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Großrazzia im „Königreich Deutschland“

Datum:

Am Donnerstag durchsuchten rund 100 Fahnder und Polizeibeamte in Wittenberg 12 Objekte des Fantasiestaats „Königreich Deutschland“ unter Führung von Peter Fitzek.

2012 hatte ihm bereits die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) untersagt, ohne Erlaubnis seinen Anhängern Versicherungen der „Neudeutschen Krankenkasse“ zu verkaufen und ordnete an, alle bestehenden Verträge rückgängig zu machen. Später benannte Fitzek sein Projekt Neudeutschland um in Königreich Deutschland und ließ sich in einer Zeremonie im Polyester-Königsmantelkostüm zum „obersten Souverän“ küren, der als Interimsmonarch einem sozialistischen Staatsunterbau Befehle erteilen will.

Es folgten weitere Unternehmungen wie etwa u.a. eine eigene Reichsbank, die Währung „Neue Deutsche Mark“ oder Seminare für berufliche Tätigkeiten, ohne Steuern an die BRD-Finanzämter zu entrichten.

Der Verfassungsschutz beobachtet ihn und die Organisation wegen öffentlichen Ankündigungen, statt einer demokratischen Republik eine völlig andere Staatsform zu verfolgen. Generell vertritt man die falsche Auffassung, dass die Bundesrepublik kein gültiger Staat sei und stattdessen das schlummernde Deutsche Reich wiederbelebt werden müsse. Selbst kritische Verfassungsexperten wie Professor Albrecht Schachtschneider widersprechen deutlich den Argumenten der diversen Reichsbewegungen. Rekrutierten neuen Anhängern wird oft irreführenderweise versprochen, rechtlichen Schutz zu genießen mit Hilfe von kopierten Internet-Texten die an Gerichte verschickt werden.

Diverse Behörden werden das beschlagnahmte Material über Fitzeks Gruppe in den kommenden Monaten sichten und ggf. Strafverfahren einleiten. Inwiefern reguläre Mitglieder von den Ermittlungen betroffen sind und ob sie eventuell gespendete oder anderweitig eingezahlte Gelder zurückerhalten, ist derzeit noch offen. Für die Medien ist die Aufarbeitung des Falles natürlich ein gefundenes Fressen.

In einem veröffentlichtem Statement versucht die Organisation, den dramatischen Vorfall als Erfolg zu verkaufen:

Nun wird erst richtig losgelegt !!! Das wird uns vieeel Spaß machen 🙂
Dazu werdet Ihr demnächst Wege von uns erhalten, wie all das, was wir hier im Kleinen schon tun, auch von allen anderen Menschen geleistet werden kann. Wir werden viel bisher unveröffentlichtes Material veröffentlichen, Handlungsanleitungen verfassen, das dazugehörige Recht erläutern, unsere Tätigkeiten ins Riesige verteilen und dezentralisieren, wir werden vieeeele gute Dinge tun und noch viel transparenter werden. Ihr könnt Euch dann genau wie wir, einfach umdrehen und nicht mehr bei denen mitspielen. Wir danken den Einsatzkräften für ihren beherzten Einsatz und die Auffindung von einigen, bei uns schon als verschollen gelaubten wichtigen Unterlagen, die wir bald veröffentlichen werden.

Eine unbekannte Zahl Menschen in Deutschland wünscht sich das Deutsche Reich bzw. eine modifizierte Variante davon zurück und glaubt die zahlreichen kreativen Falschinformationen im Netz, wonach die BRD wegen der Farbe der Ausweise oder Bezeichnungen wie „Personalausweis“ kein Staat sondern eine Firma sei und man sich mit zusammenkopierten Schrieben unter Verweis auf bestimmte Paragraphen irgendwelche steuerlichen Vorteile oder juristische Immunität sichern könne.

Immer häufiger halten Polizisten Bürger mit Fantasiekennzeichen an deren Autos an und bekommen „Reichsausweise“ oder „diplomatische Pässe“ vor die Nase gehalten, die ausgestellt wurden von Privatpersonen, die sich ihren Kunden gegenüber als „komissarische Reichsregierung“ oder als alternativer deutscher Staat anpreisen.

Leute ohne in der BRD gültigen Führerschein glauben tatsächlich, sie könnten sich mit ihrem Reichslappen im PKW bewegen und hinterher irgendwelche juristischen Kniffe aus dem Hut zaubern. Strafzettel, Steuern oder Müllgebühren werden nicht bezahlt unter Verweis auf die Nichtzuständigkeit der Behörden oder deren „Privatfirma“-Status.

Was folgt, sind meist Anzeigen, Gehaltspfändungen und Verurteilungen, die für den betroffenen noch viel schlimmer ausfallen wenn derjenige sich unter Verweis auf irgendwelche Internet-Texte weigert, zu zahlen oder vor Gericht zu erscheinen. Eine Eskalationsstufe weiter geht es, wenn im Netz beleidigende Schimpftiraden gegen Staatsanwälte, Richter, Gerichtsvollzieher usw. mitsamt Fotos, Klarnamen und Privatadressen gepostet und via E-Mail verbreitet werden.

Wenn sich erstmal genügend Straftaten aufgetürmt haben (beispielsweise mehrmalige Beleidigung + Verletzung von Persönlichkeitsrechten gegen mehrere Personen) und der Druck wächst, folgen in der Regel immer verzweifeltere und konfusere Pamphlete des Angeklagten, in denen dann wieder auf aus dem Zusammenhang gerissene Paragraphen hingewiesen und mit einer Gegenklage beim internationalen Strafgerichtshof, Amnesty International oder den Russen gedroht wird.

Niemand der Juristen hat irgendwelche Lust oder Zeit, jeden einzelnen Punkt mühsam zu verhandeln, sondern es wird einfach ein Verfahren auf „Betreuung“ angeregt. Der selbsternannte Reichsbürger, der sich unter dem Schirm reichsstaatlicher Soveränität wähnte, endet auf diese Weise bei dem rechtlichen Status eines Kindes oder geistig Behinderten.

AlexBenesch
AlexBenesch
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