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Wenn es Nacht wird über Deutschland – wird Hamburg als erstes vom Netz gehen?

Datum:

AlsterPanorama-640

„Kaskade im Sinne des EnWG“ und die Folgen.

von Holger Douglas

Hamburg zum Beispiel könnte es sein. Hamburg könnte die erste Stadt sein. Sie wird abgeschaltet. Es fließt kein Strom mehr, Lichter, Ampeln gehen aus, Computer bleiben stehen ebenso wie Fahrstühle, U- und S-Bahnen. Nichts geht mehr. Die Millionenstadt ist dunkel.

Die Hansestadt abzuschalten liegt nahe, weil sie mit ihrem extrem energiehungrigen Hafen, Industriebetrieben und zahlreichen Haushalten erheblich Leistung aus dem Netz zieht. Die großen Kraftwerke stehen rings um Hamburg und versorgen die Stadt mit Strom. Hier den Stecker ziehen würde viel bringen. Zumindest aus Sicht eines Höchstspannungsnetzbetreibers, der plötzlich vor die Wahl gestellt wird, einen totalen Blackout in ganz Deutschland zu riskieren oder einzelne Verbraucher abzuschalten. Einzelne Verbraucher, das sind eben große Städte, die viel Strom benötigen. Wenn die wegfallen, ist eine Menge Strom gespart. Lieber eine Stadt geopfert als ein ganzes Land. So jedenfalls lautet die neue Logik im neuen Stromversorgungssystem.

Denn seit einiger Zeit müssen sich die Stromnetzbetreiber damit befassen, was sie angesichts immer instabiler werdender Stromnetze tun sollen. Das Konzept: Im Falle, dass zu wenig Strom vorhanden ist und auch nicht aus den Nachbarländern hinzu gekauft werden kann, werden einfach Verbraucher abgeschaltet. Und zwar solche, deren Abschaltung etwas bringt. Das sind große Städte; ländliche Regionen mit nur wenig Stromverbrauch abzuschalten hätte keine so großen Auswirkungen. Das war schon in der DDR so, warum soll es in einer heutigen planwirtschaftlichen Umgebung nicht auch funktionieren?

Denn solche Überlegungen kannten gestandene Stromversorger bisher nicht. Deutschlands Stromversorgungssystem gehörte zu den besten der Welt. Stromunterbrechungen und Abschaltungen gab es praktisch nicht.

Doch mittlerweile stehen in Deutschland so viele Windkraft- und Photovoltaikanlagen, dass sie fast ganz Deutschland mit Strom versorgen könnten. Allerdings nur stundenweise – bei Idealbedingungen – aber dann gibt es auch immer wieder keinen Strom: bei Flaute, bei Sturm, bei Nacht oder bedecktem Himmel.

So haben unter anderem viele Bauern die Gunst der grünen Stunden genutzt und die Dächer ihrer Schuppen mit Solarzellen voll gepflastert, so dass aufgrund der verführerischen Subventionen die Landwirtschaft in den Hintergrund rückt. Der produzierte Strom muss aber von den Dächern abgeführt werden. Irgendwie. Meist führte eine Stichleitung zu dem Gehöft und versorgte es mit Strom. Jetzt soll diese Leitung auch die umgekehrt fließenden Energien aufnehmen und in die Netze einleiten. Dafür allerdings sind sie nicht ausgelegt. Neue Leitungen müssten verlegt werden, mit denen die maximale Leistung abgeführt werden kann.

An einem schönen Sommertag pumpen also solche Solaranlagen über die wackligen Leitungen ihre Energien in die Netze. Dieser Strom ist bekanntlich »grün« und hat Vorrang vor dem Strom aus konventionellen Kraftwerken. Diese Mengen hat auch der Stromhändler an der Börse bereits vorher gekauft. Aus Erfahrung kann er abschätzen, wie viel er kaufen muss.
Dabei helfen ihm natürlich auch Prognosen, die voraussagen, wann wie viel Strom voraussichtlich benötigt wird. Heerscharen von Wissenschaftlern haben Prognosemodelle entwickelt, die auch das Wetter mit einbeziehen, also im günstigsten Falle voraussagen: Am Nachmittag ab ungefähr viertel nach drei kommt eine Wolkenfront, die Solarzellen fallen aus, es fehlen soundsoviel Tausend Megawatt. Doch kritisch, wenn die Prognose nicht stimmt, eine Wolkenfront anrückt, daher die Sonne viel früher als geplant ihre Lieferung einstellt und zusätzlich der Wind einschläft. Dann kommt von den Solardächern und Windparks kein bisschen Strom mehr.

Jetzt wird es hektisch in der Steuerzentrale: »Redispatching« nennen die Stromversorger diesen Vorgang, das entstehende totale Ungleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch auszugleichen.
Mit Schaudern erinnern sich Ingenieure an den Februar 2011. Damals begann es Mitte des Monats kräftig zu schneien. Der Schnee fiel auf die Solarzellen. Die konnten keinen Strom mehr liefern. Abweichungen von bis zu 1,6 GW von den Prognosen waren die Folge. Das entspricht der Leistung von drei typischen Kohlekraftwerken, die plötzlich nicht mehr zur Verfügung standen. Wenn der Wind schwächer als vorhergesagt weht oder es kräftig stürmt, fehlen schlagartig mal 2500 MW, die Leistung zweier großer Kernkraftwerke.

Große Kraftwerke kann man nicht „mal eben“ schnell an- oder abschalten. Kessel, Dampferzeuger und Turbinen wollen langsam hoch und wieder heruntergefahren werden, das kann bis zu zwei Tagen dauern.

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AlexBenesch
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