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Alexander Benesch: Ein Leben in Bildern und der Appell für Transparenz (Teil 1)

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von Alexander Benesch

Die NSA und Google wissen wer wir sind und wie wir ticken, wir wissen es oftmals aber selbst nicht. Andere Menschen einschätzen geht gleich erst recht daneben. Die erstaunlichste Erkenntnis nach Jahren des Geschichtsstudiums und der Untersuchung der Gegenwart ist für mich, wie wenig uns diese beiden Felder weiterhelfen wenn man nicht die psychologische Ebene zu jeder Zeit mit hineinwebt.

Es heißt, 80% der Kommunikation sei nonverbal. Auch bei den restlichen 20% geht es Menschen in der Regel nicht um den Inhalt des Gesagten, vielmehr darum, wer mehr Dominanz ausstrahlt oder mehr verborgene Gefühle anspricht. Wahrscheinlich ist von den 20% der verbalen Kommunikation bestenfalls wiederum nur 20% tatsächlicher bedeutsamer Inhalt. Das ergibt ein Verhältnis von geradeeinmal 4% Substanz zu 96% affenähnlichem Getue. Als nächstes müssen sie sich fragen, wieviel von den 4% Substanz tatsächlich sachlich korrekt ist. Nehmen wir eine Trefferquote von nur 20% an, ergibt das 0,8 Prozent bedeutsame Kommunikation vs. 99,02% Müll und Ablenkung. Und wieviel Prozent von den 0,8% beschäftigen sich mit der Psyche, dem Menschen? Vielleicht 2%. Macht 0,016% Anteil an der gesamten Kommunikation…und das optimistisch gerechnet!

Das, werter Leser, bricht uns das Genick. Der schlechte Ersatz für Psychologie und Fachwissen über den eigenen Tellerrand hinaus, sind die Ideologie, die Ablenkung und die fanatische Religion. Ich könnte meine gesamte Karriere lang nur über Geld und Politik sprechen und Sie damit nur marginal weiter bringen.

Mein Beruf ist die Analyse – von anderen Menschen, Organisationen, Ideologien. Oft fallen diese Einschätzungen sehr „negativ“ aus, obwohl oberflächlich betrachtet alles „nett“ oder sogar phantastisch aussieht, rechnerisch vielleicht sogar halbwegs stimmig ist und die richtigen Worte benutzt werden. Menschen sind aber keine Recheneinheiten oder Papier.

Mein Beruf eignet sich hervorragend für die Ablenkung vom eigenen Selbst, denn die Analysen sollen ja immer nur nach außen hin gewandt sein. Psychologie gilt da meist nur als ein Mittel, mit dem böse Menschen andere unaufgeweckte Menschen manipulieren. Psychologie ist aber weit mehr, es ist unser aller Kern.

Es ist typisch, seine eigene Geschichte und seine Individualität zu missachten und in irgendeiner ideologischen oder religiösen Gruppe aufzugehen, sich aufzulösen und zum Teil eines „Riesen“ zu werden. Individuelle Ansätze gelten als „fatal“, elitär und unfair gegen diejenigen, die ohne Gruppe nicht wissen was sie anfangen und denken sollen. Um manche wiederum soll irgenwie das ganze Universum rotieren und all die anderen Menschen werden nur wahrgenommen als zweidimensionale Pappfiguren.

Nach rund 8 Jahren Betrachtung von anderen Menschen und Ideen möchte ich aus eigenem Antrieb ihnen, werter Leser, mehr Möglichkeit geben, mich besser einzuschätzen. Außerdem ist es ein Appell, auszubrechen aus der immergleichen Kommunikation.

Fotos können täuschen: Ich war weder happy, noch Fußballer als Kind

Geboren wurde ich 1984 in einer fränkischen Kleinstadt namens Feuchtwangen mit rund 13.000 Einwohnern und erstaunlich viel Industrie. Typisch für Feuchtwangen ist ein recht hoher Lebensstandard der von der Kriegs- und Nachkriegsgeneration erwirtschaftet wurde, ohne jedoch die eigenen Traumas in den Griff bekommen zu haben. Ich bin aufgewachsen mit den Kindern von Leuten, die sich tolle Häuser, Geschäfte, Autos und eigene Pferde erarbeitet hatten, emotional und psychisch aber immer Unterschicht geblieben sind. So manch einer hat sein Unternehmen mit 20 Mitarbeitern schlicht in Grund und Boden gesoffen und nahm in 20 Jahren nie ein Buch in die Hand, das nicht die Bedienungsanleitung eines Fernsehers war. Die Nachkommen aus meiner Generation waren dementsprechend planlos und wollten bloß nicht wie die Eltern enden, sind aber auf dem besten Wege, ihre Eltern stark zu unterbieten, insbesondere finanziell, und das obwohl sie auf dem Papier einen weit höheren Bildungsstandard aufweisen. Anstatt die Generation von Wissenschaftlern und Akademikern zu werden, wurde es die Generation von Dauerstudenten und Lehramtsanwärtern.

Meine Abstammung, für die die dem eine Bedeutung zumessen, ist schwedisch, fränkisch und zu einem geringen Teil Spanier. Mein Vater, von dem ich den wenig attraktiven Nachnahmen erhielt, war das dritte Kind einer sehr „bequemen“ Dame und eines sehr cleveren, aber distanziert-lieblosen Ingenieurs, der nach dem Krieg aus dem Nichts eine erfolgreiche Firma aufbaute, die u.a. Präszisionszahnräder fertigte für Getriebe. Mit einem sehr kompakten, eigens erfundenen Gerät ließen sich große Mengen Tabak günstig und schnell zerkleinern. Von seinem Innenleben wollte er aber gar nichts wissen und der Erfolg samt Außenwirkung waren alles was ihn interessierten. Seine Eltern und deren Verwandtschaft wiederum waren überzeugte Nazis gewesen, die sogar ein Familienmitglied mit Hörschaden an die zuständige Euthanasiebehörde gemeldet hatten. Ideologische Psychopathen eben.

Mein Vater galt als das dritte, „zuvielte“ Kind und wurde von der eigenen Mutter tatsächlich an eine Verwandte „gegeben“ und anschließend in ein Internat verfrachtet, was nicht lange währte und einen lebenslangen Mangel auslöste.

Mein Vater mit 25 Jahren

Mein Onkel bekam später die Firma meines Großvaters und fuhr sie gegen die Wand. Die Tante wanderte mit Geld in die USA aus und hatte dort drei Kinder, darunter eine erfolgreiche Anwältin aus New Jersey und ein Feuerwehrmann in New York der glücklicherweise an 9/11 nicht in der Stadt war.

John an Ground Zero, natürlich ohne adäquaten Atemschutz. Fuck you, EPA

Mein Vater wiederum bekam ein Haus in Feuchtwangen und entschied sich nach dem Ingenieursstudium und einer Anstellung bei Siemens, ein Staatsexamen zu machen und die Ingenieurskunst als Beamter zu lehren. Nicht viele in Feuchtwangen hatten so früh in ihrem Leben ein großes Haus, einen Mercedes und eine wirklich besondere Ehefrau. Das Geheimnis hinter der bürgerlichen Idylle waren Medikamente. Jede Menge Medikamente. Allesamt legal und von seinem Amtsarzt abgesegnet. Nach seinem Tod fand ich unter anderem genügend Packungen Praxiten (Oxazepam aus der Gruppe der Benzodiazepine) um einen Pottwal damit kleinzukriegen. Im Beipackzettel steht:

Die Behandlung mit Benzodiazepinen ist jedoch nicht für eine Dauertherapie geeignet. Sie sollte so kurz wie möglich dauern, längstens jedoch zwei Wochen. Zudem gewöhnt sich der Körper sehr schnell an die zusätzliche Schlafhilfe, sodass er davon abhängig wird. Benzodiazepine sind damit nur zur kurzfristigen Überbrückung unruhiger und schlafloser Phasen geeignet. Auf Dauer sollten die zugrundelegenden Ursachen, wie Sorgen, Ängste und Depressionen oder andere Impulse wie Licht, Kälte und Schmerzen behoben werden.

Er nahm dieses Zeug jahrzehntelang und mischte es mit 5 bis 10 Bier am Tag. Weitere Tabletten waren Tranxilium, ebenfalls Benzos. Wie der Name erkennen lässt, sind es Tranquilizer gegen Angst- und Panikattacken, aber auch Schlafmittel. Sie müssen sich vorstellen, dass er als Fan der Rolling Stones und The Doors der ersten Stunde wie seine geliebten Musiker jahrzehntelang stoned war, und das auf Steuerzahlerkosten. Wenn man zuviele verschiedene Drogen durcheinan
der mischt und auch noch Alkohol und Kettenrauchen dazufügt, hat das allerhand unerwünschte Folgen. So manche Eskapaden erinnerten an Ozzy Osbourne. Wie gelangte er auf diesen Dauertrip? Durch eine sogenannte „Herzneurose“. Das bedeutet, dass die unverarbeiteten Traumatisierungen und unterdrückten Ängste aus seiner Kindheit in anderer Form wieder an die Oberfläche gelangten, nämlich als Panikattacken (über nicht existente Herzprobleme), Depressionen und Schlafstörungen. Das besonders Dumme an der Behandlungsmethode war, dass die Medikamente folgende Nebenwirkungen hatten: Panikattacken, Depressionen und Schlafstörungen.

Wenn er weniger high war, konnte man einen ziemlich scharfen Geist erkennen. Trotzdem waren sein Hauptproblem weitergehende neurotische Wandlungen und ein zunehmend schlecht gemanageter Narzissmus, als Folge seiner zerrissenen und unterdrückten Gefühlswelt.

Meine Mutter kannte ihn noch als charismatischen, fähigen und ausgesprochen lustigen Menschen, der tatsächlich in der Welt herumgereist war und seine eigene Bibliothek pflegte.Sie entstammte einer erzkatholischen Kleinstadt und stand seit 18 Jahren souverän auf eigenen Füßen. Mitte zwanzig glaubte sie, mit meinem Vater einen Volltreffer gelandet zu haben…

Sie ist die typische Macherin mit Eigenschaften, die man eigentlich von dem Mann erwartet hatte. Sie war die Handwerkerin, der alles gelang, während mein Vater trotz Ingenieursstudium zwei linke Hände hatte und sich an Erdnussdosen schnitt. Sie konnte jederzeit dazulernen und neue Wege beschreiten. Und sie würde für ihre Kinder regelrecht durchs Feuer springen. Gott sei dank wurde ich vom ersten Moment an mit Liebe überhäuft, während mein Vater zu stoned war, um seine Frau aus dem Krankenhaus heimzufahren. Ohne meine Mutter wäre ich wahrscheinlich heute selbst narzisstisch. Die Wissenschaft ist da recht eindeutig.

Über den ersten elf Jahren lag, wen überrascht es, ein sehr düsterer Schatten. Es fühlte sich an wie Gefängnis. Elf Jahre Gefängnis. Da ich bereits mit vier Jahren begann, ganze Sätze und Kinderbücher zu lesen, dachte jeder, ich würde mir eh alles selbst beibringen, also fühlte sich erst recht niemand zuständig, mir Sachen beizubringen die über popeliges gewöhnliches Sachwissen hinausgehen.

Meine Mutter ahnte frühzeitig, dass sie eventuell eines Tages mit mir und meiner Schwester davonlaufen wird, also schloss sie kurzerhand mit Bestnote eine Weiterbildung als Buchhalterin ab und ging zurück in die Arbeitswelt. Nachteil für mich: Kein vernünftiger Erwachsener mehr tagsüber verfügbar.

Die Schule war auch wie Knast, die Lehrer hatten zuviele eigene Probleme, also blieb abseits nur noch die Ablenkung durch Nintendo, Playstation und Actionfilme.

Dumme Kinderbücher + staatliche Schule  = Chaos

Ab 11 Jahren kam endlich, mindestens 11 Jahre zu spät, die Trennung meiner Eltern. Meine Mutter baute ein Haus und wir Kids waren high, ohne Drogen. Ich meine richtiggehend high. Mit elf Jahren hatte ich den Kontrast verinnerlicht zwischen Freiheit und Unfreiheit. Aus dem zu kleinen Jungen wurde sehr schnell ein sehr populärer Schüler der mit den populärsten Kids befreundet war. Entscheidend war, unterhaltsam zu sein und derjenige zu sein, der Dinge wusste. Mein Spitzname lautete „das Lexikon“. Das war meine Rolle, sowohl aus der Notwendigkeit heraus, als auch passend zu meinem Wesen.

Heute habe ich einen Newtek Tricaster. Das Programm ist auch besser geworden.

Athletisch war ich nicht, Fußballer gleich gar nicht. Meine Faszination lag beim Klettern.

Da mir eine halbwegs vernünftige Vaterfigur und andere männliche Vorbilder fehlten, hatte ich nur sehr schwammige Vostellungen davon, was erwachsene Männlichkeit ausmacht. Alles was zu zählen schien, waren oberfächliche Kriterien wie Beliebtheit und Macht. Das Dumme an meinen engen, ultrapopulären Freunden war, dass sie fast schon klischeehaft übertrieben auf Schwächeren herumtrampelten. Ich bin überzeugt dass viele Kids, die einfach Pech hatten, heute noch unter den Folgen dieses konstanten Psychoterrors leiden.

Solange ich meine Funktion, meine Rolle erfüllte, und keine Kritik übte, war ich beliebt. Wie oberflächlich dies war, stellte ich erst später fest. Die Freiheit, ohne Haustyrann aufzuwachsen in relativem Luxus, ohne Eltern die einem alles mikromanagen, brachte auch Gefahren mit sich. Schnell baden gehen du wirst ohne Jedi-Lehrmeister! All die Gadgets, all die Unterhaltung konnte nicht übertünchen, dass mir vernünftige Menschen im Leben und echte Bildung fehlten.

Es gab außerdem noch den zweiten Knast den ich jeden Morgen aufsuchen musste. Das Gymnasium Feuchtwangen. Die Grundschule hatte ich mit Bestnoten abgeschlossen ohne einen Finger krumm machen zu müssen. Das Gymnasium stahl meine Zeit mit dem Abschreibenvon der Tafel und verlangte, dass ich im Anschluss an den Unterricht anfange, erst richtig zu lernen. Verstehen sie mich nicht falsch, ich lerne sehr gerne, aber nicht in einem Bunker mit Tafelschreibern und 30 Schülern.

Was ich damals nicht wusste: Narzissten wirken besonders anziehend auf vaterlose junge Teenager wie mich. Das war einer der Hauptgründe weshalb ich die narzisstische Dynamik ein paar Jahre verkannt und als gegeben akzeptiert hatte, um meinen Platz in der sozialen Hierarchie nicht zu gefährden. Irgendwann interessierten mich die Videogames, die Filme und der andere ablenkende Quatsch überhaupt nicht mehr, während meine Altersschicht immer stärker davon fasziniert war. Der Comedian und Nerd wollte nicht mehr, wollte über den Tellerrand und aus der erdrückenden Stupidität heraus, endlich erwachsen werden. Ich verstieß gegen den Zeitgeist und wurde verstoßen. Schnell entpuppten sich langjährige engste „Freunde“ als unfähig, engere Bindungen zu entwickeln die nicht auf Abhängigkeiten basierten. Ich fing nach 5 Jahren Nintendo wieder an zu lesen, dieses mal Sigmund Freud und George Orwell. Stellte sich heraus, mein Vater hatte im Ernst einen umgekehrten Ödipus-Komplex und nahm mich als Konkurrenten war, der ihm (im übertragenen Sinne) die Frau genommen hatte. Neid ist eine der größten Triebfedern…

Ich begann mit Sport und merkte wie elementar diese Komponente ist. Man kann nicht jedes Problem das im Kopf entstanden ist, mit dem Kopf lösen, wenngleich logisches Denken viel erreicht, bevor man überhaupt einen Finger heben muss. Mein Training war unausgeglichen: Viel zu viel Kardio. Ich war immer noch meilenweit entfernt, vieles zu verstehen. Aber jeder einzelne Schritt war trotz Ermangelung eines professionellen Instrukteurs ein Schritt vorwärts.

Teil 2 folgt…

 

AlexBenesch
AlexBenesch
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