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Mehr Fake-Meldungen auf Infowars

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Kommentar

Vor Jahren hatte Alex Jones‘ Infowars noch eine sehr niedrige Fehlerquote, substanzielle Exklusivstories, eine sehr kritische Haltung gegenüber Russland und so etwas wie journalistische Integrität. Heute: Totalausfall bei MH17, Totalausfall bei Sandy Hook, Totalausfall bei der Ukraine und viele weitere Totalausfälle mehr.

Inzwischen zählt nur noch die Sensationsmeldung, egal ob diese fast frei erfunden oder komplett unbewiesen sind. Hier ist eine Liste an Bullshit-Stories, die natürlich längst nicht vollständig ist:

Fast gesamter pazifischer Meeresboden angeblich wegen Fukushima abgestorben

Angeblich seien nach Fukushima 98% des pazifischen Meeresbodens bedeckt von toten Lebewesen. Infowars bezieht sich auf eine Story in NaturalNews, die sich wiederum berufen auf eine „neue Studie“ im Journal „Proceedings of the National Academy of Sciences“. In Wirklichkeit bezieht sich die Studie auf eine Fläche von nur wenigen Quadratmetern, wo Ablagerungen von toten Lebewesen zu finden sind, was eine saisonale Angelegenheit ist. Die Bullshit-Behauptung wird von Jones auch regelmäßig in der Radiosendung erwähnt.

Obama sei ein Schauspieler, der von Harry Lennix ausgebildet wurde

Harry Lennix ist eine feste Hollywood-Größe und weist eine gewisse Ähnlichkeit zu Obama auf. Infowars brachte die Sensationsmeldung, Obama sei von Lennix nach 1992 ausgebildet worden. Infowars-Autor Paul Watson beruft sich dabei auf die Aussagen von Eric Mancow Muller.

Auf Nachfrage erklärte der Schauspieler, dass es sich bei den Behauptungen um blanke Erfindungen handelt.

Auf alten Videos von 1990, lange bevor Lennix und Obama sich zum ersten Mal getroffen hätten, spricht der spätere Präsident genauso wie heute auch:

Saudischer Prinz Bandar hätte Russland direkt mit Olympia-Terror gedroht

Der Saudische Prinz und Geheimdienstchef Bandar hätte angeblich gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in einem Treffen direkt mit Olympia-Terror gedroht und ein Angebot unterbreitet, die Kaukasus-Terroristen zurückzupfeifen. Das Gerücht stammt aus der russischen und der radikal-islamischen Presse, während die lebanesische Zeitung As-Safir, die Verbindungen zur Hesbollah hat, angeblich eine detailliertere Version eines Transkripts besaß.

Der London Telegraph berichtete über das Gerücht unter Verweis auf die Publikation Al-Monitor. Die NY Post berief sich auf die Gerüchte, die vom Telegraph und Al-Monitor verbreitet wurden. Auf der Seite Al-Monitor erklärte der Autor Fyodor Lukyanov später, dass es für die Bandar-Story keine Beweise gibt. Nichts.

„Die Gerüchte von Saudi Arabiens Mittäterschaft wurden nie bestätigt. In anderen Worten. Sie spiegeln nicht die Realität wider.“

Lukyanov ist auch noch gleichzeitig Editor von dem Propaganda-Sprachrohr Russia in Global Affairs und Mitglied des Russian Council for International Affairs. Er erklärt außerdem, was die Amateure unter den Analysten nicht begreifen:

„Bedeutsame Terroranschläge in Russland und den Vereinigten Staaten haben normalerweise den gleichen Effekt. Sie führen zu Diskussionen über eine verstärkte Kooperation zwischen russischen und amerikanischen Geheimdiensten im Kampf gegen den Terror, denn ‚wir sind nun erneut daran erinnert, dass wir den gleichen Feind haben‘ und so weiter.“

Die Publikation Russia in Global Affairs kooperiert übrigens mit Foreign Affairs Magazine vom amerikanischen Council on Foreign Relations. Zu dem Vorstand von Russia in Global Affairs zählt unter anderem der Ex-KGB-Chef Primakow. Die Fake-Sensationsmeldung erschien u.a. in der iranischen „Tehran Times“, Infowars (hier zum zweiten mal), Global Research, Fars News Agency, das deutsch-türkische Journal, die LaRouche-Fraktion und ASR (die jetzt eine russische Kontakt-Email haben).

Die sogenannte „Armee-Massenmord-Anleitung“

Ein öffentliches, nicht-geheimes Dokument der US Armee beschreibt, wie auf gewaltsame Massenausschreitungen reagiert werden soll. Die Beschreibungen sind überhaupt nichts Außergewöhnliches und würden selbst in einem weitaus besserem Staat als den USA nicht viel anders aussehen. Bei Infowars heißt die Überschrift „Armee gesteht Plan ein, Amerikaner en masse hinzurichten„.

Wenn man die Bevölkerung und die Beamten aufklären möchte, sollte man nicht Routine-Dokumente aufblasen und beide Gruppen gegeneinander aufhetzen. Darüber freut sich nur die Oberschicht.

Die USA planten angeblich, „den Abschuss von MH17 einem Überläufer von der ukrainischen Armee anzulasten“

Der ganze Artikel basierte hauptsächlich auf einem recht unbedeutenden Zitat aus der Zeitung LA Times. Watson verkürzt absichtlich das Zitat um es dramatischer wirken zu lassen. Die längere Version lautet:

US-Geheimdienstbehörden konnten bislang nicht die Nationalitäten oder Identitäten der Crew bestimmen, die die Rakete gestartet hatte. US-Regierungsfunktionäre sagten es sei möglich, dass die Sa-11 von einem Überläufer aus dem ukrainischen Militär gestartet wurde, der ausgebildet worden war um solche Raketensystem zu bedienen.

Der ganze Artikel dreht sich um die Einschätzung der Amerikaner, die vom ersten Tag an die gleiche war: Separatisten haben aus Versehen geschossen. Das einzige das noch nicht klar ist, ist die Frage welche Person von welchem Dienstgrad bei den Separatisten den Knopf gedrückt hat. Die US-Medien und die Regierung verlautbarten frühzeitig, dass man die Sache für ein Versehen der Separatisten hält. Die Putin-Propagandisten stricken sich daraus die Idee, dass die USA jetzt quasi einen Rückzieher machen würden. Es gibt aber keinen Rückzieher! Die Putinistas erfinden schon ihre eigenen Erfolgsmeldungen.

Paul Watson muss wissen, dass das Zitat aus der LA Times nichts wert ist, deshalb verbindet er es mit dem Hörensagen, das der ehemalige Newsweek-Reporter Robert Parry zuvor ohne jede Beweise gemeldet hat. Der Investigativreporter will von einer Quelle gehört haben, dass US-Geheimdienstler angeblich meinten, „Ukrainer hätten vielleicht in der Kluft von Separatisten geschossen“. Sicher seien sich die Analysten aber nicht. In anderen Worten: Diese Story von Parry, die auf Hörensagen basiert, ist wertlos. Es ist nicht klar, was diese Quelle wirklich berichtet hat. Wahrscheinlich nur Mutmaßungen, wie sie jetzt auch in der LA Times erwähnt wurden. Wie weltweit berichtet wurde, gab es zu Beginn des Ukraine-Konflikts eine große Anzahl Überläufer. Warum jetzt eine winzige Spekulation deswegen ein sensationeller Hinweis darauf sein soll, dass angeblich das ukrainische Militär geschossen hätte, erschließt sich niemandem. Parry ist außerdem einer von denen, die in ihrer gesamten Karriere nur gegen die USA berichteten, nie über Russland. Er ist außerdem Iran-Fanboy und bekommt Geld von Stiftungen, die auch an Anti-Fracking-Propaganda geben, ein Lieblingsthema der russischen Gazprom-Oligarchen. Auf Deutsch: Parry ist ein Putinista durch und durch, der Moskaus Phrasen verwendet über die größtenteils eingebildeten „Faschistenhorden“ in Kiew etc.

Cliven Bundy sei ein totaler Held

Während die linken Mainstream-Medien das Thema zunächst weiträumig ignorierten, waren die Konservativen sofort hellhörig. Es galt, ein Fiasko zu vermeiden wie 1993 bei der Sekte in Waco oder 1995 bei Ruby Ridge. Glenn Beck zeigte in der Angelegenheit, warum er der weit kompetentere Journalist ist als Jones: Zunächst suchte er mit seinen Redakteuren den Kontakt, interviewte Bundy und hielt Distanz bei der Recherche. Es stellte sich heraus: Bundy hat ein Rad ab. Gott hätte ihm befohlen, sich in seinen Bulldozer zu setzen und staatliche Mauthäuschen umzufahren. Ihm war egal, dass er juristisch keine haltbare Argumentation zusammenbrachte sondern nur Patrioten-Mythen widerkäute.

Jones hingegen stellte sich 100% vorbehaltlos hinter Bundy und beging zum hundertsten Mal seinen klassischen Fehler, nämlich narzisstischen Irren zu vertrauen die sich als Underdogs und Patrioten geben. Unweigerlich bekam Jones dann sein PR-Desaster serviert: Bundy laberte vor laufender Kamera, dass die „Schwarzen es doch früher als Baumwollpflückersklaven viel besser hatten als heute mit dem Sozialsystem“, dass die Baumwollpflücker doch früher noch ein „Familienleben“ hatten und wo weiter.

Eine Kritik an der Armutsmaschinerie Sozialsystem geht anders. Das überlässt man Leuten, die nicht einen an der Waffel haben. Die linken Medien nahmen das Geschenk natürlich gerne an.

Anstatt sich von Bundy zu distanzieren wie TheBlaze, Fox News und viele andere, ließ Jones seinen Schreiber Watson einen Pflichtartikel schreiben, dass Bundy doch gar keine sonderlich problematischen Äußerungen getätigt hätte. Viel schlimmer war allerdings die Darstellung von Jones‘ Infowars, dass es sich um einen historischen Sieg der Patrioten über die Bundesregierung handele. In Wirklichkeit hat einfach nur ein narzisstischer Bauer mit Leichtigkeit die Patriotenbewegung für seine Ziele eingespannt. Man fragt sich, was da sonst noch kommen wird, wie krass jemand sein muss damit selbst die Patrioten und das Jones-Publikum denjenigen ablehnen.

Beinahe hätte es eine gewaltige Schießerei gegeben mit verheerenden Konsequenzen. Wofür? Für einen abgedrehten Bauern der nicht mal Recht hat und der „Gottes Stimme“ in seinem Kopf hört? Falls es in näherer Zukunft zu dem Punkt kommen sollte, an dem die patriotischen Bürger Amerikas der Verfassung gemäß ihre kriminell gewordene Regierung absetzen, dann hofft man eher auf ein Fanal mit wirklicher historischer Bedeutung, nicht auf einen egomanischen Viehtreiber, der mit seinem Verhalten und seinen Äußerungen den Konservativen massiven Schaden zufügt.

Behauptung: „Niemand starb bei Sandy Hook, weil die Toten in einer FBI-Statistik nicht auftauchen.“

Dieser Schwachsinn wurde u.a. von Adan Salazar kolportiert in einer Top-Story auf Infowars.com, und das auch noch unter der Überschrift: „Laut FBI starb niemand bei Sandy Hook“. Die Sache wurde auch noch groß in Alex Jones‘ Radiosendung breitgetreten.

Die Pseudojournalisten im Infowars-Office beziehen sich auf eine einzele Statistik in dem Bericht „Crime in the United States 2012“. Für Newtown werden die Sandy-Hook-Opfer nicht unter „Morde“ gezählt:

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Das liegt ganz einfach daran, dass der Fall unter die Jurisdiktion der Connecticut State Police fiel und die Opfer aus bürokratischen, organisatorischen Gründen nicht unter Newtown gelistet wurden. Der Bericht basiert auf den Uniform Crime Reports (UCRs) und der UCR für den Bundesstaat Conneticut von 2012 listet sehr wohl die Opfer. Bereits auf Seite 4 findet sich eine ganzseitige Widmung an die Toten:

20140925-091859-godb8

In einer Statistik für Newtown lautet die Anzahl der Morde zwar Null, allerdings ist ganz deutlich eine Fußnote gesetzt mit dem Hinweis „Beinhaltet nicht die 27 Opfer der Newtown-Schießerei, siehe State Police Sonstiges“.

sandy-statistic-750

Weil die State Police zuständig war, fallen die Toten unter die Kategorie „State Police Sonstiges“:

sandy-statistic-b-750

Auch in der Gesamtübersicht für den Bundesstaat sind die Toten miteingerechnet:

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20140926-064717-g9lrg

Infowars blamierte sich mal wieder bis auf die Knochen. Erwarten sie keine Korrektur oder Gegendarstellung aus dem Infowars-Office.

AlexBenesch
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