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Westen hatte jahrelang Putins System gefördert, spielt jetzt große Empörung nach Nemzow-Mord

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De Visu/Shutterstock

KOMMENTAR

Boris Nemzow, einer der letzten großen Kreml-Kritiker, ist auf offener Straße aus einem fahrenden Auto erschossen worden. Die westlichen Medien, die jetzt vor Entrüstung schier platzen, taten allerdings jahrelang nicht sonderlich viel, um den Dissidenten in Putins Regime zu helfen. Nach Alexander Litwinenkos Ermordung gab es nicht viel Reaktion, kaum ein Deutscher weiß wer Anna Polikowkskaja war, das Flugzeugdesaster in Smolensk wurde vertuscht, generell der gesamte Imperialismus Russlands wurde unter den Tisch gekehrt. Erst seit 2014 ist alles anders. Jetzt dürfen die Massenmedien das laut schreiben, was sie zuvor kaum anzufassen wagten.

Ich weiß noch ganz genau, wie 2006 kein Professor an meiner Uni ein schlechtes Wort über über Russland hören wollte. Zur gleichen Zeit erschien Boris Reitschusters Buch „Putins Demokratur“ und die meisten hielten es für Hysterie und Schwarzmalerei.

Anfang November 2010 wurde der russische Journalist Oleg Kaschin brutal zusammengeschlagen, sodass er mit schweren Schädelverletzungen und zahlreichen Knochenbrüchen ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Er hatte sich zuvor mit seiner Kritik an den undemokratischen Zuständen in Russland viele Feinde gemacht.

“Oleg Kaschin hatte ein Interview mit Umweltaktivisten publiziert, die gegen ein Straßenbauvorhaben bei Moskau protestierten. Prompt wurde er auf der Internetseite der Kreml-Jugendorganisation als Verräter-Journalist bezeichnet, der seiner Strafe nicht entgehen werde. Mit einer Eisenstange wurden ihm der Kiefer, die Beine und Handknochen zertrümmert.“

Und als Ende November 2010 der Putin-Kritiker Boris Nemtsow aus den USA zurückkehrte, wurde er noch am Moskauer Flughaften verprügelt. Nach seinen Worten waren es Angehörige der Naschi. In den USA hatte es Boris Nemtsow gewagt für Wladislaw Surkow, den Kreml-Berater und Mitbegründer der Naschi, ein Einreiseverbot in die USA zu fordern.

Der Russland-Kenner Jürgen Roth berichtete, wie wenig so etwas die deutschen Machtkreise interessierte:

Was die Angelegenheit so schmierig macht sind deutsche Politiker die das alles nicht besonders zu stören scheint. Einer ist Philipp Mißfelder, Chef der Jungen Union und außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU. Er hat wenig Berührungsprobleme mit Mitgliedern der Putin-Jugend Naschi. Zum Beispiel mit dem Duma-Abgeordneten Robert Schlegel. „In Moskau wird Philipp Mißfelder mit Robert Schlegel diskutieren.“ Die Diskussion fand im Zusammenhang mit einer Veranstaltung des Vereins “Deutschland-Russland – Die neue Generation” in Moskau statt.

Zu diesem Verein gehört als Vorsitzende  Anna-Marie Großmann, die Tochter des Chefs des Energiekonzerns RWE an. Unterstützt wird sie von Maximilian von Waldenfels. Das ist der Sohn des ehemaligen bayerischen Finanzministers und war bis zum Rücktritt des Plagiators und Verteidigungsminister Theodor zu Guttenberg dessen persönlicher Referent. Dann sind auch noch zwei führende Mitarbeiter von McKinsey dabei. „Vernetzt sind die Leute von der „neuen Generation“ in der Politik sehr gut“. schreibt Markus Wehner in der FAZ. Sogar Bundespräsident Christian Wulff, in dessen Umfeld ein Mitglied des Vereins sitzt, setzte sich für den Verein ein, damit Wladimir Putin sie in Moskau empfängt.

Mitinitiiert wurde der Verein von Wladimir Kotenjow, dem russischen Ex-Botschafter in Berlin, einem Mann mit einer bewegten Vergangenheit und bis heute ein treuer Vasall des undemokratischen Systems Wladimir Putin. Inzwischen ist der langjährige Propagandist für Putins Politik (Botschafter von 2004-2010)  kein Diplomat mehr, sondern lässt sich nun von Gazprom als deren Deutschland-Chef fürstlich bezahlen. Seine Aufgabe ist es für Gasprom den Weg nach Westen noch weiter zu öffnen und den Einfluss des Energie-Unternehmens in Europa ausbauen.

Geld spielt da keine Rolle. Ebenso hilfreich sind natürlich Beziehungen, um dieses vom Kreml vorgegebene Ziel zu erreichen. Sanfte Propaganda auf der einen Seite – und da spielt der Verein „Die neue Generation“ wohl eine wichtige Rolle – und brutale Gewalt in Russland auf der anderen Seite, man spürt die Schule des alten KGB.

Um entsprechende Überzeugungsarbeit zu leisten flogen 120 Mitglieder des Vereins, auf eigene Kosten, von Berlin aus nach Moskau, um die schönen Seiten von Russland besser kennenzulernen. „Ein Wermutstropfen ist, dass das geplante Treffen mit Wladimir Putin nicht stattfinden wird. Der Ministerpräsident hat abgesagt. An seiner statt kommt der stellvertretende Minister für Jugend und Sport. Zudem wird Wladimir Kotenjow mit dem Vorstandsvorsitzenden von Eon-Russland diskutieren. Und wer sponsert nun die Veranstaltung Die neue Generation in Moskau? „Neben Gasprom, der Gasprombank und McKinsey gehören Eon, Wintershall, Siemens, Porsche, die Deutsche Bank, Henkel sowie russische Industrieriesen wie Sewerstal oder Norilsk Nickel dazu.“

AlexBenesch
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