Alexander Benesch
Das Internet wurde zum größten Tatort der Welt erklärt bei der zweitägigen Herbsttagung des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden. Entscheidend seien allerdings die Kapazitäten von Staaten, Spionage zu betreiben, Infrastruktur zu lähmen und Terrorakte zu verüben. Wired Magazine berichtet aktuell, dass die Infrastruktur des weltweiten Internets von einer passiven Struktur zu einer Waffe umfunktioniert worden ist. Es lässt sich mit Exploits auf jedes gewünschte Ziel schießen.
Der US-israelische Supervirus Stuxnet hat laut Kaspersky Labs inzwischen sogar das interne Netzwerk eines russsischen Atomkraftwerks und die Internationale Raumstation befallen. Das russische Raumfahrtprogramm erlitt in den vergangenen Jahren erhebliche Rückschläge aus unbekannten Gründen.
Kaspersky Lab mit Sitz in Moskau ist die Schöpfung von Yevgeny “Eugene” Kaspersky, der vom KGB ausgebildete Kryptologe der zu einem von Russlands berühmtesten Business-Oligarchen geworden ist. Antivirensoftware von Kaspersky zählt zu den meistverwendeten Sicherheitsprodukten weltweit.
Zwischen 2009 und 2010 stiegen laut Forbes die Verkäufe von Kaspersky Antivirensoftware um 177 Prozent auf 4.5 Millionen Einheiten pro Jahr, beinahe so viel wie die beiden Rivalen Symantec und McAfee zusammen. Microsoft, Cisco, and Juniper Networks haben alle Code von Kaspersky in ihre Produkte eingebettet.
Wired.com ist eine der wenigen Medienpublikationen, die Besorgnis ausgedrückt haben über Kasperskys KGB-Hintergrund und seine anhaltende Beziehung zum Nachfolgergeheimdienst FSB. Er ist außerdem ein Freund des Präsidenten und ehemaligen FSB-Chefs Putin, was eine zwingende Vorraussetzung ist, um in Russland Big Business zu machen. Kaspersky machte 1987 seinen Abschluss am Institut für Kryptografie, Telekommunikation und Computerwissenschaft, eine Einrichtung die mitfinanziert wurde vom KGB und dem russischen Verteidigungsministerium.
Der renommierte IT-Sicherheitsforscher Sandro Gaycken von der Freien Universität Berlin nannte gegenüber der BILD das „Nationale Cyberabwehr-Zentrum“ Deutschlands eine „totale Luftnummer“. Das NCAZ ist beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) angesiedelt und hat seinen Sitz in Bonn. Die zentralen Aufgaben des Abwehrzentrums sollen – nach Minister Friedrich – die Prävention, Information und Frühwarnung gegen sogenannte Cyber-Angriffe sein.
Während das NCAZ ziviler Kontrolle untersteht und ebenso nur zu zivilen Zwecken geschaffen wurde, ist die äquivalente, militärische Organisation für Cyber-Angelegenheiten das Kommando Strategische Aufklärung. Das NCAZ berät den zeitgleich neugeschaffenen Nationalen Cyber-Sicherheitsrat fachlich und berichtet an diesen. Im Verfassungsschutzbericht 2012 heißt es knapp:
„Die überwiegende Zahl der in Deutschland festgestellten ‚Elektronischen Angriffe‘ mit mutmaßlich nachrichtendienstlichem Hintergrund ist auf Stellen in China zurückzuführen.“
Die Angriffe tragen laut BfV „deutliche Anzeichen einer strategischen Informations-Beschaffung“. Identifiziert wird China als Ursprungsland des Angriffs dabei anhand von „technischen Parametern“.
Der Experte Gaycken zum Beispiel fürchtet die Manipulation von Flugzeug-Elektronik, Steuerungen von Kraftwerken und Fabriken.