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Völlig haltlose Theorien: Flug 370 soll auf einer US-Militärbasis versteckt sein

Datum:

370-640

Von Alexander Benesch

Der Blogger Jim Stone will eine Sensation über den immer noch vermissten Flug MH370 ausgegraben haben: Die Metadaten eines im Internet aufgetauchten pechschwarzen Fotos deuten auf den US-Stützpunkt Diego Garcia im indischen Ozean hin. Geschossen haben soll es der Passagier Philip Wood mit einem iPhone, das er in seinem Hintern versteckte. Auch eine Textbotschaft soll er mit Hilfe der Spracherkennung seines Telefons versendet haben:

„Ich werde als Geisel von unbekannten Militärs gehalten nachdem mein Flug entführt wurde (Augen verbunden). Ich arbeite für IBM und ich schaffte es mein Handy in meinem After zu verstecken während der Entführung. Ich wurde von den anderen Passagieren getrennt und ich sitze in einer Zelle. Mein Name ist Philip Wood. Ich glaube ich wurde auch unter Drogen gesetzt und kann nicht klar denken.“

Das Ganze wirkt wie aus einem Actionfilm und hat alles, was eine Verschwörungstheorie braucht: Die USA als Schuldige, eine simple Erklärung für einen ungelösten Fall, sowie Fitzelchen von Informationen die in die gewünschte Richtung deuten.

Auch das „Centre for Research on Globalization“ des kanadischen Professors Michel Chossudovsky berichtet fleißig über den geheimen US-Stützpunkt Diego Garcia, geht aber noch nicht so weit um das schwarze Foto und den angeblichen Text von Philip Wood zu erwähnen. Michel ist der Sohn des russischen sozialistischen Karrierediplomaten Evgeny Chossudovsky bei den Vereinten Nationen. Auf GlobalResearch.ca findet sich ausschließlich einseitige Propaganda pro Russland.

Der liberalkonservative Radiomoderator Glenn Beck sprach zu seinem Millionenpublikum sarkastisch über diese Theorie:

„Diese US-Militärbasis soll also WiFi haben. Wissen sie was das Tollste ist? Der Hotspot des US-Militärs ist nicht verschlüsselt. Man braucht kein Passwort. Hotspots des Militärs – kostenlos.“

Es ist praktisch ausgeschlossen, dass jemand tausende Kilometer von Malaysia entfernt auf einem Inselchen mit seinem Handy WiFi, UMTS, LTE oder auch nur normalen Handyempfang hat. Philip Woods‘ iPhone müsste sich nicht nur erfolgreich mit einem Mobilfunkmast verbinden, sondern seine SIM-Karte müsste zudem auch noch für das Handynetz auf der Insel freigeschalten sein.

Es ist in Gefängnissen üblich, dass Häftlinge Telefone in ihren Hintern schmuggeln, allerdings handelt es sich dabei in aller Regel um kleinformatige Tastenhandys (Typ Candybar) oder kompakte Klapphandys (Typ Clamshell), nicht um großformatige und empfindliche Smartphones wie ein iPhone5. Das iphone5 misst 6cm in der Breite, was für den rektalen Schmuggel eine gewaltige Herausforderung wäre, außerdem sind Apple-Telefone sehr empfindlich gegen Feuchtigkeit. Ein Schmuggelvorgang würde aller Wahrscheinlichkeit nach das Telefon beschädigen.

Was ist dann mit den Exif-Metadaten von dem schwaren Foto? Es gibt längst Apps mit denen falsche Geodaten zu einem Instagram-Foto dazueditiert werden können. Es gibt viele Fotografie-Apps für Apples iPhone und manipulieren lassen sich praktisch alle.

Selbst der Blogger Jim Stone, der frenetisch darauf besteht, eine Sensation entdeckt zu haben, gab sich auf seiner Seite überrascht darüber, dass die Metadaten-Manipulationen doch so einfach mit einer App namens „mappr“ zu bewerkstelligen sind:

„Das war die beste [Widerlegung] bisher. Das heißt es ist doch möglich, das zu faken. Aber das bedeutet nicht dass es gefaked wurde.“

Die Reaktion von Stone zeigt seine Amateurhaftigkeit. Er muss seine Theorie beweisen und kann nicht die Beweislast einfach umkehren und verlangen, dass jemand beweist, dass die Metadaten des nutzlosen schwarzen Fotos manipuliert worden sind.

Stone selbst gibt zu, dass die Geodaten wertlos sind und ohne diese hat er praktisch nichts in der Hand. Gar nichts.

Das schwarze Bild soll ursprünglich ausgerechnet auf 4chan veröffentlicht worden sein, wo sich viele Hacker herumtreiben und wo sich das Kolletiv Anonymous heraus entwickelt hatte. Bereits früh berichteten die Massenmedien dass es sich bei Philip Stone von der Passagierliste des Flugs MH370 um einen leitenden IBM-Angestellten handelte. Es ist kinderleicht für einen Scherzkeks im Internet, auf Basis dieser Information schnell ein schwarzes Foto mit falschen Metadaten zu zirlulieren und eine Textbotschaft dazu zu erfinden.

So leicht ist es, das Verschwörungspublikum zu lenken. Erfahrenere Propagandisten wie das Centre for Global Research stellen sich da schon professioneller an; für sie müssen einfach die USA dahinterstecken.

AlexBenesch
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