spot_img

Die Google-Drohung an alle Medien: Geht mit uns oder geht unter

Datum:

eric-schmidt-500

Ein Kommentar von Alexander Benesch

Sogar der mächtige Chef des Springer-Konzerns gibt zu: Wir sind abhängig von Google und das ist besorgniserregend. Nichts geht mehr ohne eine möglichst gute Plazierung in den Google-Suchergebnissen. Kein Anbieter von Affiliate-Werbung kommt an Google heran. Konkurrenten von Youtube fragten sich jahrelang verzweifelt: Wie können die alles kostenlos und unbegrenzt anbieten? Springer-Chef Döpfner schrieb kürzlich:

Wenn Google einen Algorithmus ändert, bricht bei einem unserer Tochterunternehmen in wenigen Tagen der Traffic um 70Prozent ein. Das ist ein realer Fall. Und dass dieses Tochterunternehmen ein Wettbewerber von Google ist, ist dabei sicher Zufall.

Nun ist das passiert, was alle befürchtet haben. Ein Quasi-Monopolist ist entstanden und kann wie Cäsar im Kolosseum entscheiden, wer lebt und wer stirbt. Google zahlt im Gegensatz zur Konkurrenz kaum Steuern, benutzt ein Steuervermeidungsmodell namens „Double Irish with a Dutch Sandwich„, bei dem die Einnahmen kreuz und quer um die Welt geschickt werden. Politiker in Europa drücken beide Augen zu, auch was das Thema Datenschutz betrifft. Die Suchergebnisse bei Google müssen überhaupt nicht nach Relevanz angezeigt werden, der Privatkonzern darf da natürlich machen was er will. Das amerikanische Establishment steht auch hinter dem Konzern, der Chef Eric Schmidt ist Dauergast bei Bilderberg.

Aber nicht nur Google ist „schuld“ an seiner Monopolstellung. Auch die Internetnutzer.

Die Medienkonsumenten im Internet haben heute meist weniger Bindung an eine bestimmte Publikation. Wenn man etwas Bestimmtes wissen will, schaut man nach auf Google News und klickt dann auf die angezeigten Linkverweise. Auf welcher Internet-Zeitung man dann landet, ist dem Konsumenten oft herzlich egal. Publikationen und Werbeagenturen sagen bereits, die Qualität der eigentlichen Medieninhalte ist inzwischen egal, das einzige das zählt ist das Suchmaschinen-Ranking bei Google.

Der Leser bekommt Nachrichten ohne zu bezahlen. Die Internet-Zeitung kann bestenfalls ihre Kosten gerade noch decken, wenn sie Google-Anzeigen schaltet, die dem Besucher maßgeschneiderte Angebote servieren. Wenn eine Online-Publikation also nur noch über Google gefunden und bezahlt werden kann, dann haben wir alle ein Riesenproblem.

Je verzweifelter die Betreiber von Online-Zeitungen werden, umso mehr Werbung schalten sie. Da gesellen sich dann neben den Bannern noch Pop-Up-Fenster dazu oder Anzeigen, die einen ganzen Werbespot starten wenn man sie nur mit dem Mausszeiger berührt. Weil die viele Werbung nervig ist, benutzen immer mehr Leute den Werbeblocker namens „Adblock Plus“. Dieses Tool gibt dem Nutzer ein warmes Gefühl von Kontrolle über die bunten Anzeigen zurück. Allerdings vernichtet es die Existenzgrundlage der Zeitungen. Und hier ist der Knaller: Google soll 25 Millionen$ an Adblock Plus gezahlt haben. Auch andere große Player wie Amazon und ebay sollen gelöhnt haben, damit ihre Werbung nicht geblockt wird. Wie soll sich eine Zeitung so etwas leisten? Das Internet ist sowieso schon wie eine öffentliche Toilette, auf der alle möglichen Leute alles mutwillig beschmieren und beschädigen. Jetzt ist das Internet auch noch eine Insel der Kannibalen.

Große Publikationen sind wegen dem Fiasko mit Werbeanzeigen dazu übergegangen, „gesponserte Inhalte“ als reguläre Nachrichten zu veröffentlichen. Diese Beiträge sehen aus wie normale redaktionelle Inhalte, sind jedoch nichts anderes als Werbung. Geht die Branche weiterhin den Bach hinunter, gibt es wohl irgendwann gar keine richtigen Nachrichten mehr, sondern nur noch gesponserte Meinungen. Niemand kann es sich dann mehr leisten, eine Reihe von professionellen Journalisten zu bezahlen die das schreiben, was objektiv die Realität beschreibt.

Ähnliche Probleme gibt es bei der Kommunikation via Facebook. Wer nicht auf Facebook ist, ist irrelevant, denn die Leute sind es gewohnt, Facebook als die Ausgangsbasis für alles zu verwenden. Man sagt bereits, klassische Internetforen seien tot. Die User wissen um die Nachteile bei Facebook, es ist ihne egal. Politischer Diskurs ist meist nur noch das Posten eines Links aus den Massenmedien. Und wie es um diese steht, haben wir ja gesehen.

amazon will am liebsten den gesamten Online-Einzelhandel regieren. „Bieten sie auf amazon an!“ heißt es, sonst werden sie kaum von den Kunden gesehen. Im Endeffekt gewinnt aber nicht der Händler am amazon marketplace, sondern amazon. Selbst für das reine Listen von Artikeln verlangt amazon dicke Prozente. Irgendwann denken sich die Händler, ich schicke gleich meinen Warenbestand in die amazon-lager und lasse amazon noch den ganzen Versand übernehmen. Wer kann schon mit denen mithalten? Der gierige Kunde kauft natürlich genau da, wo es drei Euro billiger ist. Am schärfsten ist es, wenn der gierige Online-Kunde sich in einem Ladengeschäft kostenlos beraten lässt und dann doch woanders online kauft. Was der Kunde nicht weiß oder wahrhaben will, ist dass irgendwann nur noch eine Handvoll Einzelhandels-Giganten existieren die als Kartell dann nach Gutdünken entscheiden können, was verkauft werden darf und was nicht. Da muss kein Staat irgendwelche Verbote erlassen, sondern man lässt das „den Markt regeln“.

Wie will eine kritische Online-Zeitung existieren und mehr als ein paar wenige tausend Menschen erreichen, wenn man nicht auf Google oder Facebook gefunden werden kann, wenn man nicht auf amazon Printmedien oder ebooks verkaufen kann, und wenn man keine Google-Anzeigen schalten darf?

Sicher kann ein Blog eine bestimmte Nische und ein treues Publikum bedienen. Aber man kann ohne die Konzerngiganten sein Publikum nicht erweitern.

Das jahrelang in Arbeit befindliche und nun erschienene Buch “The New Digital World” von Google-Chef Eric Schmidt und dem Vizepräsidenten des Council on Foreign Relations Jared Cohen bekam im Vorfeld höchstes Lob von prominenten Bilderbergern wie Bill Clinton, Tony Blair, Henry Kissinger, General Michael Hayden, Madeleine Albright, Zoellick und Scowcroft.

In dem Buch wird spekuliert über die Auswirkungen von 5 Milliarden weiteren Menschen auf dem Planeten, die in den nächsten paar Jahren vernetzt sein werden. Handy-Apps sollen beispielsweise verdeckte Kommunikation für Revolutionskämpfer ermöglichen oder Zugriff auf Anti-Regime-Propaganda.

Die Kernbotschaft lautet: Technologie wird deine Probleme lösen und Antworten auf alle Fragen bieten. Terroristen wären gezwungen, Technologie zu benutzen um relevant zu bleiben, dadurch würden aber mehr Fehler geschehen, die zur Ergreifung führen. Auch Medien sind indirekt gezwungen, Google, Facebook und Youtube zu benutzen um wahrgenommen zu werden und relevant zu bleiben. Niemand solle in der näheren Zukunft ohne diese Technologien bestehen können, und seien es Fischer in abgelegenen Regionen der Welt.

Eine Weltregierung der Technokraten könnte angepriesen werden als angeblicher dritter Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus, zwischen Authoritarismus und Laisser faire.

AlexBenesch
AlexBenesch
Senden Sie uns finanzielle Unterstützung an: IBAN: DE47 7605 0101 0011 7082 52 SWIFT-BIC: SSKNDE77 Spenden mit Paypal an folgende Email-Adresse: [email protected]
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img

Related articles

Geheimdienste sollen verdeckte russische Finanzierung für Politiker in Europa aufgedeckt haben

Kommentar "Voice of Europe" schien wie eine typische, pro-russische Nachrichtenseite im Internet mit entsprechenden Beiträgen und Interviews mit europäischen...

Recentr LIVE (26.03.24) ab 19 Uhr: Dunkelfeld

Wir leben in einem Zeitalter, in dem die Menschen die falschesten Vorstellungen von den drei Supermächten besitzen. https://youtu.be/Q87IgKxwsQo

Islamischer vs. westlicher Globalismus

Propaganda aus der muslimischen Welt enthält viele Elemente, die auch westliche Sozialisten verwenden, und solche, die bei westlichen...

ISIS-K ist Russlands nächstes Problem

Kommentar Russland unter den Zaren träumte davon, das ottomanisch-islamische Kalifat zu zerstören und zu übernehmen. In der sowjetischen Phase...