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Rezension von James Yeagers Buch “High Risk Civilian Contracting”

Datum:

Von Alexander Benesch

James Yeager liefert mit „High Risk Civilian Contracting – Working In A War Torn World“ ein außergewöhnliches Sachbuch, das es in dieser Form zuvor nirgendwo gab:

Es ist hauptsächlich zwei Dinge: Eine Dokumentation über den Beruf, sowie ein Ratgeber für aktive oder völlig neue Leute in der Branche. Wer stattdessen eine ausführlichere und vor allem persönlichere Story über den Beruf wünscht, der findet diese bei der Biographie von Yeagers Ex-Kollegin Neryl Joyce. Ihr Buch „Mercenary Mum – My Journey From Young Mother to Baghdad Bodyguard“ gibt es seit heute, dem 1. Oktober, auch im deutschen Raum als Taschenbuch und Kindle Edition:

Im Deutschen ist statt dem Begriff „Contractor“ eigentlich nur das Wort „Söldner“ in Gebrauch, obwohl ein großer Unterschied zwischen den beiden Begriffen besteht. Die meisten Menschen haben von exakt einer einzigen „Söldner“-Firma und deren Skandalen schon einmal gehört: Blackwater. Es gibt allerdings viele weitere Firmen für Sicherheitsdienstleistungen auf der Welt und die Contractors sind beileibe nicht nur in Kriegsgebieten tätig, sondern übernehmen eine breite Reihe an Aufgaben.

Vor seiner Contractor-Tätigkeit war James Yeager u.a. Scharfschütze eines Sondereinsatzkommandos, Polizist und Undercover-Polizeiermittler, sowie Polizeichef in einer kleinen Stadt seines Heimat-Bundesstaates in den USA. Seit 1994 ist er als Ausbilder tätig für Behörden und Zivilisten, leitet zu diesem Zweck die Firma Tactical Response und produziert Videos für seinen populären Youtube-Kanal. Er ist also weder ein anonymer Internet-Hochstapler, noch passt er in die Kategorie „einsamer regierungsfeindlicher Hinterwäldler“. Je weniger die Polizei in den USA ihren Aufgaben hinterherkommt, umso mehr US-Bürger werden Sicherheitsdienstleister-Firmen starten um die Nachfrage zu befriedigen. Auch jemand, der für die Regierung als Polizist oder Soldat arbeitet, unterzeichnet einen Vertrag. Der große Nachteil dabei ist, dass der Staat als direkter Arbeitgeber gleichzeitig die Justiz kontrolliert.

Bevor das eigentliche Buch beginnt, gibt es ausführliche Danksagungen, vor allem in Richtung seiner Frau:

Ohne sie wären keine meiner Errungenschaften möglich gewesen. Sie ist die Personifizierung des alten Sprichworts ‚Hinter jedem guten Mann steht eine großartige Frau.‘ Ich liebe dich Becca.

Er hat Gott sei Dank ein gesundes Frauenbild und keine narzisstischen Anwandlungen.

Der Unterschied

Was ist für Yeager also der zentrale Unterschied zwischen einem Söldner und einem High Risk Civilian Contractor?

„Der Contractor würde niemanden für Geld töten, den er ohne Bezahlung nicht töten würde.“

Die allermeisten Contractors sind patriotisch gesinnte, hart arbeitende Leute mit verschiedenen Tätigkeiten inmitten eines Bedrohungsszenarios. Yeager war eine Art Bodyguard im Irak, der mit seiner Gruppe diverse Personen vor feindlichen Guerillas schützte. Andere Contractors bewachen in anderen Ländern den ganzen Tag lang Parkplätze mit Regierungsfahrzeugen oder begleiten LKWs oder machen fast ausschließlich Sanitätsdienste.

Wer einmal vor seiner Contractor-Karriere bei irgendeiner Spezialeinheit war, der hat natürlich gute Chancen um in die private Industrie einzusteigen. Wer allerdings 5 Jahre lang oder länger bereits aus regulären Streitkräften ausgeschieden ist und seitsem nicht trainiert hat, der hat wesentlich schlechtere Karten als Polizisten und Mitglieder von Polizei-Sonderkommandos. Denn diese sind es gewohnt, den ganzen Tag lang auf der Hut zu sein inmitten einer belebten Welt voller versteckter Risiken. Auch beliebt: Sanitäter die schießen können und Erfahrungen mit Schussverletzungen haben. Frauen sind zwar nur im Verhältnis von 1 zu 100 im Vergleich zu Männern als Contractor tätig, dennoch dienen sie erfolgreich meist weiblichen Kunden, die nach den Sitten und Gesetzen bestimmter Länder beispielsweise nicht in den privaten Raum hinein von männlichen Bodyguards begleitet werden dürfen. Auch bei Frauen können meist diejenigen einen Contractor-Job ergattern, die zuvor im Polizeidienst tätig waren. Schlechte Karten haben Personen, die nichts dergleichen vorzuweisen haben, Träumer, Fantasten und Schwindler, denn es gibt ziemlich rigorose Hintergrundprüfungen.

Ein guter Einstieg ist das Buchen von Contractor-Ausbildungskursen, denn erstens erwirbt man damit anerkannte Ausbildungszertifikate und Skills, zweitens lässt es sich dort mit Leuten aus dem Contractor-Business netzwerken. Aber Achtung: Es gibt keine einheitlichen Titel die man erwerben kann und die jemandem garantiert Aufträge einbringen. Einige Ausbilder zocken ihre Kunden ab mit minderwertigem, überteurerten Training und übertriebenen Versprechungen.

Yeager erklärt, wie man eine Karriere startet, ohne in tiefe Gruben hineinzufallen. Hat man diverse Kurse wie CQB (Close Quarters Battle) abgeschlossen, jagt man nach Aufträgen die wiederum von Firmen vergeben werden. Auch hier finden sich die schwarzen Schafe, die Neulinge abzocken und bei Problemen im Regen stehenlassen wollen.

„Du hast keinen Job solange wie du noch kein Flugticket in der Hand hältst.“

Ein weiterer Tipp: Alles dokumentieren, was wann von wem wie getan oder kommuniziert wurde. Geht nämlich etwas schief, starten nämlich die Schuldzuweisungen. Yeager rät auch dringend davor ab, sich unvorbereitet aus seiner alten Welt in ein Abenteuer hineinflüchten zu wollen, da man unbedingt Startkapital und Notgroschen braucht. Wer in der Friedenswelt schon nicht zurechtkommt, der macht es nicht lange in instabilen Regionen.

Ein Anwalt will bezahlt werden, um Verträge zu prüfen, ein Steuerberater muss Vieles aufdröseln und organisieren, man muss sich genau in sein Zielland einlesen. Darf man sein eigenes, ultra-teures Gewehr aus der Heimat mitbringen? Nein. Man bekommt stattdessen nach der Ankunft, oft schon am Flughafen, eine schrammelige Kalaschnikow und zwei Ersatzmagazine in die Hand gedrückt. Es kann Monate dauern, bis private Nylon-Gegenstände durch den Zoll gegangen sind. Hat man die Wahl zwischen alten, bekannten Waffen und neuen Sachen die man noch nie in der Hand hatte, sollte man sich laut Yeager lieber für die alten Sachen entscheiden. Niemand will in einem Feuergefecht eine Bedienungsanleitung lesen. Wenn überhaupt jemand eine Anleitung besorgt hat. Die Contractor-Firmen kaufen meist vor Ort billig ein und schauen nicht genau hin. In dem Buch sieht man auf einem Foto einen ganzen Pappkarton voller nicht einsetzbarer High Power-Pistolen, weil einfach die Magazine fehlten.

Contractor im Ausland dürfen eben nicht herumstolzieren und tun was sie wollen. Ein einziger unbeabsichtigt gelöster Schuss und man ist in der Regel sofort gefeuert. Ein Bruch der lokalen Gesetze oder das Importieren eines unerlaubten Gegenstandes und man lernt die Gefängnisse von Dreckslochistan kennen. Die Firma lässt einen natürlich dann sitzen.

Die meisten Männer glauben irrtümlicherweise, so erklärt Yeager, dass sie ohne jemals etwas lernen zu müssen automatisch wissen wie man kämpft, schießt, fickt und fährt. Neben all dem Training braucht es nämlich noch unzählige weitere Fertigkeiten: Autos reparieren und instandhalten, Missionsplanung, Fahrtraining und vieles mehr. Es reicht nicht, ab und zu schießen zu gehen oder als Internet-Fake-Rambo im Wald herumzuspringen.

Einerseits könne man durchaus in den Beruf quereinsteigen, allerdings ist es für die Firmen immer billiger, einen Verwundeten oder Getöteten zu ersetzen, anstatt viel Geld für weiteres Training lockerzumachen. Professionelle Höflichkeit gegenüber Kollegen, Vorgesetzten und Einheimischen ist Pflicht.

Route Irish

Es ist der 20. April 2005, ein Team aus Contractors mitsamt Yeager fährt auf der Baghdad International Airport Road und gerät in einen Hinterhalt. Folgendes geschah:

Drei Männer starben an dem Tag, darunter der beste Freund Yeagers. Die Fahrzeuge waren alle unauffällige PKWs, die Männer trugen einheimische Hemden und Shemaghs um den Hals. Die Tarnung war dermaßen gut, dass man sogar gehörigen Abstand zu amerikanischen Militärfahrzeugen auf der Straße hielt, um nicht mit Einheimischen verwechselt zu werden. Es nutzte trotzdem nichts. Die Angreifer verwundeten und töteten aus der Deckung heraus blitzschnell mehrere Contractors und zogen sich dann zurück. Genauso wichtig wie die Firepower ist die schnelle Behandlung von Verwundeten. Manche Contractors legen bereits vor Beginn einer Mission lockere Druckmanschetten an, sodass bei einer Verwundung nicht wertvolle Sekunde verlorengehen.

Lernen

Man kann viel vom Contracting Business lernen, denn das Training ist nicht wie beim Militär das Sich-Hinbewegen zur Front und dann zu schießen, sondern man versucht nach Möglichkeit, ohne Zwischenfälle in einer instabil gewordenen Welt zurechtzukommen. Das Buch ist ein kompaktes Sachbuch, kein Roman. Sie finden es als Printversion oder als Kindle Edition.

Konsultieren sie einen Experten im deutschen Waffenrecht, bevor sie im Ausland einem taktischen Kurs buchen.

AlexBenesch
AlexBenesch
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