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Wird Russland wirklich zu unrecht kritisiert wegen den Kosten der Olympischen Spiele?

Datum:

sotschi-2014-640

www.kremlin.ru

Von Kim Zigfeld

Es lässt sich ein interessanter Vergleich ziehen zwischen den Olympischen Spielen 2014 im russischen Sotschi und den Spielen 1960 im kalifornischen Squaw Valley. Zunächst gibt es zwei große Gemeinsamkeiten: Bei beiden Austragungsorten gab es eine heftige Kontroverse im Vorfeld, da keine der beiden Städte auch nur annähernd geeignet war. Sie hatten nur wenig anzubieten und mussten die gesamte Infrastruktur und die Olympische Anlage von Grund auf neu bauen.

Viele Europäer waren sehr erbost darüber gewesen, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) es gewagt hatte, den Favoriten Innsbruck zu übergehen. Viele Russland-Apologeten wollen heute die damalige Kontroverse um die Spiele in Squaw Valley nicht berücksichtigen wenn argumentiert wird, dass Kritik an Russland feindselig und unangebracht sei. Dabei wird Sotschi genauso behandelt wie damals Squaw Valley. Mit angemessener, rationaler Skepsis.

Beide Städte sind in der Nähe von Sommer-Ressorts gelegen, wo es im Februar Temperaturen deutlich über dem Gefrierpunkt gibt. Wenn die Russophilen denken, dass Sotschi unfair kritisiert wird, sollten sie die Ausgabe der Zeitschrift Sports Illustrated von 1960 über den Beginn der Spiele lesen. Dort wird eine lange Liste von Problemen und Kontroversen aufgeführt, darunter „die beängstigende Möglichkeit, dass Kaliforniens erste Winterspiele im wahrsten Sinne des Wortes den Bach runtergehen könnten“.

Als er erfuhr, dass die Amerikaner Squaw Valley vorgeschlagen hatten, sagte der Vorsitzende des IOC damals den Organisatoren von Squaw Valley, dass die Amerikaner „wohl den Verstand verloren haben“. Die heutigen Beschwerden aus Russland, dass man unfair kritisiert werde, sind schlicht propagandistischer Nonsens.

Dies demonstriert Russlands größtes Problem: Die pathologische Unfähigkeit, Fehler einzugestehen und zu reformieren, und der pathologische Impuls, Kritiker zu zerstören die schlechte Nachrichten bringen. Es gibt aber auch große Unterschiede zwischen Sotschi und Squaw: Squaw Valley hielt nur 27 Medaillen-Events in vier Sportarten ab. Man baute nicht einmal eine Rodelbahn. Die Bandbreite der Spiele in Sotschi dieses Jahr hat in etwa den vierfachen Umfang mit 98 Medaillen-Events in sieben Sportarten.

In anderen Worten: Die Entscheidung für das ungeeignete Squaw Valley war immer noch ein wesentlich geringeres Risiko als die Entscheidung für Sotschi. Die Kosten für die die Strecken und die Infrastruktur in Squaw Valley beliefen sich auf rund 80 Millionen Dollar, dies entspricht etwa einer halben Milliarde Dollar bei heutigem Geldwert. Da Sotschi den vierfachen sportlichen Umfang hat, sollten eigentlich auch nur die vierfachen Kosten enstehen. Aber die Kosten für Sotschi belaufen sich auf das hundertfache im Vergleich zu Squaw. Russland zahlt sogar viermal mehr pro einzelnem Event als China bezahlt hatte. Alles bei Sotschi wird direkt oder indirekt mit landesweiten Steuereinnahmen bezahlt. Bei Squaw zahlten einzig die Bürger von Kalifornien, die auch nachhaltig von der neuen Infrastruktur profitierten.

James Surowiecki schreibt in The New Yorker:

„Es ist gut belegt, dass Korruption Investments abschreckt, weil Unternehmen nicht sicher sein können, was notwendig ist um erfolgreich zu sein. Korruption führt dazu, dass Politiker übermäßig investieren in Infrastrukturprojekte minderer Qualität und bei den laufenden Kosten bereits existierender Projekte zuviel einsparen. Länder mit einem hohen Maß an Korruption geben nur wenig aus für Bildung. Vetternwirtschaft führt zu wenigen Lehrern und zu schlecht gepflegten Skisprung-Rampen.“

Selbst wenn alles in Sotschi glattgegangen wäre, die Verschwendung von Milliarden in einem Land, das nicht einmal unter den 100 Nationen der Welt zu finden ist mit den höchsten Lebenserwartungen, ist eine Schande.

AlexBenesch
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