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Mutmaßlicher russischer Spionagering in New York hochgenommen

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Foto: Shutterstock

Drei russischen Männern in New York wurde nach jahrelanger Ermittlungsarbeit vom FBI Spionagetätigkeit vorgeworfen: Igor Sporyshev und Victor Podobnyy nutzten ihre diplomatische Immunität als UNO-Abgesandte und verließen das Land, während der offiziell als Banker tätige Evgeny Buryakov festgenommen wurde. Ihn erwarten 15 Jahre Haft, falls es nicht zu einem Agententausch kommt.

Edward Lucas, der Autor von „Deception: The Untold Story of East-West Espionage Today,“ erklärte dass die russische Spionage im Westen heute sogar umfangreicher sei als noch zu Sowjetzeiten. Die drei Männer in New Yorl beabsichtigten Gerichtsdokumenten zufolge, weibliche Studenten an einer Universität zu rekrutieren um mit diesen dann einflussreiche Figuren zu kompromittieren. Außerdem sollten amerikanische Geschäftsleute angelockt werden mit schnellen Reichtümern durch die russische Energiewirtschaf und es wurden der Anklage zufolge Informationen über Hochfrequenzhandel gesucht um Störungen zu verursachen, die einen Flash Crash auslösen können.

Eine russische Nachrichtenorganisation in den USA, Mutmaßungen zufolge handelt es sich dabei um die TASS die in der Vergangenheit eng mit dem KGB kooperierte, soll mit dem Spionagring unter einer Decke stecken. Dies könnte auch Auswirkungen haben auf die weitere Vergabe von Sendelizenzen. US-Sender sind in Russland erheblichen Beschränkungen ausgesetzt, umgekehrt senden russische Programme bisher weitestgehend ungehindert in Amerika.

Wie fähig ist die neue Generation der Spione wirklich? Anna Chapman, die vor wenigen Jahren vom FBI enttarnt wurde, arbeitete mit weiteren Schläfer-Agenten die anscheinend wenig sensitives Material beschaffen konnten. Dennoch sind auch solche Spione nicht zu unterschätzen: Sie können Deckadressen und Safe Houses bieten für geheime Missionen, Fahrzeuge beschaffen und andere esentielle Dinge.

US-Bürger erhielten in den TV-Serie „The Americans“ erstmals einen halbwegs realistischen Einblick in das Leben von Schläfer-Agenten

Die Cambridge Five

Die „Cambridge Five“ gelten als der wichtigste Spionagering der Sowjets im 20. Jahrhundert: Kim Philby (Deckname „Söhnchen“), Donald Maclean, Guy Burgess, Anthony Blunt und wahrscheinlich auch John Cairncross wurden in den 1930ern am Trinity College der Ulite-Universität Cambridge angeworben. Blunt und Burgess waren auch Mitglieder der mysteriösen Gruppe Cambridge Apostles.

Vieles spricht dafür, dass der fünfte mann jedoch nicht Cairncross gewesen war, sondern Nathaniel Mayer Victor Rothschild. Er studierte ebenfalls am Trinity College in Cambridge und verhielt sich wie ein Playboy, fuhr Bugatti und sammelte Kunst. Genau wie Blunt und Burgess wurde er Mitglied der marxistischen Geheimgesellschaft Cambridge Apostles. In dem Zirkel lernte er auch Kim Philby kennen, den „Super-Spion“.

Irgendwann teilte Victor Rothschild, ein Baron, sich eine Wohnung mit Burgess und Blunt.

Während dem zweiten Weltkrieg wurde er rekrutiert für den Geheimdienst MI5 und galt als Türöffner für den sowjetischen Spionagering. Nach dem Ende der Sowjetunion beteuerten sechs KGB-Colonels in Moskau, darunter der Führungsoffizier des Spionagerings, dass Victor tatsächlich der fünfte Mann gewesen sei.

„Er hatte die Kontakte,“

erklärte Colonel Juri Modin.

„Er konnte Burgess, Blunt und andere Typen den wichtigen Figuren in den Geheimdiensten vorstellen, wie Stewart Menzies, Dick White und Robert Vansittart im Außenministerium, der den MI6 kontrollierte.“

Victor arbeitete später als Berater für Magaret Thatcher in Sicherheitsfragen. Letztendlich wurde er doch leitender Vorsitzender der Familienbank.

Die Cambridge Five versorgten sie die Sowjetunion mit Informationen über die Kriegsstrategie und Waffentechnik der westlichen Alliierten. Später wechselten einige von ihnen in die USA, um dort beim Aufbau der CIA mitzuhelfen. Stalin misstraute ihren Informationen jahrelang und hielt sie für Doppelagenten.

Burgess und Maclean flüchteten 1951 in die Sowjetunion, Philby war bis 1963 als Agent aktiv, bevor er ebenfalls in die UdSSR flüchtete. Dort arbeitete er bis 1988 als Berater des KGB. Blunt wurde 1964 enttarnt. Als Leiter der königlichen Gemäldegalerie wurde ihm jedoch Politische Immunität zugestanden, um die königliche Familie nicht in den Skandal hineinzuziehen. Erst 1979 wurde ihm seine mittlerweile verliehene Ritterwürde aberkannt.

Neben der Cambridge-Connection dürfte wohl auch eine Oxford-Connection bestanden haben, aber bislang wurden den KGB-Archiven nur die Decknamen Bunny und des Chefrekrutierers Scott entlockt. Die genaue Zahl der Agenten dieses Oxford-Rings ist unbekannt.

Die großen Illegalen

Anfang bis Mitte der 1930er Jahre galt als die Zeit der „großen Illegalen“ in den Vereinigten Staaten; einige der fähigsten Agenten waren nicht einmal gebürtige Russen, sondern kosmopolitische, mehrsprachige Mitteleuropäer die für die Komintern im Untergrund gearbeitet hatten bevor sie sich der Tscheka anschlossen und den visionären Glauben an ein kommunistisches Utopia teilten. Arnold Deutsch, der Hauptanwerber von Studenten und Jungakademikern an der Eliteuniversität Cambridge, war ein Österreicher. Nach einer Reihe eher kleinerer Aufträge brillierte er bei seiner Mission in Großbritannien, seine Rekruten landeten alle später im britischen Außenministerium oder im britischen Geheimdienst. Seine Rolle wurde erst 1990 offiziell vom KGB eingestanden; viele Details sind noch geheim. Der erfolgreichste Illegale des russichen militärischen Nachrichtendienstes war lange Zeit der Deutsche Richard Sorge. Erfolgreich beschaffte man diplomatische Chiffrierschlüssel und Dokumente von korrumpierbaren Leuten, die nicht von einer Ideologie, sondern von Geld und Sex angetrieben wurden. Der Verführer Dmitri Bystroletow (Codename HANS und ANDREJ) umgarnte weibliche Angestellte in den Büros wichtiger Einrichtungen; 1927 gelangte er über eine 29-jährige Angehörige der französischen Botschaft an diplomatische Chiffrierschlüssel und geheime Mitteilungen.

Selbstanbieter

Zu den sogenannten „Selbstanbietern“ während dem kalten Krieg gehörte Corporal James Morrison von der kanadischen RCMP; er bot dem KGB seine Dienste für zunächst 5000 Dollar an und verriet mit seinen Informationen u.a. den russischen Agenten Jewgeni Brik, der nach langer Zeit zu den Kanadiern übergelaufen war und dafür schließlich von den Russen nach Moskau gelockt und verhaftet wurde. Der Überläufer Robert Lee Johnson war ein unzufriedener und verschuldeter Sargeant der US Army. Als Bewacher der Kurierzentrale der US Army auf dem Pariser Flughafen Orly, eine der Hauptschnittstellen des geheimen militärischen Kommunikationssystems, übergab er 1600 Seiten an Material an die Russen: Chiffren und Tagestabellen für die Codemaschinen Adonis, KW-9 und HW-18, die Operationspläne des Oberkommandos der US-Streitkräfte in Europa, Dokumente über die Produktion von Atomwaffen und weiteres sensibles Material. Zum Verhängnis wurde Johnson, dass es auch auf der anderen Seite Unzufriedene gab; er wurde 1964 aufgrund eines Hinweises des russischen Überläufers Nosenko festgenommen. Zwei NSA-Bedienstete namens Mitchell und Martin waren dermaßen überzeugt davon, dass die Sowjetunion der bessere Ort zum Leben sei, dass sie nicht nur zu den Sowjets überliefen, sondern gleich auch übersiedelten. Schnell machte sich eine tiefe Ernüchterung breit, da war es allerdings bereits zu spät.

Simm

Zu den aktuelleren Fällen zählt Herman Simm, er arbeitete von 1995 bis zu seiner Festnahme am 19. September 2008 als Agent des russischen Geheimdienstes SWR. Der SPIEGEL berichtet:

„Während dieser Zeit stieg er im estnischen Verteidigungsministerium auf zum Chef der nationalen Sicherheitsbehörde und organisierte den Nato-Beitritt Estlands. Simm hatte Zugang zu geheimsten Dokumenten. Im Ministerium war er unter anderem zuständig für die Sicherheitsüberprüfung von Mitarbeitern, Geheimhaltung und Verschlüsselungstechnik.

Bis 2002 arbeitete Simm zeitweise auch für den deutschen Bundesnachrichtendienst. Am 25. Februar 2009 wurde er zu zwölfeinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilt.“

Sein größter Scoop wären die Informationen über alle enttarnten russischen Spione innerhalb der Nato gewesen, quasi das gesamte Wissen der Spionageabwehr. Er startete seine Karriere im sowjetischen Innenministerium 1970 und arbeitete im estnischen SSR bis 1991.

AlexBenesch
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