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Bundestagspräsident Lammert (CDU) muss um seinen Doktortitel fürchten

Datum:

Berlin – Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) wird durch einen Online-Blog mit detaillierten Plagiatsvorwürfen über seine Doktorarbeit aus den 1970er Jahren belastet. Der „Welt“ gegenüber erklärte er:

„Ich habe die Universität Bochum unverzüglich darum gebeten, die Vorwürfe zu prüfen. Ich habe meine Doktorarbeit nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt.”

Dies hatten auch andere Politiker betont, die schließlich Titel und Ämter verloren, wie der Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), die Vizepräsidentin des Europaparlaments Silvana Koch-Mehrin (FDP) und Anette Schavan, die immernoch gegen den Entzug ihres Titels klagt.

Auf http://lammertplag.wordpress.com/ schreibt der unbekannte Autor unter dem Pseudonym Robert Schmidt über seine Analyse eines signifikantes Teils der Arbeit Lammerts:

Ergiebigste Gesamtquelle für regelwidrige Übernahmen scheint ein Sammelband des Politologen Wolfgang Jäger zur Parteienforschung zu sein. Insgesamt gibt der Verfasser vor, eine Literaturrezeption geleistet zu haben, die er in diesem Umfang nicht selbst erbracht hat. Einen erheblichen Teil der als verwendet angegebenen Literatur hat er ganz offenbar nicht gelesen; dies wird insbesondere anhand der Übernahme zahlreicher charakteristischer Fehler aus der Sekundärliteratur deutlich. Genuine Fehler des Verfassers – also solche, die nicht mit Übernahmen aus Sekundärquellen im Zusammenhang stehen – habe ich in der Regel nicht erfasst. Die Arbeit enthält einen Hauptteil von 116 Seiten, auf denen ein wissenschaftlicher Diskurs stattfindet. Inhaltsverzeichnis, Vorwort des Herausgebers, Vorbemerkung, Dokumentation, Literaturverzeichnis und Sachregister habe ich nicht gesondert untersucht. Der 91 Seiten umfassende Dokumentationsteil, dessen einzelne Punkte und Unterpunkte nicht in der Gliederung aufgeführt sind, besteht lediglich aus der Reproduktion von Satzungen, Anträgen, Geschäftsberichten, Rundschreiben etc. pp.

Bemerkenswerte Fundstellen

  • Auf Seite 3 und Seite 4 übernimmt der Verfasser zum größten Teil aus einem Aufsatz von Hans-Otto Mühleisen.
  • Auf Seite 15 schreibt der Verfasser dem marxistischen Philosophen Georg Lukács einen Begriff zu, den dieser gar nicht gebraucht.
  • Auf Seite 16 übernimmt der Verfasser seitenzahlgenau zahlreiche Verweise auf vorwiegend englischsprachige Literatur aus einem anderen Aufsatz von Mühleisen.
  • Auf Seite 19 schreibt der Verfasser Niklas Luhmann einen Begriff zu, den er von Mühleisen übernimmt, den Luhmann aber gar nicht verwendet. Auf dieser Seite übernimmt er acht Literaturbelege von Mühleisen.
  • Auf Seite 21 referiert der Verfasser Inhalte aus einem Aufsatz des amerikanischen Psychologen Bernard P. Indik, die sich dort zum Teil nicht finden.
  • Der Verfasser übernimmt gut die Hälfte der Seite 25 aus dem ersten Aufsatz Mühleisens mit Ausführungen über den amerikanischen Politikwissenschaftler Samuel J. Eldersveld, wobei dies auch zwei charakteristische Fehler einschließt.
  • Auf Seite 29 denkt sich der Verfasser den Titel einer Einführung, die er mit einer unzutreffenden formalen Literaturangabe versieht, in ein Werk des Soziologen Robert Michels offenbar aus, um aus dieser aus zweiter Hand zitieren zu können.
  • Auf Seite 37 verweist der Verfasser auf ein Buch, das nicht existiert und dessen bibliografische Daten er von Jäger übernimmt.
  • Der Verfasser übernimmt auf Seite 51 eine Rezeptionsleistung des Soziologen Peter Oel, die er dann durch ein Zitat von Oel selbst bestätigt. Dabei kennzeichnet er einen übernommenen Begriff als Zitat, der sich in der Originalliteratur nicht findet.

 

Ziel und Zweck der Dokumentation

Zweck der Dokumentation ist es, sowohl die Universität Bochum als auch die allgemeine Öffentlichkeit anhand einer ausreichend großen Anzahl von exemplarischen Belegstellen über wissenschaftliches Fehlverhalten in der untersuchten Arbeit zu informieren. Ziel der Dokumentation ist es jedoch nicht, dieses möglichst vollständig zu erfassen, was mit einem hohen Zeitaufwand verbunden wäre. Ich habe daher die Untersuchung abgebrochen, nachdem ich die Marke von einem Drittel der Seiten des Hauptteils, die fragwürdige Passagen enthalten, überschritten habe. Oder anders ausgedrückt: Ich meine jetzt genug problematische Belegstellen gefunden zu haben, die eine umfassende offizielle Untersuchung der Arbeit rechtfertigen.

AlexBenesch
AlexBenesch
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