. Die Geheimhaltung des Verfassungsschutzes garantiert auch nicht, dass wirklich alle Gefährder in der Datei auftauchen.

Legen wir die Einrichtungs- und Umstellungskosten von über 10 Millionen Euro auf zehn Jahre um, dann kostet diese Datei pro Jahr 5,5 Millionen Euro. Schauen wir uns die Suchanfragen im Jahr 2014 an, so haben diese sich im Vergleich zu 2012 halbiert und auf durchschnittlich auf 1500 Anfragen pro Monat reduziert, d.h. es gab ca. 18.000 Suchanfragen pro Jahr. Im Schnitt kostet somit jede Suchanfrage 305 Euro.

Über 50% der Suchanfragen ergaben null Treffer. Man kann bei dieser Trefferzahl davon ausgehen, dass die Suchanfragen in Zukunft noch weiter zurückgehen und sich die Behörden, wie im Interview bereits gezeigt, lieber NADIS WN und INPOL-Fall, aber auch persönliche Kontakte oder KRISTAL nutzen.

Daher wiederhole ich hiermit noch einmal das Fazit der Evaluation:

Insofern muss an dieser Stelle die Frage gestellt werden, ob der für die bislang noch nicht erfolgte technische Umsetzung erforderliche Aufwand in Anbetracht des voraussichtlich nur geringen Nutzens dieses Instruments gerechtfertigt ist.

Weiterführende Informationen

Hier noch zwei interessante Stellungnahmen vor dem Bundestag zu dem Thema:

Prof. Dr. Clemens Arzt Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Fachbereich Polizei und Sicherheitsmanagement

Prof. Dr. Matthias Bäcker, LL.M. Mannheim, den 17. September 2014 Universität Mannheim Abteilung Rechtswissenschaft

Bei der ersten „Lesung“ des Änderungsgesetzes im Juni wurden – wieder einmal – die Reden nicht gehalten, sondern zu Protokoll gegeben, bei der zweiten und gleich dritten Beratung ging es 38 Minuten heiß her zwischen CDU/SPD und Grüne/Linke. Auch wenn wir in Bezug auf das Waffenrecht mit den Abgeordneten Mihalic, Notz und Jelpke unsere größten Probleme haben, sind deren Argumente gegen die beiden Dateien zu unterstützen.

Stenografischer Bericht 39. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 5. Juni 2014 (ab Seite 166)

Stenografischer Bericht 60. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Oktober 2014 (ab Seite 105)

AlexBenesch
AlexBenesch
Senden Sie uns finanzielle Unterstützung an: IBAN: DE47 7605 0101 0011 7082 52 SWIFT-BIC: SSKNDE77 Spenden mit Paypal an folgende Email-Adresse: [email protected]
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img

Related articles

Alex Benesch zu Gast live bei Irfan Peci (19.04.24) ab 20 Uhr

Die Themen: Adel & MachtstrukturenInfluencer wie Alex Jones, Tucker Carlson, Jordan Peterson: Wie sinnvoll ist deren Arbeit und was...

Zwei Deutschrussen verhaftet wegen mutmaßlichen Sabotage-Vorbereitungen im Auftrag Russlands

Kommentar Generalbundesanwalt Jens Rommel hat nach Presseberichten zwei mutmaßliche Agenten festnehmen lassen, die im Auftrag des russischen Geheimdiensts Sabotageaktionen...

Israel wählt anscheinend Bodeninvasion von Rafah statt größeren Angriff gegen Iran

Laut einem Bericht der katarischen Zeitung The New Arab vom Donnerstag haben die USA einer möglichen israelischen Rafah-Operation...

US-Bericht über Nordkoreas neue Biowaffen

Einem US-Bericht zufolge produziert Nordkorea neue Viren und Bakterien für sein Programm zur biologischen Kriegsführung. Der Staat verfügt...