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Simon Wiesenthal-Center listet Jakob Augstein unter Top 10 Antisemiten

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Foto: Cbl62 at English Wikipedia Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Ein Kommentar von Alex Benesch

Das Simon Wiesenthal-Center listet Jakob Augstein inzwischen unter Top 10 Antisemiten auf Grund von mehreren Kolumnen auf Spiegel-Online. Unter anderem verteidigte der Journalist den deutschen Dichter Günther Grass und dessen Gedicht „Was gesagt werden muss“:

„Es ist dieser eine Satz, hinter den wir künftig nicht mehr zurückkommen: ‚Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden.‘ Dieser Satz hat einen Aufschrei ausgelöst. Weil er richtig ist. Und weil ein Deutscher ihn sagt, ein Schriftsteller, ein Nobelpreisträger, weil Günter Grass ihn sagt. Darin liegt ein Einschnitt. Dafür muss man Grass danken. Er hat es auf sich genommen, diesen Satz für uns alle auszusprechen. Ein überfälliges Gespräch hat begonnen.“

Wer heutzutage versucht, die Handlungen von Israels Regierungen politisch korrekt zu kritisieren, kann das gleich bleiben lassen. Extreme geistige Verrenkungen sind nötig, um die unsinnigen Standards zu erfüllen: Holt man etwa nicht weit genug aus oder relativiert nicht im geforderten Maße oder äußert seine Kritik etwas zu häufig oder fügt nicht seitenweise Kleingedrucktes bei, hat man sich auch schon selbst aufs Abstellgleis bugsiert für das “gesonderte Hervorheben” von Israel.

Kaum eine Gelegenheit vergeht, an dem nicht ein Fürsprecher Israels ermahnt, die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei anderen Nationen. Bekanntermaßen ist jedoch objektive Kritik das absolut allerletzte was eine Regierung möchte. Denn objektive Kritik trifft ja schließlich am härtesten und lässt sich schwerer abblocken oder gar zum eigenen Vorteil nutzen. Was wäre die israelische Politik und PR-Arbeit nur ohne die Steilvorlagen und Sprungbretter von platten und fehlgeleiteten Kritikern?

Es ist natürlich durchaus debattierbar, ob man nicht höhere Maßstäbe an Israel anlegen soll. Ich meine damit nicht irgendwelche abstrusen historischen Vergleiche und Argumentationsmuster, die sowieso nur Zeitverschwendung sind, sondern die simple Feststellung, dass bei vielen Menschen die Hoffnung vorhanden war dass Israel ein Staat werden würde, dessen politische und militärische Führung die Messlatte für sich selbst hoch anlegt. Eine Führung, die bestimmte Dinge einfach nicht tut auch wenn sie schnellen Erfolg versprechen und strategisch verlockend sind.

Dass sich im Laufe der Zeit ganz einfach eine gewaltige Enttäuschung breitgemacht hat, lässt sich auch von hundert selbstgefälligen Intellektuellen nicht vom Tisch wischen. Ich lege an mein eigenes Land auch höhere Maßstäbe an, ich erwarte zu Recht mehr von Deutschland. Das ist doch gerade die Voraussetzung für Verbesserung und Fortschritt. Dieses ständige Sich-nach-unten-Orientieren und die endlosen Rechtfertigungen mit dem Fingerzeig auf andere erinnern an ein uneinsichtiges Kind.

Obwohl es theoretisch also völlig legitim ist, höhere Maßstäbe an Israel anzulegen, kann ich darauf getrost verzichten. Sprechen wir über die Beliebigkeit von Israel; auf die Gefahr hin dass dies mit einer verdrehten Logik bald ebenso als antisemitisch gewertet wird. Was ist mit der Folter und unmenschlichen Behandlung von Gefangenen? Alter Hut. Inszenierte Kriegsprovokationen? Standardrepertoire zahlloser Staaten. Kollektivbestrafung? Nullachtfünfzehn. Massaker? Verdeckte Terroroperationen? Ohne kommt man nicht in die hohen Sphären der Macht.

Fallbeispiel USS Liberty

Am 8. Juni 1967, drei Tage nachdem Israel den Krieg mit Ägypten vom Zaun gebrochen hatte, schossen israelische Truppen rund 400 Kriegsgefangene in den Sanddünen von Al Arish zusammen, während nicht weit davon entfernt das US-Spionageschiff USS Liberty sowie ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug vom Typ EC-121 mit einem Hebräisch-Linguisten an Bord Funksignale auffingen. Die Luftwaffe und die Marine Israels gingen dazu über, die USS Liberty ohne Vorwarnung mit Maschinengewehrfeuer, Torpedos und sogar Napalm anzugreifen. Ein Torpedo traf exakt die NSA-Räume und tötete fast alle die sich darin aufhielten. Ein Amerikaner namens Bryce Lockwood meinte:

“Es war eine Ironie des Schicksals dass der israelische Torpedo kaum einen Meter neben der Flagge mit dem Davidsstern einschlug, die noch steuerbords an den Schotten klebte.”

Der Kapitän McGonagle hatte bereits die Vernichtung der Codemaschinen, der Abhörausrüstung und der geheimen Aufzeichnungen angeordnet sowie zum Verlassen des Schiffes aufgerufen. Die israelischen Truppen feuerten prompt auf die Rettungsboote. Nach erfolgreicher Rettung der Liberty wurde McGonagle die höchste Auszeichnung ohne die üblichen Feierlichkeiten verliehen, es wurde eine Nachrichtensperre verhängt und die Überlebenden der Liberty mussten Stillschweigen geloben unter Androhung eines Militärgerichts. Die Angelegenheit wurde von Israel als “Irrtum” beschrieben und die US-Administration gab sich mit der Erklärung zufrieden, wohlwissend dass die eigene Auswertung ein gänzlich anderes Ergebnis lieferte. Walter Deeley, ein führender Mann bei der NSA-Abteilung für Funkaufklärungsoperationen kam zu dem Ergebnis:

“Sie müssen gewusst haben, dass es ein amerikanisches Schiff ist.”

NSA-Direktor Carter und der stellvertretende Direktor Tordella schlossen sich dieser Ansicht an. In einem NSA-Bericht 15 Jahre später, eingestuft als Top Secret/Umbra, wird die israelische Entscheidung, die Sache als einen Irrtum zu titulieren, geradezu verlacht:

“Einige meinen, Israel habe erwartet, wenn das Schiff völlig zerstört und die gesamte Mannschaft getötet werde, könnten die USA die VAR [Ägypten] für den Zwischenfall verantwortlich machen und an Israels Seite in den Krieg eintreten…”

Israel brachte es fertig, das Torpedoboot 203 auszuzeichnen, das den tödlichen Schuss auf die Liberty abgefeuert hatte.  Steuerrad und Glocke des Bootes werden heute stolz im Marinemuseum ausgestellt.

Moral

Der israelische Psychologe George Tamarin legte im Zuge seiner Forschungen über Moral tausend israelischen Schulkindern im Alter von acht bis 14 Jahren den Bericht über die Schlacht von Jericho aus dem Buch Josua vor. Im Namen des Herren erfolgten Plünderungen, Morde und das Hinterlassen verbrannter Erde. Die Frage an die jungen Bürger Israels lautete: Haben Josua und die Israeliten richtig gehandelt? 66 Prozent äußerten völlige Zustimmung, 26 Prozent völlige Ablehnung und 8 Prozent teilweise Zustimmung. Eine Kontrollgruppe von 168 israelischen Kindern erhielt den gleichen Text, nur wurde Josua ersetzt durch “General Lin” und Israel durch ein “chinesisches Königreich vor 3000 Jahren”. Hier ergaben sich plötzlich 75 Prozent Ablehnung für die Taten die unter General Lin begangen wurden und nur sieben Prozent Zustimmung. Solche Experimente erzielen in verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen vergleichbare Ergebnisse.

Fazit

Der durchschaubare Versuch, Israels Führung permanent gegenüber Kritik zu immunisieren, zeugt genauso wie die Kriegsverbrechen und die Menschenrechtsverletzungen von einer Grundhaltung, die nicht unterscheidbar ist von zahllosen anderen Staaten über die sich Israel rhetorisch abhebt und über die schwerwiegende Urteile getroffen werden.

AlexBenesch
AlexBenesch
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