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5 Gründe, warum Nachrichten im Netz eine Katastrophe sind

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Von Alexander Benesch

1.) Online-Nachrichten und Blogging sind entweder brotlose Kunst oder Drecksbusiness

Die Einnahmen durch Werbeanzeigen sind für Webseiten der heilige Gral, alles richtet sich nur nach den Zugriffszahlen die eine Online-Publikation hat, egal wie dumm und verlogen die Inhalte sind. Nur durch Abermillionen Zugriffe lassen sich Gehälter und eine verlässliche Infrastruktur bezahlen, die wiederum notwendig sind um attraktiv genug zu sein für die Leser. Online-Medien betrügen auch noch was das Zeug hält, um Fake-Seitenaufrufe zu generieren und den Eindruck zu erwecken, weitaus beliebter zu sein als man wirklich ist.

Alles lässt sich kaufen: Ein Alexa-Ranking im vierstelligen Bereich, Seitenaufrufe die Google Analytics für echt hält, Kommentare, Facebook-Freunde und Youtube-Views. Man kann für Dollars eine ganze virale Kampagne erstehen um etwas zum neuen heißen Ding zu machen. Auch die kleineren Blogs bescheißen, wenn sie mit Abermillionen Seitenzugriffen werben: Das meiste sind Crawler, Spambots und automatisierte Fake-Aufrufe durch Fans. Selbst bei den echten Aufrufen verbringen die „Leser“ oft nur 30 Sekunden auf der Seite, um schnell nur die Überschriften zu erwischen und dann wieder zu verschwinden.

Bei dem Blog „Business Insider“ muss jeder Autor das dreifache seines Gehaltes (!) an Werbeeinnahmen generieren, um die ganzen Zusatzkosten zu decken und einen Gewinn zu ermöglichen. Wer 50.000$ pro Jahr macht, muss also rund zwei Millionen Seitenaufrufe pro Monat reinholen, oder wird gefeuert. Spezialisierte Blogs, wie etwa über neue Smartphones und Tablets können in den schwarzen Zahlen landen, wenn sie groß genug sind und den Gadget-Hype befeuern. Wer sind die Werbekunden dieser großen Tech-Blogs? Die Gadget-Hersteller über deren Produkte geschrieben wird.

Nachrichtenseiten müssen jedoch einen riesige Bandbreite an Themen abdecken, was viel mehr Kosten verursacht und mehr Kompetenz erfordert. Nicht einmal die größten Zeitungen haben überall auf der Welt Reporter, Korrespondenten und Fotografen, deshalb mietet man einfach die Dienste von den großen Nachrichtenagenturen. Der Vorteil ist, man kann erhebliche Kosten sparen und dennoch alle Sparten abdecken, das Problem ist, dass die meisten Online- und Print-Zeitungen dadurch sehr ähnlich sind, was sie für das Publikum weniger attraktiv macht. Selbst die großen Nachrichtenagenturen haben dicke finanzielle Probleme. Wenn die auch noch aussterben, gehen überall die Lichter aus und die Zeitungen und Blogger wissen gar nicht mehr, was auf der Welt passiert.

Außerdem droht jedem die Konkurrenz durch die öffentlich-rechtlichen Medien, die zu dumm sind um für 20 Millionen € ein Greenscreen-Studio zu bauen. Die Staatsmedien können sich darauf verlassen, dass der Bevölkerung GEZ-Gebühren abgepresst werden und haben die beste Anbindung an die Politik und Behörden. Außerdem haben ARD und ZDF immer noch den Ruf, „besser“ zu sein weil sie nicht auf das Business-Modell der anderen angeweisen sind.

Wenn ein traditionelles Printmedium nicht gleichzeitig online vertreten ist, verliert man in Zeiten von Facebook den Anschluss. Die Online-Redaktionen können sich jedoch nicht ausreichend durch Werbung finanzieren, landen in den roten Zahlen und werden durch den Printbereich quersubventioniert. Dummerweise sinkt durch das tolle kostenlose Online-Angebot wiederum die Print-Leserschaft, was das ganze Modell gefährdet.

2.) Praktisch niemand ist ehrlich

Die defizitären großen Online-Nachrichtenredaktionen hängen ab von den Bossen der Printredaktionen, die das Geld reinholen. Nichts von dem, was veröffentlicht wird, darf zu kontrovers sein, ansonsten handelt man sich Ärger ein. Viele der größten deutschen Medienorganisationen wie die Deutsche Presseagentur oder die WAZ-Gruppe waren nach dem Zweiten Weltkrieg im Ernst von den Abteilungen für psychologische Kriegsführung der alliierten Nachrichtendienste gestartet worden. Ohne das bewusste Zufüttern von Infos durch durch die Behörden gäbe es praktisch für die Zeitungen keine größeren Enthüllungen zu machen.

Drohen große Konzerne damit, keine Anzeigen mehr in einer Zeitung zu schalten, reicht das um wieder für Disziplin zu sorgen. Jeff Bezos, der Gründer von amazon, schoss kürzlich 5 Millionen $ Kapital in den Blog Business Insider, der ständig über amazon schreibt.

Bei den kleinen Bloggern ist es oft noch schlimmer: Bei jedem Artikel fragen sich die Autoren, was die meisten Klicks einbringt, nicht was die akkurateste Darstellung eines Themas ist. Die Faustregeln lauten:

  • Vorfühlen was die Leute hören wollen und dann genau das schreiben
  • Das Publikum will Heldengeschichten, also lieber zweifelhafte Pseudohelden abfeiern und sich in deren Scheinwerferlicht mit dazustellen
  • Möglichst einfach schreiben, klar abgegrenzte Bösewichter und simple Darstellungen liefern
  • Sich an irgendeinem populären Denkschema orientieren. Den Erzkonservativen oder Linkspopulisten spielen. Immer predigen, nie selbst praktizieren
  • Viele Menschen möchten Mitglied einer identitätsstiftenden Sekte sein. Rekrutiere sie und verhalte dich wie ein Guru

Kleine Blogger betreiben eine in der Regel total brotlose Kunst, und sind dadurch leichter bestechlich. Bitcoin ist das beste Beispiel: Die Gründer und Früheinsteiger verschenkten viele Einheiten der digitalen Währung an Blogger, die im Gegenzug enthusiastisch darüber berichteten, was wiederum viele naive Investoren angezogen hat, die den Wert zugunsten der Bitcoin-Insider nach oben trieben. Einige rechnen tatsächlich damit, dass Europa von einer neuen BRICS-Weltmacht geschluckt wird und positionieren sich jetzt schon frühzeitig aus Eigennutz als schamlose Propagandisten für Russland und und China.

Kommunisten, Nazis und religiöse Fanatiker lügen ihnen permanent unter dem Deckmantel des modernen Bloggers ins Gesicht und verschleiern ihre eigentlichen Absichten.

3.) Amateurblogger im Nachrichtenbereich haben keine Chance

Amateurblogger, die nebenberuflich über ein breiteres Nachrichtenspektrum schreiben, haben praktisch kein Werbebudget und dürfen darauf hoffen, dass die eigenen Berichte von den Lesern weiterverteilt werden. Der einzigen Vorteil, den der Amateurblogger ausspielen kann im Vergleich zu den etablierten Medien, ist das Fehlen von Kontrolle. Als frecher Rebell-Blogger kann man die Dinge schreiben, die den Redakteuren bei großen Medien verboten sind. Im Gegensatz zu den etablierten Redakteuren wird der Amateur aber nicht bezahlt und kann nicht genug leisten, um ein ausreichend großes Publikum zu erreichen, um wiederum genug Werbeeinnahmen zu generieren.

Was ihnen nebenberufliche Nachrichten-Blogger gerne verschweigen: Sie haben gar nicht die Zeit und die Kompetenz um zu verstehen, was wirklich los ist und wie Probleme zu lösen sind. Im Vergleich zu den etablierten Medien sind sie zu planlos und zu langsam um generell mithalten zu können, also kann man nur versuchen, mit aggressiven Berichten über Skandale hervorzuragen.

Wer halbwegs kompetent über mehrere verschiedene Ressorts schreiben will, der hat einen Berg unbezahlter Arbeit zu leisten. Das ist einfache Mathematik: Pro Woche 25 Stunden Recherche (was ein nacktes Minimumpensum ist) plus 20 Stunden Schreibzeit plus 5 Stunden andere notwendige Dinge (Computer, Emails, Kommentare unter Artikeln etc.), macht schon insgesamt 50 Wochenstunden Arbeit. Pausen nicht eingerechnet.

Sobald man auch nur ein paar Werbeeinnahmen hat, muss man ein Gewerbe Anmelden und hat zusätzliche Bürokratieaufgaben zu erledigen. Niemand hängt an dieses Pensum noch einen Vollzeit-Job dran um den Lebensunterhalt zu verdienen. In der Regel bloggen dann nur noch wohlhabendere Unternehmer, Studenten in ihrer Freizeit, Frührentner oder Hartz4-Empfänger.

Der nebenberufliche Blogger kann versuchen, Zeit einzusparen, indem er oberflächlich auf ausgetretenen Pfaden wandelt, keine größeren Risiken eingeht und sich thematisch beschränkt. Alles was darüberhinaus geht, ist für ihn schon wieder zu kompliziert oder könnte ja Klicks kosten. Auch ein Problem: Bedient man sich bei den Massenmedien zu stark für die eigenen Artikel oder postet man gar halbe Mainstream-Artikel auf dem eigenen Blog, riskiert man teure Abmahnungen. Fühlt sich durch die frechen Blogposts jemand Einflussreiches beleidigt und hat der Blogger nicht die gesetzlichen journalistischen Mindeststandards eingehalten, gibt’s auch teure Abmahnungen. Wie soll der kleine Blogger, der sich gefälligst mit mächtigen Keisen anzulegen hat, sich teure Anwälte leisten können?

Folgendes sind die Phasen die die typische Amateur-Bloggerkarriere durchläuft:

  • Die Aufbruchstimmung
    Alles – und sei es noch so trivial – scheint neu und spannend, der Blogger fühlt den Drang die Welt zu erobern und das möglichst schnell. Die Kosten und der Zeitaufwand schnellen nach oben, schließlich muss man ja fast bei Null anfangen. Der Blogger ignoriert die negativen Auswirkungen der Bemühungen zunächst, nichts soll zwischen den Blogger und die Welteroberung kommen. Die ersten Erfolge beginnen schleichend, die Realitätswahrnehmung zu vernebeln. Selbst eigentlich langweilige journalistische Routineaufgaben machen in dieser Verliebtheitsphase mit der Aufgabe einen Höllenspaß.
  • Die Wachstumsphase
    Man hat einen gewissen, wackeligen Rhytmus gefunden und ein solides Publikum von ein paar Hundert bis ein paar Tausend Lesern aufgebaut. Wie ein Glücksspiel-Süchtiger oder fortgeschrittener Neurotiker liest man mindestens 100 Mal am Tag seine Zugriffszahlen, man fachsimpelt mit „Kollegen“ (anderen hoffnungsvollen Betreibern von Klein- und Kleinstprojekten), man postet, wurstelt, startet Aufrufe nach Freiwilligen (hoffnungsvollen Amateuren). Die Medienarbeit beginnt langsam, wie eine Sonnenfinsternis, andere Bereiche des Lebens zu überschatten.
  • Die Größenwahnphase
    Hat der GröBaZ (größter Blogger aller Zeiten) einen scheinbaren Leserstamm im Bereich von tausenden oder gar wenigen zehntausenden erreicht, beginnt die Milchmädchenregion im Gehirn: „Wenn nur jeder Leser durchschnittlich 1 Euro pro Monat für mich ausgibt ….“ Schon entstehen wilde Fantasien über ein eigenes Medienkonglomerat mit Außenbüros in Tokio und Washington D.C. Die Realitätswahrnehmung ist nun völlig hinüber, insbesondere was die eigenen Fähigkeiten anbelangt. Man startet alle möglichen und unmöglichen neuen Ideen und baut selbstverständlich darauf, dass die getreue Leserschaft alles finanzieren wird und dass sich genügend kostenlose Helfer finden die möglichst viel – besser noch ALLE – Arbeit übernehmen. Das Dumme ist, die Hälfte der Zugriffszahlen sind in wirklichkeit Spambots und Crawler, vom Rest besteht vieles aus automatisierten Fake-Klicks, generiert von Fans der Seite. Vom Rest an echten Lesern lesen viele nur kurz die Überschriften und gehen wieder.
  • Die Auf-den-Boden-der-Tatsachen-zurückkomm-Phase
    Die leidsame, schrecklich ernüchternde Erfahrung wird gemacht, dass nur ein winziger Bruchteil des Publikums bereit ist, auch nur einen müden Cent zu bezahlen. Banner-Werbung spült ein paar einsame Euros in die Kassen, die die Kosten des Projekts niemals auch nur ansatzweise tragen können, während sich Leser auch noch erbost beschweren über die lästigen Banner und die „Kommerzialisierung.“ Der Versuch, die Medien mit E-Commerce querzufinanzieren, öffnet ein ganz neues und extrem anstrengendes Fass mit unzähligen Stolperfallen. Die ersten Abmanungen landen in der Post wegen unerlaubter Benutzung von Bildern und ausladenden Zitaten aus den Massenmedien. Die eine oder andere Abmahnung wegen Beleidigung ist vielleicht auch dabei. Die Recherchefehler häufen sich, weil es an Zeit fehlt, an Know How und an allem anderen natürlich auch. Leser sind erbost über die eklatanten Mängel und beschweren sich lauthals in E-Mails. Der Nimbus und Rock-Star-Status des Bloggers ist dahin. Apropos E-Mails: Man verbringt inzwischen Extrastunden mit beleidigenden und anderen rechtlich unzulässigen Forenbeiträgen und Kommentaren von Lesern. Trotzdem schreit immer jemand, Kommentar # 5068 auf einem Artikel vom vorletzten Monat verletze seine Rechte und er ziehe rechtliche Schritte in Erwägung. Von durchschnittlich zehn enthusiastischen Zusagen für kostenlose Hilfe entpuppen sich acht als heiße Luft, eine Person stellt sich als exzentrischer Psychotiker heraus der weit mehr Ärger als Nutzen bringt und der zehnte ist zwar nett und solide, muss sich aber bald wieder verabschieden, weil er die Zeit nicht mehr hat und sein Beruf und seine Familie nun mal zuerst kommen. Man kämpft fluchend bis spät nachts mit Computern, Netzwerken, Internetverbindungen, Videoformaten, Audioverbindungen, Steckern, Abstürzen, MySQL, nicht funktionierender Billigausrüstung, endlosen Workarounds für Workarounds. Kosten türmen sich inzwischen bedrohlich auf, die Familie beschwert sich immer lauter, die Träume von einst liegen längst begraben und man erinnert sich dunkel, gelesen zu haben, dass Journalismus eine der am schlechtesten bezahlten, riskantesten und unsichersten Tätigkeiten ist.

4.) Leute lesen nur noch Überschriften, bestenfalls die ersten Paragraphen

Viele Lesen nur Überschriften und sonst nichts, andere lesen ein paar Paragraphen in die Artikel hinein und ganz wenige lesen ihn überhaupt fertig. Um jemanden dazu zu bringen, einen Artikel anzuklicken, muss die Überschrift reißerisch sein und die ersten Paragraphen müssem die krassesten Statements enthalten, damit der Leser sich nicht wieder gleich verabschiedet. Erst ganz unten wird dann oft relativiert, dort steht dann dass alles so eindeutig doch nicht ist. Wenn eine Story nicht aufegbaut ist wie ein typischer Film, mit einfachen Plots sowie klischeehaften Helden und Bösewichtern, steigen die Leser aus. Wenn die Leser generell so wenig lesen, sind sie unfähig, schriftliche Analysen treffend zu bewerten. Ein Artikel kann noch so toll sein, die Leser begreifen und mögen ihn trotzdem nicht.

Eine virale Story zu schaffen, braucht fast ein gewisses Maß an Zurechtbiegerei, weil das Publikum so träge ist. Oft wird dabei die Grenze zum Betrug überschritten: Infowars.com veröffentlichte vor Jahren Chalie Sheens „Interview mit dem Präsidenten Obama“, nur um hinterher nachzuschieben, dass das Interview nie stattfand sondern Fiktion war.

5.) Nachrichtenmedien haben keine Chance gegen Unterhaltung

Was genau bringt jemanden zu der Entscheidung, seine Freizeit mit einem ausführlicheren, fordernden Artikel zu verbringen, anstelle mit lustigen Fail-Videos auf Youtube oder kostenlosen Online-Pornos? Das schlechte Gewissen? Jeder Artikel den man schreibt, konkurriert praktisch mit AssToMouth und CallofDuty.

Der Medienkonsument will von hinten und vorne und von den Seiten bedient werden, sich in allem bestätigt fühlen und das auch noch kostenlos. Man bekommt über illegale Downloads dermaßen viele Hollywood-Serien und Filme, Games und MP3s um sich für den Rest seines Lebens zu beschäftigen.

Nachrichtenmedien machen nur einen winzigen Bruchteil der gesamten Medien aus, meist müssen die Unterhaltungssparten die Nachrichten querfinanzieren. Nachrichtenblogger mit Erwartungen sind vergleichbar mit Schauspieler-Karrieren. 99% verschwenden ihre Zeit und zahlen drauf.

AlexBenesch
AlexBenesch
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