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Ist Recht wirklich eine Ware oder Dienstleistung wie jede andere auch?

Datum:

Von Alexander Benesch

Wer hat sich nicht schon geärgert über die in Zeitlupe mahlenden Mühlen der staatlichen Justiz oder über die Polizei, die immer da zu sein scheint um ein kaputtes Rücklicht oder eine Geschwindigkeitsübertretung zu ahnden, aber nie wenn man wirklich ihre Hilfe braucht?

Die Idee klingt zunächst verlockend, einfach private Dienstleister diese Aufgaben übernehmen zu lassen, im nächsten Moment klingt dies aber schon wieder gruselig. Recht soll ja gerade etwas Festes, Höheres sein, ein realistisches Ideal, ein unumstößlicher Grundkonsens, den man unmissverständlich festhalten und verteidigen kann, selbst wenn, insbesondere wenn, der Staat selbst Rechtsbrecher geworden ist.

Recht ist dann doch keine einfache Ware wie Socken oder Flachbildfernseher und auch keine gewöhnliche Dienstleistung wie eine Massage oder das Anlegen eines Verbandes. Der Kunde kann heute Socken aus Merinowolle verlangen, in drei Monaten sind die dann schon wieder außer Mode und etwas anderes muss her. Der Kunde wählt subjektiv für sich selbst, was er gerade haben will und dem anderen Kunden ist diese Auswahl egal, er wählt für sich selbst etwas anderes, das ihm subjektiv attraktiver erscheint.

Beim Recht geht es aber nicht nur um die Rechte des einen getrennt vom anderen, sondern um unterschiedliche, direkt kollidierende Interessen. Während die Auswahl bestimmter Socken auf die Gesellschaft keinen Einfluss hat, wäre die subjektive Wahl des eigenen Lieblingsrechts eine Gefahr für alle modernen gesellschaftlichen Errungenschaften.

Es geht um Recht, nicht um ein möglichst beliebtes Modeprodukt oder eine auf die eigene Gier und die eigene irrationale Weltanschauung maßgeschneiderte Dienstleistung. Fanatische religiöse Gemeinschaften und Ideologen sind keine theoretischen vernünftigen Marktteilnehmer, sondern irrationale Sekten die sich nicht darum scheren, dass ihre Entscheidungen viele andere Menschen abschrecken werden.

Ein „kommunistischer“ oder „fundamentalreligiöser“ Toaster unterscheidet sich in seinen Grundfunktionen nicht groß von einem „liberalen atheistischen“ Gerät. Beim Recht könnten die Unterschiede aber kaum größer sein. Recht bedeutet nicht heute so, morgen anders. Recht bedeutet nicht Scharia hier und kommunistische Gerichtsbarkeit fünf Kilometer weiter östlich. Recht bedeutet nicht all das, wovon sich die Shareholder eine höhere Rendite im nächsten Quartal versprechen.

Der Bürger hat zwar selbstverständlich auf dem freien Markt viel Auswahl an rechtsrelevanten Produkten und Dienstleistungen, aber er darf nicht den Richter und den Polizisten bezahlen. Der Bürger kann sich seinen Anwalt auf dem freien Markt suchen, in einem Minimalstaat mit wenigen einfachen Gesetzen und ohne staatliches Geldmonopol reicht es wohl auch locker für mehr als einen. Er kann sich auf dem freien Markt Überwachungskameras leisten, Panzertüren, Bewaffnung, Bodyguards und Wächter, Rechtsschutzversicherungen, Diebstahlversicherungen und viele weitere Versicherungen, Privatermittler und was der Markt sonst noch alles hergibt. In einem Rechtsstreit mag er all das, was er sich leisten kann, in die Waagschale werfen, um seine Chancen zu verbessern, aber letztendlich müssen Polizei und Justiz von ihm unabhängig sein.

Sie haben ihren klar umrissenen Handlungsspielraum und einen einheitlichen Rechtsrahmen. Unterliegt jemand vor Gericht, hat er begrenzte Möglichkeiten um weiterzukämpfen. Er kann nicht einfach zur nächsten Justizfirma seiner Wahl mit einer genehmeren Rechtsordnung laufen und es endlos weiterprobieren oder sich Anklagen entziehen.

Die besten Anführer sind diejenigen, die bereit sind Opfer für ihre Mitmenschen zu bringen. Posten in Justiz und Polizei sollen ja gerade nicht enorm attraktiv und lukrativ sein, die Gedanken sollen sich dabei nicht ständig darum drehen, ob man bei Konkurrenzfirmen mehr Geld machen kann oder ob die Firma für die man arbeitet vielleicht nächsten Monat insolvent ist.

AlexBenesch
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