spot_img

Gesamter Vorstand der PDV tritt zurück: Die Analyse

Datum:

Kommentar

Eine knappe Mitteilung auf der offiziellen Seite der Partei der Vernunft verkündet den Rücktritt des gesamten Bundesvorstandes:

Den Rücktritt begründen die ausgeschiedenen Mitglieder des Bundesvorstandes mit den aus ihrer Sicht in der PDV nicht umsetzbaren, im Grundsatzprogramm niedergelegten, Zielsetzungen, da es an dem als unerlässlich angesehenen, an der Realität und pragmatischem Vorgehen ausgerichteten Umsetzungswillen fehlt.

An die Mitglieder ging eine weit ausführlichere Stellungnahme, die mir vorliegt. Was nun von entscheidender Bedeutung ist, ist eine saubere Maneuverkritik. Ich selbst war nie Mitglied und werde in meiner gesamten Journalistentätigkeit auch nie Mitglied irgendeiner Partei werden. Dennoch war die PDV immer die einzige sympathische, wählbare Partei im gesamten Spektrum gewesen, deren Programm den sozialismusfreien, pragmatischen Rechtsstaat verankerte und unmissverständlich am Monopol-Geldsystem rüttelte. Eigentlich hatte die PDV mehr als genug mehrheitsfähige, populäre Positionen. Die FDP schaffte vor wenigen Jahren noch gewaltige 14% Wahlergebnis mit der Verheißung auf Steuersenkungen.

Die Probleme der PDV sind zum Teil die Probleme des gesamten real existierenden politischen Liberalismus in Deutschland. Die FDP machte ihre Versprechungen nicht war und wurde gnadenlos abgestraft von denjenigen Wählern, die sich im Beruf gnadenlos selbst ausbeuten oder ausbeuten lassen. Ich selbst gehöre zu der Kategorie Mensch, die sich selbst ausbeuten müssen, Arbeitsplätze schaffen und für die keine politische Lobby einspringt. Ich bin als Liberaler, Wähler und Journalist eigentlich das Zielpublikum der PDV und ich bin wirklich nicht von den Ergebnissen beeindruckt. Vielen anderen aus dem Zielpublikum wird es ähnlich gehen.

Im Bekanntenkreis sprach ich mit Frauen, die bis zum Zusammenbruch im Außendienst großer Firmen arbeiteten und sich von der FDP eine Verminderung ihrer finanzamtlichen Ausbeutung erhofften. Die erhoffen sich jetzt alle eine wählbare Alternative.

Der scheidende PDV-Bundesvorstand beklagt, dass die Partei sich in den letzten fünf Jahren kaum vom Fleck wegbewegte. Es stimmt: Jeder Türkenverein in Deutschland ist disziplinzierter, geschlossener und besser von Mitgliedern finanziert als die PDV. Man muss aber dabei beachten, dass die alteingesessene FDP im selben Zeitraum aus dem Bundestag und vielen Länderparlamenten flog und bald keine politische Bedeutung mehr hat. Die FDP war immer eine Systempartei. Der Entwurf für den Euro-Rettungsschirm ESM und das ESM-Finanzierungsgesetz stammte von der CDU und der FDP. Die FDP-Liberalen stimmten fast geschlossen für diesen Unsinn. Selbst Rainer Brüderle lobte die „Stabilitätsarchitektur“ die geschaffen wurde und die nichts anderes als eine Transferunion ist.

Das heißt, die PDV konkurrierte nicht nur mit einem etablierten Monstrum, sondern mit dem allgegenwärtigen linken Zeitgeist, der selbst in der CDU vorherrscht und in den Köpfen der Menschen zur Norm geworden ist. Der scheidende PDV-Bundesvorstand beklagt, dass selbst allerlei schräge Parteien und Figuren inzwischen zumindest im Europaparlament angekommen sind, nicht aber die PDV.

Woran lag es also? Kaum einer, der in der Partei ist, wird die innerparteilichen Streitigkeiten wegleugnen können. Was aber gibt es in der Frühzeit einer solchen Partei denn bitte groß zu streiten über die Abschaffung des Geldmonopols, die Ablehnung des ESM und Steuersenkungen? Gerade die PDV musste doch Geschlossenheit zeigen und gleichzeitig demonstrieren, dass diese Pfeiler zwar an sich unverhandelbar, aber gleichzeitig nicht über Nacht umzusetzen sind.

Einer der Sargnägel der PDV war immer der anarchokapitalistische Flügel, der zum einen verfassungsfeindlich und zum anderen eine Nischen-Sekte ist. Zum Mitschreiben für die ganz Langsamen: Die Forderung, die rechtsstaatliche Republik an sich zu ersetzen mit einer staatenlosen ideologischen Fantasie, in der Scientology-Recht und muslimisches Recht auf deutschem Boden von „Kunden“ ausgesucht werden können wie ihre Autoversicherung, ist verfassungsfeindlich, illegal, eine erfolglose Nischenerscheinung und würde schnell und mit Leichtigkeit von dem herrschenden Obrigkeitsstaat einkassiert werden.

Der scheidende Bundesvorstand beklagt zwar einerseits die dogmatischen und zersetzerischen Querulanten, gab andererseits anarchokapitalistischen Magazinen Interviews und damit Legitimität. Ich selbst erinnere mich daran, wie sektiererische Individuen in unserem Online-Forum gezielt nach PDV-Stammtischen suchten, um deren Mitglieder auf Linie zu trimmen und von der angeblichen Sinnlosigkeit und Bösartigkeit politischer Arbeit zu überzeugen. Es wird von den entsprechenden Gurus gelehrt, dass der Staat (gemeint ist die Republik an sich) an allem Schuld sei, obwohl der Staat aus Menschen besteht und nur Menschen handeln können. Außerdem hätten nur die Anarchokapitalisten die reine, heilige Lehre der absoluten Gewaltlosigkeit. Dummerweise predigen sie nur die schwächsten Mittel (Rückzug, Medien, Provokation) um an der Unterdrückung etwas zu ändern und sabotieren sinnvolle Politik.

Die AfD hatte Erfolg wegen ihren konservativen Elementen, während die PDV versagte. Die britische UKIP-Partei hatte noch viel viel mehr Erfolg, wegen einem gesunden Mix aus konservativen und liberalen Elementen. Die PDV erstickte unter anderem wegen der anarchokapitalistischen Sektiererei. Wer höchst politikfeindliche Individuen in eine politische Partei hineinlässt, die sich oft noch nie im realen Leben bewähren mussten, ist selber schuld.

Ein Bundesvorstand kann nicht und darf nicht Zielscheibe sein von Leuten, die sich endlich mal so richtig an der Politik rächen wollen und die aus ideologischen Gründen nicht genau hinschauen, wen es trifft. Neben den Sektierern, die sich wahrscheinlich noch rühmen werden, eine Partei kaputt gemacht zu haben, muss man das Augenmerk wie immer richten auf toxische Individuen, die Gewissenlosen, die Niederträchtigen und die Heuchler, die in jeder etwas größeren Gruppe zu finden sind. Es reicht nicht, „den Staat“ als Teufel zu definieren, denn moralisch Behinderte trifft man überall an, auch in religiösen Gruppen und in Unternehmen. Einer der größten Irrtümer ist es, zu glauben dass „böse Individuen“ nicht das Problem seien sondern nur der Staat. Hintertriebene Individuen können eine Gruppierung sehr schnell kaputtmachen und die Werte der Gruppe pervertieren. Die Fähigkeit, toxische Individuen rechtzeitig zu erkennen und ins Abseits zu stellen, ist weit wichtiger als der schnelle Gesinnungstest auf Facebook.

Wer wird nun die Nachfolge des Bundesvorstands antreten? Anarchokapitalistische Hoppe-Indianer und Molyneux-Fans, die ihre Familienmitglieder auf den Mond geschossen haben weil die sich nicht rekrutieren lassen wollten? Wie werden die Neuen der Arbeitslast und den Streitigkeiten gerecht werden? Wer wird der PDV von Außen noch Aufmerksamkeit schenken wenn die Organisation hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt ist?

Ich empfehle allen Beteiligten einen Crashkurs in politischer Ponerologie. Energie verschwindet nicht, sie wechselt nur ihre Form. All diejenigen, die Energie und Durchblick haben, mögen sich finden und in Zukunft effektiver die Unterdrückung und Ausbeutung bekämpfen.

AlexBenesch
AlexBenesch
Senden Sie uns finanzielle Unterstützung an: IBAN: DE47 7605 0101 0011 7082 52 SWIFT-BIC: SSKNDE77 Spenden mit Paypal an folgende Email-Adresse: [email protected]
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img

Related articles

Geheimdienste sollen verdeckte russische Finanzierung für Politiker in Europa aufgedeckt haben

Kommentar "Voice of Europe" schien wie eine typische, pro-russische Nachrichtenseite im Internet mit entsprechenden Beiträgen und Interviews mit europäischen...

Recentr LIVE (26.03.24) ab 19 Uhr: Dunkelfeld

Wir leben in einem Zeitalter, in dem die Menschen die falschesten Vorstellungen von den drei Supermächten besitzen. https://youtu.be/Q87IgKxwsQo

Islamischer vs. westlicher Globalismus

Propaganda aus der muslimischen Welt enthält viele Elemente, die auch westliche Sozialisten verwenden, und solche, die bei westlichen...

ISIS-K ist Russlands nächstes Problem

Kommentar Russland unter den Zaren träumte davon, das ottomanisch-islamische Kalifat zu zerstören und zu übernehmen. In der sowjetischen Phase...