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Politische Popkultur: Bond Spectre ist ein Totalausfall

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Werke der Popkultur haben meist einen viel größeren Einfluss als Sachbücher oder andere non-fiktionale Medien. Deshalb wird die Kunst gerne gemischt mit politischer Schleichwerbung und offensichtlicher Werbung für politische oder anderweitig relevante Standpunkte. Unsere neue Reihe „Politische Popkultur“ behandelt sowohl die Kunst als auch die Propaganda.

SPECTRE, der neueste Film aus der James Bond-Reihe, ist ein Totalausfall. Eigentlich war es fast unmöglich, unter den Voraussetzungen einen Reinfall zu produzieren, aber mit einem absurden Drehbuch haben das Studio und der Regisseur es tatsächlich geschafft. Nach dem erfrischenden Casino Royale und dem akzeptablen Quantum of Solace war der gefeierte Skyfall entschieden zu düster, Bond war ein geprügelter Hund mit Persönlichkeitsproblemen und letztendlich war es eine überflüssige Idee der Drehbuchautoren, eine Debatte darüber zu führen, ob Agenten in der heutigen Zeit überhaupt noch wichtig sind.

In den vorhergehenden Bond-Filmen herrschte ein gewisses Illuminati-Feeling, angesichts der allgegenwärtigen Organisation Quantum, die selbst den britischen Geheimdienst mühelos unterwandern konnte. SKYFALL ruinierte diese Mystik durch einen Bösewicht, der einfach nur ein beleidigter Meisterhacker war, der auf dem Keyboard herumklackert. In SPECTRE herrscht hingegen zu Beginn wieder heftiges Illuminati-Feeling, als Bond sich mit Hilfe eines gestohlenen Rings in ein elitäres Mafia-Treffen in einem aristokratischem Palast einschleicht. Dies währt aber leider nur kurz, denn im Rest des Films bekommt man nur abgedroschene Action in einem Zug, im Schnee und der Wüste. Außerdem ist die Mystik tot, sobald man erfährt, dass Oberhauser/Blofeld nur eine beleidigte Leberwurst ist und die Spitze der Organisation darstellt.

Ebenfalls killt der Film SPECTRE die Mystik des britischen Geheimdienstes und des Britischen Imperiums. In klassischen Bond-Filmen gab es zahlreiche Anspielungen auf das Freimaurertum und die Geheimnistuerei der britischen Krone, aber in SPECTRE sind Bonds Vorgesetzte und Kollegen nur bemühte, langweilige Arbeiter, die ihren Job verrichten.

Der Zuschauer wird sicherlich kein Fan des MI6 werden, dafür sind die Werbebotschaften zu lahm und zu verlogen. Der MI6 beklagt zuviel Überwachung? Echt jetzt?

Für SPECTRE hätten die Drehbuchautoren unzählige Möglichkeiten gehabt, den Spaß zurückzubringen der frühere Bond-Filme auszeichnete, und doch gleichzeitig relevant zu bleiben. Im kalten Krieg versuchte die Organisation Spectre noch, Ost und West gegeneinander auszuspielen und rekrutierte dafür karikaturhafte Agenten aus der ganzen Welt. Warum nicht diese Idee wieder aufgreifen? Shows wie Homeland und The Americans reflektieren längst erfolgreich die aktuelle Weltsituation. Der neue Blofeld könnte mit Gentechnik und anderen Tricks seine Agenten aufpeppen und in seinem Versteck neue Monster und Superwaffen züchten.

Stattdessen schrieben die Drehbuchautoren mit SPECTRE erneut eine abgedroschene Rachegeschichte über eine zum Bösewicht mutierte Person aus Bonds Vergangenheit wie in Skyfall, es wird erneut herumdebattiert ob man die Agenten überhaupt noch braucht wie in Sykfall, Bond landet mit seinem Bondgirl erneut in der Wüste wie in Quantum of Solace, die Actionszenen im Skript sind fast ohne Ausnahme lustlos und sinnfrei, die Charaktere blutleer und uninteressant.

Das traditionelle Intro des Films wirkt zusammengestückelt aus alten Ideen und den Song hat man sofort vergessen, nachdem er vorbei ist. Die erste große Actionszene ist ganz nett, kann aber nicht mithalten mit dem Beginn von Casino Royale. Alle typischen Elemente sind zwar vorhanden, wie die Verfolgungsjagden mit Sportwagen, physische Kämpfe, hilfreiche Werkzeuge von Q, aber es wirkt alles, als hätte es ein Neuntklässler verfasst. Eine Actionszene im verschneiten Österreich machte bereits auf dem Papier keinen Sinn und dem Regisseur blieb nichts anderes übrig, als Bond in einem windigen Kleinflugzeug gegen drei Gelängewagen voller bewaffneter Bösewichter fliegen zu lassen, die anscheinend nicht in der Lage sind, auf die Bremse zu treten, um Bond abzuschütteln.

Als Bond mit seinem langweiligen Bond-Girl schließlich am Geheimversteck des Bösewichts auftaucht, wird man unweigerlich an Quantum of Solace erinnert. Warum schon wieder die Wüste? Warum nicht irgendetwas Interessantes wie ein düsteres Schloss in den österreichischen Alpen mit unterirdischer Forschungsanlage? Man sieht nur ein paar wenige flache Gebäude und zunächst ging ich davon aus, dass eine interessante unterirdische Anlage existieren muss. Weit gefehlt! Auf die Frage, was dieser Ort sei, antwortet Blofeld/Oberhauser, es handle sich um ein paar Bürogebäude, in denen seine Leute vor Computerbildschirmen sitzen und Informationen der Geheimdienste abgreifen. Wie bitte? Keine Superwaffen? Keine Raketen? Keine schrägen Überraschungen?

Bond rettet sich auf die primitivste Weise, kann sich ohne Probleme mit einem einzigen Magazin im Dauerfeuer den Weg freischießen und aus irgendeinem Grund geht die ganze Anlage in Flammen auf. Das Ganze ist so erbärmlich, dass man die Notwendigkeit spürte, am Ende einen weiteren Showdown oben drauf zu setzen, der genauso lustlos, unlogisch und frustrierend ist. Selbst die Dialoge, die in Casino Royale so wunderbar funktionierten, sind in SPECTRE unterirdisch. Einer der Bösewichter erzählt am Showdown, der britische Geheimdienst sei zu nett und zu schwach, während er hart genug sei um das zu tun was er tut. Niemals hätte solch ein kindischer klischeehafter Stuss Einzug finden dürfen in eine der teuersten Kinoproduktionen des Jahres.

Es ist bezeichnend, dass die Giganten der Unterhaltungsindustrie nicht einmal mehr eine gute Propaganda zustande bringen.

AlexBenesch
AlexBenesch
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