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Jürgen Elsässers Wandlung vom führenden Antideutschen zum neurechten Eurasier

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Ein Kommentar von Alexander Benesch

Heute mit 57 Jahren spricht der Publizist Jürgen Elsässer leidenschaftlich bei Veranstaltungen der bürgerlichen Alternative für Deutschland (AfD) über die „Intoleranz der US-gesteuerten Antifa, über die fehlende Souveränität Deutschlands und über die EUdSSR“. Seine Mission: Den Pro-Russland-Kurs der Partei zu fördern, der in letzter Zeit ins Wanken geriet, und möglichst viel Druck auf die Parteispitze aufzubauen, die inzwischen zweimal im Europaparlament gegen Russlands Interessen abstimmte.

Mit 38 Jahren sang er noch das „Loblied auf die Fremdherrschaft“ über Deutschland, hoffte dass die britischen Konservativen mit einem starken Militär immer zur Stelle sein würden, um ein wiedervereinigtes Deutschland in Schach zu halten, sympathisierte mit Bomber-Harris und war dermaßen straff kommunistisch, dass ihm selbst die ganzen anderen Linken nicht hart genug schienen.

Diese Schwäche der Linken, diese mangelnde antideutsche Gesinnung die bereits in der DDR vorgeherrscht hätte, würde laut Elsässers Befürchtungen aus den 1990er Jahren unweigerlich dazu führen, dass sich eine neue bürgerliche Partei rechts von der CDU etablieren könne, die sogar in einer Querfront-Strategie auch so manche linke Wähler für sich begeistert. Also ist mit der Gründung und den Wahlerfolgen der AfD eigentlich Elsässers Horrorvision eingetreten. Wenn da nicht aber der starke pro-russische, eurasische Kurs in der Parteibasis wäre.

Viele Konservative interessieren sich heute nicht für die „Jugendsünden“ oder „alten Meinungen“ des COMPACT-Chefredakteurs und machen sich gar nicht erst die Mühe, die alten Texte hervorzukramen. Dabei sollte man doch die wichtigste Frage von allen stellen: Ist er wirklich vom führenden Antideutschen zum Befürworter eines souveränen, bürgerlichen und gerüsteten Deutschlands geworden? Oder hat er eher irgendwann eingesehen, dass mit der impotenten Linken kein Blumentopf zu gewinnen ist und man viel eher die Deutschen in eine Eurasien-Falle hineinlocken könnte?

Eines seiner Hauptanliegen ist die die „Forderung nach einer Abkehr Deutschlands von der transatlantischen Orientierung und die Eröffnung einer eurasischen Perspektive, etwa in Form einer Achse Paris-Berlin-Moskau“. Der Leiter der vielen vernetzten eurasischen Gruppen ist der russische Polit-Professor Alexander Dugin, der auch schon in Elsässers Zeitung COMPACT interviewt wurde. Für Dugin ist die sogenannte „neue Rechte“ in Europa ein Projekt unter russischer Leitung. In dem Buch Foundations of Geopolitics erklärt der Okkultist und Extremist Dugin, wie weit man gehen müsse um die Idee von Eurasien zu verwirklichen. Ein Vorschlag ist es, den Deutschen die Rückgabe der Ostgebiete anzubieten (Seite 228). Außerdem könnten Russland und Deutschland Territorien wie etwa Polen untereinander aufteilen. Alle solche Deals mit europäischen Nationen wären aber nur temporär. Das Endziel sei die „Finnlandisierung“ von ganz Europa.

Finnlandisierung ist ein politisches Schlagwort, das die machtpolitischen Verhältnisse zweier benachbarter Staaten beschreibt. Es wird verwendet für den Einfluss, den ein mächtiger Nachbarstaat auf seinen kleineren Nachbarstaat und dessen Politik ausübt. Dugin will das russische Großreich. Für soveräne Staaten in Europa ist da kein Platz. Die antideutsche Zielsetzung wäre erreicht, Deutschland nicht mehr existent.

„Braunbuch DVU“

Wir schreiben das Jahr 1998, Elässer ist mit 40 Jahren schon viel zu alt für Jugendsünden und sein Werk „Braunbuch DVU – Eine deutsche Arbeiterpartei und ihre Freunde“ ist gerade eben im konkret-Verlag erschienen. Das Vorwort liefert Jürgen Trittin. Die DVU war damals keine bürgerlich-seriös auftretende Partei die die Massen ansprach, im Gegensatz zu den heutigen neurechten Parteien wie die AfD, oder die französische Front National oder die österreichische FPÖ, die darüberhinaus allesamt eine stark pro-russische, eurasische Ausrichtung haben. Die DVU war antikommunistisch, antisowjetisch und soweit rechts, wie damals gerade noch erlaubt war.

Elsässer belässt es nicht dabei, die Ideologie der DVU zu kritisieren, sondern psychoanalisiert gar deren Vertreter und Wähler. Der DVU-Fraktionschef Helmut Wolf beispielsweise sei laut einem SPD-Bundestagsabgeordneten ein „Psychopath“, laut anderen Quellen ein Trinker der seine 17 Jahre jüngere Frau schlug und bedrohte. Gerade in Deutschland hätten solche Charaktere eine viel größere Anziehungskraft auf die Massen als anderswo. Was der glühende Kommunist Elsässer an dieser Stelle dem Leser verschweigt, ist dass auch der große rote Säulenheilige Karl Marx ein solcher Irrer gewesen war, der die Massen begeisterte.

Der im Sowjet-Block eingekerkerte Pastor Richard Wurmbrand untersuchte wie auch andere Historiker die Persönlichkeitsstruktur von Marx und enthüllte dabei einen wahren Moloch. Mehrere von Marx‘ Kindern begingen Selbstmord oder verhungerten, der Patriarch ließ sich von dem reichen Kapitalbesitzer Engels aushalten und durchfüttern, anstatt für seine Familie einen Lebensunterhalt zu erarbeiten, er war ein starker Trinker und jagte ständig Erbschaften hinterher.

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Für Elsässer wäre Hitler „in jedem anderen Land ein Hinterhof-Clown geblieben“. Warum psychoanalisiert der ach so intellektuelle Elsässer aber nicht gleich noch das russische Volk, das im 20. Jahrhundert jedes Maß an Tyrannei mittrug und ertrug? Warum ist der psychopathische Josef Stalin kein Hinterhof-Clown geblieben? Warum machte das chinesische Volk den Personenkult um den verrückten Guerilla-Anführer Mao mit und erhob sich sogar dann nicht, als 40 Millionen Arbeiter und Bauern in einem Zeitraum von nur vier Jahren von den Sozialisten zu Tode geschunden wurden? Woher kam der Anti-Deutschland-Fimmel von Elsässer? Landete eine Großmutter im KZ oder Ähnliches? Würde dies eine dermaßen selektive Betrachtungsweise rechtfertigen? Was ist der Grund für diese Erbfeindschaft Elsässers mit den Deutschen und wie wirkt sich dieser Grund womöglich heute noch aus?

Selbst die SED-Führung in der DDR hätte die Chance verpasst, entschieden genug den Ostdeutschen das Deutschsein auszutreiben:

Darüberhinaus versuchte die DDR immer wieder, sich gegenüber der BRD als der ‚deutschere Staat‘ zu profilieren. […] doch spätestens ab Mitte der siebziger Jahre bemühte sich die SED um eine offene Bezugnahme auf das deutschnationale Kulturerbe, wobei selbst Luther, Bismarck und Friedrich II. abgefeiert wurden.

Heute wird Bismarck in Elsässers COMPACT-Magazin abgefeiert sowie in der AfD. Der AfD-Politiker und Russland-Freund Alexander Gauland, der bei Elsässers nächster „Souveränitäts- und Friedenskonferenz“ auftreten wird, veröffentlichte gar ein Parteipapier, das eine Rückbesinnung auf Bismarck’sche Geheimdiplomatie mit Moskau beschwört. 1998 war aber die „Symbiose aus Sozialismus und Preußentum“ noch das Feindbild.

Die DVU-Partei war noch antirussisch eingestellt und verkündete in ihrer Mitgliederzeitung, dass letztlich „die sich steigernde Kapitulationspolitik der roten [BRD-] Regierung gegenüber dem Osten, insbesondere die Verträge von Moskau und Warschau“ ausschlaggebend für die Parteigründung gewesen wäre. Heutzutage ist der Eurasien-Führer Alexander Dugin, dessen Werke Pflichtlektüre sind bei russischen Militärakademien, bereit den Deutschen Ostpreußen zurückzugeben. Die Anbandelung der europäischen Neuen Rechten mit den rechten russischen Kräften, wie sie heute von Elsässer wohlwollend behandelt wird, war 1998 für ihn noch eine Katastrophe:

Gleichzeitig sondierte [DVU-Vorsitzender] Frey das internationale Terrain. Besonderen Erfolg hatte er im Herbst 1993, als er Wladimir Schirinowski nach Deutschland holte, dessen Liberal-Demokratische Partei (LDP) kurz zuvor mit einem faschistischen Programm stärkste Einzelpartei im russischen Parlament geworden war. Schirinowski rief unter dem Motto „Deutsche und Russen – Freunde für immer“ zum Schulterschluß auf: „Die Festung weißes Europa steht oder fällt mit unseren beiden Völkern.“

Schirinowski befürwortete gar eine gemeinsame deutsch-russische Grenze, also eine Streichung Polens von der Landkarte. Dies erinnert natürlich an Dugins Pläne und genau wie Dugin beabsichtigte Schirinowski einen Verrat an den Deutschen, Flächenbombardierungen und die Auslöschung der „kleinen Zwergenstaaten“ Europas.

Auch höchst verdächtig für den Elsässer im Jahr 1998: Die Kontakte der DVU zum „französischen Faschistenführer“ Jean Marie Le Pen und dessen Front National. Dessen Tochter hat die ultrarechte Klitsche inzwischen zu einer seriösen Partei der Neuen Rechten verwandelt, die begeistert von Putin ist. Elsässer ist inzwischen auch begeistert.

1998 vereinbarten Frey von der DVU und Le Pen von der Front National eine enge Zusammenarbeit:

„FN wie DVU kämpfen gegen die Etablierung einer neuen Weltordnung durch Mächte, die die nationale Souveränität Frankreichs wie Deutschlands geringschätzen.“

Schon die NSDAP, so sinniert der antifaschistische Elsässer von 1998, holte sich Sympathien bei den einfachen Arbeitern mit sozialistischen Programmen und präsentierte geschickt ein Feindbild, das zusammengebastelt war aus dem „ausbeuterischen Kapital“, den Juden und dem „jüdischen Liberalismus“. Heute muss Elsässer erklären, wie er dem Eurasier Alexander Dugin eine Plattform bieten kann, dessen Ideologie judenfeindlich ist und gar in einem „Endkampf“ die Eroberung Jerusalems durch die orthodoxen russischen Christen vorhersieht. Dugin und seine engen Mitstreiter bedienen sich als Okkultisten zwar der jüdischen Kaballah-Geheimlehre, allerdings glauben die Neurechten, so wie Dugin in seinem Aufsatz „Der Kreuzzug der Sonne“, dass unter den Juden Menschen überlebt hätten, die von den Hyperboräern abstammten und diese besonderen Menschen sich in ihrer Religiösität vom Mainstream der Juden stark unterscheiden. Dugin meint u.a. in der Neuauflage seines Textes „Konspirologija“:

[Es] wird ein neuer Kreuzzug kommen. […] Und dann richten wir unser Kreuz über dem Heiligen Land auf, über dem Zentrum der Welt, unser orthodoxes Kreuz über dem für ewig befreiten Jerusalem.

Das größte Feindbild für Dugin ist der Liberalismus mitsamt dem Kapitalismus.

In seinen Büchern aus den 90er Jahren beklagte Elsässer zwar das Revival des Nationalismus und der Judenfeindlichkeit in der Sowjetunion, dennoch stellte er nicht wirklich deutlich heraus, wie stark der Antisemitismus inmitten des real existierenden Sozialismus wirklich gewesen war. Die aus Russland stammenden Protokolle von Zion verbreiteten sich nicht nur in Europa, sondern auch in den USA und im mittleren Osten unter den muslimischen Völkern. Oft mit Hilfe der sowjetischen Geheimdienste, die genau wussten dass es sich um eine Fälschung handelte. Sakharovsky, der eine hohe Poistion im rumänische Geheimddienst Securitate innehatte, ließ 1951 eine Kopie in mehrere Sprachen übersetzten und in Westeuropa und dem mittleren Osten verbreiten. 1957 war Sakharovsky Chef des gesamten sowjetischen Auslandsgeheimdienstes geworden und startete mit dem KGB eine weitere Desinformationskampagne mit dem Namen Zarathustra. Das Ziel war es, Westdeutschland als die Brutstätte schlechthin für Antisemitismus zu porträtieren und Destabilisierung zu schüren. Die HVA der Stasi half mit bei antisemitischen Schmierereien und kleineren Anschlägen.

Verstehen sie langsam, was hier ablief? Als sich Elsässer noch als Antisemiten-Jäger aufspielte, waren heimlich sozialistische Geheimdienste damit beschäftigt, den Judenhass in der Bundesrepublik zu fördern weil es dort zuwenig Judenhass gab. Die Linken mussten also künstlich nachhelfen, um überhaupt als antifaschistische Judenbeschützer eine Daseinsberechtigung behaupten zu können. Elsässer spulte in den 1990ern noch das typische Programm herunter und beklagte die folgende, inhaltlich korrekte Aussage eines Republikaners:

Die DDR-Führung hat ihre Deutschen zwar politisch an der Seite der Sowjetführung gehalten, sie hat aber auf ihrem Gebiet die Nation und das Deutschtum erhalten. Wir hatten in der DDR keine Russifizierung!

Für Elsässer war hingegen die DDR nicht antideutsch genug.

Sex und Politik

Bereits 1998 beweist Elsässer, dass er sehr wohl psychologisch und ponerologisch denken kann. Allerdings nur sehr selektiv. Er predigt die Arbeit von Wilhelm Reich, eine Kombination aus Marxismus und Psychoanalyse. Selbstverständlich wird nirgendwo erwähnt, was für ein armseliges Wesen Marx gewesen war, oder Stalin oder Mao. Stattdessen konzentrieren sich Reich und Elsässer auf die Unterdrückung der kindlichen Sexualität in der deutschen Erziehung. Die Kombination aus Verdrängung kindlicher Sexualität und ungelöster Mutterbindung stünde in einem engen kausalen Verhältnis mit Nationalismus:

Natürlich sind schon die frühkindlichen Deformationen undenkbar ohne die spezifischen Spannungen in der Kleinfamilie, die ihrerseits ein Produkt der modernen Industriegesellschaft ist.

Natürlich veranstaltet Elässer heutzutage „Familienkonferenzen“, verteidigt die Kleinfamilie und schimpft auf die „Frühsexualisierung“ von Kindern in Europa. Mir ist nichts bekannt darüber dass er verheiratet ist oder Kinder hat. Wenn der „genitale Lustgewinn des Kindes unterdrückt wird“, so Elsässer im Jahr 1998, so führe dies später zu verstärkten typisch deutschen Eigenschaften wie Sauberkeit, Geiz, Pünktlichkeit und Ordnungswahn, ein „untrügliches Anzeichen für autoritäre Charaktere.“

Während die westlichen Klassenzimmer „voll von diesem narzisstischen Sozialisationstyp“ seien, hätte der „staatlich verordnete Antifaschismus“ in der DDR mehr sexuelle Freiheit zugelassen und statistisch mehr Orgasmen ermöglicht. Die DDR hätte auch den Paragraphen 175 gegen Homosexualität frühzeitig abgeschafft – im Gegensatz zur BRD. Heute verteidigt Elsässer die repressive Schwulenpolitik in Russland unter der Tarnung des Jugendschutzes.

Querfront

Besonders wütend war der Elsässer von 1998 über die damalige PDS-Vorsitzende Christine Ostrowski, denn diese hatte es gewagt, für eine Querfront aus Linken und Rechten gegen „das System“ zu werben. Nach einem Treffen mit Constatin Meyer von der später verbotenen „Nationalen Offensive“ erklärte sie:

Unsere sozialen Forderungen stimmen im Grunde überein – bis hin zum Wortlaut.

Auch die später verbotene Wiking-Jugend unterstützte 1994 in Dresden bei den OB-Wahlen die Kandidatur von Ostrowski. Anscheinend war die Zeit noch nicht reif für die Querfront. Heute vereint Linke und Rechte neben den Sozialthemen die Russland-Frage. Es gab kürzlich ein vertrauliches Treffen in der russischen Botschaft mit den AfD-lern Alexander Gauland und Paul Hampel begleitete. Außerdem warb er um Überläufer in der Wählerschaft der Partei Die LINKE:

„Trotz aller Meinungsverschiedenheiten verbindet uns manches,“

„Und die Sanktionspolitik gegenüber Russland halte ich für genauso falsch wie Sie.“

Die AfD hatte Russland-Sanktionen kategorisch abgelehnt, während andere Parteien der Neuen Rechten wie FPÖ und Front National ähnlich reagierten. Und mittendrin befindet sich nun Jürgen Elsässer und versucht, möglichtst viele Konservative auf Eurasien- und Putin-Kurs zu bringen.

AlexBenesch
AlexBenesch
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