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Bombenanschlag in Wolgograd mit 14 Toten soll auf russischen Bin Laden zurückgehen

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Alexander Benesch

Bei einer Explosion in einem Bahnhof im südrussischen Wolgograd sind laut offiziellen Angaben 14 Menschen getötet und 34 weitere verletzt worden. Den Anschlag soll eine Frau verübt haben, wie „Russia Today“ berichtet. Die Stadt liegt rund 700 Kilometer von Sotschi entfernt, wo im Februar die Olympischen Winterspiele stattfinden, ein Prestigeprojektund gleichzeitig Anlass für weitgehende Überwachungs- und Antiterrormaßnahmen. Der tschetschenische Islamistenführer Doku Umarow hatte zu Anschlägen aufgerufen, um die Spiele zu stören.

Umarow werden einige der schwersten Anschläge in Russland angelastet, wie beispielsweise die Bombenattentate in Moskaus Metro-System im Jahr 2010. Umarow war zunächst der Vizepräsident der Tschetschenischen Republik Itschkeria (Untergrundregierung der tschetschenischen Separatisten) und rückte nach dem Tod von Abdul Halim Sadulajew am 17. Juni 2006 automatisch auf den Präsidentenposten auf, den er innehatte, bis er sich am 31. Oktober 2007 zum „Emir des Kaukasischen Emirats“ erklärte. Umarow kämpfte in den letzten 10 Jahren gegen die russischen Streitkräfte und soll hunderte tschetschenische Kämpfer unter seinem Kommando haben.

2002, während des Zweiten Tschetschenienkriegs, wurde Umarow Kommandant der Südwestfront. Er wurde bald verwundet und musste sich einer Behandlung in einem Krankenhaus im Ausland unterziehen. Es wird berichtet, der FSB habe 2005 Umarows Vater, seine Frau und seinen einjährigen Sohn als Geiseln genommen. Einige Monate zuvor waren bereits seine Brüder und ihre Familien in Geiselhaft genommen worden. Umarows Frau und sein Sohn kamen frei, über den Verbleib seines Vaters und seiner Brüder gibt es keine Hinweise. Ende 2005 wurde auch Umarows Schwester in Urus-Martan entführt, jedoch nach Protesten der örtlichen Bevölkerung wieder freigelassen.

Er galt als Verbündeter der inzwischen verstorbenen, weiteren „Osama Bin Laden“-Figur Schamil Bassajew.  Die russische Tageszeitung Iswestijaberichtete, bei der Besetzung einer Schule im nordossetischen Beslan auf Befehl von Bassajew sei Umarow von mehreren Geiseln identifiziert worden. In einem Interview mit Andrei Babizki von Radio Liberty im Juni 2005 bestritt Umarow eine Beteiligung an derartigen Terrorakten und kritisierte Bassajew für seinen Befehl für die Attacke auf die Schule in Beslan.

Die ersten Kämpfe um die nach Unabhängigkeit strebende Kaukasus-Republik Tschetschenien dauerten von Ende 1994 bis Sommer 1995. Dann, so die Terror-Historie, habe Bassajew mit einem Trupp Terroristen ein Krankenhaus in der südrussischen Stadt Budjonnowsk mit 1500 Geiseln besetzt und sich Feuergefechte mit russischen Sicherheitskräften geliefert. Wie durch ein Wunder gelang es Bassajew zu fliehen. Ein ähnlicher Zaubertrick  wäre Osama Bin Laden in Tora Bora gelungen, trotz einer Umstellung durch US-Elitesoldaten, trotz Spionagesatelliten, Predator-Drohnen und Daisy-Cutter-Bomben.

Bassajew erreichte nach seiner erfolgreichen Flucht einen Waffenstillstand auf dem Verhandlungsweg, der bis September 1999 hielt. Dann folgte eine Serie von Anschlägen des russischen Geheimdienstes FSB unter falscher Flagge auf russische Wohnblocks. Wieder wurde Bassajew der Öffentlichkeit als Organisator der feigen Taten präsentiert im Zusammenschluss mit dem jordanischen Wahabiten Ibn Kattab, der mit Bin Laden verkehrt haben soll. Beide stritten die Tat ab. FSB-Agenten wurden dabei ertappt, wie sie Hexogen-Sprengstoff im Keller eines Wohnblocks in Rjasan plazierten. Laut den Aufzeichnungen telefonierten die “Terroristen”  mit dem FSB-Hauptquartier und später wurde ihnen ermöglicht, aus dem Land zu fliehen. Der Sicherheitsdienst gestand ein, die Säcke voller Sprengstoff plaziert zu haben, behauptete später jedoch dass es sich nur um Zucker handelte im Zuge eines Drills zur Überprüfung von Sicherheitsmaßnahmen.

Örtliche Behörden verlautbarten ursprünglich, dass ein Terroranschlag vereitelt wurde; sobald aber die Beteiligung des FSB entdeckt wurde, änderte man die Berichte. Alexei Kartofelnikov, der Augenzeuge der zuerst den Sprengstoff gesehen und die Polizei alarmiert hatte, gab zu Protokoll dass die Säcke ein gelbliches Granulat enthielten, eine Beschreibung von Hexogen. Alle Beweise wurden später als geheim eingestuft und für 75 Jahre versiegelt. Das russische Militär marschierte im Herbst 1999 in Tschetschenien ein unter dem Banner einer „Antiterrormaßnahme“.

Im Oktober 2002 verfolgte die Welt mit nervöser Spannung die Geiselnahme tschetschenischer Terroristen im Moskauer Musicaltheater, die wieder einmal von Bassajew organisiert worden wäre. Russische Behörden setzten eine Art Nervengas ein und töteten dadurch 100 Geiseln. Auch hier folgten im Anschluss wieder Meldungen, die Tschetschenen hätten Unterstützung vom FSB und Waffen vom russischen Militär erhalten. Alle 41 Geiselnehmer hatten gefälschte Pässe, die offenbhar von russischen Beamten geliefert worden waren sowie Waffen und Sprengstoff von russischen Soldaten. 2003 designierten die USA drei involvierte tschetschenische Gruppen als Terrororganisationen mit Verbindungen zu al-Kaida. Im September 2004 folgte das nächste Kapitel in diese Tragikomödie: Wieder Bassajew. Wieder eine Geiselnahme, diesmal an einer Schule in Beslan. Wieder Berichte über russische Unterstützung der Terroristen.

Nach seinem Schulabschluss 1982 leistete Bassajew seinen Grundwehrdienst in der sowjetischen Luftwaffe. Später arbeitete er auf der Aksaiski-Sowchose im Gebiet Wolgograd. Vergeblich bemühte er sich um ein Jurastudium an der Moskauer Lomonossow-Universität. 1987 nahm er ein Agraringenieursstudium auf, das er jedoch 1988 wegen schlechter Noten abbrechen musste. Bassajew blieb jedoch für einige Zeit in Moskau und arbeitete dort zeitweise als Fahrkartenkontrolleur, Türsteher und schließlich bis August 1991 in einem Computergeschäft, das von einem ebenfalls in Moskau lebenden Tschetschenen betrieben wurde. Während des Augustputsches in Moskau gegen Michail Gorbatschow gehörte er 1991, mit einigen Handgranaten bewaffnet, zu den Verteidigern des Weißen Hauses, in dem sich Boris Jelzin verschanzt hatte.

Torsten Mann schreibt in seinem Buch Weltoktober:

„Sowohl über Schamil Bassajew als auch über seinen Bruder Schirwani ist bekannt daß diese in der Vergangenheit bereits für die sowjetische GRU gearbeitet haben. Auch der erste ‚unabhängige‘ Präsident Tschetscheniens, Dschochar Dudajew, hat eine bermerkenswerte Vergangenheit als General der sowjetischen Luftwaffe und Kommandeur einer Division nuklear bewaffneter Langstreckenbomber hinter sich.

Auch soll vor dem Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges im Sommer 1999 in Frankreich ein Treffen zwischen Schamil Bassajew einerseits und Boris Beresowski sowie Jelzins Stabschef Alexander Woloschin andererseits stattgefunden haben, bei dem Absprachen für einen neuen Krieg in Tschetschenien getroffen worden sein sollen, für den Bassajew mit russischen Waffen und Finanzmitteln ausgerüstet wurde. Das bedeutet dass der neue Krieg vom Kreml bereits lange Zeit vor den Anschlägen geplant worden war, was Sergei Stepaschin, der damalige Chef des FSB, im Frühjahr 2000 auch tatsächlich zugab.“

Bassajew wurde am 10. Juli 2006 bei einer Explosion getötet. Die russische Regierung behauptet eine gezielte Tötung, Tschetschenen einen Unfall und andere Quellen eine ermordung durch Rivalen unter den Separatisten. Neue Terror-Figuren wie Umarow nahmen schließlich seinen Platz ein. Putin hätte sich kaum eine bessere Steilvorlage wünschen können als Bassajews Anschläge, um den Hardliner zu mimen der mit dem Einverständnis der russischen Bevölkerung jede Form von Freiheit untergraben kann.

Der tschetschnenische Mufti Kadyrow meinte, dass eingeschleuste russische Provokateure den Krieg begonnen hatten und der russische Genralstab den Konflikt auf beiden Seiten kontrolliere. Der Militärexperte Alexander Golz erklärte, der Konflikt habe den Zweck erfülllt, alte Waffen und Munition zu verbrauchen und den russischen Soldaten eine bessere Militärausbildung angedeihen zu lassen. Außerdem sahen wir eine rege Antiterror-Partnerschaft Russlands mit u.a. den Vereinigten Staaten. Neben anderen Experten wurde Ex-KGB-Chef Primakow laut Berichten Antiterror-Berater des US-Heimazschutzministeriums.

AlexBenesch
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