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Waffenschmuggler im Darknet

Datum:

Von Katja Triebel

Aus diversen Medien konnten wir gestern erfahren, dass die Mordwaffe von München anscheinend doch im Darknet erworben wurde:

ZUZ nimmt Waffenhändler fest: Er lieferte die Amok-Waffe von München
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) – und das Zollfahndungsamt Frankfurt am Main haben am heutigen Dienstag in Marburg einen 31-jährigen deutschen Staatsangehörigen festgenommen, der dringend verdächtig ist, mit Schusswaffen und Munition illegal Handel getrieben und unter anderem die anlässlich des Amoklaufs in München am 22.07.2016 verwendete Tatwaffe und Munition geliefert zu haben.

SEK-Einsatz.de vom 16. August 2016

Waffenschmuggler sind keine Waffenhändler

Was mir bei solchen Meldungen immer als erstes auffällt, ist die Bezeichnung „Waffenhändler“ für Schmuggler. Durch diese falsche Bezeichnung wird ein traditionsreicher Berufsstand und dessen Kunden in die Schmuddelecke geschoben, der das nicht verdient hat. In Deutschland sind über 1000 Waffenhändler Mitglied im Bundesverband VDB (Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler e.V.). Waffenhändler benötigen Sachkunde, Handels- und Gewerbelizenzen, werden laufend kontrolliert und müssen Tausende von Regeln und Gesetzen befolgen. Waffenschmuggler stattdessen arbeiten ohne Kontrolle im Untergrund. Aus diesem Grund hatte ich 2011 den sehr kurzen Wikipedia-Eintrag zum Waffenhandel mit vielen neuen Informationen zur Historie und zur aktuellen Situation in Europa und Deutschland aufgefüllt, die den Unterschied zwischen legalem Handel und illegalen Schmuggeln verdeutlichen: Waffenhandel. Anscheinend haben einige Journalisten den Wikipedia-Artikel gelesen, da es zum Glück auch viele Schlagzeilen mit dem Wort Waffenlieferant gibt.

Darknet: weder rechtsfrei, noch anonym, noch billig

Der Kontakt zwischen dem mutmaßlichen Waffenhändler/schmuggler und seinen beiden mutmaßlichen Kunden war über einschlägige Internetforen im „Darknet“ zustande gekommen. Die Kommunikation zur Vorbereitung der Geschäfte erfolgte unter Nutzung des Verschlüsselungsprotokolls „Bitmessage“, das einen anonymen Austausch von E-Mail-ähnlichen Nachrichten in einem Peer-to-Peer-Netzwerk ermöglicht. Im Zuge der weiteren Ermittlungen wurde mit dem mutmaßlichen Waffenhändler/schmuggler ein Scheingeschäft vereinbart.

SEK-Einsatz.de vom 16. August 2016

Das Darknet ist kein rechtsfreier und völlig anonymer Raum. Wenn Journalisten fähig sind, dort illegalen Waffendeals zu folgen, dann können das auch Cyber-Cops. Man muss das nur wollen!

Bereits Ende Juli berichtete Motherboard-Vice über eine mögliche Verbindung zwischen dem Darknet-Nutzer „Maurächer“ und dem Attentäter aus München.

Eindrücklich zeigt der Fall, wie schwer es Waffenkäufer mit Betrüger-Angeboten im Darknet haben, und angesichts der immer weiter erhöhten Gebote zeigt der Fall auch klar, für wie viel Geld Waffen im Darknet gehandelt werden.

Motherboard-Vice vom 26. Juli 2016

Auch die folgende Meldung zum Darknet ist interessant:

Das Ende von Migrantenschreck? Polizei schnappt Kunden von Waffenshop
Die Ermittler vermuten nämlich inzwischen, dass es sich bei dem Shop Migrantenschreck um eine Betrugsmasche handeln könnte: „Für mich ist es fraglich, ob die Betreiber überhaupt ausliefern“, sagt etwa der Beamte, der die Anzeige gegen den nun Beschuldigten aufgesetzt hat.

Motherboard-Vice vom 16. August 2016

Wir wissen aus diversen Posts auf Facebook, dass besorgte Bürger sich schon mehrfach bei YT und FB beschwert hatten, wenn dort Werbung für diese Seite auftauchte. Doch war die Polizei anscheinend lange Zeit nicht daran interessiert, dies auch zu verfolgen.

Und wieder die Slowakei

Die Tatwaffe des Attentäters [..], der Mitte Juli in einem Münchener Einkaufszentrum neun Menschen erschoss, wurde in der Slowakei hergestellt. Dies bestätigte nun das slowakische Innenministerium gegenüber Motherboard. 

Motherboard-Vice vom 12. August 2016

ARD Europamagazin

Screenshot – ARD Europamagazin

Das Europa-Magazin der ARD hat zum Thema „Theater-/Salutwaffen aus der Slowakei“ ein Video publiziert, in dem viel Richtiges, jedoch auch einiges Falsches gesagt wird.

Die Richtlinien zum Umbau in Salutwaffen in der Slowakei waren tatsächlich wesentlich einfacher als in allen anderen Mitgliedsstaaten. Die Aussage, man müsse nur einen neuen Lauf einbauen, ist aber nicht sehr hilfreich. Waffenläufe sind wesentliche Teile, die man nicht einfach kaufen kann – nicht einmal im Darknet.

Wer jedoch großes Fachwissen im Metallhandwerk hat, kann die Umbauten zurückbauen, was dann häufig zu Klemmern führt, wie im Supermarkt in Paris und im Zug von Thalys. Oder derjenige fertigt eigene Läufe an. Aus Asien kennen wir Beispiel, wo im Hinterhof illegale Waffen mit rudimentären Werkzeugen hergestellt werden.

Im Video wird Roman Ficek vom FIREARMS UNITED Partner Legis Telum interviewt. Er sagt zu Recht, dass die Gesetze in der Slowakei bis Sommer 2015 zu lasch waren und mehrere Tausend dieser Salutwaffen in Europa im Umlauf sind. Mittlerweile sind die technischen Auflagen höher und die Käufer müssen sich registrieren lassen:

All has changed once a new law was adopted in 2015 that rules on deactivating guns more strict. Modifying the gun barrel is not enough anymore; producers have to make serious changes in all parts of weapon. For example, they have to make gun’s mechanism weaker so it will not handle pressure from regular bullet, according to Ficek. [..] Moreover new owners of expansion weapons have to take over the weapon in person and then register it. It also applies when one person is buying it from another.

The Slovak Spectator vom 3. August 2016 

Salutwaffen vs. Schreckschusswaffen

Quelle: Wikipedia

Wegen fehlender technischer Definition, aus Unkenntnis heraus oder wegen Übersetzungsfehlern werden leider Schreckschusswaffen und Salut-/Theaterwaffen verwechselt. In Deutschland und Italien gibt es behördliche Prüfbehörden, die darauf achten, dass Schreckschusswaffen, die in den Handel gelangen, nicht umbaubar sind. So muss in Deutschland jede „freie“ Waffe ein Prüfzeichen der Behörde haben. Bei Schreckschusswaffen erkennt man dies am Stempel „PTB“.

In Deutschland müssen Filmausstatter für umbaubare Salutwaffen eine Waffenlizenz besitzen und beim Dreh anwesend sein. D.h. wir unterscheiden zusätzlich noch zwischen Filmwaffen (erlaubnispflichtig) und Theaterwaffen (freie Imitate mit PTB Prüfzeichen).

Bis Sommer 2015 konnten Käufer slowakische Salutwaffen einfach online bestellen, obwohl die slowakische Polizei bereits im Jahr 2013 davor gewarnt hatte. Die Einfuhr nach Deutschland war jedoch verboten, da diese Salutwaffen nicht den deutschen Bestimmungen entsprachen. Wer solche Waffen vorsätzlich und in größerem Umfang bestellte, betätigte sich somit als Schmuggler.

Versagen der Polizei

Die Polizei hätte diesem Treiben, wenn sie gewollt hätte, ein Ende setzen können. Nicht nur in der Slowakei, sondern auch in Deutschland. Cyber-Cops hätten die Internet-Bestellungen bei der slowakischen Firma verfolgen können und die Käufer ermitteln können, die illegal solche Waffen einführten. Was noch schlimmer ist, dass das BKA nicht einmal alle Kräfte einsetzte, als 2014 vermutet wurde, dass in Schweinfurt diese Waffen illegal zurückgebaut wurden.

Christoph K. begann seine „Karriere“ als illegaler Waffenhersteller Max Mustermann während seines Studiums der Mechatronik an der FH Schweinfurt bereits 2013. Doch dauerte es noch zwei Jahre bis er durch ein Scheingeschäft aufflog.

Während die Ermittlungen auf Europol-Ebene ins Leere laufen, entdeckt das LKA Bayern im Sommer 2014 beim Surfen im Darknet einen entscheidenden Hinweis. Bei der Recherche der Cybercrime-Abteilung gerät Max Mustermann ins Fadenkreuz der Ermittler.

Um endlich herauszufinden, wer hinter Max Mustermann steckt, investieren sie ein paar tausend Euro und tätigen mehrere Testkäufe.

Motherboard-Vice vom 4. August 2016

Mein Fazit

Kein Waffengesetz kann Kriminalität verhindern, nur die Strafverfolgung und Verurteilung von Rechtsbrechern ist hierzu fähig.

Wer die Polizei ausdünnt, wer den Informationsaustausch bei Europol auf analoger Ebene lässt, wer der Polizei weder die Ausrüstung, noch das Fachwissen überlässt, um Kriminelle zu verfolgen, der braucht sich nicht zu wundern, wenn diese immer drei Schritte voraus sind.

Die Pläne der Bundesregierung und der EU gehen hier in die völlig falsche Richtung. Statt sich auf die illegalen Machenschaften zu konzentrieren, sollen noch weitere Polizeikräfte gebunden werden, um rechtstreue Waffenbesitzer zu kontrollieren und ihnen das Eigentum zu entziehen.

Anmerkung: Wir schreiben keine Namen von Massenmördern und ersetzen diese bei Zitaten mit [..]

AlexBenesch
AlexBenesch
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